Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3135/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 256/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1967 geborene und verheiratete Klägerin - Mutter dreier 1988 und 1997 und 2004 geborener Kinder - die nach Erlangung des Realschulabschlusses durch Bestehen der 10. Klasse eines Gymnasiums vom 1. August 1984 bis zum 27. Juli 1988 die Ausbildung zur Tierwirtin mit Schwerpunkt Schafhaltung erfolgreich absolvierte, war anschließend - unterbrochen von Mutterschutz- und Kindererziehungszeiten und von Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis zum 31. Oktober 1994 insgesamt 9 Monate im erlernten Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 6. November 1997 sind für die Klägerin im Versicherungsverlauf mit Unterbrechungen Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung vermerkt.
Am 19. April 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten auf Veranlassung der landrätlichen Grundsicherungsbehörde unter Verwendung der amtlichen Formularvordrucke Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung bezog sie sich auf ein dem Antrag beigefügtes Schreiben der Amtsärztin Dr. L.-L., Landratsamt S.-H., vom 13. März 2003, in dem es hieß:
"Frau S. wurde am 12.03.2003 amtsärztlich begutachtet. Bei ihr liegt dauerhaft volle Erwerbsminderung vor."
Weiter teilte die Klägerin im Antrag mit, sie sei der Auffassung arbeitstäglich nur noch bis zu zwei Stunden leichte Tätigkeit im Freien - ohne Arbeit an oder mit Maschinen - verrichten zu können. Ärztlich lasse sie sich nicht behandeln; sie behandle sich selbst.
Daraufhin beauftragte die Beklagte den Neurologen und Psychiater Dr. G., W., mit der nervenärztlichen Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. Dr. G. teilte im Gutachten vom 21. Juni 2005 bei der damals 164 cm großen und 76 kg schweren Klägerin folgende Diagnose mit: - Leichte Raumangst ohne Vermeidungsverhalten. Die klinisch-neurologische Untersuchung habe keine pathologischen Befunde zu Tage gefördert. Psychisch habe sich die Klägerin bewusstseinsklar, freundlich zugewandt, mit sicherem Rapport, ausgeglichen, affektiv schwingungsfähig und zu allen Qualitäten vollständig orientiert präsentiert. Die Klägerin habe zwar über Vergesslichkeit geklagt, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen seien aber objektiv nicht wesentlich beeinträchtigt. In geschlossenen Räumen bekomme die Klägerin ihren Angaben zufolge Kopfweh und werde dann aggressiv und grantig. Daher verbringe sie täglich mehrere Stunden im Freien. Eine "richtige Platzangst" sei es aber nicht. Wenn es sein müsse, so die Klägerin, könne sie sich überall aufhalten. Die Klägerin habe zwar einen Führerschein, aber keinen Pkw zur Verfügung. Als Tierwirtin (Schwerpunkt Schafhaltung) könne die Klägerin aus nervenärztlicher Sicht sechs und mehr Stunden arbeitstäglich eingesetzt werden. Auch sonstige körperlich mittelschwere weisungsgebundene Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Zeitdruck, ohne besondere Verantwortung und ohne besondere Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit seien ihr arbeitstäglich sechs und mehr Stunden zumutbar.
Des Weiteren veranlasste die Beklagte eine sozialmedizinische Begutachtung der Klägerin. Im von der Internistin G., S.-H., unter dem 23. Juni 2005 erstatteten Gutachten wurden folgende Diagnosen mitgeteilt: - Rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei Fehlhaltung und ausreichender Entfaltbarkeit, ohne radikuläre Symptomatik, - Senk-Spreizfüße, - Leichte Raumangst ohne Vermeidungsverhalten und - Mäßiges Übergewicht. Wegen chronischer venöser Insuffizienz trage die Klägerin Kompressionsstrümpfe; dadurch seien venöse Komplikationen weitgehend zu vermeiden. Die ferner angegebene nächtliche Inkontinenz habe keinerlei Einfluss auf ein berufliches Leistungsvermögen am Tage. Als Tierwirtin sei die Klägerin arbeitstäglich sechs und mehr Stunden belastbar. Auch sonstige körperlich mittelschwere weisungsgebundene Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Zeitdruck, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne besondere Verantwortung und ohne besondere Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit seien ihr arbeitstäglich sechs und mehr Stunden zumutbar.
Auf der Grundlage der medizinischen Beweiserhebung lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 24. Juni 2005 unter Hinweis darauf ab, die Klägerin sei in der Lage im erlernten Beruf ebenso wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten arbeitstäglich noch mindestens sechs Stunden zu verrichten. Den daraufhin von der Klägerin am 4. Juli 2005 unter Hinweis auf die abweichende Leistungsbeurteilung des Gesundheitsamts erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme der Internistin G. vom 15. Juli 2005, die erklärte, die gesundheitsamtlich bescheinigte Erwerbsminderung sei nicht nachvollziehbar, mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2005 als unbegründet zurück.
Die am 27. September 2005 zum Sozialgericht Heilbronn erhobene Klage begründete die Klägerin wie folgt: Seit 1998 beziehe sie Sozialhilfe; seither werde sie auch jährlich amtsärztlich untersucht. Sie leide an Senk-Spreizfüßen, einer Wirbelsäulenverkrümmung, nächtlicher Inkontinenz, übermäßigem Schlafbedürfnis, Schilddrüsenüberfunktion, schlechtem Gedächtnis und Raumangst. Beim Aufenthalt in Räumen stoße sie oft irgendwo an und tue sich weh oder beschädige Dinge. Außerdem fielen ihr öfters ungewollt Sachen aus der Hand. Zudem leide sie unter unregelmäßig auftretenden starken und schmerzhaften Regelblutungen. Sie behandele sich unter Anleitung eines Heilpraktikers selbst.
Nach schriftlicher Anhörung und Hinweis auf die Möglichkeit, eine wahlärztliche Untersuchung und Begutachtung zu beantragen, wies das Sozialgericht nach Ablauf der Anhörungsfrist die Klage durch Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2005 als unbegründet ab. Zur Begründung hieß es: Nach den Ergebnissen der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten sei die Klägerin nicht erwerbsgemindert. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 14. Dezember 2005 zugestellt.
Am 9. Januar 2006 hat die Klägerin Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt.
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass ihr infolge der festgestellten Gesundheitsstörungen die Ausübung einer nennenswerten Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2005 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids 14. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat zunächst die amtsärztlichen Unterlagen des Gesundheitsamts beim Landratsamt S. H. beigezogen. Danach ist die Klägerin am 5. April 2001 und am 2. August 2002 amtsärztlich untersucht worden. Unter dem 5. April 2001 hat die Neurologin und Psychiaterin L. den Grad der Erwerbsminderung der Klägerin für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit 100% geschätzt. Am 2. August 2002 hat die Amtsärztin Dr. L.-L. die Klägerin für dauernd arbeitsunfähig befunden. Zur Begründung hat sie auf ein sehr verlangsamtes Verhalten der Klägerin, deren Probleme mit der Verarbeitung von Reizen und das vorliegende Wirbelsäulenleiden verwiesen. Die Klägerin sei nur im Freien noch in der Lage täglich bis zu zwei Stunden berufstätig zu sein. Darüber hinaus lägen Leistungsausschlüsse für Tätigkeiten unter Zeitdruck, unter erhöhter Verletzungsgefahr sowie für Arbeiten vor, die häufiges Bücken oder Zwangshaltungen oder das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg verlangten.
