L 9 KR 1168/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 1032/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 1168/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 in der Fassung des Bescheides vom 16. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2006 in der Fassung der Bescheide vom 16. November 2006 und 31. Januar 2007 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger durch teilstationäre Apheresebehandlungen in der Zeit vom 29. November 2005 bis 30. September 2006 und vom 25. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2007 entstandenen Kosten zu erstatten und ihn in der Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. März 2007 mit teilstationären Lipidapheresen 14-täglich zu versorgen. Im Übrigen werden die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger von seinen außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits die Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für eine bei ihm durchgeführte Blutwäschebehandlung (LDL-Apherese) und die weitere Versorgung mit dieser Leistung durch die Beklagte.

Der 1951 geborene Kläger ist krankenversichertes Mitglied der Beklagten. Er leidet u.a. an einer so genannten Hyperlipoproteinämie des Lipoproteins (a). Als Folge dieser Erkrankung erlitt er im Januar 1993 einen Vorderwandinfarkt, der mit Herzkathetertechniken (RIVA-Rotablation) behandelt wurde. Mehrere Folgeinfarkte konnten jeweils nur durch vorbeugende chirurgische Eingriffe abgewendet werden. Bereits im März 1993 wurden eine 95%ige Restenosierung des RIVA und eine 40%ige eines weiteren Herzgefäßes diagnostiziert, die mit einer Gefäßdilatation behandelt wurden. Bei einer Kontrollangiographie im September 1993 stellten die behandelnden Ärzte fest, dass es zu einer 80%igen Restonose des RIVA und einer 75%igen des bereits zuvor betroffenen Gefäßes gekommen war. Trotz einer Behandlung mit einem Betablocker und einem Nitrat verschlechterte sich die koronare Herzkrankheit (KHK), die die behandelnden Ärzte im Wesentlichen auf die Hyperlipoproteinämie des Lipoproteins (a) sowie eine positive Familienanamnese für einen frühen Herzinfarkt zurückführen; der Vater des Klägers verstarb mit 52 Jahren an einem Herzinfarkt. Nach ärztlichen Feststellungen konnten die herkömmlichen Behandlungsmethoden, insbesondere eine Medikation zur Senkung der Cholesterinwerte im Blut, das Herzinfarktrisiko nicht wesentlich verringern.

Seit dem Jahre 1994 wird der Kläger in dem Universitätsklinikum R V, das jetzt zum Universitätsklinikum C gehört, von Frau Prof. Dr. ST (S.) mit einer extrakorporalen LDL-Elimination behandelt. Dabei handelt es sich um ein Blutwäscheverfahren, welches üblicherweise zur Absenkung des LDL-Cholesterins im Blutplasma verwendet wird, sofern die hierfür vorrangig vorgesehene medikamentöse Behandlung nicht ausreichend ist. Im Falle des Klägers jedoch dient dieses Blutwäscheverfahren nicht der Senkung des LDL-Cholesterins, denn dessen Wert liegt bei ihm bei medikamentöser Therapie unterhalb des üblicherweise als Voraussetzung für eine LDL-Apherese angenommenen Wertes. Vielmehr dient diese an sich zu einem anderen Zweck vorgesehene und entwickelte Blutwäsche in seinem Falle einer wesentlichen Absenkung des Lipoproteins (a), das beim Kläger den wesentlichen Arteriosklerosefaktor darstellt. Die wissenschaftliche Begründung für diesen Effekt steht derzeit noch nicht fest.

Das Universitätsklinikum R V/C führte bei dem Kläger die LDL-Apherese im Wege (teil-) stationärer Behandlung durch. Die Beklagte übernahm die hierfür anfallenden Kosten bis zum 15. Januar 2000. U. a. durch ein an das Universitätsklinikum gerichtetes Schreiben vom 17. Februar 1995, das diese Behandlung betraf, teilte die Beklagte dem Universitätsklinikum (damals: R V) mit, dass die Beklagte die Kosten der stationären Behandlung des Klägers in Höhe der Vertragssätze ab 4. Januar 1995 für die Dauer der medizinisch notwendigen Krankenhausbehandlung übernehme. Mit einem wiederum an das Universitätsklinikum (nunmehr: C) gerichteten Schreiben vom 3. Dezember 1999 befristete die Beklagte die Übernahme der Kosten für die LDL-Elimination bis zum 15. Januar 2000.

Schon vorher hatte sich im Jahre 1999 die in diesem Klinikum tätige, den Kläger behandelnde Ärztin, Frau Prof. Dr. S., mehrfach im Rahmen eines Antrages auf Bewilligung der streitbefangenen Behandlung an die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV) gewandt, deren Dialyse-Kommission die Apherese-Behandlung als ambulante Leistung in jedem Einzelfall befürworten muss. Die KV teilte der Beklagten daraufhin am 14. September 1999 mit, die Dialyse-Kommission sei nach umfangreicher Prüfung und Beratung zu dem Ergebnis gelangt, eine Indikationsstellung zur ambulanten Durchführung der LDL-Apherese als extrakorporales Hämotherapieverfahren liege derzeit nicht vor. Die Vorraussetzungen zur ambulanten Durchführung der LDL-Apherese seien nicht erfüllt, vielmehr handele es sich im Falle des Klägers um die singuläre Diagnose der Hyperlipoproteinämie des Lipoproteins (a). Für diese Behandlung lägen bisher keine wissenschaftlichen exakten Interventionsstudien vor, die eine deutliche Verringerung der für die Herzkrankheit wesentlichen Werte mit dieser Behandlungsmethode beweisen könnten.

