L 5 R 43/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 337/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 43/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. Dezember 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Streit.

Der 1948 geborene Kläger absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Berufsausbildung zum Zimmermann (September 1962 bis Juli 1965). In der Folgezeit war er durchgehend als Zimmerer beschäftigt. Am 30. Juni 1983 erwarb er mit Abschluss der Ausbildung in der Fachrichtung Hochbau die Qualifikation als Meister. Von Mai 1986 bis November 1987 war er zuletzt als technischer Leiter, von Dezember 1987 bis November 1989 als Zusteller bei der D. P., von November 1989 bis Januar 1992 erneut als Zimmerer, von Februar 1992 bis Ende 2000 als Aufbauschreiner bei der Firma H. in B. sowie zuletzt wieder bis zum 13. September 2004 als Zimmerer und Bauhelfer im Trockenbau bei der Firma p. Wohnbau GmbH in B ... Seither war der Kläger arbeitsunfähig.

Am 16. September 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung (Bl. 55 Verwaltungsakte -VA-). In einer daraufhin u. a. eingeholten Arbeitgeberanfrage beim letzten Arbeitgeber der Firma p ... Wohnbau GmbH, teilte diese mit Auskunft vom 20. Oktober 2004 (Bl. 71 VA) mit, dass der Kläger bei ihr seit 20. August 2001 bis auf weiteres in Vollzeit beschäftigt sei (5 Tage mit einer täglichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden) und zwar als Zimmerer und Bauhelfer im Trockenbau. Eine Vorgesetztenfunktion habe der Kläger nicht ausgeübt. Es habe sich jedoch bei den Tätigkeiten, die er ausgeübt habe, um Arbeiten gehandelt, die im Allgemeinen von Facharbeitern mit einer Ausbildungsdauer von drei Jahren verrichtet werden.

In dem vom der Beklagten noch eingeholten Gutachten bei dem Internisten Dr. B. (Bl. M3 VA) vom 8. Oktober 2004 stellte dieser beim Kläger rezidivierende Sekundenbewusstlosigkeiten (Hustensynkopen) bei leichtgradiger chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sowie rezidivierende Lumboischialgien bei degenerativen LWS-Veränderungen ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung fest. In seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung gelangte Dr. B. zu der Einschätzung, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit als Zimmermann nach wie vor 6 Stunden und mehr ausüben könne und auch bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt er noch in der Lage sei, mittelschwere Tätigkeiten sowohl im Stehen, Gehen und Sitzen überwiegend ausüben zu können. Er könne auch noch in Früh-/Spätschicht und Nachtschicht arbeiten.

Mit Bescheid vom 21. Oktober 2004 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, da er weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte zur Begründung geltend, dass er voll erwerbsunfähig sei. Wegen der rezidivierenden Sekundenbewusstlosigkeit könne er seiner Tätigkeit als Zimmermann nicht mehr nachkommen. Die rezidivierende Lumboischialgie sei auch keineswegs ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung. Bereits seit jungen Jahren leide er unter Beschwerden, die jedoch mit zunehmenden Alter, obwohl diese immer sowohl medizinisch als auch physiotherapeutisch behandelt worden seien, immer stärker geworden seien und seit längerer Zeit nur noch für kurze Zeit gelindert, aber keineswegs mehr geheilt werden könnten. Außerdem handele es sich bei der Tätigkeit eines Zimmermanns keineswegs nur um leichte bis mäßigstarke Arbeiten. Es sei stets notwendig, Dachbalken etc. zu heben und zu balancieren um sie daher dann am dafür vorgesehenen Ort zu verarbeiten. Außerdem leide er seit längerer Zeit unter zu hohem Blutdruck.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger könne seinen Beruf als Zimmermann im Trockenbau noch vollschichtig ausüben. Außerdem könne er nach ständiger Rechtsprechung auf sämtliche Facharbeitertätigkeiten, angelernte Tätigkeiten sowie auf (durch besondere Verantwortung oder tarifliche Einstufung) deutlich herausgehobene ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden. Er sei u. a. auch auf eine Tätigkeit als Platzwart in einem Sägewerk verweisbar (Bl. 80 VA).

