L 28 B 169/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 8109/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 169/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. November 2006 wird aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin A D, Astraße, B beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist begründet. Dem Kläger ist für das Verfahren vor dem SG Berlin nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Steht eine höchstrichterliche Klärung von im Hauptsacheverfahren noch entscheidungserheblichen Fragen aus, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. zuletzt Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 -, BvR 656/06, zitiert nach juris, RdNr. 13 mwN).

An diesen Grundsätzen gemessen hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg. Eine Leistungsabsenkung wegen der Weigerung des Hilfebedürftigen, die aus einer Eingliederungsvereinbarung folgenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen, setzt nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b) Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) voraus, dass wirksam eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen worden ist, aus der sich solche Pflichten ergeben, und der Hilfebedürftige über Rechtsfolgen einer solchen Weigerung belehrt worden ist. Diese Belehrung muss konkret, richtig, vollständig und verständlich sein, also dem Hilfebedürftigen in einer seinem Empfängerhorizont angemessenen Form zutreffend erläutern, was konkret von ihm erwartet wird, um eine Sanktion zu vermeiden (vgl. insoweit Berlit, in: LPK-SGB II, § 31 RdNr. 64 ff). Für Nachweise der Eigenbemühungen wird (wie dies die Rechtsprechung zu § 119 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III] bereits herausgearbeitet hat) zu verlangen sein, dass Art und Umfang der Bemühungen und der Nachweise benannt werden sowie eine Frist, innerhalb derer die Nachweise vorliegen müssen. Vorliegend enthält die Eingliederungsvereinbarung aber (anders als Eingliederungsvereinbarungen in anderen Fällen, die dem Senat bekannt sind) weder die Verpflichtung schriftliche Bewerbungen zu erstellen noch ergibt sich aus dem Erfordernis, Eigenbemühungen im erforderlichen Umfang nachzuweisen, eine Vorgabe, dass diese durch Kopien der Bewerbungsunterlagen nachzuweisen sind. Dabei ist keinesfalls zwingend, dass Bewerbungen nur durch schriftliche Bewerbungsunterlagen nachgewiesen werden können; sinnvoll könnten auch Bescheinigungen des potentiellen Arbeitgebers und eigene Aufzeichnungen des Arbeitslosen sein (vgl. die Fallgestaltung zu § 119 Abs. 5 SGB III in BSG, Urteil vom 31.01.2006 - B 11a AL 13/05 R – zitiert nach juris, dort RdNr. 21). Welche Eigenbemühungen der Kläger, der vorträgt, sich telefonisch auf Stellenangebote gemeldet zu haben, tatsächlich vorgenommen hat, steht bislang noch nicht fest und ist von der Beklagten nicht ermittelt worden. Im Übrigen hat die Beklagte nicht einmal vorgetragen, dem Antragsteller über den schriftlich niedergelegten Inhalt der Eingliederungsvereinbarung hinaus im Einzelnen dargelegt zu haben, dass nur schriftliche Nachweise geeignet seien, Eigenbemühungen darzulegen und nur so Sanktionen nach § 31 SGB II abgewendet werden können.

Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich, § 121 Abs. 2 ZPO. Der Rechtsstreit ist für den Kläger von erheblicher Bedeutung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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