L 4 KR 2671/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 2153/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2671/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. April 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Krankengeld (Krg) vom 28. September 2004 bis 08. März 2006 zusteht.

Der am 1946 geborene Kläger ist selbstständiger Großhandelskaufmann/Unternehmensberater. Seinen Angaben zufolge beträgt bei ihm die wöchentliche Arbeitszeit 50 Stunden und seine Tätigkeit ist ständig sitzend, teilweise gehend und stehend zu verrichten. Bildschirmarbeit falle an. Es sei auch das Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten mit einem Gewicht von 15 bis 20 kg erforderlich. Der Kläger ist seit 01. Januar 1999 bei der Beklagten als hauptberuflich Selbstständiger freiwillig mit Anspruch auf Krg ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU) versichert.

Der Kläger wurde zunächst vom 28. August bis 25. September 2000 in der S.-Klinik Zollernalb GmbH (Klinik), dessen Ärztlicher Direktor und Chefarzt jetzt Professor, früher Privatdozent Dr. G.-Z., ist, stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 05. Oktober 2000 sind als Diagnosen genannt: Impingementsyndrom rechte Schulter, Chondromalazie II.-III.-Grades mediales Kompartiment beide Kniegelenke, Plica infrapatellaris beidseits, Innenmeniskushinterhornläsion beidseits. Im Arztbrief vom 14. Dezember 2000 wegen einer stationären Behandlung in der Klinik vom 31. Oktober bis 28. November 2000 sind als Diagnosen genannt: Aktivierte Retropatellararthrose beidseits bei Zustand nach beidseitigem Lateral Release und Patellaanbohrung, Rezidiv-Schmerzen rechte Schulter bei Zustand nach offenem subacromialem Detrapment nach Neer. Im Arztbrief vom 27. November 2001 über eine weitere stationäre Behandlung in der Klinik vom 22. Oktober bis 19. November 2001 sind als Diagnosen genannt: Impingementsyndrom rechte Schulter, Chondromalazie I.-gradig Humeruskopf rechts, sekundäre Coxarthrose links nach traumatischer Hüftluxation, chronisches parapatellares Schmerzsyndrom beidseits. In dem Arztbrief vom 22. Januar 2003 über eine erneute stationäre Behandlung in der Klinik vom 03. Dezember 2002 bis 11. Januar 2003 sind als Diagnosen genannt: Retropatellararthrose beidseits, posttraumatische Coxarthrose links, Kontraktur und Verkürzung der ischiokrualen Muskulatur links, Spondylosis deformans der LWS, Bandscheibenprotrusion L1/2 sowie L5/S1, endogene Depression. Ferner sind dann im Arztbrief vom 22. Oktober 2004 über die stationäre Behandlung in der Klinik vom 27. September bis 25. Oktober 2004 als Diagnosen genannt: Medial und retropatellar betonte Gonarthrose beidseits, Impingementsyndrom der Schultern beidseits, Lumboischialgie rechts. Im Arztbrief vom 26. Juli 2005 über die weitere stationäre Behandlung in der Klinik vom 26. April bis 27. Mai 2005 sind als Diagnosen therapieresistente Cervicobrachialgie rechts, mittelgradige Coxarthrose links genannt; im Arztbrief vom 10. Juni 2006 über die erneute stationäre Behandlung in der Klinik vom 30. Mai bis 11. Juni 2006 sind als Diagnosen genannt: Medial und retropatellar betonte Pangonarthrose. Vom 06. bis 27. Mai 2004 war ferner beim Kläger auf Kosten der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der B.-Klinik in Ü. durchgeführt worden. In dem Entlassungsbericht der Chefärzte Dr. E. und Dr. S. vom 28. Mai 2004 wurden als Diagnosen genannt: Coxarthrose beidseits, Gonarthrose beidseits, Zustand nach Revision der Schultergelenke bei Impingementsyndrom, Tendinitis calcarea, akute Bronchitis, Metabolisches Syndrom bei Adipositas.