Hiergegen hat der Kläger am 3. Februar 2005 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung ist geltend gemacht worden, dass auf der Grundlage auch der zuletzt durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 1. März 2005 bis 22. März 2005 in der Rehabilitationsklinik S. A. ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht geltend gemacht wird, allerdings der Kläger der Auffassung sei, dass ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit bestehe. So habe ursprünglich die Beklagte noch geltend gemacht, der Kläger könne noch in seinem Zimmermannsberuf im Trockenbau arbeiten. Zwischenzeitlich trage sie zwar vor, sie sei der Auffassung, dass er auch auf die Tätigkeit eines Registrators bzw. Mitarbeiters einer Poststelle der Vergütungsgruppe BAT VIII zumutbar verwiesen werden könne, wenn er die Tätigkeit als Zimmermann nicht mehr ausüben könne. Entgegen jedoch entsprechender Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (so des Urteils des 11. Senats vom 25. Januar 2005) sei der Kläger der Auffassung, dass ausweislich einer in einem anderen Fall vom LSG eingeholten berufskundlichen Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeit mitgeteilt wurde, die Tätigkeit eines Registrators bedürfe in der Regel einer kaufmännischen oder verwaltungsmäßigen Ausbildung. Sie werde üblicherweise im Öffentlichen Dienst in die Vergütungsgruppe BAT VIII eingruppiert. Es handele sich bei dieser Tätigkeit auch weder um eine aus dem Kreis der angelernten Tätigkeiten hervorgehobene Arbeit noch um eine Tätigkeit, die eine Anlernzeit von wenigstens drei Monaten verlange. Dasselbe gelte für die Tätigkeit eines Postabfertigers. Insoweit handele es sich daher nicht um zumutbare Verweisungstätigkeiten.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat geltend gemacht, dass der Kläger auf die Tätigkeit eines Platzwartes in einem Holzlager und auf die Tätigkeit eines Registrators in der Vergütungsgruppe BAT VIII bzw. Mitarbeiters einer Poststelle verwiesen werden könne. Ergänzend legte sie u. a. auch noch eine berufskundliche Stellungnahme der Agentur für Arbeit über die Tätigkeit eines Registrators vor und verwies auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (L 11 RJ 4993/03).

Mit Urteil vom 8. Dezember 2005 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2005 verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit dem 1. September 2004 zu gewähren. Das SG ist hierbei davon ausgegangen, dass der Kläger berufsunfähig sei. Ein Facharbeiter könne nur auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erforderten oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber bzw. der tariflichen Eingruppierung aufgrund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben würden und daher einer Anlerntätigkeit gleichstünden (Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 4. Juli 2002 - L 12 RJ 2916/01 -). Bei den von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten eines Registrators bzw. Mitarbeiters einer Poststelle in Vergütungsgruppe VIII BAT handele es sich um eine Tätigkeit, die diese Voraussetzung erfülle (Hinweis auf das bereits zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 4. Juli 2002 sowie eine weitere Entscheidung vom 25. Januar 2005 - L 11 RJ 4993/03 -). Ob die Tätigkeit eines Platzwartes in einem Sägewerk diese Voraussetzungen ebenfalls erfülle, könne letztendlich dahingestellt bleiben. Bei dieser Tätigkeit handele es sich nicht um eine Tätigkeit, die ihm zumutbar sei. Unter Berücksichtigung nämlich der im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Seebad Ahlbeck genannten qualitativen Einschränkungen könne er diese Tätigkeiten nicht ausüben.