Unter Bezugnahme auf die vorgenannte Einschätzung der Dialyse-Kommission der KV lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Oktober 1999 diesen Antrag auf Kostenübernahme für eine ambulante Durchführung der LDL-Apherese ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren gab auf Veranlassung der Beklagten die KV am 28. Oktober 1999 eine erneute schriftliche Stellungnahme ab, in der sie nochmals ausführte, dass im Falle des Klägers eine eigentliche LDL-Apherese nicht vorgenommen werden müsse und dass Studien für die Wirksamkeit dieser Behandlung zur Senkung des Lipoproteins (a) nicht vorlägen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 wies die Beklagte die Widersprüche zurück: Maßgebend seien die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beschlossenen Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-RL, jetzt: Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden - BUB-RL -). Hiernach könne eine LDL-Emilination unter anderem nur dann durchgeführt werden, wenn die zuständige Kommission der KV die erforderliche Genehmigung erteilt habe. Dies sei im vorliegenden Falle jedoch nicht geschehen, weil die zuständige Kommission die Genehmigung ausdrücklich abgelehnt habe.

Die hiergegen gerichtete Klage, die auf eine Kostenübernahme/Kostenerstattung ausschließlich für die ambulante Durchführung der LDL-Apherese in der Zeit ab dem 6. April 2000 gerichtet war, hat das Sozialgericht Berlin durch Urteil vom 2. März 2001 (S 72 KR 1032/00) abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil blieb erfolglos (Urteil vom 19. Oktober 2005 - L 9 KR 372/01 - ). Wegen der Einzelheiten der Begründung dieser - rechtskräftigen - Entscheidungen wird auf deren Tatbestände und die Entscheidungsgründe der Urteile Bezug genommen.

Bereits zuvor hatte der Kläger durch einen niedergelassenen Vertragsarzt, der bei ihm die Indikation zur ambulanten Durchführung der LDL-Elimination gestellt hatte, die Übernahme der Kosten für diese Behandlung beantragt; mit Bescheid vom 8. November 2001 lehnte die Beklagte diesen Antrag unter Bezugnahme auf die bereits vorliegenden Äußerungen der Dialyse-Kommission der KV ab. Mit Schreiben vom 7. August 2004 beantragten die Internisten/Nephrologen Dres. Sch und P unter Beifügung kardiologischer, lipidologischer und labormedizinischer Befundberichte erneut die Übernahme der Kosten für eine ambulante Durchführung der LDL-Apherese als extrakorporales Hämotherapieverfahren. Nach weiterer negativer Stellungnahme der Dialyse-Kommission der KV vom 8. September 2004 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag im Hinblick auf die letztgenannte Stellungnahme mit Bescheid vom 22. September 2004 ab. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006 zurück. Zur Begründung machte die Beklagte geltend, dass die BUB-RL in der hier maßgeblichen Fassung vom 24. März 2003 (BAnz. 2003 Nr. 123 S. 14486) für die Behandlung des Klägers die ambulante Durchführung der Apherese nicht vorsähen, da für die beim Kläger festgestellte selektive Hyperlipoproteinämie des Lipoproteins (a) ohne Überschreitung der Werte des LDL-Cholesterins diese Behandlung nach den Richtlinien nicht indiziert sei.

Hiergegen richtet sich die vom Senat durch Beschluss vom 19. Oktober 2005 von dem o. g., rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreit abgetrennte Klage (Az.: L 9 KR 1168/05), mit der der Kläger die Übernahme der Kosten einer ambulanten LDL-Apherese für die Zukunft begehrt.