Im Rahmen der zweiten Blockfrist vom 31. August 2002 bis 30. August 2005, wobei die erste Blockfrist vom 31. August 1999 bis 30. August 2002 gedauert hatte, gewährte die Beklagte dem Kläger zunächst Krg vom 31. August 2002 bis 13. September 2003. Ab 11. März 2004 hatte Prof. Dr. G.-Z. beim Kläger AU wegen Coxarthrose rechts und Impingementsyndrom rechts bescheinigt. Die Beklagte gewährte ihm Krg ab 01. April 2004 (kalendertäglich EUR 80,69). Vom 06. bis 27. Mai 2004 erhielt der Kläger Übergangsgeld. Am 22. Juli 2004 bescheinigte Prof. Dr. G.-Z. beim Kläger weiterhin AU wegen Coxarthrose beidseits. Am 30. August 2004 gab der Arzt an, die AU habe am 30. August 2004 geendet. Die Beklagte gewährte Krg bis 30. August 2004. Bereits mit Schreiben vom 07. Juli 2004 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, innerhalb der Blockfrist vom 31. August 2002 bis 30. August 2005 habe wegen derselben Erkrankung ein Anspruch auf Krg bereits vom 01. August 2002 (richtig 31. August 2002) bis 23. September 2003 bestanden. Innerhalb der Dreijahresfrist betrage die Gesamtzahl der Anrechnungstage somit 389 Tage. Aufgrund der derzeitigen AU bestehe noch ein Restanspruch von 157 Tagen, weshalb der Höchstanspruch danach am 04. September 2004 ablaufen würde.

Am 08. September 2004 ging bei der Beklagten als Erstbescheinigung eine weitere AU-Bescheinigung des Prof. Dr. G.-Z. vom 02. September 2004 für die Zeit vom 02. bis 16. September 2004 mit der Diagnose "Gonarthrose bds." ein. In der Folgebescheinigung vom 16. September 2004 für die Zeit vom 16. bis 30. September 2004 wurde als Diagnose "Lumboischialgie" aufgeführt. Am 05. Oktober 2004 bescheinigte Prof. Dr. G.-Z. weiterhin Arbeitsunfähigkeit wegen "Kniebinnenschaden beidseits, Lumboischialgie beidseits", am 25. Oktober 2004 wegen "Lumboischialgie, Gonarthrose bds., Ellbogenarthrose li.", am 18. November und 16. Dezember 2004 wegen "Lumboischialgie, Ellbogenarthrose li.". Am 11. Januar 2005 wurde AU wegen "Lumboischialgie" bescheinigt. Diese Diagnose findet sich auch in den weiteren AU-Bescheinigungen des genannten Arztes vom 29. März, 07. April, 26. April, 27. Mai, 30. Juni, 26. Juli, 29. August, 29. September, 25. Oktober, 29. November und 21. Dezember 2005 sowie vom 26. Januar 2006, in der zuletzt AU bis zum 15. Februar 2006 bescheinigt wurde.

Mit Schreiben vom 20. September 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aufgrund der derzeitigen AU seit 02. September 2004 bestehe noch ein Restanspruch auf Krg für fünf Tage. Der Höchstanspruch laufe demnach am 27. September 2005 ab. Letztmalig werde ihm Krg für diesen Tag gezahlt. Dem widersprach der Kläger. Er machte geltend, für die Erkrankung Gonarthrose sei die Beklagte noch für 238 Tage leistungspflichtig, da diese Erkrankung nicht maßgebend für die Krankschreibung wegen Coxarthrose und der Behandlung der Schulterbeschwerden gewesen sei; sie sei allenfalls gleichzeitig mitbehandelt worden. Die Krankheit Lumboischialgie sei erstmals am 16. September 2004 festgestellt worden, weshalb die Beklagte insoweit für 546 Tage leistungspflichtig sei. Beide Erkrankungen würden ab 27. September 2004 stationär behandelt werden. Er akzeptiere lediglich, dass Krg für die AU wegen Coxarthrose noch für fünf Tage gezahlt werde. Aufgrund einer eingeholten Sozialmedizinischen Beratung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in Ulm vom 23. September 2004 teilte die Beklagte dem Kläger nun mit Schreiben vom 13. Oktober 2004 mit, es sei festgestellt worden, dass sowohl die AU vom 20. Juni 2002 bis 23. September 2003 und vom 11. März bis 30. August 2004 als auch die jetzige AU in ursächlichem Zusammenhang stünden. Daher sei die Leistungsunterbrechung tatsächlich bereits am 07. August 2004, nicht jedoch erst am 27. September 2004 eingetreten. Auch danach verblieb der Kläger bei seiner Ansicht, bei ihm hätten vier verschiedene, nicht miteinander zusammenhängende Erkrankungen vorgelegen, nämlich Coxarthrose (Behandlungsbeginn 20. Juni 2002), Gonarthrose (Behandlungsbeginn 04. November 2002), Schulterbeschwerden (Behandlungsbeginn 17. Oktober 2002) und Lumboischialgie (Behandlungsbeginn 16. September 2004). Die Beklagte zog danach den Entlassungsbericht vom 22. Oktober 2004 über die stationäre Behandlung vom 27. September bis 25. Oktober 2004 bei. Der Kläger selbst machte Angaben zu seiner Tätigkeit. Prof. Dr. G.-Z. gab am 09. März 2005 auf Befragung der Beklagten an, die unklare Situation hinsichtlich der Diagnoseangaben wegen der AU habe sich aus einem Fehler des Krankenhauses ergeben. Die Behandlung der Gonarthrose sei beim Kläger am 30. August 2004 beendet gewesen. Am 02. September 2004 habe die Behandlung der Lumboischialgie begonnen. Die AU-Bescheinigung vom 02. September 2004 hätte als Diagnose richtig "Lumboischialgie" tragen müssen. Die Behandlung der Lumboischialgie bestehe aufgrund des individuellen Krankheitsverlaufs bis heute fort. Allerdings seien die ellenbogenarthrotischen Beschwerden wie auch die wiederkehrende Symptomatik der Gonarthrose während des stationären Aufenthalts vom 27. September bis 25. Oktober 2004 mitbehandelt worden. Die Beklagte holte Sozialmedizinische Gutachten des Arztes R. vom 17. Februar und 12. April 2005 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, beim Kläger habe seit 11. März 2004 durchgehend AU bestanden.