Weiter hat das SG darauf verwiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung auf eine Tätigkeit nur verwiesen werden dürfe, wenn die für sie notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb von einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erworben werden könnten. Dies sei in der Regel nur dann der Fall, wenn ein Versicherter gewisse Vorkenntnisse habe. Nach Überzeugung des SG habe der Kläger keine ausreichenden Vorkenntnisse für die Tätigkeit eines Registrators. Die von ihm im Rahmen seiner Meisterqualifikation erworbenen Kenntnisse im Bereich der Büroorganisation seien nach seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vorwiegend fachspezifisch. Wie sich bereits aus dem beruflichen Werdegang des Klägers ergebe, habe er diese Kenntnis in der Folgezeit nicht weiter angewandt und vertieft. Die Tätigkeit als Postzusteller habe sich nach seinen Angaben auf das Sortieren und Einwerfen der Briefe beschränkt. Hierbei habe er nach Überzeugung des SG keine Kenntnisse erworben, die ihm bei einer Tätigkeit als Registrator von wesentlichem Vorteil sein könnten. Das SG gehe entgegen der Auffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg in dem von der Beklagten vorgelegten Urteil vom 25. Januar 2005 und in Übereinstimmung mit dem 12. Senat des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 4. Juli 2002) davon aus, dass Grundkenntnisse der EDV erforderlich seien, um eine vollwertige Ausübung der Tätigkeit eines Registrators in weniger als den ohne Vorkenntnisse erforderlichen drei Monaten zu erlernen. Nach Überzeugung des SG habe der Kläger keine ausreichenden EDV-Grundkenntnisse, er besitze zwar einen Computer, diesen benutze jedoch seine Tochter. Er habe in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erklärt, dass den mit dem Computer geschriebenen Widerspruch im vorliegenden Verfahren seine Tochter geschrieben habe. Er besitze somit keine Vorkenntnisse, die es ihm ermöglichen würden, die Tätigkeit eines Registrators oder eines Mitarbeiters einer Poststelle in weniger als den ohne Vorkenntnissen erforderlichen drei Monaten zu erlernen. Daher sei ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. September 2004 zu gewähren.

Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 20. Dezember 2005 zugestellte Urteil am 3. Januar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie zum einen geltend, dass sich weder aus dem Tenor noch aus den Entscheidungsgründen des SG-Urteils ergebe, wann nach Auffassung des SG der Leistungsfall (die Leistungsminderung) eingetreten sein sollte. Abhängig vom Tag des Leistungsfalles sei aber zum Beispiel der Rentenbeginn und auch die Rentenhöhe. Im Übrigen bestünden nach Auffassung der Beklagten im Gegensatz zum SG beim Kläger die Voraussetzungen für eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht. Unter Hinweis auf eine Vielzahl von Urteilen des 2., des 3., des 10., des 11. und auch eines späteren Urteils des 12. Senats des LSG Baden-Württemberg macht die Beklagte geltend, dass sich aus all diesen Entscheidungen ergebe, dass die Dauer der Anlern- bzw. Einarbeitungszeit als Registrator von Vorkenntnissen weitgehend unabhängig sei und üblicher Weise nicht länger als drei Monate betrage. Es handele sich um eine einfache Anlerntätigkeit, für die keine besondere Ausbildung erforderlich sei. Im Hinblick auf die tarifvertragliche Einstufung sei diese Tätigkeit auch einem Facharbeiter zumutbar. Soweit von einem Registrator PC-Kenntnisse gefordert würden, seien diese binnen weniger Tage erlernbar. Die Computersoftware sei menügeführt und anwenderfreundlich. Es müssten überwiegend nur z. B. Aktenzeichen und Empfänger eingegeben werden. Bei der Beklagten z. B. umfasse der Einführungskurs für das Bedienen eines PC´s für die Mitarbeiter noch nicht einmal einen ganzen Arbeitstag. Die Schulung für das Aktenverwaltungsprogramm habe zwei Stunden gedauert. Da der Kläger folglich in der Lage sei zumutbare Verweisungstätigkeiten zu verrichten, wobei es genüge, wenn eine zumutbare Verweisungstätigkeit benannt werde, liege entgegen der Auffassung des SG Berufsunfähigkeit nicht vor. Ergänzend führt die Beklagte noch aus, soweit das LSG in einem Urteil vom 15. Juni 2004 (L 9 RJ 183/03) die Meinung vertrete, maßgebend für die Zumutbarkeit einer Registratur- bzw. Poststellentätigkeit sei nicht die faktische tarifliche Einstufung, sondern der Maßstab, den der Tarifvertrag für die Einstufung vorgebe, werde dies nicht für richtig gehalten. Nach der Rechtsprechung des BSG spreche die konkrete "tarifliche" Zuordnung zu einer im Tarifvertrag genannten Berufsgruppe durch den Arbeitgeber im Allgemeinen für die Richtigkeit der Einstufung. Wenn daher z. B. die Rentenversicherungs- oder Unfallversicherungsträger im Bundesgebiet die Registratoren- oder Poststellentätigkeit grundsätzlich nach BAT VIII entlohnen würden (das Regierungspräsidium S. sogar nach BAT VII), könne wohl kaum davon ausgegangen werden, dass diese sich hierbei von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen oder gar absichtlich gegen die Bestimmung des für sie geltenden Tarifvertrages verstoßen worden sei. Ferner werde noch darauf hingewiesen, dass das Besteigen von Leitern, Schemel, oder Tritthockern nicht in allen Registraturen erforderlich sei. Bei der Beklagten selbst seien etwa die Registraturschränke nur 1,50 m hoch.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Soweit die Beklagte im Gegensatz zum SG den Kläger auf eine Tätigkeit als Registrator für verweisbar halte und auf ihrer Auffassung nach einschlägige Urteile des LSG Baden-Württemberg Bezug nehme, weise er zum wiederholten Male darauf hin, dass insoweit eine einheitliche Rechtsprechung nicht vorliege. Neben dem schon vom SG zitierten Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 4. Juli 2002 - L 12 RJ 2916/01) verweist der Klägerbevollmächtigte auch auf das Urteil des LSG vom 15. Juni 2004 (L 9 RJ 183/03).