Darüber hinaus hatte der Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2000, 26. September 2000 und 28. September 2000 bei der Beklagten beantragt, die Kosten für eine teilstationäre Behandlung des Klägers mit einer LDL-Elimination zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2000 mit der Begründung ab, dass eine teilstationäre Hämotherapie des Klägers das Maß des Notwendigen überschreite. Eine stationäre Behandlung komme nur dann in Betracht, wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichten. Da dem Kläger aber die ambulante Erbringung der LDL-Apherese wegen fehlender medizinischer Voraussetzungen nicht zustehe und diese damit nicht notwendig sei, fehle erst recht die Notwendigkeit zur Erbringung dieser Maßnahme in Form der aufwändigeren teilstationären Behandlungsform. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2001 zurück: Eine Leistung, die grundsätzlich ambulant erbracht werden könne, weil die besonderen Mittel und Einrichtungen eines Krankenhauses zur Erreichung des Behandlungszieles nicht notwendig seien, könne nicht unter Umgehung des Wirtschaftlichkeitsgebotes im Wege der aufwändigeren teilstationären Behandlungsform zur Verfügung gestellt werden. Medizinische Gründe dafür, dass die Apherese bei dem Kläger nur im teilstationären Rahmen erbracht werden könne, habe dieser nicht vorgetragen. Am 25. November 2001 beantragte der Kläger unter Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung vom 21. November 2005 erneut, die Kosten teilstationär durchgeführter Apheresen zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 mit der Begründung ab, dass der Gesundheitszustand des Klägers es erlaube, die grundsätzlich auch ambulant mögliche Blutwäschebehandlung auch im ambulanten Rahmen durchzuführen. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 Widerspruch. Auf die beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 81 KR 801/01 erhobene Klage, mit der der Kläger die Erstattung der ihm durch die teilstationär durchgeführten Apherese-Behandlungen entstandenen Kosten i.H.v. 89.206,04 EUR, die Versorgung mit teilstationär durchgeführten Apheresen in der Zukunft im medizinisch notwendigen Umfang, jedoch mindestens zwei Mal monatlich, sowie die Feststellung begehrte, dass die Beklagte auf Grund ihres Bescheides vom 17. Februar 1995 verpflichtet sei, die Kosten seiner Behandlung seit dem 6. April 2000 zu übernehmen, hat das Sozialgericht mit Urteil vom 11. April 2006 den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch des Klägers vom 19. Dezember 2005 gegen den Bescheid vom 16. Dezember 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf die Erstattung der Kosten für teilstationär durchgeführte Apheresen noch auf eine Versorgung mit dieser Leistung, weil deren Behandlungsziel durch eine ambulante Behandlung hätte erreicht werden können und weil die stationären Behandlungen ohne die erforderlichen vertragsärztlichen Verordnungen durchgeführt worden seien. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls unbegründet, weil das Schreiben vom 17. Februar 1995 nicht an den Kläger, sondern an das behandelnde Krankenhaus gerichtet gewesen sei, so dass der Kläger daraus keine Rechte herleiten könne. Die Beklagte sei aber zu verpflichten, den Widerspruch des Klägers vom 19. Dezember 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden; seit Einlegung des Widerspruchs seien drei Monate verstrichen, ohne dass ein zureichender Grund dafür erkennbar sei, warum ein Widerspruchsbescheid nicht hätte erlassen werden können.

Gegen das ihm am 24. Mai 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 26. Juni 2006 Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen L 24 KR 287/06 registriert worden ist. Der 9. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat dieses Berufungsverfahren mit dem bei ihm unter dem Aktenzeichen L 9 KR 1168/05 anhängigen Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem letztgenannten Aktenzeichen verbunden (Beschluss vom 23. August 2006). Der Senat hat durch seinen Vorsitzenden im Erörterungstermin vom 27. September 2006 die behandelnde Ärztin des Klägers Frau Prof. Dr. S. als sachverständige Zeugin zur Notwendigkeit der LDL-Elimination in ambulanter/stationärer Behandlung vernommen; hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Erörterungstermins Bezug genommen. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte die von ihm vorrangig angestrebte teilstationäre Behandlung schon mit Bescheid vom 17. Februar 1995 bewilligt habe. Diese Bewilligung sei auch nicht durch das Schreiben der Beklagten vom 3. Dezember 1999 wirksam befristet worden, weil dieses Schreiben nicht an ihn, sondern an das behandelnde Krankenhaus gerichtet sei; mit seinem Widerspruch vom 20. November 2000 hätte er jedenfalls auch gegen einen Befristungsbescheid rechtzeitig Widerspruch eingelegt. Seinem Kostenerstattungsbegehren für die seit dem 6. April 2000 teilstationär durchgeführten Apheresen könne nicht entgegengehalten werden, dass er bis zum November 2005 keine vertragsärztlichen Verordnungen für eine Krankenhausbehandlung vorgelegt habe. Die Beklagte hätte ihn auf Grund ihres strukturell überlegenen Wissens von Anfang an auf die fehlende Überweisung hinweisen müssen. Deshalb könne sie sich auf die fehlende Überweisung nicht mehr berufen. Außerdem habe er am 25. November 2005 einen neuen Antrag gestellt und eine vertragsärztliche Verordnung vorgelegt. Diesen Antrag habe die Beklagte mit Bescheid vom 16. Dezember 2005, nunmehr bestätigt durch ihren Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2006, zurückgewiesen. Einen weiteren Antrag auf teilstationäre Behandlung mit einer weiteren Verordnung von Krankenhausbehandlung der Ärztin für Allgemeinmedizin S L vom 4. Oktober 2006 für eine Lipidapherese einmal wöchentlich für das IV. Quartal 2006 habe die Beklagte mit Bescheid vom 16. November 2006 abgelehnt, gegen den er mit Schreiben vom 28. November 2006 Widerspruch erhoben habe. Die Beklagte müsse die begehrte Leistung entweder stationär oder ambulant erbringen, weil die LDL-Apherese die einzig verfügbare Methode sei, um die für ihn lebensbedrohlichen Lipoproteine (a) erheblich zu senken. Dies habe die Beweisaufnahme ergeben und werde durch die von der Beklagten zwischenzeitlich eingeholte Stellungnahme des – Medizinischen Dienstes der Krankenkrankenversicherung Berlin-Brandenburg – MDK - (Dipl-Med. C. T) vom 8. November 2006 nicht widerlegt, die schon in der Wiedergabe des Sachverhaltes zahlreiche Fehler aufweise.