Daraufhin hat der Senat - nachdem die Klägerin erklärt hatte, auswärtige Gutachter wegen "schwerer Raumangst" in Bussen oder Zügen nicht aufsuchen zu können - die Neurologin und Psychiaterin Dr. B.-K., S. H., mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. In ihrem unter dem 18. Mai 2006 verfassten Gutachten hat Dr. B.-K. folgende Diagnosen gestellt: - Agoraphobie, - Leichte Beeinträchtigung der Konzentration und der Denkfunktionen, - Akzentuierte Persönlichkeitszüge mit Vermeidung sozialer Aktivitäten und sozialem Rückzug und - Wirbelsäulenbeschwerden. Die klinisch-neurologischen Untersuchungen seien ohne pathologischen Befund gewesen. Psychisch sei die Klägerin bewusstseinsklar, freundlich zugewandt, ausgeglichen, affektiv gut schwingungsfähig und allseits orientiert aufgetreten. Auch relevante Störungen von Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit seien während der nahezu zweieinhalbstündigen Untersuchung im Sprechzimmer nicht festzustellen gewesen. Der formale Gedankengang der Klägerin sei geordnet gewesen, inhaltliche Denkstörungen hätten nicht vorgelegen. Auf Befragen habe die Klägerin angegeben, im Sprechzimmer ein subjektives Unwohlsein zu haben und den Drang zu verspüren, sich nach draußen zu begeben. Die Klägerin betreibe seit Jahren ein Vermeidungsverhalten in bezug auf enge Räume, Einkaufszentren und Menschenmengen. Bei völlig normaler verbaler Intelligenz sei es während der Exploration wiederkehrend zu Problemen bei der zeitlichen Einordnung biographischer Ereignisse gekommen. In der testpsychologischen Diagnostik habe die Klägerin Probleme mit Arbeiten unter Zeitdruck und mit erhöhter kognitiver Belastung gehabt. Aggravation und Simulation seien auszuschließen. Agoraphobie und akzentuierte Persönlichkeitszüge seien mit zumutbarer ärztlicher und intensiver psychotherapeutischer Behandlung längerfristig überwindbar; problematisch sei in diesem Zusammenhang aber die fehlende Motivation der Klägerin. Unter Berücksichtung sämtlicher Gesundheitsstörungen halte sie die Klägerin für arbeitstäglich noch sechs Stunden belastbar mit körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Qualitativ lägen folgende Leistungsausschlüsse vor: keine Arbeiten mit erhöhter Verantwortung (z.B. der Betreuung hilfsbedürftiger Personen) oder mit Publikumsverkehr, keine Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten, keine Arbeiten unter Zeitdruck, kein schweres Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, kein häufiges Bücken und keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Während der sechsstündigen Arbeit seien regelmäßige Pausen erforderlich, darunter sollte zur Mittagszeit eine einstündige Pause gewährt werden. Notwendig seien die Pausen insbesondere bei Arbeiten in geschlossenen Räumen. Arbeiten im Freien seien im Fall der Klägerin aber ohnehin zu bevorzugen. Hinreichende Umstellungs- und Einstellungsfähigkeit für die zeitgerechte Einarbeitung in einfache weisungsgebundene Tätigkeiten besitze die Klägerin. Ebenso sei sie in der Lage viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m fußläufig binnen höchstens 15 bis 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Wegen der bestehenden Agoraphobie sei es der Klägerin allerdings nicht möglich in gedrängt vollbesetzten Bussen - wie z.B. während der Hauptverkehrszeit - zu fahren. Zur Untersuchung montags um 14:00 Uhr sei die Klägerin von ihrer Wohnung am Stadtrand von S. H. in die H. Innenstadt mit dem Bus gefahren. Der festgestellte Zustand bestehe seit dem Datum der Rentenantragstellung im Wesentlichen unverändert fort. Der Leistungsbeurteilung von Dr. L.-L. sei zu widersprechen, zu derjenigen der Vorgutachter Dres. G. und G. sei anzumerken, dass eine berufliche Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich der Klägerin nicht mehr zumutbar sei.
Die Beklagte hat mit prüfärztlicher Stellungnahme der Nervenärztin B. vom 4. Juli 2006 zu den gutachtlichen Ausführungen von Dr. B.-K. Stellung genommen. Prüfärztin B. ist der Auffassung, die Lebensweise der Klägerin, täglich mehrere Stunden draußen zu verbringen, spreche gegen das Vorliegen einer Agoraphobie, die ja gerade mit Ängsten das Haus zu verlassen, verbunden sei. Auch die Tatsache, dass die Klägerin größere Menschenmengen meide, bedeute nicht, dass eine Agoraphobie vorliege. Unwohlsein in engen Räumen, Bussen oder Bahnen erfülle nicht die diagnostischen Kriterien für eine Agoraphobie. Auch der Wunsch der Klägerin, sich möglichst viel im Freien aufzuhalten, habe keinen Krankheitswert. Schließlich könne aufgrund der nur sehr geringen Leistungseinschränkungen nicht nachvollzogen werden, warum der Klägerin arbeitstäglich nur sechs und nicht sechs und mehr Stunden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zugemutet werden können.
In der vom Senat nunmehr erbetenen ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme nach Aktenlage hat Dr. B.-K. unter dem 3. August 2006 ausgeführt, sie halte die Klägerin weiterhin nur für regelmäßig noch sechs Stunden täglich mit Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes belastbar. Die von ihr gutachtlich vorgeschlagene Pausenregelung sei der eingeschränkten Denk- und Konzentrationsfähigkeit und dem damit verbundenen reduzierten Durchhaltevermögen der Klägerin geschuldet. Die längere Mittagspause sei besonders wegen der Angststörung zu Entlassung und Regeneration notwendig. Klar zu widersprechen sei Prüfärztin B., soweit diese die Diagnose Agoraphobie in Zweifel ziehe. Die Klägerin leide eindeutig an Agoraphobie. Sie vermeide seit langer Zeit Menschenansammlungen und öffentliche Plätze. Des Weiteren habe sie Raumangst. Hinzu kämen bei der Klägerin - wie sie ihren handschriftlichen Protokollnotizen während der Exploration entnehme – folgende vegetativen Symptome, wenn sie Menschenansammlungen ausgesetzt sei: schneller Herzschlag, Unruhe und Angst vor dem Kontrollverlust. Schließlich müsse eine Agoraphobie keinesfalls zwingend mit Ängsten, das Haus zu verlassen, verbunden sein. Wegen der von der Klägerin glaubhaft geschilderten Angst vor Menschenansammlungen und öffentlichen Plätzen sei es ihr derzeit auch nicht zuzumuten, in gedrängt voll besetzten Bussen zu fahren.