Der Senat hat noch Auskünfte bei der Firma H., B., der D. P. sowie des letzten Arbeitgebers des Klägers, der Firma p ... Wohnbau GmbH, eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG besteht nicht. Im Streit steht die Gewährung von Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.

III.

Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG besteht beim Kläger auch keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Da hier im Verfahren allein die Frage im Streit steht, ob dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen ist, ist die allein hier maßgeblich zu prüfende Rechtsgrundlage § 240 SGB VI.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie berufsunfähig und vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt des Leistungsfalles die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 240 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI).

Nur wenn der Kläger aufgrund seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen die qualitativen Anforderungen seines bisherigen Berufs (Hauptberuf) nicht mehr erfüllen kann, liegt eine - im Sinne der Rentenversicherung relevante - Minderung der Berufsfähigkeit vor. Der Hauptberuf ist regelmäßig die der Versicherungspflicht zugrunde liegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer, d. h. mit dem Ziel verrichtet hat, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höher qualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch "freiwillig" aufgegeben bzw. sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat. Das BSG hat in dem Zusammenhang das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikation oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe 5); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe 6). In jedem Fall kann ein Arbeitsverdienst hilfstatsächliche Bedeutung für die Feststellung des qualitativen Werts des bisherigen (oder Vergleichs-) Berufs nur haben, soweit er die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt; nur insoweit ist er überhaupt rechtlich relevant. Eine "Verweisung", die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich (Ausnahmen: so genannte Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahre) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (siehe hierzu insgesamt Urteil des BSG vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -). Konkret ist hinsichtlich des Leitberufs des Facharbeiters noch folgendes zu berücksichtigen: so kann der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters auch zugeordnet werden, wer einen anerkannten Ausbildungsberuf mit mehr als zweijähriger Ausbildung zwar nicht erlernt hat, dessen Tätigkeit für den Betrieb aber insbesondere hinsichtlich der tarifvertraglichen Bewertung bzw. der tariflichen Einordnung durch den Arbeitgeber als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist (siehe näher zur "Tarifrechtsprechung" BSG Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -); der Versicherte muss in einem anerkannten Ausbildungsberuf gearbeitet und sich durch praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet haben, die ihn befähigen, sich unter gelernten Facharbeitern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten (BSGE 65, 169). Was die Verweisbarkeit auf die nächst niedrigere Berufsgruppe des Mehrstufenschemas angeht, hat das BSG hinsichtlich der Facharbeiterberufe konkretisierend festgelegt, dass Facharbeiter nur auf solche Tätigkeiten verwiesen werden dürfen, die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber bzw. der tarifvertraglichen Eingruppierung oder auf Grund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen (vgl. näher BSG Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R - in SozR 3-2600 § 43 Nr. 26).

Der Kläger aber ist als Facharbeiter unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Tätigkeit eines Registrators verweisbar (siehe zuletzt Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 20. Juli 2005 - L 3 R 1814/04 -, vom 25. Januar 2005 - L 11 RJ 4993/03 - und vom 30. August 2005 - L 12 R 91/05 - sowie das Urteil des erkennenden Senats vom 10. Oktober 2006- L 5 R 4635/05 -). Der Kläger kann damit nämlich auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Berufsgruppe des genannten Mehrstufenschemas bzw. auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens 3 Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber bzw. der tarifvertraglichen Eingruppierung oder auf Grund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen, wobei der Kläger imstande sein muss, die Tätigkeit nach einer Einweisungszeit von höchstens 3 Monaten vollwertig zu verrichten. All das ist hinsichtlich der Tätigkeit des Registrators der Fall.