Der Kläger hat unter Vorlage einer Verordnung seiner behandelnden Ärztin L vom 29. Januar 2007 die Gewährung der Lipidapherese für das Quartal I/07 beantragt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 2007 zum Protokoll des Senats abgelehnt und die Wirkung dieser Ablehnung und früherer Bescheide auf den 31. März 2007 befristet.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2006 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte aufgrund ihres Bescheides vom 17. Februar 1995 verpflichtet ist, die Kosten der stationären Apheresebehandlung des Klägers seit dem 6. April 2000 bis zum heutigen Tage zu erstatten und bei einer einmal wöchentlichen Behandlung in Zukunft zu übernehmen,

hilfsweise,

2. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 in der Fassung des Bescheides vom 16. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2006 in der Fassung des Bescheides vom 16. November 2006 sowie des Bescheides vom 31. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten der seit dem 6. April 2000 in Anspruch genommenen Apheresebehandlung in Höhe von 109.164,53 EUR zu erstatten sowie ihn bis zum 31. März 2007 mit Apheresen einmal wöchentlich im Rahmen einer stationären Behandlung zu versorgen,

weiter hilfsweise,

3. die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 8. November 2001 und vom 22. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 zu verurteilen, den Kläger in Zukunft mit Apheresen einmal wöchentlich im Rahmen einer ambulanten Behandlung zu versorgen und dem Kläger die Kosten der seit dem 6. April 2000 in Anspruch genommenen Apheresebehandlung in Höhe von 109.164,53 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurück- und die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die von ihr eingeholten Stellungnahmen des MDK vom 8. November 2006 und vom 23. Januar 2007 belegten, dass beim Kläger keine medizinische Notwendigkeit für eine ständige teilstationäre Behandlung zur Durchführung einer Lipidapherese bestehe. Aus den der Beklagten vorliegenden Unterlagen ergebe sich auch keine medizinische Begründung für die Notwendigkeit einer teilstationären Behandlung auf Grund der aktuellen Gesundheitssituation des Klägers. Die notwendigen ärztlichen Überwachungen, Kreislaufkontrollen, Laborwertkontrollen und die pflegerische Versorgung durch geschultes Pflegepersonal würden üblicherweise in ambulanten Dialysepraxen abgesichert. Die Notwendigkeit einer darüber hinausgehenden Überwachung sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Der Senat hat die Aussage des Zeugen Dr. J Sch (Dr. Sch.) in dem Rechtstreit L 9 KR 64/02 zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist sie unbegründet. Das gilt auch für die im Berufungsverfahren erhobene Klage.

1.) Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) teilweise zulässig. Soweit die Beklagte in ihrem Schreiben vom 17. Februar 1995 eine unbeschränkte Bewilligung einer dauerhaften teilstationären Behandlung ausgesprochen hätte, würde dem Kläger eine gerichtliche Feststellung zur Erlangung der teilstationären Blutwäsche für die Zukunft ausreichen, weil dieser Anspruch durch den Bescheid vom 17. Januar 1995 bereits tituliert wäre. Für bereits durchgeführte Behandlungen, für die er die Kosten verauslagt hat, müsste er allerdings ergänzend eine Kostenerstattung beantragen und mit der Leistungsklage verfolgen, weil der "Bescheid" der Beklagten vom 17. Februar 1995 insoweit offensichtlich keinen Titel enthält; insoweit fehlt ihm das Feststellungsinteresse.

Soweit die Feststellungsklage zulässig ist, ist sie aber unbegründet. Das Schreiben der Beklagten vom 17. Februar 1995 enthält die behauptete Bewilligung nicht. Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, ist das Schreiben nicht an den Kläger, sondern an das Krankenhaus gerichtet, das die teilstationäre Behandlung durchführte. Es diente nicht der Bewilligung der hier u.a. streitigen Leistung, sondern der Information des Krankenhauses, dass die Leistung bis auf weiteres von der Beklagten übernommen werde; dementsprechend fehlt dem Schreiben auch die Form eines Verwaltungsaktes, weil Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse auf der Basis der Gleichordnung und nicht im Über-/Unterordnungsverhältnis bestehen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 64/01 R -, SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Hierfür spricht auch, dass die teilstationäre Behandlung des Klägers bis zum Jahre 2000 direkt von der Beklagten dem behandelnden Krankenhaus bezahlt und der Kläger damit nicht belastet wurde. Deshalb bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass die Beklagte durch ihr Schreiben vom 3. Dezember 1999 die Kostenübernahme auf den 15. Dezember 2000 befristet hat. 2.) Das vom Kläger als Hilfsantrag mit der Berufung und einer gemäß § 99 SGG sachdienlichen und deshalb zulässigen Erweiterung seiner Klage geltend gemachte Kostenerstattungsbegehren ist für die von ihm während des Zeitraums vom 29. November 2005 bis zum 30. September 2006 und vom 25. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2007 für die teilstationäre Lipidapherese aufgewandten Kosten begründet. Das gilt auch für sein Begehren, bis zum 31. März 2007 mit Aphereseleistungen versorgt zu werden. Insoweit sind das angefochtene Urteil des Sozialgerichts und die ablehnenden Bescheide der Beklagten aufzuheben und die Beklagte antragsgemäß zur Leistung zu verurteilen. Für weitere Zeiträume steht dem Kläger dagegen weder ein Kostenerstattungsanspruch noch ein Anspruch auf Versorgung mit der begehrten Leistung zu, so dass die Berufung insoweit zurück- und die Klage abzuweisen war.

