L 5 KR 4063/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 413/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4063/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme für eine ambulante Balneophototherapie streitig.

Der 1963 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Erstmals mit Arztbrief der ihn behandelnden Hautärzte Dr. K. und Dr. H. vom 2. Juni 2003 beantragte er zur Behandlung einer bei ihm bestehenden Psoriasis vulgaris die Kostenübernahme für die Durchführung einer ambulanten Balneophototherapie. Zur Begründung war dort angegeben worden, dass während einer stationären Heilbehandlung diese Therapie bei ihm sehr erfolgreich gewesen sei. Im Rahmen dessen war auch ein MDK-Gutachten bei Dr. Z. vom 12. November 2003 eingeholt worden. Dort ist u. a. darauf hingewiesen worden, dass auf der Grundlage der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse Nutzen, Risiken, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Therapie so wenig tragfähig belegt seien, dass der Arbeitsausschuss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen auch bei einer erneuten Überprüfung keine Möglichkeit gesehen hatte, die Balneophototherapie für die vertragsärztliche Versorgung zu empfehlen. Eine Beratung und Beschlussfassung im Plenum des Bundesausschusses habe am 10. Dezember 1999 stattgefunden, dort sei der Bundesausschuss dem Beurteilungsvotum des Arbeitsausschusses gefolgt und die Aufnahme der Balneophototherapie in die Anlage B der Richtlinien "Ärztliche Behandlung" beschlossen worden. Dieser Beschluss sei seit 22. März 2000 in Kraft. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 12. Juni 2003 ab, der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 zurückgewiesen.

Am 16. August 2005 (Bl. 47 VA) beantragte der Kläger erneut die Kostenübernahme für eine ambulante Balneophototherapie. Mit Schreiben vom 24. August 2005 wies die Beklagte unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 den Antrag auf Übernahme der Kosten für eine ambulante Balneophototherapie ab (Bl. 46 VA). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch (Bl. 49 VA) worauf hin die Beklagte mit Schreiben vom 8. September 2005 (Bl. 48 VA) nochmals die Kostenübernahme ablehnte und darauf hinwies, dass vom Gemeinsamen Bundesausschuss die Balneophototherapie als nicht anerkannte Behandlungsmethode eingestuft werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2005 wies die Beklagte im Übrigen sodann den Widerspruch auch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe die Balneophototherapie als abgelehnte Methode in den BUB-Richtlinien - Anlage B/Nr. 27 - eingestuft. Danach sei festgestellt worden, dass es für die Balneophototherapie zur Zeit keine wissenschaftlichen Belege für die Überlegenheit zur üblichen alleinigen UV-Bestrahlung in Verbindung mit der oralen PUVA gebe. Die bei Psoriasis und Neurodermitis international übliche UV-Therapie könne aber weiterhin als vertragsärztliche Versorgung zur Anwendung kommen. Nachdem die ambulante Balneophototherapie als nicht anerkannte Behandlungsmethode eingestuft sei, bestehe seitens der gesetzlichen Krankenversicherung keine Möglichkeit einer Kostenübernahme. Sofern die Therapie unter stationären Bedingungen, z. B im Wege einer stationären Reha verabreicht werde, liege die Entscheidung der Anwendung bei der Reha-Einrichtung. Die Kosten hierfür seien mit dem normalen täglichen Pflegesatz für die insgesamt durchzuführende stationäre Behandlung abgegolten.

Hiergegen hat der Kläger am 26. Januar 2006 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die UV-Bestrahlung mit Tablettengabe zur Behandlung seiner Schuppenflechte zeige bei ihm keinen Erfolg. Außerdem bestehe hinsichtlich des verabreichten Medikaments Neotigason bei ihm eine Unverträglichkeit. Er leide täglich unter erheblichen Kopfschmerzen. Auch müsse er alle sechs Wochen zu einer umfangreichen Blutuntersuchung und müsse einmal im Jahr eine voll umfassende Röntgenuntersuchung über sich ergehen lassen. Durch den Berufsverband Deutscher Dermatologen seien nunmehr umfangreiche Studien betrieben worden, die Balneophototherapie habe hierbei überragende Erfolge erzielt. Durch die bisher vorgenommene Behandlungsmethode werde er erheblich in seiner Gesundheit gefährdet, weshalb eine Kostenübernahme für eine ambulante Balneophototherapie durch die Beklagte zu erfolgen habe.

Die Beklagte ist dem unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bzw. jetzt des Gemeinsamen Bundesausschusses entgegen getreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juli 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten für die ambulante Balneophototherapie nicht bestehe. Nach § 27 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei um eine Erkrankung zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse u. a. auch die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 28 SGB V). Die Feststellung, ob Qualität und Wirksamkeit der vom Versicherten erstrebten Behandlung dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard genügten, obliege allein dem Gemeinsamen Bundesausschuss (Hinweis auf einen Beschluss des BSG vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 18/99 B) Dieser regele in den BUB-Richtlinien bzw. seit 1. April 2006 in den Richtlinien Methoden vertragsärztlicher Versorgung, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen handele, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vom Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst seien. Neu im Sinne des § 135 SGB V seien Behandlungsmethoden, die auf einem eigenen theoretisch-wissenschaftlichen Konzept beruhten und die bisher keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden hätten. Dies treffe hinsichtlich der ambulanten Balneophototherapie zu. Diese sei in der bis zum 31. März 2006 geltenden BUB-Richtlinie Anlage B als nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörende Leistung ausdrücklich aufgeführt. Auch in der ab 1. April 2006 in Kraft getretenen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung) sei in Anlage II unter Nr. 27 die Balneophototherapie als eine Methode aufgeführt, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfe. Aus diesen Gründen sei daher die Klage abzuweisen und bestehe kein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten der von ihm begehrten ambulanten Balneophototherapie.

Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 11. Juli 2006 zugestellten Gerichtsbescheid am 11. August 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte geltend, der Kläger leide unter einer großflächigen Ausbreitung der Schuppenflechte am gesamten Körper. Diese massive Ausbreitung stelle ein Leiden dar, das sich nicht nur physisch, sondern auch psychisch auf das Gesundheitsbild des Klägers auswirke. Das SG verkenne auch, dass mit der von der Beklagten vorgeschlagenen Behandlungsmethode eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht herbeigeführt werden könne, vielmehr nach jeder Behandlung eine massive Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers eintrete. Bei den verabreichten Medikamenten bestehe eine Unverträglichkeit in der Form, dass der Kläger täglich unter erheblichen Kopfschmerzen leide. Darüber hinaus sei er verpflichtet, alle sechs Wochen eine umfangreiche Blutuntersuchung im Hinblick auf die Gefährlichkeit der bisher verabreichten Medikamente durchzuführen. Während eines Kuraufenthaltes sei er mit der hier streitgegenständlichen Balneophototherapie behandelt worden und eine massive Besserung seines Gesundheitszustandes eingetreten. Die bisherigen Medikamente bewirkten das Gegenteil. Das SG verkenne unter Berücksichtigung des vorliegenden Sachverhalts und der massiven Beeinträchtigung des Klägers, dass dennoch ein Leistungsanspruch bestehe. Es sei hier nämlich ein Systemversagen gegeben.

Der Kläger beantragt (sachdienlich ausgelegt),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Juli 2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 24. August 2005 und 8. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die beantragte ambulante Balneophototherapie zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Zur Begründung führt sie ergänzend aus, dass hier der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sich bereits ausreichend mit dieser Behandlungsmethode befasst habe und diese in den BUB-Richtlinien seinerzeit Anlage B/Nr. 27 als im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zur Verfügung stehende Methode eingestuft habe. Ein Ansatz, hier von einem Systemversagen zu sprechen, bestehe daher nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG besteht nicht. Hinsichtlich der hier streitigen ambulanten Balneophototherapie kann von Kosten von mehr als 500 EUR ausgegangen werden und damit einem Überschreiten des Beschwerdewertes.

III.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, da ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten der von ihm begehrten Balneophototherapie nicht besteht.

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 SGB V die ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung ...

Die ärztliche Behandlung umfasst gemäß § 28 Abs. 1 SGB V die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

Gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen (jetzt der Gemeinsame Bundesausschuss) auf Antrag einer kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben haben über

1. die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung, 2. die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und 3. die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.

1. Hinsichtlich der Balneophototherapie hatte der seinerzeitige Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erstmals im Jahr 1994 zur ambulanten Balneophototherapie beraten und damals entschieden, diese Methode nicht als ambulante ärztliche Leistung anzuerkennen. Kassen- und Ärztevertreter haben im zuständigen Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses 1999 erneut zwei Verfahren der Balneophototherapie überprüft (1. nicht synchrone Photosoletherapie, 2. Bade-PUV). Im Ergebnis hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 10. Dezember 1999 beschlossen, die Balneophototherapie auch weiterhin nicht als ambulante vertragsärztliche Leistung zuzulassen. Sie wurde insoweit unter der Ziffer 27 der Anlage B der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) gemäß § 135 Abs. 1 SGB V aufgenommen, bestätigt in der Ziffer 27 der Anlage B der BUB-Richtlinie vom 1. Dezember 2003 (Bundesanzeiger Nr. 57 vom 23. März 2004, Seite 5678). Die ausführlichen und eingängigen Beratungen des Bundesausschusses unter Einbeziehung von Hautärzten hatten seinerzeit ergeben, dass Nutzen und Risiken, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Balneophototherapie nach dem gegenwärtigen Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht überzeugend belegt sind. Im Weiteren kam im Hinblick darauf der Ausschuss, da nach ständiger Rechtsprechung des BSG zuverlässige wissenschaftliche Belege Voraussetzung dafür sind, dass eine Methode in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden kann, zu dem Ergebnis, dass solche zuverlässigen wissenschaftlichen Belege zum Nutzen, zur Abklärung der möglichen Risiken, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit von zusätzlichen Bädern vor der üblichen UV-Bestrahlung zur Zeit nicht vorliegen würden, sodass der Bundesausschuss die Kombination von Bädern und UV-Therapie zur Zeit nicht als vertragsärztliche Leistung anerkennen könne. Auch bestünden Hinweise auf eine erhebliche Erhöhung des Risikos, später an Hautkrebs zu erkranken. In der Zwischenzeit hat nunmehr der an die Stelle des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen getretene Gemeinsame Bundesausschuss mit Beschluss vom 17. Januar 2006 (Bundesanzeiger Nr. 48 vom 9. März 2006, Seite 1523) mit Wirkung vom 1. April 2006 die Ziffer 27 der Anlage B der BUB-Richtlinie unverändert in die jetzt maßgebliche Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung - Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen - überführt und damit bestätigt.

Die Verbindlichkeit der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses hat der Gesetzgeber im Rahmen des GMG mit Wirkung zum 1. Januar 2004 noch durch die Regelung in § 91 Abs. 9 SGB V unterstrichen. Dort ist gesetzlich angeordnet, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Versicherten der Krankenkassen, für die an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich sind. Dies hat vorliegend zur Folge, dass auch für den Kläger der Ausschluss der hier streitigen ambulanten Balneophototherapie verbindlich ist. Dagegen bestehen auch sonst keine rechtlichen Bedenken (zur demokratischen Legitimation der Richtlinien des GBA siehe Urt. vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - und vom 31. Mai 2006 - B 6 KA 13/05 R -).

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den ihm durch § 135 Abs. 1 SGB V übertragenen Auftrag in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt. In formeller Hinsicht sind Verstöße gegen die auf der Grundlage von § 91 Abs. 3 Nr. 1 SGB V ergangene Verfahrensordnung vom 5. September 2005 (BAnZ 2005 Nr. 242) nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht vorgetragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auch nicht die gesetzlichen Grenzen seiner ihm nach § 135 Abs. 1 übertragenen Richtlinienkompetenz verletzt.

Da folglich für die Vertragsärzte wie auch die Krankenkassen, wie auch die Versicherten verbindlich der Gemeinsame Bundesausschuss festgestellt hat, dass die Balneophototherapie nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden darf, besteht damit auch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte darauf, dass sie ihm diese Leistungen gewährt.

2. Ungeachtet der in §§ 135 , 138 SGB V statuierten Verbote mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). In Fällen, in denen die im Gesetz vorausgesetzte Aktualisierung der RL rechtswidrig unterblieben ist, muss nämlich die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSGE 81, 54 , 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S 21; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12 S 70). Ein solcher Systemmangel kann vorliegen, wenn das Verfahren vor dem Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw. Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (vgl. BSGE 81, 54 , 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 - immunbiologische Therapie; BSGE 88, 51 , 61 = SozR 3-2500 § 27a Nr. 2 - ICSI; BSG SozR 3-2500 § 138 Nr. 2 S 31 - Hippotherapie, jeweils mwN ). In einem derartigen Fall widersprechen die einschlägigen RL einer den Anforderungen des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V genügenden Krankenbehandlung, die erfordert, dass Qualität und Wirksamkeit der streitbefangenen Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, welche sich wiederum in zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben müssen (stRspr seit BSGE 76, 194 , 199 = SozR 3-2500 § 27 Nr. 5 - Remedacen; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 12 S 71 f; BSGE 94, 221 RdNr. 23 = SozR 4-2400 § 89 Nr. 3 RdNr. 24 ). Für den Fall einer derart unterbliebenen Aktualisierung erkennt die Rechtsprechung Lockerungen hinsichtlich dieses Wirksamkeitsnachweises in dem Sinne an, dass dann ggf. die bloße Verbreitung einer Methode für die Pflicht zur Leistungsgewährung ausreichen kann (BSGE 94, 221 RdNr. 23 = SozR 4-2400 § 89 Nr. 3 RdNr. 24 mwN).

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Nichtzulassung der Balneophototherapie durch den Gemeinsamen Bundesausschusses zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung etwa darauf beruht, dass sich die antragsberechtigten Stellen oder der Bundesausschuss aus sachfremden oder willkürlichen Erwägungen mit der Materie nicht oder zögerlich befasst hätte. Vielmehr hat sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bzw. der Gemeinsame Bundesausschuss in der Vergangenheit mehrfach mit der Balneophototherapie im Hinblick auf die Zulassung zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung auseinandergesetzt und zuletzt, wie bereits oben ausgeführt, mit Beschluss vom 17. Januar 2006 den Ausschluss dieser Behandlungsmethode von der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung bestätigt.

3. Zu Gunsten des Klägers folgt auch nichts aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 in SozR 4-2005 § 27 Nr. 5). Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Absatz 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor, denn der Kläger leidet zwar ein einer nachhaltigen, seine Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigenden Erkrankung, diese ist aber - anders als vom BVerfG gefordert - nicht als "lebensbedrohlich" und oder gar "regelmäßig tödlich verlaufend" einzuschätzen.

Aus diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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