Die Wertigkeit der Arbeit des Registrators als für Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit folgt aus ihrer Einstufung in das nach Qualitätsmerkmalen geordnete Lohngruppengefüge der einschlägigen Tarifverträge; darin spiegelt sich ihr qualitativer Rang wider. Im öffentlichen Dienst wurden Registratoren nach Vergütungsgruppe VIII BAT (bzw. Entgeltgruppe 3 nach Anl.2 und Anl. 4 TVÜ-Länder - Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L ( Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder ) und zur Regelung des Übergangsrechts) und im privaten Versicherungsgewerbe nach Gehaltsgruppe II des Manteltarifvertrags der privaten Versicherungswirtschaft entlohnt, weshalb sich Facharbeiter auf diese Tätigkeit sozial zumutbar verweisen lassen müssen (vgl. etwa BSG, Urt. v. 27.11.1991, - 5 RJ 91/98 -; LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 8.9.2004, - L 2 RJ 2773/02 -, vom 25.5.2005 – L 2 RJ 4377/02 -, vom 29.6.2005, - L 2 R 3375/03 -, Urt. vom 8.12.2004, - L 3 RJ 2594/03 -, vom 20.7.2005, - L 3 R 1814/0 4 -; Urt. vom 25.1.2005, - L 11 RJ 4993/03 -; Urt. vom 30.8.2005, - L 12 R 91/05). Dass sich an dieser Bewertung des genannten Berufs in neuerer Zeit etwas geändert hätte, ist weder ersichtlich noch geltend gemacht (zur Maßgeblichkeit der zur Zeit der Entscheidungsfällung geltenden Tarifverträge näher BSG, Urt. v. 25.7.2001, - B 8 KN 14/00 R -).

Der Kläger kann dem fachlichen Leistungsprofil des genannten Verweisungsberufs gerecht werden.

Das fachliche Leistungsprofil der Tätigkeit eines Registrators wird gekennzeichnet durch die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, das Führen von Brieftagebüchern schwieriger Art und von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien und ähnliche Arbeiten. Es müssen von den zuständigen Sachbearbeitern zu bearbeitende Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Organisationsmerkmalen sortiert oder betriebsintern weitergeleitet, Statistiken oder Terminüberwachungslisten und Karteien geführt, Ordner oder Akten gezogen und abgestellt werden. Insgesamt handelt sich im Wesentlichen um eine einfach strukturierte Bürotätigkeit, für die keine geistigen Anforderungen erforderlich sind, die über das normal übliche Maß hinausgehen (vgl. hierzu insbesondere das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.1.2005, - L 11 RJ 4993/03 – unter Hinweis auf Auskünfte des Landesarbeitsamts Baden-Württemberg; auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.8.2005, - L 12 R 91/05 -). Für die Verrichtung der genannten Tätigkeiten mag eine abgeschlossene Ausbildung, etwa in einem kaufmännischen- oder Verwaltungsberuf, von Vorteil sein (so etwa BERUFENET Registrator/in der Bundesagentur für Arbeit); sie ist aber nicht Voraussetzung für den Zugang zu diesem Beruf. Der Senat schließt sich insoweit der zitierten Rechtsprechung des 2., 3., 11. und 12. Senats des erkennenden Gerichts an (anders etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 16.8.2006, - L 2 KN 17/05 -).