a) Für den Zeitraum vom 6. April 2000 bis zur Vorlage der ersten vertragsärztlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 21. November 2005 bei der Beklagten am 29. November 2005 hat das Sozialgericht die auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Wie der Senat durch sein rechtskräftig gewordenes Urteil vom 19. Oktober 2005 - L 9 KR 372/01 - (Seite 7) entschieden hat, erhielt der Kläger die streitbefangenen Lipidapheresen in diesem Zeitraum im Wege teilstationärer Krankenbehandlung. Diese Leistung hat die Beklagte nach der hier allein in Betracht kommenden 2. Alternative des § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V zu Recht abgelehnt. Denn eine Kostenerstattung für diesen Zeitraum scheitert schon daran, dass die teilstationäre Behandlung nicht von einem niedergelassenen Vertragsarzt verordnet worden ist, obwohl dies von §§ 15 Abs. 1, 72 Abs. 2, 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V i.V.m. § 26 Bundesmantelvertrag - Ärzte (BMV-Ä) in der ab 1. Juli 2005 geltenden Fassung (DÄBl. 2005 Heft 33 S. A 2267) sowie §§ 4 und 7 der Richtlinien über die Verordnung von Krankenhausbehandlung (Krankenhausbehandlungs-RL) vorgeschrieben ist. Die Verordnung ist unverzichtbare Leistungsvoraussetzung, deren Vorliegen von den Sozialgerichten von Amts wegen zu prüfen ist, so dass es nicht darauf ankommt, ob sich die Beklagte darauf beruft oder berufen kann. Als Leistungsvoraussetzung ist die Verordnung von Krankenhausbehandlung - mit Ausnahme der Selbsteinweisung in akuten Notfällen, um die es hier bei einer regelmäßigen Behandlung einer lebenslang bestehenden Krankheit nicht geht - weder entbehrlich, über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzbar noch kann über ihr Fehlen durch eine entsprechende Anwendung von § 242 Bürgerliches Gesetzbuch hinweggesehen werden, weil das Rahmenrecht des Versicherten aus § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V auf Krankenhausbehandlung erst durch die Verordnung eines Vertragsarztes auf einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung konkretisiert wird, zumal die Erbringung der streitigen Leistung sowohl stationär als auch ambulant möglich ist. Da die dem Kostenerstattungsbegehren des Klägers bis zum 29. November 2005 zu Grunde liegenden Leistungen im Krankenhaus teilstationär ohne vorherige Verordnung eines niedergelassenen Vertragsarztes erbracht wurden, ist eine Kostenerstattung danach ausgeschlossen.

b) Dagegen hat der Kläger nach der Vorlage der Verordnung seiner behandelnden Ärztin L vom 21. November 2005 bei der Beklagten am 29. November 2005 von diesem Tage an bis zum 30. September 2006 sowie nach Vorlage neuer Verordnungen derselben Ärztin vom 4. Oktober 2006 bzw. 29. Januar 2007, vom 25. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2007 gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 2. Alt. SGB V einen Anspruch auf Erstattung der ihm durch die Lipidapheresen entstandenen Kosten, weil die Beklagte die Versorgung des Klägers mit dieser Leistung in diesen Zeiträumen zu Unrecht abgelehnt hat.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V) wird gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Der Anspruch ist gerichtet auf teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann und die teilstationäre Behandlung zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses gemäß § 109 SGB V gehört ( § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 4 Kranklenhausbehandlungs-RL).

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist die Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich, wenn die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden kann und eine ambulante ärztliche Versorgung nicht ausreicht, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl. zum Ganzen z.B. BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 RdNr. 16; BSGE 28, 199 , 202 = SozR Nr. 22 zu § 1531 RVO; BSGE 47, 83 , 85 = SozR 2200 § 216 Nr. 2; BSG SozR 2200 § 184 Nr. 11 S 15 f; Nr. 15 S 26; Nr. 28 S 41; BSG USK 8453). Die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung ist danach davon abhängig, dass zur Erfüllung der Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V die besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich sind (vgl. zuletzt BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 S 14; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1). Als solche Mittel hat die Rechtsprechung insbesondere die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw. rufbereiten Arzt herausgestellt (vgl. BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 RdNr. 16; BSGE 83, 254 , 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr. 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr. 9 S 61; BSGE 59, 116 , 117 = SozR 2200 § 184 Nr. 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr. 28 S 42). Der Anspruch auf Krankenhauspflege setzt allerdings schon nach herkömmlicher Rechtsprechung weder den Einsatz all dieser Mittel voraus, noch genügt die Erforderlichkeit lediglich eines der Mittel. Es ist vielmehr eine "Gesamtbetrachtung" vorzunehmen, bei der "den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt" (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005, B 1 KR 18/03 R -, SozR 4-2500 § 39 Nr. 4 RdNr. 19-22).