Mit Bescheid vom 09. Mai 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aus den eingeholten Gutachten gehe hervor, dass die AU ab 02. September 2004 als hinzugetretene AU zu der bereits seit 11. März 2004 bestehenden AU zu werten sei. Damit verlängere sich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) die Leistungsdauer nicht. Der Kläger habe seine Tätigkeit vom 31. August bis 01. September 2004 nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausüben können. Damit sei von durchgehender AU auszugehen. Daraus ergebe sich, dass eine Leistungsunterbrechung bereits am 04. September 2004 eingetreten sei. Der Bescheid vom 20. September 2004 werde aufgehoben. Im Hinblick auf das Schreiben vom 20. September 2004 werde aus Vertrauensschutzgründen Krg bis einschließlich 27. September 2004 gezahlt. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger erneut geltend, Prof. Dr. G.-Z. habe im Schreiben vom 09. März 2005 dargelegt, dass die Behandlung der Gonarthrose am 30. August 2004 beendet gewesen sei; am 02. September 2004 habe dann die Behandlung der Lumboischialgie begonnen. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten eingesetzten Widerspruchsausschusses II vom 21. Juni 2005).

Deswegen erhob der Kläger am 01. Juli 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen. Er trug erneut vor, AU wegen Gonarthrose habe nach dem 30. August 2004 nicht mehr bestanden. Dies habe Prof. Dr. G.-Z. im Schreiben vom 09. März 2005 ausdrücklich richtiggestellt. Ab 02. September 2004 liege eine neue Erkrankung vor, welche mit der ursprünglichen, mittlerweile ausgeheilten Erkrankung in keinem Zusammenhang stehe. Die wiederkehrende Symptomatik der Gonarthrose sei während des stationären Aufenthalts vom 27. September bis 25. Oktober 2004 lediglich mitbehandelt worden. Diese Behandlung sei jedoch für die AU ab 02. September nicht ursächlich gewesen. Im Hinblick auf die AU seien beide Krankheiten nicht zeitgleich aufgetreten. Sie hätten auch verschiedene Ursachen gehabt und verschiedene Körperregionen betroffen. Der Kläger reichte auch verschiedene Unterlagen ein, darunter die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003. Im Jahre 2002 sei er seiner Tätigkeit noch nachgegangen. Infolge von mehreren Krankheitszeiten sei der Umsatz jedoch zurückgegangen. Die Umsätze ergäben sich aus den Steuerbescheiden. Die Beklagte habe im Schreiben vom 21. September 2005 die bei ihm seit 2000 bestehenden AU-Zeiten aufgelistet.

Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten sowie eines Sozialmedizinischen Fachgutachtens des Arztes R. vom 07. Februar 2006 entgegengetreten.

Das SG erhob eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Prof. Dr. G.-Z. vom 26. September 2005, der auch die Krankenhausakten, die Behandlungen des Klägers seit 2000 betreffend, eingereicht hat.