Der derzeit 59 Jahre alte Kläger kann nach Auffassung des Senats die für die Ausübung der genannten Verweisungstätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb von 3 Monaten erwerben. Das gilt auch für die im Rahmen der Arbeit als Registrator ggf. notwendigen Fähigkeiten zum Umgang mit dem Computer bzw. der Bedienung von EDV-Programmen. Dass insoweit an Registratoren besondere Anforderungen gestellt würden, ist weder ersichtlich noch substantiiert geltend gemacht. Nach der im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.Januar 2005 (- L 11 RJ 4993/03 -) angeführten Auskunft des Landesarbeitsamts Baden-Württemberg weist die Arbeit des Registrators vielmehr weder einen hohen Anteil an Bildschirmarbeit auf noch erfordert sie umfangreiche – innerhalb von 3 Monaten nicht zu vermittelnde - Computerkenntnisse. Unbeschadet dessen, dass die bloße Begabung für die bisherige Facharbeitertätigkeit eine höchstens dreimonatige Einarbeitungszeit nicht immer und für sich allein bedingt (vgl. BSG, Urt. vom 8. September 1982, - 5b RJ 16/81 -, SozR 2200 § 1246 Nr. 101), darf von einem Versicherten, der den Berufsschutz eines Facharbeiters reklamiert, erwartet werden, dass er bereit und im Hinblick auf seine Facharbeiterqualifikation auch in der Lage ist, die Grundkompetenz zum Einsatz des PC jedenfalls innerhalb des genannten Zeitraums, vielfach aber in weit kürzerer Zeit, zu erwerben. Wer auf der einen Seite die Qualifikation des Facharbeiters in Anspruch nimmt, weil er einen Facharbeiterberuf mit regelmäßig dreijähriger Ausbildungszeit erlernt oder entsprechend hochwertige Arbeit geleistet hat, kann sich auf der anderen Seite nicht für außerstande erklären, innerhalb der genannten Zeit den Umgang mit dem PC – um besondere Computerkenntnisse geht es nicht - zu erlernen, zumal dessen Verwendung in weiten Teilen der Arbeitswelt (jedenfalls des Facharbeiters) wie im Alltagsleben angesichts der fortschreitend vereinfachten Bedienung mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Dass der Kläger handwerklich gearbeitet hat, ändert daran nichts. Auch in handwerklichen Berufen ist der Umgang mit dem PC kein grundsätzlich fremdes Tätigkeitselement mehr.

Der Kläger wird mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen auch dem gesundheitlichen Belastungsprofil der in Rede stehenden Verweisungstätigkeit gerecht. Dieses ist geprägt durch Arbeiten im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen. In körperlicher Hinsicht sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. Schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig; ggf. muss mit Aktenstücken bis 10 kg Gewicht umgegangen werden. Besondere psychische Belastungen kommen nicht vor (auch dazu LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.1.2005, a. a. O. unter Hinweis auf das Landesarbeitsamt Baden-Württemberg). Aus den vorliegenden Gutachten und ärztlichen Stellungnahmen ergibt sich, dass der Kläger den dargestellten gesundheitlichen Anforderungen des Registratorenberufs genügen kann. Er ist nämlich noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bzw. mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen noch 6 Stunden täglich und mehr zu verrichten (siehe Gutachten Dr. B. vom 8. Oktober 2004 bzw. Reha-Entlassbericht vom 22. März 2005). Er kann außerdem Lasten bis 10 kg Gewicht, ggf. auch 12 bis 15 kg Gewicht, heben oder tragen und (zumindest) gelegentlich mittelschwere Arbeit bewältigen. Der Kläger hat dagegen nichts mehr eingewandt und insbesondere keine weitergehenden gesundheitlichen Einschränkungen mehr geltend gemacht. Ermittlungen in dieser Hinsicht drängen sich dem Senat daher nicht auf.

Für das Vorliegen eines sog. "Unüblichkeitsfalls" oder eines "Seltenheitsfalls" im Sinne der eingangs dargestellten dreistufigen Prüfung ist nichts ersichtlich oder vorgetragen. Schließlich ist dem Kläger der in Rede stehende Verweisungsberuf auch konkret benannt worden, wobei die Benennung während des sozialgerichtlichen Verfahrens bzw. im Urteil des Sozialgerichts genügt. Der Kläger hat dazu auch noch vorgetragen.

Da der Kläger damit den typischen Aufgaben eines zumutbaren Verweisungsberufs (fachliches Anforderungsprofil) und den mit diesen fachlichen Anforderungen üblicherweise verbundenen gesundheitlichen Belastungen (gesundheitliches Belastungsprofil) genügt, ist er nicht berufsunfähig.

Aus all diesen Gründen sind entgegen der Auffassung des SG die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht gegeben, ist folglich das Urteil des SG vom 8. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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