Zu den ergänzenden gutachtlichen Ausführungen von Dr. B.-K. hat die Beklagte mit weiterer prüfärztlicher Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 18. August 2006 reagiert. Darin führt Dr. G. aus: Die Angststörungen seien bei der Klägerin derart minimal ausgeprägt, dass daraus realistischerweise keine dauerhafte Minderung des quantitativen Leistungsvermögens abzuleiten sei. Tatsache sei, dass die Klägerin in einer Mietwohnung wohne, Familie und Haushalt versorge, sich um zwei minderjährige Kinder kümmere und auch nach einer nahezu zweieinhalbstündigen Untersuchung im Sprechzimmer der Gutachterin Dr. B.-K. lediglich auf Befragen ein subjektives Unwohlsein geäußert habe. Bei alledem habe sich die Klägerin freundlich zugewandt, affektiv gut schwingungsfähig und nicht antriebsgestört präsentiert. Auch wenn anhand der Testdiagnostik leichte kognitive Beeinträchtigungen nachzuweisen seien, lasse sich daraus keine Einschränkung eines quantitativen Leistungsvermögens für anspruchslose leichte Tätigkeiten ohne Zeitdruck ableiten. Ferner sei Prüfärztin B. auch dahingehend zuzustimmen, dass Patienten mit einer ausgeprägten Agoraphobie überwiegend ein Rückzugsverhalten an den Tag legten, das ihren Aktionsradius erheblich einschränke; daran fehle es bei der Klägerin offensichtlich. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin den erlernten Beruf als Tierwirtin völlig uneingeschränkt weiter ausüben könne.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Heilbronn im erstinstanzlichen Verfahren (S 4 R 3135/05) und auf diejenigen des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber im Ergebnis nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2005 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 14. September 2005 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Auch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht ihr nicht zu.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht hinreichend sicher belegen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Gesamtwürdigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dres. G. und G. (21. und 23. Juni 2005), die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie des im Berufungsverfahren vom Senat von Amts wegen eingeholten nervenärztlichen Gutachtens von Dr. B.-K. vom 18. Mai 2006 nebst ergänzender gutachtlicher Stellungnahme vom 3. August 2006. Die abweichende Leistungseinschätzung zugunsten der Klägerin in den dem Senat vorliegenden amtsärztlichen Unterlagen des Gesundheitsamts des Landesratsamts Schwäbisch Hall rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn dieser Leistungseinschätzung fehlt es - wie schon von der im Verwaltungsverfahren eingeschalteten Gutachterin G. in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 15. Juli 2005 zutreffend angemerkt - an einer nachvollziehbaren Begründung. Die amtsärztlichen Stellungnahmen vom 5. April 2001, 2. August 2002 und 13. März 2003 enthalten nämlich weder Befunderhebungen noch Mitteilungen über Gang und Ergebnis von etwa durchgeführten klinischen, apparativen und/oder testpsychologischen Untersuchungen.
Die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht 40jährige Klägerin leidet danach zur Überzeugung des Senats an folgenden, für ihre körperliche Leistungsfähigkeit bedeutsamen Gesundheitsstörungen: - Leichte Agoraphobie und leichte Raumangst, - Leichte Beeinträchtigung der Konzentration und der Denkfunktionen, - Akzentuierte Persönlichkeitszüge mit Vermeidung sozialer Aktivitäten und sozialem Rückzug, - Wirbelsäulenbeschwerden ohne radikuläre Symptomatik und - Senk-Spreizfüße.
Die danach als relevant festgestellten Gesundheitsstörungen schränken die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht ein. Aus medizinischer Sicht sind der Klägerin derzeit und absehbar jedenfalls noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen unter Beachtung bestimmter qualitativer Leistungsausschlüsse - keine Nacht- und Schichtarbeit, keine Akkord- und Fließbandarbeit, keine Tätigkeit an gefährdenden Maschinen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten, die mit häufigen Bücken, Zwangshaltungen der Wirbelsäule oder dem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg verbunden sind, sowie keine Arbeiten mit erhöhten Ansprüchen an Auffassung und Konzentration oder mit Publikumsverkehr - über sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar. Bei alledem ist die Klägerin - wie noch auszuführen ist - auch wegefähig und damit in der Lage, unter allgemein zumutbaren Bedingungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln von ihrer Wohnung zu einer Arbeitstätte und zurück zu gelangen.
Entgegen ihrer Auffassung ist die Klägerin auch in Zusammenschau ihrer im Wesentlichen neurologisch-psychiatrisch bedingten Gesundheitsstörungen gegenwärtig und auf absehbare Zeit in quantitativer Hinsicht noch in der Lage, arbeitstäglich über sechs Stunden hinweg körperliche leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Dauer zu verrichten. Diese Folgerung beruht auf folgenden Einzelerkenntnissen: Die Klägerin leidet nach den vom Senat als schlüssig und nachvollziehbar beurteilten Feststellungen der mit dem Fall befassten nervenärztlichen Gutachter Dres. G. (Gutachten vom 21. Juni 2005) und Binder-Klotz (18. Mai 2006) - entgegen der prüfärztlichen Ausführungen der Dres. B. und G. - zwar an einer leichten Form von Agoraphobie und Raumangst ohne Panikstörung. Dr. B.-K. hat in ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 3. August 2006 unter zutreffender Bezugnahme auf den einschlägigen Kriterienkatalog der ICD-10 hinreichend dargelegt, dass Agoraphobie nicht zwingend mit Ängsten, das Haus oder die Wohnung zu verlassen, verbunden ist. Diese Erkenntnis deckt sich mit der Beschreibung von Agoraphobie in der psychiatrischen Wissenschaft. So beschreibt Nedopil (Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., 2000, S. 138) die Agoraphobie als Angst vor öffentlichen Plätzen, vor Menschenmengen, vor Reisen oder vor dem Verlassen der eigenen Wohnung. Typischerweise besteht nicht nur, wie früher beschrieben, Angst vor weiten Plätzen, sondern vor allen Situationen, in denen sich der Betroffene außerhalb der gewohnten Umgebung aufhält (Möller/Laux/Deister, Psychiatrie und Psychotherapie, 3. Aufl., 2005, S. 111).
