L 21 RA 163/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 318/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RA 163/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeit vom 01. September 1956 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben AVItech (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAÜG ) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.

Der 1932 geborenen Klägerin wurde mit Urkunde vom 30. Juni 1956 die Berufsbezeichnung "Forstingenieur" verliehen. Eigenen Angaben zufolge war sie ab dem 01. September 1956 bis zum 31. Mai 1957 im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb E und vom 01. September 1957 bis zum 30. Juni 1961 und erneut vom 01. Januar 1965 bis zum 30. Juni 1991 im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb (StFB) S als Revierförsterin beschäftigt.

Eine Urkunde über die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde der Klägerin nicht ausgehändigt. Ein einzelvertraglicher Anspruch auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungs-system ist nicht vorgetragen worden.

Im Juli 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überführung von Versorgungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 06. Dezember 2002 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass von der Klägerin am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt worden sei, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.

Mit ihrem hiergegen am 27. Dezember 2002 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, als Ingenieur in einem volkseigenen Betrieb, dem StFB S, beschäftigt gewesen zu sein. Sie wies ferner darauf hin, dass eine Reihe ehemaliger Kollegen, die in demselben Betrieb ebenfalls als Ingenieure tätig gewesen seien, eine Versorgungsanwartschaft anerkannt bekommen hätten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2003 mit der Begründung zurück, dass es sich bei einem staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) und auch nicht um einen einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.

Am 14. Mai 2003 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat vorgetragen, der StFB S in M sei ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich Industrie und Bauwesen gewesen. Dort seien Holz und Harz in großer Menge produziert worden. Jedenfalls sei der StFB ein gleichgestellter Betrieb gewesen, weil er der VVB Forstwirtschaft in P unterstanden habe.

Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid entgegengetreten.

Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum StFB M, Kreis St (Handelsregisterabteilung C, Band 1 Nr. 11), beigezogen und die Klage mit Urteil vom 18. März 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass durch das Merkmal "volkseigen" nur Betriebe erfasst würden, die formalrechtlich den Status des volkseigenen Betriebes gehabt hätten. Bei den StFB E und S habe es sich auch nicht um volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellte Betriebe im Sinne der Zweiten Durchführungsbestimmung ¬ 2. DB gehandelt, denn StFB würden in dieser Aufzählung nicht genannt. Die Tatsache, dass der StFB einer Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB) unterstellt gewesen sei, ändere hieran nichts. Denn durch die Aufzählung in der 2. DB würden nur die VVB selbst den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt. Arbeitgeber der Klägerin sei aber nicht die VVB, sondern jeweils der StFB gewesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 30. April 2004 zugestellte Urteil am 27. Mai 2004 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, dass StFB in der Gesellschaftsform eines volkeigenen Produktionsbetriebes gegründet und nach den Prinzipien der wirtschaftlichen Rechnungsführung geleitet worden seien. Die StFB seien gesellschaftsrechtlich zweifelsfrei als volkseigene Produktionsbetriebe einzustufen, denn sie hätten nicht nur formalrechtlich diesen Status inne gehabt. Dies beweise u. a. ihre Zusammenfassung zu den VVB als Form der Leitungsstruktur. Es habe sich bei den StFB der ehemaligen DDR um volkseigene Produktionsbetriebe zur Erzeugung und Weiterverarbeitung von Rohholz sowie forstlichen Nebenprodukten gehandelt. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass Kollegen der Klägerin in vergleichbarer Funktion eine Zusatzversorgung zuerkannt worden sei.

Der Senat entnimmt dem Vorbringen der Klägerin den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. März 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 01. September 1956 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Zusatzver-sorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten (Az.: ) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den streitigen Zeitraum als Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - AVItech - und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt.

Das Begehren der Klägerin ist letztlich auf die Leistung einer (höheren) Rente gerichtet. Da sie im streitigen Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen Renten-versicherungssystem nicht zurückgelegt hat, der bundesdeutsche Rentenversicherungsträger aber grundsätzlich nur seinen Versicherten zur (höheren) Leistung verpflichtet ist, bedarf es zur Begründung und Ausgestaltung von Rechten und Anwartschaften im Rahmen des insoweit maßgeblichen Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sowie zur Wertbestimmung derartiger Berechtigungen nach dessen Grundsätzen jeweils besonderer bundesrechtlicher Grundlagen. Der Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgang in zwei voneinander zu trennende Verfahren gegliedert. Während das eine Verfahren mit dem Erlass eines so genannten Entgeltbescheides endet, hat das andere einen die Rente feststellenden Bescheid zum Ziel. In dem erstgenannten Verfahren hat der Versorgungsträger, hier die Beklagte, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören neben den Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) die in diesen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (vgl. zu diesem Verfahren im Einzelnen: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 6/01 R m. w. N., SozR 3-8570 § 8 Nr. 7), so dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen solchen Verwaltungsakt besteht. Dies ist hier nicht der Fall.