Mit Urteil vom 27. April 2006, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 09. Mai 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Dem Kläger sei unstreitig für 78 Wochen Krg gewährt worden. AU begründende Diagnosen seien vorrangig Beschwerden an den großen Gelenken (Hüfte und Knie) gewesen. Daneben hätten Schulterbeschwerden und auch Wirbelsäulenbeschwerden bestanden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Wirbelsäulenbeschwerden im Sinne einer Lumboischialgie erstmals am 02. oder 16. September 2004 aufgetreten und für die AU des Klägers allein maßgebend gewesen seien. Das Gericht habe zu der Einschätzung gelangen müssen, dass von Seiten des Prof. Dr. G.-Z. im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme und bei Abänderung der Verordnung von Krankenhausbehandlung ab September 2004 Gefälligkeitsbescheinigungen erstellt worden seien. Dem Kläger sei aufgrund des Schreibens vom 07. Juli 2004 bekannt gewesen, dass sein Anspruch auf Krg alsbald auslaufen werde. Es bestehe damit offensichtlich ein Interesse daran, mit der Behauptung, es sei eine völlig neue Krankheit aufgetreten, die für sich genommen erstmals AU begründet habe, einen weiteren Zahlungszeitraum von Krg herbeizuführen. Dies erkläre, weshalb auf der Verordnung von Krankenhausbehandlung zunächst nur Gonarthrose beidseits und danach zusätzlich Lumboischialgie angegeben worden sei. Die Kammer halte es auch für schlicht abwegig, dass sich der behandelnde Arzt bei der Aufstellung der AU-Bescheinigung vom 02. September 2004 in der handschriftlich in vollem Wortlaut eingetragenen Diagnose geirrt haben könnte. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 22. Mai 2006 mit Fernkopie Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Aus seiner Sicht habe das SG den Sachverhalt einseitig und nur zu seinen Lasten gewürdigt, ohne den behandelnden Arzt Prof. Dr. G.-Z. nochmals und detailliert im Hinblick auf die für diesen Rechtsstreit wesentlichen Punkte als Zeugen zu hören. Insbesondere müsse er dazu befragt werden, ob die Behandlung der Gonarthrose am 30. August 2004 abgeschlossen gewesen sei und die Krankschreibung ab 02. September 2004 eine neue und von der Vorerkrankung unabhängige Erkrankung mit der Folge gewesen sei, dass die Beklagte ab diesem Zeitpunkt erneut zur Zahlung von Krg verpflichtet sei. Er begehre Krankengeld bis zum 08. März 2006. Bis zu diesem Zeitpunkt lägen der Beklagten AU-Bescheinigungen mit der Diagnose Lumboischialgie vor. Ab 09. März 2006 habe er seine Arbeit wieder aufgenommen. Er arbeite im Dienstleistungsbereich und sei beratend für Firmen und Unternehmen überwiegend im Außendienst als Unternehmensberater tätig. Diese Tätigkeit habe er seiner Erinnerung nach auch am 31. August bzw. 01. September 2004 ausgeübt. Ein Behandlungsbedarf hinsichtlich der lumboischialgieformen Beschwerden sei erst ab 02. September 2004 dokumentiert. Es sei auch zu berücksichtigen, dass aus seiner Sicht als medizinischem Laien jeweils nicht detailliert unterschieden worden sei zwischen Rückenbeschwerden im Zusammenhang mit eventuellen Bandscheibenvorfällen oder degenerativen Veränderungen einerseits bzw. der Tangierung der Nervenwurzelndes Ischiasnerves durch Bandscheibenschäden und hierdurch hervorgerufene Schmerzzustände andererseits. Prof. Dr. G.-Z. sei zu der Frage zu hören, ob die Lumboischialgie schon vor dem 02. September 2004 vorgelegen habe und für die AU mitursächlich gewesen sei. Der Kläger hat auch eine Bescheinigung der Birkle-Klinik vom 01. Juli 2004 vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2005 zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 28. September 2004 bis 08. März 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Sie hat weitere AU-Bescheinigungen aus der Zeit vom 26. April 2005 bis 16. Januar 2006 vorgelegt.

Der Berichterstatter des Senats hat von der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Akte Rehabilitation des Klägers beigezogen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte, der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht für die streitige Zeit vom 28. September 2004 bis 08. März 2006 kein Krg zu, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 09. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Dies hat das SG im angegriffenen Urteil zu Recht entschieden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verweist.

Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Auch der Senat vermag nicht festzustellen, dass beim Kläger wegen ab 02. September bzw. 16. September 2004 bescheinigter Lumboischialgie der streitige Anspruch auf Krg besteht.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) erhalten Versicherte Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU "wegen derselben Krankheit" jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnete vom Tage des Beginns der AU an. Tritt während der AU eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht verlängert. Ein "Hinzutreten während der Arbeitsunfähigkeit" im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V liegt unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik sowie nach Sinn und Zweck der Regelung auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur AU führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Krankheit zugleich eine weitere Krankheit die AU des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten zumindest an einem Tag zugleich nebeneinander bestanden haben. Das Eingreifen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V erfordert demgegenüber nicht, dass zwei Krankheiten bei dem Versicherten im Falle bestehender AU in der Weise aufeinandertreffen, dass die zweite Krankheit einer schon zuvor eingetretenen und fortbestehenden ersten Krankheit zeitlich nachfolgt (Bundessozialgericht [BSG] SozR 4-2500 § 48 Nr. 3).