Dieses Leiden erschwert es - auch in Zusammenschau mit darüber hinaus nachgewiesenen Gesundheitsstörungen, insbesondere mit den Wirbelsäulenbeschwerden - der Klägerin aber nicht unzumutbar, arbeitstäglich sechs Stunden lang körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten (Gutachten Dr. B.-K. vom 18. Mai 2006). Dafür spricht zum einen das Verhalten, das die Klägerin während der gutachtlichen Untersuchungen durch die Dres. G. (2005) und B.-K. (2006) an den Tag gelegt hat. Beide Gutachter, die die Klägerin jeweils über längere Zeit exploriert haben (Dr. B.-K. über 2,5 Stunden am Stück), beschreiben sie als während der gesamten Zeit freundlich zugewandt, ausgeglichen und gut affektiv schwingungsfähig sowie als hinreichend merk- und konzentrationsfähig. Dr. B.-K. konstatiert auch nur ein subjektives Unwohlsein der Klägerin am Ende der Untersuchung mit einem Drang sich nach draußen zu begeben, das von der Klägerin zudem erst auf ausdrückliche Nachfrage geäußert worden ist. Der leicht beeinträchtigten Merk-, Konzentrations- und Denkfunktion kann durch die Beschäftigung mit einfachen, weisungsgebundenen und körperlich leichten Tätigkeiten begegnet werden, ohne dass dies eine quantitative Leistungsminderung rechtfertigt. Entsprechendes gilt für die festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden und im Hinblick auf die Senk- und Spreizfüße der Klägerin. Die Umstellungsfähigkeit der Klägerin vom Dasein einer Hausfrau auf eine körperliche leichte und einfach strukturierte versicherungspflichtige Beschäftigung bei entsprechender Einarbeitungsphase hat Dr. B.-K. gutachtlich nachgewiesen.
Des Weiteren bedarf die Klägerin letztlich auch keiner besonderen Arbeitsbedingungen, insbesondere keiner betriebsunüblicher Pausen. Soweit Dr. B.-K. eine mindestens einstündige Mittagspause zur Entlastung und Regeneration für erforderlich hält, bezieht sie dies ausdrücklich nur auf Arbeitsplätze in geschlossenen Räumen, nicht aber auf von der Klägerin ohnehin bevorzugte Tätigkeiten im Freien. Unabhängig davon hat Dr. B.-K. die Erforderlichkeit einer mindestens einstündigen Mittagspause aber auch nicht hinreichend substantiiert begründet. Die eher geringen nachgewiesenen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen rechtfertigen betriebsunübliche Pausen generell nicht, zumal die Klägerin mit den nicht geringeren alltäglich vorgegebenen Belastungen mit der im Wesentlichen alleinigen Versorgung eines Vier-Personen-Haushalts samt der Erziehung ihrer beiden jetzt zehn und dreijährigen Kinder zurecht kommt (Gutachten Dr. B.-K. vom 18. Mai 2006).
Schließlich ist die Klägerin auch als hinreichend wegefähig zu beurteilen. Die Erwerbsfähigkeit für Versicherte, die keinen Arbeitsplatz haben, setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - grundsätzlich eine Wegefähigkeit voraus, die es dem Versicherten erlaubt, auf dem Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück viermal täglich Strecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (max. 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu können (BSG, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, S. 30 f. und SozR 3-2600 § 44 Nr. 10). Strecken von 500 Metern kann die Klägerin viermal täglich fußläufig binnen maximal 15 bis 20 Minuten zurücklegen (Dr. B.-K., 2006). Die Klägerin ist grundsätzlich in der Lage öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Dies ist durch die Bus- und Bahnfahrten zu den Gutachtern Dr. G. (W.) und Dr. B.-K. (S. H. - Innenstadt) aktenkundig dokumentiert. Soweit Dr. B.-K. eine Zumutbarkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch die Klägerin verneint, wenn diese besonders während der Hauptverkehrszeiten gedrängt besetzt sind, hält der Senat diese Schlussfolgerung für zu weitreichend. Die Klägerin selbst hat nämlich gegenüber dem Gutachter Dr. G. noch 2005 erklärt, keine "richtige Platzangst" zu haben und sich, soweit erforderlich, überall aufhalten zu können. Dies korrespondiert mit dem von Dr. G. in der prüfärztlichen Stellungnahme vom 18. August 2006 gegebenen Hinweis, dass die Klägerin in der Lage sei eine Familie mit Haushalt und zwei kleinen Kindern zu versorgen. Allein schon deshalb wird die Klägerin, der kein Pkw zur Verfügung steht, auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen sein. Dieser Umstand ist vor der weiteren Tatsache zu sehen, dass sich der Ehemann der Klägerin, obgleich Rentner, in den Haushalt und auch die Kindererziehung jenseits der Erledigung von allfälligen Einkäufen praktisch nicht einbringt (so die Angaben der Klägerin gegenüber den Gutachterinnen Geer im Juni 2005 und Dr. B.-K. im August 2006).
Zu alledem kommt hinzu, dass die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen medikamentös und durch psychiatrisch-psychotherapeutische Maßnahmen behandelbar und besserungsfähig sind. Die Tatsache, dass die Klägerin - obgleich als Mutter und Hausfrau täglich in erheblichen Umfang gefordert - bislang jedweder zumutbarer ärztlichen Behandlung und Medikation ablehnend gegenübersteht, deutet darauf hin, dass sie die Leidensituation beherrscht, jedenfalls der Leidensdruck kein so erhebliches Ausmaß angenommen hat, der in ihren Augen eine ärztliche Behandlung zwingend erforderlich macht. Diese Haltung beruht auch auf keiner generellen Ablehnung ärztlicher Behandlung etwa aus Gewissensgründen, hat die Klägerin gegenüber den Gutachter Dr. G. (2005) doch angegeben, dass ihr vor einigen Jahren ein vereiterter Finger aufgeschnitten worden sei und sie ihre ältere Tochter per Kaiserschnitt zur Welt gebracht habe. Die weitere Frage von Dr. G. nach einem Hausarzt hat die Klägerin sodann mit den bezeichnenden Worten beantwortet, "noch nie ernstlich krank gewesen" zu sein und deshalb keinen Hausarzt zu haben und auch keine Medikamente einzunehmen.
Zusammenfassend ist die Klägerin nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Klägerin ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Agentur für Arbeit einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die der Klägerin noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen von vorn herein nicht mit erheblichem Zeitdruck oder dem Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen oder Nacht- bzw. Schichtarbeit verbunden. Die benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) regelmäßig nicht mit besonderem Zeitdruck oder Schichtarbeiten verbunden sind oder - wie z.B. Überwachungstätigkeiten, etwa in einem Parkhaus oder auf einem Parkplatz - eine Beschäftigung im steten Wechsel von Aufenthalten in Räumen oder im Freien erlauben.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und unfähig sind, in ihrem erlernten Ausbildungsberuf oder auf einer entsprechenden Qualifikationsebene weiter zu arbeiten. Der 1967 geborenen Klägerin kommt schon aufgrund ihres Alters kein Berufsschutz zu.