Einen ihrem Begehren entsprechenden Anspruch hat die Klägerin schon deshalb nicht, weil sie nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Vorschriften des AAÜG fällt. Eine Prüfung der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen ergibt, dass die Vorschriften des AAÜG keine Anwendung finden. Die Regelungen des AAÜG gelten für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Ansprüche hatte die Klägerin noch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme, am 30. Juni 1990, war sie noch nicht versorgungsberechtigt. Sie hatte auch keine Versorgungs-anwartschaft. Solche Anwartschaften hatten Personen, die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher gehabt hatten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), für die sich dies aus einer einzelvertraglichen Regelung ergab, oder die nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllten und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 14/03 R, D-spezial 2004, Nr. 8 S. 8 [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Dass das AAÜG auch auf dem letztgenannten Personenkreis Zugehörige Anwendung findet, es also nicht allein darauf ankommt, ob zum 01. Juli 1990 in der DDR ein Versorgungsanspruch oder eine entsprechende Anwartschaft bestand, ergibt sich bereits daraus, dass als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten vor Einführung eines Versorgungssystems gelten (§ 5 Abs. 2 AAÜG) und ein Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall nach dem Willen des Bundesgesetzgebers unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist in aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel, eine sachgerechte und willkürfreie Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, erreichen zu können, sollen - wie sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung insbesondere der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben - nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur potentiell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere Verfahren einbezogen werden. Ausgehend davon bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des Rückgriffs auf diejenigen Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Im Falle des § 5 Abs. 1 AAÜG sind dies die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese gegebenenfalls durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der früheren DDR, zu denen insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die Bedeutung der Texte ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 42/01 R, zitiert nach juris). Wie die Versorgungsordnungen und die Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt und angewandt wurden, muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer normativen Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen (BSG, Urteil vom 24. März 1998,: B 4 RA 27/97 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3; Urteil vom 30. Juni 1998, B 4 RA 11/98 R, SGb 1998, S. 526 f. [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Ob nämlich außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und der einschlägigen Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt erscheinen lassen konnten, lässt sich heute mangels einer gesicherten Beurteilungsgrundlage nicht willkürfrei entscheiden (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, B 4 RA 117/00 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 6).

Am 30. Juni 1990 gehörte die Klägerin nicht zur Gruppe derjenigen, die in das System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz obligatorisch einzubeziehen waren. Ob jemand aufgrund seiner Qualifikation und der ausgeübten Beschäftigung zum Kreis der durch die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz Begünstigten zu zählen ist, lässt sich durch die Heranziehung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I S. 844) allein nicht klären. Dort heißt es in § 1 nur, für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben werde über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Dass es - unter anderem - zur Konkretisierung des nur vage umrissenen Begriffs der Angehörigen der technischen Intelligenz und damit des Kreises der Begünstigten noch näherer Bestimmungen bedurfte, war dem Verordnungsgeber offenbar bewusst, denn § 5 zufolge waren durch das Ministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Die Ausfüllung des Begriffs "Angehörige der technischen Intelligenz", das heißt die Definition des von der Verordnung erfassten Personenkreises, dem die zusätzliche Versorgungsversicherung zugute kommen sollte, findet sich in der hier ebenfalls heranzuziehenden zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR S. 487), durch welche die erste Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. DDR S. 1043) außer Kraft gesetzt wurde.

Danach war das Versorgungssystem eingerichtet für Personen, die

1. berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, 2. entsprechende Tätigkeiten tatsächlich ausübten und die 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig waren.

Bei der Klägerin lag im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme jedenfalls die dritte, das heißt die betriebsbezogene Voraussetzung nicht vor. Sie war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin, der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb S war ab dem 18. November 1957 beim Bezirksvertragsgericht Frankfurt (Oder) im Register der volkseigenen Wirtschaft des Rates des Kreises S als selbständige juristische Person eingetragen. Übergeordnetes Organ war weder das Industrieministerium noch das Ministerium des Bauwesens, sondern der Rat des Bezirkes F, Abteilung Forstwirtschaft.

Ein selbständiger staatlicher Forstwirtschaftsbetrieb war nicht von der AVItech erfasst. Voraussetzung für eine obligatorische Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem sind nicht die Eigentumsverhältnisse, sondern die Rechtsform des Unternehmens (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 3/02 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Dass der Begriff "volkseigener Betrieb" in der Versorgungsordnung nicht alle Betriebe umfasste, die letztlich im Volkseigentum standen, zeigt die Aufzählung der gleichgestellten Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB. Da es in § 1 Abs. 1 Satz 1 2. DB heißt "in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben", muss es sich nach dem damaligen Sprachverständnis bei allen in Abs. 2 der Vorschrift aufgezählten Einrichtungen und Unternehmen nicht unbedingt um Betriebe in der Rechtsform eines VEB gehandelt haben, während volkseigene Produktionsbetriebe nach der Versorgungsordnung nur solche in der Rechtsform eines VEB waren. Käme es insgesamt nur darauf an, dass es sich um einen Betrieb in Volkseigentum handelte, so müssten insbesondere Vereinigungen volkseigener Betriebe und volkseigene Güter nicht gleichgestellt werden.