Danach hatte der Kläger einen Anspruch auf die Lipidapheresen in teilstationärer Krankenhausbehandlung. Die Lipidapheresen sind - ebenso wie in den vorangegangen Zeiträumen - in der hierfür zugelassen C als teilstationäre Behandlungen erbracht und gegenüber dem Kläger abgerechnet worden. Eine teilstationäre Behandlung unterscheidet sich im Wesentlichen von einer vollstationären Behandlung durch eine regelmäßige, aber nicht zeitlich durchgehende Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Krankenhausbehandlungs-RL). Von der ambulanten ist die teilstationäre Behandlung durch das Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer abgegrenzt, die sich nicht auf eine Behandlung im Rahmen eines Tagesaufenthaltes beschränkt (BSG, Urteil vom 4. März 2004, SozR 4-2500 § 39 Nr. 1). Krankenhausbehandlungen sind teilstationär, wenn sie sich auf Grund des zu behandelnden Krankheitsbildes regelmäßig über einen längeren Zeitraum erstrecken, die medizinisch-organisatorische Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nehmen, ohne dass eine ununterbrochene Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus erforderlich ist. Dies ist hier der Fall, weil der Kläger auf Grund eines auf Dauer angelegten Behandlungsplans in regelmäßigen Abständen wöchentlich bzw. alle zwei Wochen im Krankenhaus behandelt wird und die einzelnen Behandlungsmaßnahmen sowie die konkrete Behandlungsdauer u.a. von der aktuellen Bestimmung seiner Blutfettwerte vor und nach der Apherese, der Gerinnungswerte des Blutes und seiner sonstigen bei der Behandlung erhobenen klinischen Befunde abhängen, wie sich aus der Befragung der Zeugin Prof. Dr. S. ergeben hat.