3. Aus dem Vorstehenden unter 1) ergibt sich zugleich, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht. Denn sie ist in der Lage arbeitstäglich über einen Zeitraum von sechs Stunden körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin hat deswegen zurückgewiesen werden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1967 geborene und verheiratete Klägerin - Mutter dreier 1988 und 1997 und 2004 geborener Kinder - die nach Erlangung des Realschulabschlusses durch Bestehen der 10. Klasse eines Gymnasiums vom 1. August 1984 bis zum 27. Juli 1988 die Ausbildung zur Tierwirtin mit Schwerpunkt Schafhaltung erfolgreich absolvierte, war anschließend - unterbrochen von Mutterschutz- und Kindererziehungszeiten und von Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis zum 31. Oktober 1994 insgesamt 9 Monate im erlernten Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 6. November 1997 sind für die Klägerin im Versicherungsverlauf mit Unterbrechungen Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung vermerkt.
Am 19. April 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten auf Veranlassung der landrätlichen Grundsicherungsbehörde unter Verwendung der amtlichen Formularvordrucke Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung bezog sie sich auf ein dem Antrag beigefügtes Schreiben der Amtsärztin Dr. L.-L., Landratsamt S.-H., vom 13. März 2003, in dem es hieß:
"Frau S. wurde am 12.03.2003 amtsärztlich begutachtet. Bei ihr liegt dauerhaft volle Erwerbsminderung vor."
Weiter teilte die Klägerin im Antrag mit, sie sei der Auffassung arbeitstäglich nur noch bis zu zwei Stunden leichte Tätigkeit im Freien - ohne Arbeit an oder mit Maschinen - verrichten zu können. Ärztlich lasse sie sich nicht behandeln; sie behandle sich selbst.
Daraufhin beauftragte die Beklagte den Neurologen und Psychiater Dr. G., W., mit der nervenärztlichen Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. Dr. G. teilte im Gutachten vom 21. Juni 2005 bei der damals 164 cm großen und 76 kg schweren Klägerin folgende Diagnose mit: - Leichte Raumangst ohne Vermeidungsverhalten. Die klinisch-neurologische Untersuchung habe keine pathologischen Befunde zu Tage gefördert. Psychisch habe sich die Klägerin bewusstseinsklar, freundlich zugewandt, mit sicherem Rapport, ausgeglichen, affektiv schwingungsfähig und zu allen Qualitäten vollständig orientiert präsentiert. Die Klägerin habe zwar über Vergesslichkeit geklagt, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen seien aber objektiv nicht wesentlich beeinträchtigt. In geschlossenen Räumen bekomme die Klägerin ihren Angaben zufolge Kopfweh und werde dann aggressiv und grantig. Daher verbringe sie täglich mehrere Stunden im Freien. Eine "richtige Platzangst" sei es aber nicht. Wenn es sein müsse, so die Klägerin, könne sie sich überall aufhalten. Die Klägerin habe zwar einen Führerschein, aber keinen Pkw zur Verfügung. Als Tierwirtin (Schwerpunkt Schafhaltung) könne die Klägerin aus nervenärztlicher Sicht sechs und mehr Stunden arbeitstäglich eingesetzt werden. Auch sonstige körperlich mittelschwere weisungsgebundene Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Zeitdruck, ohne besondere Verantwortung und ohne besondere Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit seien ihr arbeitstäglich sechs und mehr Stunden zumutbar.
Des Weiteren veranlasste die Beklagte eine sozialmedizinische Begutachtung der Klägerin. Im von der Internistin G., S.-H., unter dem 23. Juni 2005 erstatteten Gutachten wurden folgende Diagnosen mitgeteilt: - Rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei Fehlhaltung und ausreichender Entfaltbarkeit, ohne radikuläre Symptomatik, - Senk-Spreizfüße, - Leichte Raumangst ohne Vermeidungsverhalten und - Mäßiges Übergewicht. Wegen chronischer venöser Insuffizienz trage die Klägerin Kompressionsstrümpfe; dadurch seien venöse Komplikationen weitgehend zu vermeiden. Die ferner angegebene nächtliche Inkontinenz habe keinerlei Einfluss auf ein berufliches Leistungsvermögen am Tage. Als Tierwirtin sei die Klägerin arbeitstäglich sechs und mehr Stunden belastbar. Auch sonstige körperlich mittelschwere weisungsgebundene Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Zeitdruck, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne besondere Verantwortung und ohne besondere Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit seien ihr arbeitstäglich sechs und mehr Stunden zumutbar.
Auf der Grundlage der medizinischen Beweiserhebung lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 24. Juni 2005 unter Hinweis darauf ab, die Klägerin sei in der Lage im erlernten Beruf ebenso wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten arbeitstäglich noch mindestens sechs Stunden zu verrichten. Den daraufhin von der Klägerin am 4. Juli 2005 unter Hinweis auf die abweichende Leistungsbeurteilung des Gesundheitsamts erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme der Internistin G. vom 15. Juli 2005, die erklärte, die gesundheitsamtlich bescheinigte Erwerbsminderung sei nicht nachvollziehbar, mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2005 als unbegründet zurück.
Die am 27. September 2005 zum Sozialgericht Heilbronn erhobene Klage begründete die Klägerin wie folgt: Seit 1998 beziehe sie Sozialhilfe; seither werde sie auch jährlich amtsärztlich untersucht. Sie leide an Senk-Spreizfüßen, einer Wirbelsäulenverkrümmung, nächtlicher Inkontinenz, übermäßigem Schlafbedürfnis, Schilddrüsenüberfunktion, schlechtem Gedächtnis und Raumangst. Beim Aufenthalt in Räumen stoße sie oft irgendwo an und tue sich weh oder beschädige Dinge. Außerdem fielen ihr öfters ungewollt Sachen aus der Hand. Zudem leide sie unter unregelmäßig auftretenden starken und schmerzhaften Regelblutungen. Sie behandele sich unter Anleitung eines Heilpraktikers selbst.
Nach schriftlicher Anhörung und Hinweis auf die Möglichkeit, eine wahlärztliche Untersuchung und Begutachtung zu beantragen, wies das Sozialgericht nach Ablauf der Anhörungsfrist die Klage durch Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2005 als unbegründet ab. Zur Begründung hieß es: Nach den Ergebnissen der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten sei die Klägerin nicht erwerbsgemindert. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 14. Dezember 2005 zugestellt.
Am 9. Januar 2006 hat die Klägerin Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt.
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass ihr infolge der festgestellten Gesundheitsstörungen die Ausübung einer nennenswerten Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2005 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids 14. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat zunächst die amtsärztlichen Unterlagen des Gesundheitsamts beim Landratsamt S. H. beigezogen. Danach ist die Klägerin am 5. April 2001 und am 2. August 2002 amtsärztlich untersucht worden. Unter dem 5. April 2001 hat die Neurologin und Psychiaterin L. den Grad der Erwerbsminderung der Klägerin für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit 100% geschätzt. Am 2. August 2002 hat die Amtsärztin Dr. L.-L. die Klägerin für dauernd arbeitsunfähig befunden. Zur Begründung hat sie auf ein sehr verlangsamtes Verhalten der Klägerin, deren Probleme mit der Verarbeitung von Reizen und das vorliegende Wirbelsäulenleiden verwiesen. Die Klägerin sei nur im Freien noch in der Lage täglich bis zu zwei Stunden berufstätig zu sein. Darüber hinaus lägen Leistungsausschlüsse für Tätigkeiten unter Zeitdruck, unter erhöhter Verletzungsgefahr sowie für Arbeiten vor, die häufiges Bücken oder Zwangshaltungen oder das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg verlangten.