Auch waren staatliche Forstwirtschaftsbetriebe nicht den volkseigenen Produktionsbetrieben versorgungsrechtlich gleichgestellt, denn in § 1 Abs. 2 2. DB, der eine abschließende Aufzählung der gleichgestellten Einrichtungen und Betriebe enthält, sind die staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe nicht genannt.

Selbst wenn man davon ausginge, dass der StFB S ein volkseigener Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 VO-AVItech gewesen wäre, handelte es sich nicht um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung. Erfasst von der Versorgungsordnung waren nur volkseigene Produktionsbetriebe. Die Versorgungsordnung begrenzte den Anwendungsbereich auf volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8750 § 1 Nr. 6). Hauptzweck, auf den abzustellen ist, muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern bzw. die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sein (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 14/03 R, veröffentlicht in juris; Urteil vom 08. Juni 2004, B 4 RA 57/03 R, veröffentlicht in juris). Der StFB S war kein solcher Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung. Aus dem zuletzt veröffentlichten Rahmenstatut der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe vom 11. Februar 1959 (Anlage zur Anordnung über die Aufgaben der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe und die Betreuung des LPG- und Privatwaldes vom 11. Februar 1959 [GBl. I S. 121 ff.]) ergibt sich, dass Aufgabe der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe die Steigerung der Rohholzproduktion, die rationelle Ausformung des Rohstoffes Holz und die Wahrung der landeskulturellen Belange war. Den staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben oblag die Bewirtschaftung und der Schutz des volkseigenen Waldbesitzes in der Deutschen Demokratischen Republik. Sie hatten durch die Anwendung der fortschrittlichsten Erkenntnisse der Wissenschaft und unter maximaler Ausnutzung der modernen Technik die Holzproduktion quantitativ und qualitativ maximal zu steigern, die landeskulturellen Wirkungen des Waldes zu erhöhen und die Volkswirtschaft planmäßig mit Rohholz, Harz und Rinde sowie anderen Produkten der Forstwirtschaft, insbesondere Erzeugnissen der Massenbedarfsgüterproduktion zu versorgen. Damit war Hauptaufgabe des Betriebes die Rohholzgewinnung und Pflege des Waldes und nicht die Fertigung, Herstellung, Anfertigung oder Fabrikation von Sachgütern. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass auch eine Produktion von Sachgütern in ihrem Betrieb vorgenommen worden ist, stellte dies zumindest nach dem heranzuziehenden Statut nicht den Hauptzweck des Betriebes dar.

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte allein auf die Sachlage am 30. Juni 1990 abgestellt hat; dies ist insbesondere nicht willkürlich. Das AAÜG als bundesdeutsches Recht hat - wie oben dargestellt - nur an zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungs-systeme am 30. Juni 1990 bereits entstandene Versorgungsansprüche oder erworbene -anwartschaften angeknüpft. Wer bis zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme nicht versorgungsberechtigt oder einbezogen war und im Zeitpunkt der Schließung der Systeme auch nicht nach den Vorgaben der einschlägigen Versorgungsordnung zwingend einzubeziehen war, konnte nach Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 keine neuen Ansprüche und Anwartschaften erwerben. Dass dies verfassungsgemäß ist, hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen bestätigt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u. a. -, veröffentlicht in Juris).

Soweit die Klägerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Grundgesetz - GG - darin sieht, dass ihr bekannte Kollegen mit entsprechender Ausbildung und Tätigkeit die zusätzliche Altersversorgung erhielten, kann ihr nicht gefolgt werden. Soweit sie sich auf Personen bezieht, die zu DDR-Zeiten Versorgungszusagen erhalten haben, kann ihr schon aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht gefolgt werden. Im Übrigen gebietet Art. 3 GG nur, Gleiches gleich zu behandeln. Gleich aber sind sich eine Person mit Versorgungszusage und eine Person ohne Versorgungszusage in versorgungsrechtlicher Hinsicht nicht. Auch zwischen Personen, die am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine obligatorische Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllten und solchen, bei denen zumindest eine Voraussetzung nicht erfüllt war, gibt es die unterschiedliche Behandlung rechtfertigende sachliche Unterschiede. Verfügten Personen, auf die sich die Klägerin mit ihrem Vortrag bezieht, über keine derartigen Ansprüche, Versorgungszusagen oder dementsprechende Einzelverträge, so können der Klägerin aus möglicherweise rechtswidrigen Feststellungen zugunsten anderer Personen keine Rechte erwachsen. Eine Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht.

Da die Klägerin keinen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat, hat sie auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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