Der Senat vermag an sich schon nicht festzustellen, dass beim Kläger am 31. August und am 01. September 2004 im Hinblick auf die Gonarthrose beidseits Arbeitsfähigkeit für die Tätigkeit als Großhandelskaufmann/Unternehmensberater bestanden hat. Jedenfalls geht der Senat davon aus, unabhängig davon, dass beim Kläger auch schon vor dem 31. August 2004 lumboischialgieforme Beschwerden bestanden haben, dass bei ihm am 02. September 2004, kurz vor Ende der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen, sowohl (wieder) die Gonarthrose, die auch nach Einschätzung des Prof. Dr. G.-Z. langfristig bis zum 30. August 2004 AU verursacht hatte, als auch die Lumboischialgie als behandlungsbedürftige Erkrankungen vorgelegen und zeitgleich AU bedingt haben. Dies entnimmt der Senat der AU-Bescheinigung des Prof. Dr. G.-Z. vom 02. September 2004. Darin ist zwar nur die (wieder aufgetretene) Diagnose einer "Gonarthrose" genannt, ebenso wie in der zunächst ausgestellten Verordnung über die Krankenhausbehandlung ab 27. September 2004, die dann später um "Lumboischialgie" ergänzt wurde, während in der Folgebescheinigung vom 16. September 2004 nur eine "Lumboischialgie" als Diagnose für die AU genannt ist. Entscheidend ist, dass in dem Entlassungsbericht vom 22. Oktober 2004 über die stationäre Krankenhausbehandlung vom 27. September bis 25. Oktober 2004 als Diagnosen sowohl die Gonarthrose beidseits als auch die Lumboischialgie - neben einem Impingementsyndrom der Schultern beidseits - genannt sind und diese Erkrankungen behandelt worden sind. Auch im Hinblick auf die nachfolgenden AU-Bescheinigungen des Prof. Dr. G.-Z. vermag der Senat nicht festzustellen, dass als Diagnose der AU für die Zeit ab 02. September 2004 an sich nur eine Lumboischialgie hätte bescheinigt sein sollen. Die gegenteilige, nachträglich von Prof. Dr. G.-Z. am 09. März 2005 abgegebene Bekundung überzeugt den Senat nicht, zumal der behandelnde Arzt gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass die wiederkehrende Symptomatik der Gonarthrose während des stationären Aufenthalts vom 27. September bis 25. Oktober 2004 mitbehandelt worden sei. Daraus ergibt sich jedenfalls, dass die Gonarthrose, die zuvor langfristig schon AU bedingt hatte, keinesfalls ausgeheilt gewesen ist. Wäre die Gonarthrose ausgeheilt gewesen, ließe sich die während dieser stationären Behandlung erfolgte Arthroskopie beider Kniegelenke nicht erklären. Darauf, in welcher Reihenfolge die Diagnosen Gonarthrose und Lumboischialgie im Entlassungsbericht aufgeführt sind, kommt es nicht an.

Auch der Senat lässt hier nicht unberücksichtigt, dass dem Kläger im Hinblick auf seine längerdauernde AU bereits mit Schreiben der Beklagten vom 07. Juli 2004 das Ende der Höchstdauer des Anspruchs auf Krg am 04. September 2004 vor Augen geführt worden war. Im Hinblick auf die von Prof. Dr. G.-Z. in der schriftlichen Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 26. September 2005 hinsichtlich der streitigen Zeit betonte vielschichtige Beschwerdesymptomatik beim Kläger, bei der sich die Beschwerden und die Behandlungen wegen der Gonarthrose einerseits und der Lumboischialgie andererseits ersichtlich wechselseitig überlagert und jeweils AU bedingt haben, lässt sich nicht nachträglich feststellen, dass hier beide Erkrankungen nicht an einem Tag innerhalb der laufenden Blockfrist vorgelegen und AU bedingt hätten. Danach handelt es sich bei der Lumboischialgie um eine hinzugetretene Erkrankung, die entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu einer Verlängerung des Anspruchs auf Krg über den 04. September 2004 hinaus geführt hat, weshalb dem Kläger der ab 28. September 2004 geltend gemachte Anspruch auf Krg nicht zusteht. Eine ergänzende Befragung des Prof. Dr. G.-Z. war nicht geboten.

Danach war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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