Für diese Behandlung waren auch die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich, wie die Bekundungen der Zeugin Prof. Dr. S. sowie die Aussage des Zeugen Dr. Sch. in einem Parallelverfahren ergeben haben. Aus der überzeugenden und schlüssigen Aussage der Zeugin Prof. Dr. S. ist zu entnehmen, dass für die Lipidapherese sowohl bei der eigentlichen Blutwäsche als auch bei der Bestimmung der Blutfett- sowie der Gerinnungswerte vor und nach der Behandlung eine besondere apparative Ausstattung erforderlich ist, was zusätzlich auch für eine unter Umständen erforderliche Reanimation der Patienten wegen der Möglichkeit eines temporären Blutdruckabfalles unter der extrakorporalen Kreislaufbehandlung gilt. Für die gesamte Behandlung, insbesondere aber für Notfälle ist die ständige Anwesenheit speziell geschulten Pflegepersonals und eines Arztes erforderlich, der im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich bei dem Kläger wie auch allen anderen von Prof. Dr. S. im Krankenhaus behandelten Patienten um Hochrisikopatienten handelt, auch über kardiologische Erfahrungen verfügen muss. Da die Lipidapherese, wenn auch i.d.R. mit einem apparativ weniger aufwändigen Verfahren, das geringere Anforderungen an das Pflegepersonal stellt, auch ambulant durchgeführt wird, bedarf es im Hinblick auf die nach der Rechtsprechung des BSG erforderliche Gesamtbetrachtung weiterer Anforderungen an den Einsatz der besonderen Mittel des Krankenhauses, um die Notwendigkeit der teilstationären Behandlung gegenüber der vorrangigen ambulanten Behandlung zu begründen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass niedergelassene Vertragsärzte die Apherese durchführen, ohne dass sie selbst dazu in der Lage sind, alle erforderlichen Voruntersuchungen - insbesondere die Indikationsstellung für die Apherese -, eine ausreichende kardiologische Betreuung und eine lipidologische Kontrolle durchzuführen, worauf die Zeugen Prof. Dr. S. und Dr. Sch. übereinstimmend hingewiesen haben. Nach den weiteren Angaben der Zeugin Prof. Dr. S. lassen sich klinische Parameter zur Bestimmung der Erforderlichkeit der teilstationären Behandlung gegenüber der ambulanten nicht angeben, vielmehr komme es hierfür auf die Schwere der Erkrankung, den Krankheitsverlauf und weitere Behandlungsrisiken - etwa im Zusammenhang mit der medikamentösen Behandlung der Fettstoffwechselstörung oder zu befürchtenden allergischen Reaktionen - an. Bezogen auf den Kläger hat sie überzeugend dargelegt, dass dieser sowohl im Hinblick auf die Familienanamnese mit der von Geburt an vorhandenen Erkrankung, dem bereits erlittenen Herzinfarkt und den schnellen Restenosen zu den schwerstbetroffenen Patienten gehört, die in teilstationärer Behandlung apheriert werden müssten. Das bei ihm ständig bestehende kardiologische Risiko, insbesondere infolge des Blutdruckabfalls bei der Apherese einen erneuten Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, könne in der ambulanten nephrologischen Praxis nicht ausreichend beobachtet werden. Dies wird durch die Aussage des Dr. Sch. in einem Parallelverfahren bestätigt, der nicht nur angegeben hat, dass er als Internist und Nephrologe weder die Indikationsstellung für die vorliegende Behandlung noch die Auswertung der Lipidwerte vornehmen könne, sondern dessen Aussage sich vor allem auch entnehmen lässt, dass ihm regelmäßig schon die Kenntnisse über den Gesundheitszustand seiner Patienten seit Beginn der Behandlung fehlen, so dass er nicht auf kardiologische Risiken seiner Patienten eingestellt ist und diese weder einschätzen noch behandeln kann. Die sich daraus ergebende Erforderlichkeit für eine Apherese in teilstationärer Behandlung im Falle des Klägers wird auch durch die Stellungnahmen der Ärztin Frau T vom MDK vom 8. November 2006 und 23. Januar 2007 nicht überzeugend in Frage gestellt. Sie geht davon aus, dass der Kläger für einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum ambulant behandelt worden sei, obwohl seine Lipidapherese ausschließlich bei Prof. Dr. S. teilstationär durchgeführt worden ist und leitet daraus - folglich fehlerhaft - ab, dass in seinem Fall eine ambulante Behandlung ausreichend sei. Ihre Stellungnahmen vermögen weiterhin nicht überzeugend zu widerlegen, dass der Kläger auf Grund seiner familiären Disposition und seiner Vorerkrankungen zu den Hochrisikopatienten gehört, für deren Behandlung eine normale nephrologische Praxis nicht ausgerichtet ist, weil bei der Apheresebehandlung den erheblichen kardiologischen Risiken im Falle des Klägers nicht angemessen Rechnung getragen werden kann. Denn dass sein derzeitiger Gesundheitszustand unter fortdauernder jahrelanger Apheresebehandlung und medikamentöser Therapie, strikter Diät und körperlicher Bewegung gut ist, vermag nicht auszuschließen, dass - insbesondere bei der Lipidapherese - kardiologische Zwischenfälle eintreten können, die den Kläger erheblich stärker belasten könnten als einen Patienten mit gleichen klinischen Befunden ohne erlittenen Infarkt und Restenosen. Dass die Anwendung des extrakorporalen Blutkreislaufs bei Dialyse- und Apheresebehandlungen in der ambulanten Therapie allgemein akzeptiert sei, worauf Frau T hingewiesen hat, vermag schließlich die Aussagen der Zeugen Prof. Dr. S. und Dr. Sch. nicht zu entkräften, wonach die nephrologischen Praxen sich im Wesentlichen auf den technischen Vorgang der Blutwäsche beschränken und Patienten mit einem nach ihrer Krankengeschichte vom Regelfall abweichenden - insbesondere kardiologischen - Risiko zur Apherese ins Krankenhaus verweisen, weil sie diesem Risiko nicht Rechnung tragen können.

Dem Kostenerstattungsanspruch des Klägers für die teilstationären Behandlungen ab November 2005 in den oben genau angegebenen Zeiträumen kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Apherese bei einer isolierten Erhöhung des Lipoproteins (a), wie sie beim Kläger vorliegt, in der ambulanten Versorgung nach § 135 SGB V bis auf notstandsähnliche (Krankheits-) Situationen ausgeschlossen ist. Dieses Vorbringen verkennt die grundsätzlichen rechtlichen Unterschiede einer Leistungserbringung im ambulanten und stationären Bereich: Während nämlich für den Bereich der ambulanten Versorgung bezüglich neuer Behandlungsmethoden gemäß § 135 SGB V ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gilt, ist die rechtliche Konstruktion für den stationären Bereich durch § 137c SGB V so ausgestaltet, dass neuartige Behandlungsverfahren im Rahmen einer Krankenhausbehandlung umgekehrt keiner besonderen Zulassung bedürfen und nur dann ausgeschlossen sind, wenn der Ausschuss Krankenhaus des Bundesausschusses bzw. der Gemeinsame Bundesausschuss dazu eine negative Stellungnahme abgegeben hatte (vgl. BSGE 90, 289 , 294 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 1 RdNr. 13 - "Magenband"). Der vom BSG schon in der Vergangenheit nicht beanstandete sachliche Grund für diese unterschiedliche rechtliche Behandlung liegt darin begründet, dass der Gesetzgeber die Gefahr des Einsatzes zweifelhafter oder unwirksamer Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen im Krankenhausbereich geringer eingestuft hat als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte (BSG, ebenda). Mit Blick darauf sind nach § 137c Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V (i.d.F. des GKV-Gesundheits-Reformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I 2626)) klinische Studien zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden unter Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenversicherung allein im Krankenhaus vorgesehen (vgl. dazu auch BSGE 93, 137, 141 f = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2 RdNr. 11 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drucks. 14/1245 S. 90; vgl. ansonsten §§ 63 bis 65 SGB V zu Modellvorhaben).