Daraufhin hat der Senat - nachdem die Klägerin erklärt hatte, auswärtige Gutachter wegen "schwerer Raumangst" in Bussen oder Zügen nicht aufsuchen zu können - die Neurologin und Psychiaterin Dr. B.-K., S. H., mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. In ihrem unter dem 18. Mai 2006 verfassten Gutachten hat Dr. B.-K. folgende Diagnosen gestellt: - Agoraphobie, - Leichte Beeinträchtigung der Konzentration und der Denkfunktionen, - Akzentuierte Persönlichkeitszüge mit Vermeidung sozialer Aktivitäten und sozialem Rückzug und - Wirbelsäulenbeschwerden. Die klinisch-neurologischen Untersuchungen seien ohne pathologischen Befund gewesen. Psychisch sei die Klägerin bewusstseinsklar, freundlich zugewandt, ausgeglichen, affektiv gut schwingungsfähig und allseits orientiert aufgetreten. Auch relevante Störungen von Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit seien während der nahezu zweieinhalbstündigen Untersuchung im Sprechzimmer nicht festzustellen gewesen. Der formale Gedankengang der Klägerin sei geordnet gewesen, inhaltliche Denkstörungen hätten nicht vorgelegen. Auf Befragen habe die Klägerin angegeben, im Sprechzimmer ein subjektives Unwohlsein zu haben und den Drang zu verspüren, sich nach draußen zu begeben. Die Klägerin betreibe seit Jahren ein Vermeidungsverhalten in bezug auf enge Räume, Einkaufszentren und Menschenmengen. Bei völlig normaler verbaler Intelligenz sei es während der Exploration wiederkehrend zu Problemen bei der zeitlichen Einordnung biographischer Ereignisse gekommen. In der testpsychologischen Diagnostik habe die Klägerin Probleme mit Arbeiten unter Zeitdruck und mit erhöhter kognitiver Belastung gehabt. Aggravation und Simulation seien auszuschließen. Agoraphobie und akzentuierte Persönlichkeitszüge seien mit zumutbarer ärztlicher und intensiver psychotherapeutischer Behandlung längerfristig überwindbar; problematisch sei in diesem Zusammenhang aber die fehlende Motivation der Klägerin. Unter Berücksichtung sämtlicher Gesundheitsstörungen halte sie die Klägerin für arbeitstäglich noch sechs Stunden belastbar mit körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Qualitativ lägen folgende Leistungsausschlüsse vor: keine Arbeiten mit erhöhter Verantwortung (z.B. der Betreuung hilfsbedürftiger Personen) oder mit Publikumsverkehr, keine Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten, keine Arbeiten unter Zeitdruck, kein schweres Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, kein häufiges Bücken und keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Während der sechsstündigen Arbeit seien regelmäßige Pausen erforderlich, darunter sollte zur Mittagszeit eine einstündige Pause gewährt werden. Notwendig seien die Pausen insbesondere bei Arbeiten in geschlossenen Räumen. Arbeiten im Freien seien im Fall der Klägerin aber ohnehin zu bevorzugen. Hinreichende Umstellungs- und Einstellungsfähigkeit für die zeitgerechte Einarbeitung in einfache weisungsgebundene Tätigkeiten besitze die Klägerin. Ebenso sei sie in der Lage viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m fußläufig binnen höchstens 15 bis 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Wegen der bestehenden Agoraphobie sei es der Klägerin allerdings nicht möglich in gedrängt vollbesetzten Bussen - wie z.B. während der Hauptverkehrszeit - zu fahren. Zur Untersuchung montags um 14:00 Uhr sei die Klägerin von ihrer Wohnung am Stadtrand von S. H. in die H. Innenstadt mit dem Bus gefahren. Der festgestellte Zustand bestehe seit dem Datum der Rentenantragstellung im Wesentlichen unverändert fort. Der Leistungsbeurteilung von Dr. L.-L. sei zu widersprechen, zu derjenigen der Vorgutachter Dres. G. und G. sei anzumerken, dass eine berufliche Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich der Klägerin nicht mehr zumutbar sei.
Die Beklagte hat mit prüfärztlicher Stellungnahme der Nervenärztin B. vom 4. Juli 2006 zu den gutachtlichen Ausführungen von Dr. B.-K. Stellung genommen. Prüfärztin B. ist der Auffassung, die Lebensweise der Klägerin, täglich mehrere Stunden draußen zu verbringen, spreche gegen das Vorliegen einer Agoraphobie, die ja gerade mit Ängsten das Haus zu verlassen, verbunden sei. Auch die Tatsache, dass die Klägerin größere Menschenmengen meide, bedeute nicht, dass eine Agoraphobie vorliege. Unwohlsein in engen Räumen, Bussen oder Bahnen erfülle nicht die diagnostischen Kriterien für eine Agoraphobie. Auch der Wunsch der Klägerin, sich möglichst viel im Freien aufzuhalten, habe keinen Krankheitswert. Schließlich könne aufgrund der nur sehr geringen Leistungseinschränkungen nicht nachvollzogen werden, warum der Klägerin arbeitstäglich nur sechs und nicht sechs und mehr Stunden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zugemutet werden können.
In der vom Senat nunmehr erbetenen ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme nach Aktenlage hat Dr. B.-K. unter dem 3. August 2006 ausgeführt, sie halte die Klägerin weiterhin nur für regelmäßig noch sechs Stunden täglich mit Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes belastbar. Die von ihr gutachtlich vorgeschlagene Pausenregelung sei der eingeschränkten Denk- und Konzentrationsfähigkeit und dem damit verbundenen reduzierten Durchhaltevermögen der Klägerin geschuldet. Die längere Mittagspause sei besonders wegen der Angststörung zu Entlassung und Regeneration notwendig. Klar zu widersprechen sei Prüfärztin B., soweit diese die Diagnose Agoraphobie in Zweifel ziehe. Die Klägerin leide eindeutig an Agoraphobie. Sie vermeide seit langer Zeit Menschenansammlungen und öffentliche Plätze. Des Weiteren habe sie Raumangst. Hinzu kämen bei der Klägerin - wie sie ihren handschriftlichen Protokollnotizen während der Exploration entnehme – folgende vegetativen Symptome, wenn sie Menschenansammlungen ausgesetzt sei: schneller Herzschlag, Unruhe und Angst vor dem Kontrollverlust. Schließlich müsse eine Agoraphobie keinesfalls zwingend mit Ängsten, das Haus zu verlassen, verbunden sein. Wegen der von der Klägerin glaubhaft geschilderten Angst vor Menschenansammlungen und öffentlichen Plätzen sei es ihr derzeit auch nicht zuzumuten, in gedrängt voll besetzten Bussen zu fahren.
