Land
Mecklenburg-Vorpommern
Sozialgericht
SG Neubrandenburg (MVP)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Neubrandenburg (MVP)
Aktenzeichen
S 4 RJ 109/04
Datum
2. Instanz
LSG Mecklenburg-Vorpommern
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der bloße Einsatz von Kapital reicht für die Annahme einer selbständigen handwerklichen Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB VI auch dann nicht aus, wenn steuerrechtlich Einkommen aus Gewerbebetrieb und nicht aus Vermietung und Verpachtung vorliegt.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2004 wird dahingehend abgeändert, dass ab dem 01.04.2000 keine Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Hand- werker in der gesetzlichen Rentenversicherung mehr besteht.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers werden der Beklagten auferlegt.
Tatbestand:
Streitig ist die Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers als selbständiger Handwerker in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitraum 01.04.2000 - 16.08.2002.
Der im Jahre 1969 geborene Kläger, Maurermeister, ist seit dem 01.08.1993 gemeinsam mit einem weiteren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (F L und M J GbR, nachfolgend: GbR) in die Handwerksrolle der Handwerkskammer O mit dem Maurer- und Estrichleger-Handwerk eingetragen.
Am 24.01.2000 wurde der Kläger ferner als Betriebsleiter der J und L Estricharbeiten GmbH mit den Gewerken Maurer, Betonbauer und Estrichleger in die Handwerksrolle eingetragen.
Am 19.08.2002 wurde die GbR mit Wirkung zum 16.08.2002 in der Handwerksrolle gelöscht. Dies teilte die Handwerkskammer der Beklagten unter dem 23.08.2002, Eingang bei der Beklagten am 29.08.2002, mit dem Hinweis mit, dass die GbR nur noch Vermietungs- und Verwaltungsgesellschaft sei.
Nach diesem ersten Hinweis auf die selbständige handwerkliche Tätigkeit des Klägers wandte sich die Beklagte unter Hinweis auf die Versicherungspflicht gem. § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI und die Möglichkeit der Befreiung unter der Voraussetzung von 18 Jahren Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung an den Kläger zwecks Ermittlung rückständiger Beitragsansprüche.
Die Mutter des Mitgesellschafters, Frau L, teilte der Beklagten am 02.10.2002 telefonisch mit, dass ab dem 24.01.2000 die GbR nicht mehr gearbeitet habe und das Handwerk ab diesem Datum durch die Kapitalgesellschaft ausgeübt worden sei. Sie kündigte die Übersendung von Einkommenssteuerbescheiden an, bat um Festsetzung einkommensgerechter Beiträge und um frühestmögliche Befreiung von der Rentenversicherungspflicht.
Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 07.10.2000 einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbständig tätiger Handwerker und Kopien der Handwerkskarten der GbR und der GmbH, aus welchen sich die oben angegebenen Eintragungen ergeben. Ferner teilte er in dem Schreiben mit, dass er nicht bereit sei, rückwirkend Versicherungsbeiträge zu zahlen. Anlässlich der Gründung der GbR habe er sich durch die Handwerkskammer beraten lassen. Ein Hinweis auf die Rentenversicherungspflicht sei nicht erfolgt. Hätte er das seinerzeit bereits gewusst, so hätte er kein Einzelunternehmern, sondern eine GmbH gegründet. Ferner sei die GbR seit dem 01.01.2000 nicht mehr handwerklich tätig. Die GbR führe nur noch die Vermietung und Verpachtung an die GmbH durch, welche seither allein die handwerklichen Leistungen realisiere. Er beantrage daher, die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft des Gewerbeamtes W ein. Hiernach ist die GbR am 02.09.1993 zum 06.09.1993 mit dem Maurerhandwerk angemeldet worden. Am 19.08.2002 erfolgte eine Gewerbeummeldung dahingehend, dass die GbR ab dem 14.01.2000 die Vermietung und Verpachtung von eigenen Grundstücken an die Estricharbeiten GmbH durchführe.
Nach Eingang der Einkommenssteuerbescheide und einer Auskunft des Finanzamtes W stellte die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2002 die Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Handwerker ab dem 06.09.1993 fest und lehnte eine Befreiung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ab. Der Kläger könne wegen seines Alters die Befreiungsvoraussetzungen (216 Kalendermonate Pflichtbeiträge) nicht erfüllen.
Entgegen den Angaben des Klägers habe die GbR ausweislich einer Auskunft des Finanzamtes W sehr wohl noch Einkünfte aus einer handwerklichen Tätigkeit erzielt.
Mit Bescheid vom 06.12.2002 stellte die Beklagte ferner das Ende der Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Handwerker nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI mit Ablauf des 16.08.2002 fest. Ab diesem Zeitpunkt lägen die Voraussetzungen der Versicherungspflicht wegen der Löschung der Eintragungen in der Handwerksrolle nicht mehr vor.
Zugleich machte die Beklagte eine Beitragsforderung in Höhe von 7.836,10 Euro für den nicht verjährten Zeitraum ab dem 01.12.1997 geltend (einkommensgerechte Beiträge).
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 23.12.2002 am 31.12.2002 Widerspruch, ausdrücklich lediglich gegen den Bescheid vom 06.12.2002 und die hierin festgelegte Nachzahlung der Pflichtversicherungsbeiträge als selbständiger Handwerker. Zur Begründung führte er aus, dass bei der Beitragsberechnung nicht berücksichtigt werde, dass er ab Januar 2000 keine Bezüge aus der GbR mehr erhalten habe, und dass er der Handwerkskammer mit Schreiben vom 29.03.2000 mitgeteilt habe, dass die GbR keine handwerklichen Leistungen mehr vornehme. Dementsprechend sei zum 24.01.2000 die Umschreibung des Handwerks in die GmbH erfolgt. Er sei seitens der Handwerkskammer nicht auf die Folgen dessen hingewiesen worden, dass die GbR nicht in der Handwerksrolle gelöscht wurde. Schließlich sei er aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nicht in der Lage, die geltend gemachte Beitragsforderung zu begleichen.
Das in Kopie dem Widerspruch beigefügte Schreiben an die Handwerkskammer O vom 29.03.2000 stellt einen Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid der Handwerkskammer vom 27.03.2000 dar, welcher ebenfalls damit begründet wurde, dass die GbR keine handwerklichen Leistungen mehr erbringe, nachdem die GmbH diese Tätigkeiten übernommen habe.
Die Beklagte fragte daraufhin telefonisch bei der Handwerkskammer N an, von wo aus ihr mitgeteilt wurde, dass die Frage der Lösung der GbR anlässlich der Eintragung der GmbH mit dem Kläger besprochen worden sei. Es sei dann in den Unterlagen unter dem Punkt Löschung "entfällt" vermerkt worden, nachdem seitens Herrn und Frau L telefonisch mitgeteilt worden sei, dass noch Restarbeiten zu erledigen seien und man sich wegen der Löschungen noch melden wolle. Das Widerspruchsschreiben vom 29.03.2000 liege der Handwerkskammer nicht vor, ebensowenig die Gewerbeummeldung, welche im übrigen auch erst am 19.08.2002 rückwirkend gefertigt worden sei.
Daraufhin wandte sich die Beklagte mit Hinweisschreiben vom 06.05.2003 an den Kläger, teilte den Inhalt ihres Telefonats mit der Handwerkskammer mit und wies darauf hin, dass sich die Entscheidungen für die Versicherungs- und Beitragspflicht nach den in den Steuerbescheiden ausgewiesenen Einkunftsarten richte. Etwaige von der GbR aus der Vermietung und Verpachtung erzielte Einkünfte seien steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst worden. Auch diese Einkünfte seien damit Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 15 SGB VI. Da die Bestimmungen der Handwerksordnung darauf abzielten, dass in der Handwerksrolle jeweils nur aktive Unternehmen eingetragen seien sollen, könne dem Widerspruch nicht abgeholfen werden, zumal auch die Berechnung der Beitragshöhe korrekt erfolgt sei.
Der Kläger teilte unter dem 24.06.2003 mit, dass er die Beitragsforderung nach wie vor zurückweise. Zu keinem Zeitpunkt sei er durch die Handwerkskammer oder die Beklagte über seinen Status in der Rentenversicherung aufgeklärt worden. Erst 9 Jahre nach Aufnahme seiner Tätigkeit sei er mit der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung konfrontiert worden. Dass die Handwerkskammer trotz seines Schreibens vom 29.03.2000 die Löschung der GbR erst am 16.08.2002 vorgenommen habe, passe in das Bild, was er von der Sachbearbeitung in der Handwerkskammer gewonnen habe. Hierbei auftretende Mängel habe er nicht zu vertreten.
Schließlich wies der Kläger mit Schreiben vom 24.09.2003 nochmals darauf hin, dass die GbR ab dem Jahr 2000 keine handwerklichen Leistungen mehr erbracht habe, weshalb auch keine Versicherungspflicht mehr bestanden habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2004 zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid und wies erneut darauf hin, dass nach Mitteilungen des Finanzamtes die GbR auch in den Jahren 2000 bis 2002 noch Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht aus Vermietung und Verpachtung erzielt habe, weshalb die Versicherungspflicht als Handwerker fortbestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers vom 29.04.2004, Eingang bei der Beklagten am 06.04.2004, mit welcher er sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Gewerbliche Umsätze für Estricharbeiten seien ab dem Jahr 2000 ausschließlich durch die GmbH erzielt worden.
Der Kläger hat auf Anforderung des Gerichts den Einkommenssteuerbescheid für 2002 sowie den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung bezüglich der GbR zu den Akten gereicht, ferner die Miet- und Pachtverträge zwischen der GbR einerseits und der GmbH bzw. dem Kläger (hinsichtlich einer Wohnung im Betriebsgebäude) andererseits. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen Bezug genommen.
Bezug genommen wird ferner auf die vom Kläger auf Anforderung des Gerichts zu den Akten gereichten Jahresabschlüsse der GbR zum 31.12.2000, 31.12.2001 und 31.12.2002.
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2002 in Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 11.03.2004 wird insoweit abgeändert, als ab dem 01.04.2000 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als selbständiger Handwerker mehr besteht.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie nimmt zur Begründung im wesentlichen Bezug auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden und hält an der Auffassung fest, dass auch bei Fehlen einer tatsächlichen handwerklichen Tätigkeit allein deshalb von Versicherungspflicht als selbständiger Handwerker anzugehen sei, wenn steuerrechtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu beurteilende Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung des Betriebes oder seiner Teile durch die GbR erzielt worden sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Die durch Übersendung seitens der Beklagten am 29.04.2004 rechtshängig gewordene Klage ist insbesondere rechtzeitig erhoben worden, da gem. § 91 Sozialgerichtsgesetz bereits der Eingang des gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.03.2004 gerichteten Schreiben des Klägers bei der Beklagten am 06.04.2004 die einmonatige Klagefrist wahrt.
Die Klage ist in dem zuletzt aufrechterhaltenen Umfang auch begründet.
Die angegriffenen Bescheide sind, jedenfalls soweit sie von Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers über den 31.03.2000 hinaus ausgehen, rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zumindest ab dem 01.04.2000 keine selbständige handwerkliche Tätigkeit mehr ausübt.
Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig selbständig tätige Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Demnach hat neben die Eintragung in die Handwerksrolle eine tatsächliche selbständige Tätigkeit zu treten, um eine Versicherungspflicht des Handwerkers zu begründen.
Ab dem 01.04.2000 fehlt es in der Person des Klägers jedenfalls an der Voraussetzung der Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB VI. Nach der ganz herrschenden Literaturmeinung ist neben der Eintragung in die Handwerksrolle die tatsächliche Ausübung der handwerklichen Tätigkeit, sei es auch als rein aufsichtsführende und planende, zu fordern, vgl. KassKomm-Gütner, § 2 Rdz. 32; Hauck/Haines-Klettenhof, K § 2, Rdz. 21; GK-Boecken, § 2, Rdz. 23, 140, 142; Schulin-Voelzke, § 16, Rdz. 152f; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, § 2, Rdz. 23.
Eine unwiderlegbare Vermutung für die Ausübung der handwerklichen Tätigkeit aus der Eintragung in die Handwerksrolle wie noch nach dem HwVG wird durchweg nicht mehr angenommen. Gürtner, a.a.O., weist ausdrücklich darauf hin, dass der bloße Einsatz von Kapital nicht ausreiche. Auf die teilweise Abweichung vom Steuerrecht verweist Klettenhof, a.a.O.
Dieser Auffassung schließt sich das Gericht vorliegend an, da nur sie dem Gesetzeszweck Rechnung trägt, die Versicherungspflicht nur für solche Personen anzuordnen, deren soziale Schutzbedürftigkeit sich aus der Angewiesenheit auf die eigene Arbeitskraft ergibt, vgl. Gürtner a.a.O., Rdz 6; Boecken, a.a.O., Rdz 142.
Eine handwerkliche Tätigkeit in dem vorgenannten Sinne hat der Kläger aber ab dem 01.04.2000 zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr ausgeübt. Von diesem Tage an verfügte die GbR aufgrund der Verpachtung ihrer kompletten Betriebsstätte nebst Inventar an die GmbH über keinerlei Betriebsmittel zur Ausführung handwerklicher Arbeiten mehr. Insoweit wird auf den Inhalt des Pachtvertrages zwischen den beiden Gesellschaften Bezug genommen. Diese Tatsache wird im übrigen auch von der Beklagten zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt.
Diese Überzeugung des Gerichts wird ferner durch die vorgelegten Jahresabschlüsse der GbR bestätigt. In der Gewinn- und Verlustrechnung für das Kalenderjahr 2000 sind zwar noch Umsatzerlöse in Höhe von ca. 377.000,00 DM, aber bereits Kosten für Fremdarbeiten in Höhe von über 200.000,00 DM enthalten. Die Erlöse aus Vermietung belaufen sich bereits auf über 146.000,00 DM, so dass der Vortrag des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass die gewerblichen Mitarbeiter der GbR ab dem Jahr 2000 von der GmbH "übernommen" worden sind und die GbR lediglich noch nach außen bereits zuvor in ihrem Namen abgeschlossene Werkverträge abgerechnet hat, bestätigt werden. Personalkosten sind bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung für 2000 nicht mehr enthalten. Ausweislich der Jahresabschlüsse für die beiden Folgejahre ergibt sich dann eindeutig, dass keine werkvertragliche Geschäftstätigkeit der GbR mehr vorgelegen hat, da keine bzw. negative Umsatzerlöse und wiederum keinerlei Personalaufwand mehr enthalten sind.
Ausgehend davon aber, dass die GbR jedenfalls ab dem 01.04.2000 lediglich noch Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung des Gesellschaftsvermögens erzielt hat, ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten allein aus der steuerrechtlichen Bewertung dieser Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht die Versicherungspflicht des Klägers als selbständig tätiger Handwerker.
Keineswegs entscheidend ist dabei, dass derartige Einkünfte aus Gewerbetrieb zugleich Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 SGB IV darstellen, worauf die Beklagte mit Hinweisschreiben vom 06.05.2003 unter Nennung eines falschen Buches des Sozialgesetzbuchs hingewiesen hat. Die bloße Erzielung von Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit im Sinne von § 15 SGB IV führt keineswegs zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen selbständiger handwerklicher Tätigkeit. Allenfalls kann die im Einkommenssteuerbescheid festgestellte Erzielung derartigen Einkommens ebenso wie eine fortbestehende Eintragung in der Handwerksrolle als Indiz oder widerlegliche Vermutung für eine derartige handwerkliche Tätigkeit gewertet werden. Vorliegend führt aber die oben dargestellte gesellschaftsrechtliche Konstellation eindeutig dazu, dass nicht etwaige handwerkliche Tätigkeiten der GbR und des Klägers, sondern allein die Verpachtung des Anlagevermögens der GbR noch Gegenstand dieses Unternehmens und somit durch die Finanzverwaltung steuerrechtlich zu beurteilen war. Diese Einkünfte der GbR sind aber steuerrechtlich keineswegs zwingend als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne von § 21 EStG zu bewerten. § 21 EStG ist gegenüber anderen Einkunftsarten grundsätzlich subsidiär, § 21 Abs. 3 EStG. Vorrangig ist grundsätzlich eine Besteuerung dieser Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von §§ 15 - 17 EStG. Erst dann, wenn der Betriebsinhaber mit der Verpachtung seines Betriebes zugleich seinen Betrieb selbst aufgibt und dies ausdrücklich gegenüber der Finanzverwaltung erklärt, führt dies zu einer anderen einkommenssteuerrechtlichen Bewertung, nämlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes wird den Steuerpflichtigen deshalb ein Wahlrecht zuerkannt, zumal mit der Betriebsaufgabe sehr weitreichende steuerrechtliche Folgen einhergehen, etwa die Besteuerung des Veräußerungsgewinns, § 16 EStG. Erfolgt keine entsprechende Erklärung der Betriebsaufgabe durch den Steuerpflichtigen, so besteht einkommenssteuerrechtlich sein bisheriger Betrieb fort. Er bezieht dann keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern weiterhin aus Gewerbetrieb. Wegen der steuerrechtlichen Einzelheiten wird Bezug genommen auf Wacker in Schmidt, Einkommenssteuergesetz, 24 Aufl. 2005, § 16 Rdz. 690 ff.
Hieraus folgt, dass im Falle der GbR deren Pachteinnahmen einkommenssteuerrechtlich nicht als Einkünfte als Vermietung und Verpachtung, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu werten waren. Aus dem Umstand, dass einkommenssteuerrechtlich mithin der Gewerbebetrieb der GbR fortbestand, folgt aber nicht, dass auch die Versicherungspflicht des Klägers als selbständig tätiger Handwerker fortbestanden hätte. Trotz der weitgehenden Parallelen zwischen Steuer- und Beitragsrecht ist nicht von einer zwingenden Identität auszugehen. Insbesondere ist die vom Gesetzgeber grundsätzlich beabsichtigte, Parallelität von Einkommenssteuer- und Beitragsrecht nicht geeignet, fehlende tatsächliche Voraussetzungen für ein Versicherungspflichtverhältnis zu fingieren. Vorliegend geht es keineswegs darum, die Beitragspflicht oder -freiheit bestimmter Einkommensarten in wünschenswertem Gleichlauf mit dem Steuerrecht zu beurteilen, vgl. etwa § 17 Abs. 1 S. 2 SGB IV, sondern vielmehr darum, das Vorliegen einer selbständigen handwerklichen Tätigkeit als rein tatsächliche Frage zu beurteilen.
Der bloße Einsatz von Kapital stellt aber gerade keine handwerkliche Tätigkeit dar.
Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des BSG vom 07.10.2004, B 13 RJ 13/04 R, in welcher zwar die, steuerrechtlich ebenfalls als Einnahmen aus selbständiger (landwirtschaftlicher) Tätigkeit beurteilten, Einnahmen aus der Betriebsverpachtung auch rentenrechtlich als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bewertet wurden, was jedoch wegen der dort zu beurteilenden Anrechenbarkeit auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente allein für die Auslegung des Einkommensbegriffs des § 15 SGB IV von Bedeutung ist. Für derartige Fallgestaltungen zutreffend hat das BSG entschieden, dass die steuerrechtliche Beurteilung auf den Einkommensbegriff des Sozialversicherungsrechts unabhängig davon durchschlagen muss, ob eine eigene Mitwirkung des Betroffenen im Betrieb vorliegt oder nicht. Wie bereits oben dargelegt, ist vorliegend aber nicht der Einkommensbegriff sondern die selbständige handwerkliche Tätigkeit streitentscheidend.
Unberücksichtigt bleiben konnte schließlich die Frage, ob sich eine Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend der jüngsten Rechtsprechung des 12. Senats des BSG (B 12 RA 1/04 R vom 24.11.2005) aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH ergeben könnte, da hierzu eine Entscheidung der Beklagten, die Gegenstand des Rechtstreits hätte werden können, nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Die Statthaftigkeit der Berufung ergibt sich aus § 143 Sozialgerichtsgesetz.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers werden der Beklagten auferlegt.
Tatbestand:
Streitig ist die Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers als selbständiger Handwerker in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitraum 01.04.2000 - 16.08.2002.
Der im Jahre 1969 geborene Kläger, Maurermeister, ist seit dem 01.08.1993 gemeinsam mit einem weiteren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (F L und M J GbR, nachfolgend: GbR) in die Handwerksrolle der Handwerkskammer O mit dem Maurer- und Estrichleger-Handwerk eingetragen.
Am 24.01.2000 wurde der Kläger ferner als Betriebsleiter der J und L Estricharbeiten GmbH mit den Gewerken Maurer, Betonbauer und Estrichleger in die Handwerksrolle eingetragen.
Am 19.08.2002 wurde die GbR mit Wirkung zum 16.08.2002 in der Handwerksrolle gelöscht. Dies teilte die Handwerkskammer der Beklagten unter dem 23.08.2002, Eingang bei der Beklagten am 29.08.2002, mit dem Hinweis mit, dass die GbR nur noch Vermietungs- und Verwaltungsgesellschaft sei.
Nach diesem ersten Hinweis auf die selbständige handwerkliche Tätigkeit des Klägers wandte sich die Beklagte unter Hinweis auf die Versicherungspflicht gem. § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI und die Möglichkeit der Befreiung unter der Voraussetzung von 18 Jahren Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung an den Kläger zwecks Ermittlung rückständiger Beitragsansprüche.
Die Mutter des Mitgesellschafters, Frau L, teilte der Beklagten am 02.10.2002 telefonisch mit, dass ab dem 24.01.2000 die GbR nicht mehr gearbeitet habe und das Handwerk ab diesem Datum durch die Kapitalgesellschaft ausgeübt worden sei. Sie kündigte die Übersendung von Einkommenssteuerbescheiden an, bat um Festsetzung einkommensgerechter Beiträge und um frühestmögliche Befreiung von der Rentenversicherungspflicht.
Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 07.10.2000 einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbständig tätiger Handwerker und Kopien der Handwerkskarten der GbR und der GmbH, aus welchen sich die oben angegebenen Eintragungen ergeben. Ferner teilte er in dem Schreiben mit, dass er nicht bereit sei, rückwirkend Versicherungsbeiträge zu zahlen. Anlässlich der Gründung der GbR habe er sich durch die Handwerkskammer beraten lassen. Ein Hinweis auf die Rentenversicherungspflicht sei nicht erfolgt. Hätte er das seinerzeit bereits gewusst, so hätte er kein Einzelunternehmern, sondern eine GmbH gegründet. Ferner sei die GbR seit dem 01.01.2000 nicht mehr handwerklich tätig. Die GbR führe nur noch die Vermietung und Verpachtung an die GmbH durch, welche seither allein die handwerklichen Leistungen realisiere. Er beantrage daher, die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft des Gewerbeamtes W ein. Hiernach ist die GbR am 02.09.1993 zum 06.09.1993 mit dem Maurerhandwerk angemeldet worden. Am 19.08.2002 erfolgte eine Gewerbeummeldung dahingehend, dass die GbR ab dem 14.01.2000 die Vermietung und Verpachtung von eigenen Grundstücken an die Estricharbeiten GmbH durchführe.
Nach Eingang der Einkommenssteuerbescheide und einer Auskunft des Finanzamtes W stellte die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2002 die Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Handwerker ab dem 06.09.1993 fest und lehnte eine Befreiung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ab. Der Kläger könne wegen seines Alters die Befreiungsvoraussetzungen (216 Kalendermonate Pflichtbeiträge) nicht erfüllen.
Entgegen den Angaben des Klägers habe die GbR ausweislich einer Auskunft des Finanzamtes W sehr wohl noch Einkünfte aus einer handwerklichen Tätigkeit erzielt.
Mit Bescheid vom 06.12.2002 stellte die Beklagte ferner das Ende der Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Handwerker nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI mit Ablauf des 16.08.2002 fest. Ab diesem Zeitpunkt lägen die Voraussetzungen der Versicherungspflicht wegen der Löschung der Eintragungen in der Handwerksrolle nicht mehr vor.
Zugleich machte die Beklagte eine Beitragsforderung in Höhe von 7.836,10 Euro für den nicht verjährten Zeitraum ab dem 01.12.1997 geltend (einkommensgerechte Beiträge).
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 23.12.2002 am 31.12.2002 Widerspruch, ausdrücklich lediglich gegen den Bescheid vom 06.12.2002 und die hierin festgelegte Nachzahlung der Pflichtversicherungsbeiträge als selbständiger Handwerker. Zur Begründung führte er aus, dass bei der Beitragsberechnung nicht berücksichtigt werde, dass er ab Januar 2000 keine Bezüge aus der GbR mehr erhalten habe, und dass er der Handwerkskammer mit Schreiben vom 29.03.2000 mitgeteilt habe, dass die GbR keine handwerklichen Leistungen mehr vornehme. Dementsprechend sei zum 24.01.2000 die Umschreibung des Handwerks in die GmbH erfolgt. Er sei seitens der Handwerkskammer nicht auf die Folgen dessen hingewiesen worden, dass die GbR nicht in der Handwerksrolle gelöscht wurde. Schließlich sei er aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nicht in der Lage, die geltend gemachte Beitragsforderung zu begleichen.
Das in Kopie dem Widerspruch beigefügte Schreiben an die Handwerkskammer O vom 29.03.2000 stellt einen Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid der Handwerkskammer vom 27.03.2000 dar, welcher ebenfalls damit begründet wurde, dass die GbR keine handwerklichen Leistungen mehr erbringe, nachdem die GmbH diese Tätigkeiten übernommen habe.
Die Beklagte fragte daraufhin telefonisch bei der Handwerkskammer N an, von wo aus ihr mitgeteilt wurde, dass die Frage der Lösung der GbR anlässlich der Eintragung der GmbH mit dem Kläger besprochen worden sei. Es sei dann in den Unterlagen unter dem Punkt Löschung "entfällt" vermerkt worden, nachdem seitens Herrn und Frau L telefonisch mitgeteilt worden sei, dass noch Restarbeiten zu erledigen seien und man sich wegen der Löschungen noch melden wolle. Das Widerspruchsschreiben vom 29.03.2000 liege der Handwerkskammer nicht vor, ebensowenig die Gewerbeummeldung, welche im übrigen auch erst am 19.08.2002 rückwirkend gefertigt worden sei.
Daraufhin wandte sich die Beklagte mit Hinweisschreiben vom 06.05.2003 an den Kläger, teilte den Inhalt ihres Telefonats mit der Handwerkskammer mit und wies darauf hin, dass sich die Entscheidungen für die Versicherungs- und Beitragspflicht nach den in den Steuerbescheiden ausgewiesenen Einkunftsarten richte. Etwaige von der GbR aus der Vermietung und Verpachtung erzielte Einkünfte seien steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst worden. Auch diese Einkünfte seien damit Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 15 SGB VI. Da die Bestimmungen der Handwerksordnung darauf abzielten, dass in der Handwerksrolle jeweils nur aktive Unternehmen eingetragen seien sollen, könne dem Widerspruch nicht abgeholfen werden, zumal auch die Berechnung der Beitragshöhe korrekt erfolgt sei.
Der Kläger teilte unter dem 24.06.2003 mit, dass er die Beitragsforderung nach wie vor zurückweise. Zu keinem Zeitpunkt sei er durch die Handwerkskammer oder die Beklagte über seinen Status in der Rentenversicherung aufgeklärt worden. Erst 9 Jahre nach Aufnahme seiner Tätigkeit sei er mit der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung konfrontiert worden. Dass die Handwerkskammer trotz seines Schreibens vom 29.03.2000 die Löschung der GbR erst am 16.08.2002 vorgenommen habe, passe in das Bild, was er von der Sachbearbeitung in der Handwerkskammer gewonnen habe. Hierbei auftretende Mängel habe er nicht zu vertreten.
Schließlich wies der Kläger mit Schreiben vom 24.09.2003 nochmals darauf hin, dass die GbR ab dem Jahr 2000 keine handwerklichen Leistungen mehr erbracht habe, weshalb auch keine Versicherungspflicht mehr bestanden habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2004 zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid und wies erneut darauf hin, dass nach Mitteilungen des Finanzamtes die GbR auch in den Jahren 2000 bis 2002 noch Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht aus Vermietung und Verpachtung erzielt habe, weshalb die Versicherungspflicht als Handwerker fortbestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers vom 29.04.2004, Eingang bei der Beklagten am 06.04.2004, mit welcher er sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Gewerbliche Umsätze für Estricharbeiten seien ab dem Jahr 2000 ausschließlich durch die GmbH erzielt worden.
Der Kläger hat auf Anforderung des Gerichts den Einkommenssteuerbescheid für 2002 sowie den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung bezüglich der GbR zu den Akten gereicht, ferner die Miet- und Pachtverträge zwischen der GbR einerseits und der GmbH bzw. dem Kläger (hinsichtlich einer Wohnung im Betriebsgebäude) andererseits. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen Bezug genommen.
Bezug genommen wird ferner auf die vom Kläger auf Anforderung des Gerichts zu den Akten gereichten Jahresabschlüsse der GbR zum 31.12.2000, 31.12.2001 und 31.12.2002.
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2002 in Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 11.03.2004 wird insoweit abgeändert, als ab dem 01.04.2000 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als selbständiger Handwerker mehr besteht.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie nimmt zur Begründung im wesentlichen Bezug auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden und hält an der Auffassung fest, dass auch bei Fehlen einer tatsächlichen handwerklichen Tätigkeit allein deshalb von Versicherungspflicht als selbständiger Handwerker anzugehen sei, wenn steuerrechtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu beurteilende Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung des Betriebes oder seiner Teile durch die GbR erzielt worden sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Die durch Übersendung seitens der Beklagten am 29.04.2004 rechtshängig gewordene Klage ist insbesondere rechtzeitig erhoben worden, da gem. § 91 Sozialgerichtsgesetz bereits der Eingang des gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.03.2004 gerichteten Schreiben des Klägers bei der Beklagten am 06.04.2004 die einmonatige Klagefrist wahrt.
Die Klage ist in dem zuletzt aufrechterhaltenen Umfang auch begründet.
Die angegriffenen Bescheide sind, jedenfalls soweit sie von Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers über den 31.03.2000 hinaus ausgehen, rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zumindest ab dem 01.04.2000 keine selbständige handwerkliche Tätigkeit mehr ausübt.
Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig selbständig tätige Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Demnach hat neben die Eintragung in die Handwerksrolle eine tatsächliche selbständige Tätigkeit zu treten, um eine Versicherungspflicht des Handwerkers zu begründen.
Ab dem 01.04.2000 fehlt es in der Person des Klägers jedenfalls an der Voraussetzung der Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB VI. Nach der ganz herrschenden Literaturmeinung ist neben der Eintragung in die Handwerksrolle die tatsächliche Ausübung der handwerklichen Tätigkeit, sei es auch als rein aufsichtsführende und planende, zu fordern, vgl. KassKomm-Gütner, § 2 Rdz. 32; Hauck/Haines-Klettenhof, K § 2, Rdz. 21; GK-Boecken, § 2, Rdz. 23, 140, 142; Schulin-Voelzke, § 16, Rdz. 152f; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, § 2, Rdz. 23.
Eine unwiderlegbare Vermutung für die Ausübung der handwerklichen Tätigkeit aus der Eintragung in die Handwerksrolle wie noch nach dem HwVG wird durchweg nicht mehr angenommen. Gürtner, a.a.O., weist ausdrücklich darauf hin, dass der bloße Einsatz von Kapital nicht ausreiche. Auf die teilweise Abweichung vom Steuerrecht verweist Klettenhof, a.a.O.
Dieser Auffassung schließt sich das Gericht vorliegend an, da nur sie dem Gesetzeszweck Rechnung trägt, die Versicherungspflicht nur für solche Personen anzuordnen, deren soziale Schutzbedürftigkeit sich aus der Angewiesenheit auf die eigene Arbeitskraft ergibt, vgl. Gürtner a.a.O., Rdz 6; Boecken, a.a.O., Rdz 142.
Eine handwerkliche Tätigkeit in dem vorgenannten Sinne hat der Kläger aber ab dem 01.04.2000 zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr ausgeübt. Von diesem Tage an verfügte die GbR aufgrund der Verpachtung ihrer kompletten Betriebsstätte nebst Inventar an die GmbH über keinerlei Betriebsmittel zur Ausführung handwerklicher Arbeiten mehr. Insoweit wird auf den Inhalt des Pachtvertrages zwischen den beiden Gesellschaften Bezug genommen. Diese Tatsache wird im übrigen auch von der Beklagten zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt.
Diese Überzeugung des Gerichts wird ferner durch die vorgelegten Jahresabschlüsse der GbR bestätigt. In der Gewinn- und Verlustrechnung für das Kalenderjahr 2000 sind zwar noch Umsatzerlöse in Höhe von ca. 377.000,00 DM, aber bereits Kosten für Fremdarbeiten in Höhe von über 200.000,00 DM enthalten. Die Erlöse aus Vermietung belaufen sich bereits auf über 146.000,00 DM, so dass der Vortrag des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass die gewerblichen Mitarbeiter der GbR ab dem Jahr 2000 von der GmbH "übernommen" worden sind und die GbR lediglich noch nach außen bereits zuvor in ihrem Namen abgeschlossene Werkverträge abgerechnet hat, bestätigt werden. Personalkosten sind bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung für 2000 nicht mehr enthalten. Ausweislich der Jahresabschlüsse für die beiden Folgejahre ergibt sich dann eindeutig, dass keine werkvertragliche Geschäftstätigkeit der GbR mehr vorgelegen hat, da keine bzw. negative Umsatzerlöse und wiederum keinerlei Personalaufwand mehr enthalten sind.
Ausgehend davon aber, dass die GbR jedenfalls ab dem 01.04.2000 lediglich noch Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung des Gesellschaftsvermögens erzielt hat, ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten allein aus der steuerrechtlichen Bewertung dieser Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht die Versicherungspflicht des Klägers als selbständig tätiger Handwerker.
Keineswegs entscheidend ist dabei, dass derartige Einkünfte aus Gewerbetrieb zugleich Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 SGB IV darstellen, worauf die Beklagte mit Hinweisschreiben vom 06.05.2003 unter Nennung eines falschen Buches des Sozialgesetzbuchs hingewiesen hat. Die bloße Erzielung von Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit im Sinne von § 15 SGB IV führt keineswegs zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen selbständiger handwerklicher Tätigkeit. Allenfalls kann die im Einkommenssteuerbescheid festgestellte Erzielung derartigen Einkommens ebenso wie eine fortbestehende Eintragung in der Handwerksrolle als Indiz oder widerlegliche Vermutung für eine derartige handwerkliche Tätigkeit gewertet werden. Vorliegend führt aber die oben dargestellte gesellschaftsrechtliche Konstellation eindeutig dazu, dass nicht etwaige handwerkliche Tätigkeiten der GbR und des Klägers, sondern allein die Verpachtung des Anlagevermögens der GbR noch Gegenstand dieses Unternehmens und somit durch die Finanzverwaltung steuerrechtlich zu beurteilen war. Diese Einkünfte der GbR sind aber steuerrechtlich keineswegs zwingend als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne von § 21 EStG zu bewerten. § 21 EStG ist gegenüber anderen Einkunftsarten grundsätzlich subsidiär, § 21 Abs. 3 EStG. Vorrangig ist grundsätzlich eine Besteuerung dieser Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von §§ 15 - 17 EStG. Erst dann, wenn der Betriebsinhaber mit der Verpachtung seines Betriebes zugleich seinen Betrieb selbst aufgibt und dies ausdrücklich gegenüber der Finanzverwaltung erklärt, führt dies zu einer anderen einkommenssteuerrechtlichen Bewertung, nämlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes wird den Steuerpflichtigen deshalb ein Wahlrecht zuerkannt, zumal mit der Betriebsaufgabe sehr weitreichende steuerrechtliche Folgen einhergehen, etwa die Besteuerung des Veräußerungsgewinns, § 16 EStG. Erfolgt keine entsprechende Erklärung der Betriebsaufgabe durch den Steuerpflichtigen, so besteht einkommenssteuerrechtlich sein bisheriger Betrieb fort. Er bezieht dann keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern weiterhin aus Gewerbetrieb. Wegen der steuerrechtlichen Einzelheiten wird Bezug genommen auf Wacker in Schmidt, Einkommenssteuergesetz, 24 Aufl. 2005, § 16 Rdz. 690 ff.
Hieraus folgt, dass im Falle der GbR deren Pachteinnahmen einkommenssteuerrechtlich nicht als Einkünfte als Vermietung und Verpachtung, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu werten waren. Aus dem Umstand, dass einkommenssteuerrechtlich mithin der Gewerbebetrieb der GbR fortbestand, folgt aber nicht, dass auch die Versicherungspflicht des Klägers als selbständig tätiger Handwerker fortbestanden hätte. Trotz der weitgehenden Parallelen zwischen Steuer- und Beitragsrecht ist nicht von einer zwingenden Identität auszugehen. Insbesondere ist die vom Gesetzgeber grundsätzlich beabsichtigte, Parallelität von Einkommenssteuer- und Beitragsrecht nicht geeignet, fehlende tatsächliche Voraussetzungen für ein Versicherungspflichtverhältnis zu fingieren. Vorliegend geht es keineswegs darum, die Beitragspflicht oder -freiheit bestimmter Einkommensarten in wünschenswertem Gleichlauf mit dem Steuerrecht zu beurteilen, vgl. etwa § 17 Abs. 1 S. 2 SGB IV, sondern vielmehr darum, das Vorliegen einer selbständigen handwerklichen Tätigkeit als rein tatsächliche Frage zu beurteilen.
Der bloße Einsatz von Kapital stellt aber gerade keine handwerkliche Tätigkeit dar.
Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des BSG vom 07.10.2004, B 13 RJ 13/04 R, in welcher zwar die, steuerrechtlich ebenfalls als Einnahmen aus selbständiger (landwirtschaftlicher) Tätigkeit beurteilten, Einnahmen aus der Betriebsverpachtung auch rentenrechtlich als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bewertet wurden, was jedoch wegen der dort zu beurteilenden Anrechenbarkeit auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente allein für die Auslegung des Einkommensbegriffs des § 15 SGB IV von Bedeutung ist. Für derartige Fallgestaltungen zutreffend hat das BSG entschieden, dass die steuerrechtliche Beurteilung auf den Einkommensbegriff des Sozialversicherungsrechts unabhängig davon durchschlagen muss, ob eine eigene Mitwirkung des Betroffenen im Betrieb vorliegt oder nicht. Wie bereits oben dargelegt, ist vorliegend aber nicht der Einkommensbegriff sondern die selbständige handwerkliche Tätigkeit streitentscheidend.
Unberücksichtigt bleiben konnte schließlich die Frage, ob sich eine Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend der jüngsten Rechtsprechung des 12. Senats des BSG (B 12 RA 1/04 R vom 24.11.2005) aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH ergeben könnte, da hierzu eine Entscheidung der Beklagten, die Gegenstand des Rechtstreits hätte werden können, nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Die Statthaftigkeit der Berufung ergibt sich aus § 143 Sozialgerichtsgesetz.
Rechtskraft
Aus
Login
MVP
Saved