c) Dem Kläger steht nach den vorstehenden Ausführungen darüber hinaus gemäß §§ 13 Abs. 3, 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V auch ein Anspruch auf die von ihm weiterhin begehrte Versorgung mit der Lipidapherese in teilstationärer Versorgung für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 31. März 2007 zu, allerdings nur in einer Frequenz von einer Behandlung alle 14 Tage. Eine wöchentliche Behandlung ist nach den dem Senat vorliegenden Befunden, den Angaben der Zeugin Prof. Dr. S., den Feststellungen der Ärztin Frau T vom MDK und der Tatsache, dass der Kläger die Behandlung in dieser Form schon längere Zeit durchführt, ohne dass es zu gesundheitlichen Einschränkungen gekommen ist, derzeit nicht erforderlich.

3.) Über das vom Kläger weiter hilfsweise geltend gemachte Begehren auf Versorgung mit ambulanten Aphereseleistungen "in Zukunft" ist im Hinblick auf die in diesem Urteil bereits ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten, den Kläger bis zum 31. März 2007 mit teilstationären Apheresen zu versorgen, bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu entscheiden. Für den Zeitraum nach dem 31. März 2007 steht dem Kläger ein Anspruch auf ambulante Aphereseleistungen nicht zu, weil diese Leistung bis heute bei der Erkrankung des Klägers vom Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht erfasst wird. Denn diese Behandlung stellt eine "neue" Behandlungsmethode dar, für die es an der erforderlichen positiven Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses fehlt. Die ambulante LDL-Apherese ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie als abrechnungsfähige ärztliche Leistung nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist. Auf Grund des Beschlusses des Bundesausschusses vom 24. März 2003 (BAnz. 2003 Nr. 123 S. 14486) können LDL-Apheresen zwar als Leistung der (GKV) zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Dies betrifft allerdings nur LDL-Apheresen bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie in homozygoter Ausprägung und Patienten mit schwerer Hypercholesterinämie, bei denen grundsätzlich mit einer über zwölf Monate dokumentierten maximalen diätetischen und medikamentösen Therapie das LDL-Cholesterin nicht ausreichend gesenkt werden kann (§ 3 Nr. 3.1 der Anlage A der BUB-RL: Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden, a.a.O., jetzt in Anlage 1 zur Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung i.d.F. v. 17. Januar 2006, BAnz. 2006 Nr. 48 S. 1523). Der Kläger leidet jedoch an einer Lipoprotein (a) -Erhöhung, die von der Empfehlung des Bundesausschusses nicht erfasst wird.

Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen des sog. Systemversagens. Ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog. Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSGE 81, 54 , 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 21; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12 S. 70: "rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses "; zuletzt Urteil des Senats vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - RdNr. 24: neuropsychologische Therapie m.w.N.). Ein solcher Fall des Systemversagens liegt schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss noch nicht abgeschlossen ist, nachdem dieser am 24. Mai 2006 beschlossen hat, erneut über die Apheresebehandlung bei Erhöhung der Werte des Lipoproteins (a) zu beraten (vgl. BAnz. Nr. 111 vom 17. Juni 2006, S. 4466). Anhaltspunkte dafür, dass eine positive Empfehlung für die ambulante LDL-Apherese durch den Gemeinsamen Bundesausschuss auch bei der isolierten Erhöhung des Lipoproteins (a) hintertrieben, verhindert oder in einer den Krankenkassen oder dem Bundesausschuss sonst zurechenbaren Weise unzulässig verzögert worden sein könnte, sind nicht erkennbar. Der Kläger kann einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer ambulant zu erbringenden LDL-Apherese bei seiner Erkrankung auch nicht wegen Vorliegens einer notstandsähnlichen (Krankheits-) Situation ausnahmsweise aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 (BVerfG, 1 BvR 347/98, BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) herleiten. Denn er hat bei unveränderter Sachlage - insbesondere medizinischer Notwendigkeit und ausreichender vertragsärztlicher Verordnung - auch über den 31. März 2007 hinaus einen Anspruch auf die teilstationäre Versorgung mit dieser Leistung. Diese Möglichkeit, sich die benötigte Versorgung zu verschaffen, schließt auch nach der Rechtsprechung des BVerfG eine notstandsähnliche Krankheitssituation und damit zugleich einen Anspruch auf die ambulante Leistung aus.

Soweit der Kläger schließlich mit dem zweiten Hilfsantrag erneut die Erstattung der ihm für Apheresen entstandenen Kosten seit dem 6. April 2000 begehrt, kann er damit keinen Erfolg haben. Über die Kostenerstattung für die teilstationär erbrachten Leistungen hat der Senat in diesem Urteil bereits auf den ersten Hilfsantrag entschieden. Soweit der Kläger eine Erstattung der Kosten für eine ambulante Leistungserbringung begehren sollte, liegt hierüber eine rechtskräftige Entscheidung in dem Urteil des Senats vom 19. Oktober 2005 vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil hierfür kein Grund nach § 160 Abs. 2 SGG vorlag.
Rechtskraft
Aus
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