Zu den ergänzenden gutachtlichen Ausführungen von Dr. B.-K. hat die Beklagte mit weiterer prüfärztlicher Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 18. August 2006 reagiert. Darin führt Dr. G. aus: Die Angststörungen seien bei der Klägerin derart minimal ausgeprägt, dass daraus realistischerweise keine dauerhafte Minderung des quantitativen Leistungsvermögens abzuleiten sei. Tatsache sei, dass die Klägerin in einer Mietwohnung wohne, Familie und Haushalt versorge, sich um zwei minderjährige Kinder kümmere und auch nach einer nahezu zweieinhalbstündigen Untersuchung im Sprechzimmer der Gutachterin Dr. B.-K. lediglich auf Befragen ein subjektives Unwohlsein geäußert habe. Bei alledem habe sich die Klägerin freundlich zugewandt, affektiv gut schwingungsfähig und nicht antriebsgestört präsentiert. Auch wenn anhand der Testdiagnostik leichte kognitive Beeinträchtigungen nachzuweisen seien, lasse sich daraus keine Einschränkung eines quantitativen Leistungsvermögens für anspruchslose leichte Tätigkeiten ohne Zeitdruck ableiten. Ferner sei Prüfärztin B. auch dahingehend zuzustimmen, dass Patienten mit einer ausgeprägten Agoraphobie überwiegend ein Rückzugsverhalten an den Tag legten, das ihren Aktionsradius erheblich einschränke; daran fehle es bei der Klägerin offensichtlich. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin den erlernten Beruf als Tierwirtin völlig uneingeschränkt weiter ausüben könne.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts Heilbronn im erstinstanzlichen Verfahren (S 4 R 3135/05) und auf diejenigen des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber im Ergebnis nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2005 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 14. September 2005 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Auch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht ihr nicht zu.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht hinreichend sicher belegen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Gesamtwürdigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dres. G. und G. (21. und 23. Juni 2005), die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie des im Berufungsverfahren vom Senat von Amts wegen eingeholten nervenärztlichen Gutachtens von Dr. B.-K. vom 18. Mai 2006 nebst ergänzender gutachtlicher Stellungnahme vom 3. August 2006. Die abweichende Leistungseinschätzung zugunsten der Klägerin in den dem Senat vorliegenden amtsärztlichen Unterlagen des Gesundheitsamts des Landesratsamts Schwäbisch Hall rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn dieser Leistungseinschätzung fehlt es - wie schon von der im Verwaltungsverfahren eingeschalteten Gutachterin G. in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 15. Juli 2005 zutreffend angemerkt - an einer nachvollziehbaren Begründung. Die amtsärztlichen Stellungnahmen vom 5. April 2001, 2. August 2002 und 13. März 2003 enthalten nämlich weder Befunderhebungen noch Mitteilungen über Gang und Ergebnis von etwa durchgeführten klinischen, apparativen und/oder testpsychologischen Untersuchungen.
Die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht 40jährige Klägerin leidet danach zur Überzeugung des Senats an folgenden, für ihre körperliche Leistungsfähigkeit bedeutsamen Gesundheitsstörungen: - Leichte Agoraphobie und leichte Raumangst, - Leichte Beeinträchtigung der Konzentration und der Denkfunktionen, - Akzentuierte Persönlichkeitszüge mit Vermeidung sozialer Aktivitäten und sozialem Rückzug, - Wirbelsäulenbeschwerden ohne radikuläre Symptomatik und - Senk-Spreizfüße.
Die danach als relevant festgestellten Gesundheitsstörungen schränken die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht ein. Aus medizinischer Sicht sind der Klägerin derzeit und absehbar jedenfalls noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen unter Beachtung bestimmter qualitativer Leistungsausschlüsse - keine Nacht- und Schichtarbeit, keine Akkord- und Fließbandarbeit, keine Tätigkeit an gefährdenden Maschinen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten, die mit häufigen Bücken, Zwangshaltungen der Wirbelsäule oder dem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg verbunden sind, sowie keine Arbeiten mit erhöhten Ansprüchen an Auffassung und Konzentration oder mit Publikumsverkehr - über sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar. Bei alledem ist die Klägerin - wie noch auszuführen ist - auch wegefähig und damit in der Lage, unter allgemein zumutbaren Bedingungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln von ihrer Wohnung zu einer Arbeitstätte und zurück zu gelangen.
Entgegen ihrer Auffassung ist die Klägerin auch in Zusammenschau ihrer im Wesentlichen neurologisch-psychiatrisch bedingten Gesundheitsstörungen gegenwärtig und auf absehbare Zeit in quantitativer Hinsicht noch in der Lage, arbeitstäglich über sechs Stunden hinweg körperliche leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Dauer zu verrichten. Diese Folgerung beruht auf folgenden Einzelerkenntnissen: Die Klägerin leidet nach den vom Senat als schlüssig und nachvollziehbar beurteilten Feststellungen der mit dem Fall befassten nervenärztlichen Gutachter Dres. G. (Gutachten vom 21. Juni 2005) und Binder-Klotz (18. Mai 2006) - entgegen der prüfärztlichen Ausführungen der Dres. B. und G. - zwar an einer leichten Form von Agoraphobie und Raumangst ohne Panikstörung. Dr. B.-K. hat in ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 3. August 2006 unter zutreffender Bezugnahme auf den einschlägigen Kriterienkatalog der ICD-10 hinreichend dargelegt, dass Agoraphobie nicht zwingend mit Ängsten, das Haus oder die Wohnung zu verlassen, verbunden ist. Diese Erkenntnis deckt sich mit der Beschreibung von Agoraphobie in der psychiatrischen Wissenschaft. So beschreibt Nedopil (Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., 2000, S. 138) die Agoraphobie als Angst vor öffentlichen Plätzen, vor Menschenmengen, vor Reisen oder vor dem Verlassen der eigenen Wohnung. Typischerweise besteht nicht nur, wie früher beschrieben, Angst vor weiten Plätzen, sondern vor allen Situationen, in denen sich der Betroffene außerhalb der gewohnten Umgebung aufhält (Möller/Laux/Deister, Psychiatrie und Psychotherapie, 3. Aufl., 2005, S. 111).
Dieses Leiden erschwert es - auch in Zusammenschau mit darüber hinaus nachgewiesenen Gesundheitsstörungen, insbesondere mit den Wirbelsäulenbeschwerden - der Klägerin aber nicht unzumutbar, arbeitstäglich sechs Stunden lang körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten (Gutachten Dr. B.-K. vom 18. Mai 2006). Dafür spricht zum einen das Verhalten, das die Klägerin während der gutachtlichen Untersuchungen durch die Dres. G. (2005) und B.-K. (2006) an den Tag gelegt hat. Beide Gutachter, die die Klägerin jeweils über längere Zeit exploriert haben (Dr. B.-K. über 2,5 Stunden am Stück), beschreiben sie als während der gesamten Zeit freundlich zugewandt, ausgeglichen und gut affektiv schwingungsfähig sowie als hinreichend merk- und konzentrationsfähig. Dr. B.-K. konstatiert auch nur ein subjektives Unwohlsein der Klägerin am Ende der Untersuchung mit einem Drang sich nach draußen zu begeben, das von der Klägerin zudem erst auf ausdrückliche Nachfrage geäußert worden ist. Der leicht beeinträchtigten Merk-, Konzentrations- und Denkfunktion kann durch die Beschäftigung mit einfachen, weisungsgebundenen und körperlich leichten Tätigkeiten begegnet werden, ohne dass dies eine quantitative Leistungsminderung rechtfertigt. Entsprechendes gilt für die festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden und im Hinblick auf die Senk- und Spreizfüße der Klägerin. Die Umstellungsfähigkeit der Klägerin vom Dasein einer Hausfrau auf eine körperliche leichte und einfach strukturierte versicherungspflichtige Beschäftigung bei entsprechender Einarbeitungsphase hat Dr. B.-K. gutachtlich nachgewiesen.
Des Weiteren bedarf die Klägerin letztlich auch keiner besonderen Arbeitsbedingungen, insbesondere keiner betriebsunüblicher Pausen. Soweit Dr. B.-K. eine mindestens einstündige Mittagspause zur Entlastung und Regeneration für erforderlich hält, bezieht sie dies ausdrücklich nur auf Arbeitsplätze in geschlossenen Räumen, nicht aber auf von der Klägerin ohnehin bevorzugte Tätigkeiten im Freien. Unabhängig davon hat Dr. B.-K. die Erforderlichkeit einer mindestens einstündigen Mittagspause aber auch nicht hinreichend substantiiert begründet. Die eher geringen nachgewiesenen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen rechtfertigen betriebsunübliche Pausen generell nicht, zumal die Klägerin mit den nicht geringeren alltäglich vorgegebenen Belastungen mit der im Wesentlichen alleinigen Versorgung eines Vier-Personen-Haushalts samt der Erziehung ihrer beiden jetzt zehn und dreijährigen Kinder zurecht kommt (Gutachten Dr. B.-K. vom 18. Mai 2006).
Schließlich ist die Klägerin auch als hinreichend wegefähig zu beurteilen. Die Erwerbsfähigkeit für Versicherte, die keinen Arbeitsplatz haben, setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - grundsätzlich eine Wegefähigkeit voraus, die es dem Versicherten erlaubt, auf dem Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück viermal täglich Strecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (max. 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu können (BSG, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, S. 30 f. und SozR 3-2600 § 44 Nr. 10). Strecken von 500 Metern kann die Klägerin viermal täglich fußläufig binnen maximal 15 bis 20 Minuten zurücklegen (Dr. B.-K., 2006). Die Klägerin ist grundsätzlich in der Lage öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Dies ist durch die Bus- und Bahnfahrten zu den Gutachtern Dr. G. (W.) und Dr. B.-K. (S. H. - Innenstadt) aktenkundig dokumentiert. Soweit Dr. B.-K. eine Zumutbarkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch die Klägerin verneint, wenn diese besonders während der Hauptverkehrszeiten gedrängt besetzt sind, hält der Senat diese Schlussfolgerung für zu weitreichend. Die Klägerin selbst hat nämlich gegenüber dem Gutachter Dr. G. noch 2005 erklärt, keine "richtige Platzangst" zu haben und sich, soweit erforderlich, überall aufhalten zu können. Dies korrespondiert mit dem von Dr. G. in der prüfärztlichen Stellungnahme vom 18. August 2006 gegebenen Hinweis, dass die Klägerin in der Lage sei eine Familie mit Haushalt und zwei kleinen Kindern zu versorgen. Allein schon deshalb wird die Klägerin, der kein Pkw zur Verfügung steht, auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen sein. Dieser Umstand ist vor der weiteren Tatsache zu sehen, dass sich der Ehemann der Klägerin, obgleich Rentner, in den Haushalt und auch die Kindererziehung jenseits der Erledigung von allfälligen Einkäufen praktisch nicht einbringt (so die Angaben der Klägerin gegenüber den Gutachterinnen Geer im Juni 2005 und Dr. B.-K. im August 2006).
Zu alledem kommt hinzu, dass die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen medikamentös und durch psychiatrisch-psychotherapeutische Maßnahmen behandelbar und besserungsfähig sind. Die Tatsache, dass die Klägerin - obgleich als Mutter und Hausfrau täglich in erheblichen Umfang gefordert - bislang jedweder zumutbarer ärztlichen Behandlung und Medikation ablehnend gegenübersteht, deutet darauf hin, dass sie die Leidensituation beherrscht, jedenfalls der Leidensdruck kein so erhebliches Ausmaß angenommen hat, der in ihren Augen eine ärztliche Behandlung zwingend erforderlich macht. Diese Haltung beruht auch auf keiner generellen Ablehnung ärztlicher Behandlung etwa aus Gewissensgründen, hat die Klägerin gegenüber den Gutachter Dr. G. (2005) doch angegeben, dass ihr vor einigen Jahren ein vereiterter Finger aufgeschnitten worden sei und sie ihre ältere Tochter per Kaiserschnitt zur Welt gebracht habe. Die weitere Frage von Dr. G. nach einem Hausarzt hat die Klägerin sodann mit den bezeichnenden Worten beantwortet, "noch nie ernstlich krank gewesen" zu sein und deshalb keinen Hausarzt zu haben und auch keine Medikamente einzunehmen.
Zusammenfassend ist die Klägerin nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Klägerin ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Agentur für Arbeit einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die der Klägerin noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen von vorn herein nicht mit erheblichem Zeitdruck oder dem Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen oder Nacht- bzw. Schichtarbeit verbunden. Die benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) regelmäßig nicht mit besonderem Zeitdruck oder Schichtarbeiten verbunden sind oder - wie z.B. Überwachungstätigkeiten, etwa in einem Parkhaus oder auf einem Parkplatz - eine Beschäftigung im steten Wechsel von Aufenthalten in Räumen oder im Freien erlauben.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und unfähig sind, in ihrem erlernten Ausbildungsberuf oder auf einer entsprechenden Qualifikationsebene weiter zu arbeiten. Der 1967 geborenen Klägerin kommt schon aufgrund ihres Alters kein Berufsschutz zu.
3. Aus dem Vorstehenden unter 1) ergibt sich zugleich, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht. Denn sie ist in der Lage arbeitstäglich über einen Zeitraum von sechs Stunden körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin hat deswegen zurückgewiesen werden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved