Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AS 48/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 B 136/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 28.07.2006 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.05.2006.
Der 1963 geborene Antragsteller wohnte zunächst mit seiner 1984 geborenen Tochter J.R. in einer Wohnung in der -straße 15 in C. Aufgrund eines Bescheides vom 01.12.2005 erhielt er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) inklusive Kosten der Unterkunft. Im Februar 2006 legte er einen Wohnraummietvertrag über eine Ein-Zimmer Küche/Bad-Wohnung in der T.-straße 18 in C. vor. Diese Wohnung bezog der Antragsteller am 01.03.2006, da seine Tochter mit einem Freund zusammen gezogen war. Zuletzt mit Bescheid vom 26.05.2006 wurde Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 345,00 EUR und Unterkunftskosten in Höhe von 295 EUR monatlich für den Zeitraum von Juni bis Oktober 2006 bewilligt.
Nach einem Aktenvermerk vom 23.06.2006 teilte die Kriminalpolizei C. der Antragsgegnerin mit, dass sowohl in der Wohnung des Antragstellers als auch in der Wohnung der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers in der A.-straße 42 eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe. Der Mitarbeiter der Kriminalpolizei, Herr C., äußerte seine Vermutung, dass die Wohnung T.-straße 18 lediglich eine "Alibi-Wohnung" sei. In der Wohnung von Herrn R. befinde sich lediglich ein Bett, dass unbenutzt aussehe und außerdem habe Herr R. sich morgens um 08:00 Uhr in der Wohnung seiner Ehefrau V. aufgehalten. Nach einem weiteren Vermerk eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin vom 29.06.2006 war der Antragsteller am 27.06.2006 um 10:50 Uhr, am 28.06.2006 um 10:31 Uhr und am 29.06.2006 um 08:28 Uhr nicht in seiner Wohnung anzutreffen. Ferner existiere kein Klingelschild auf den Namen R., ein Briefkasten sei allerdings mit dem Namen beschriftet. Am 05.07. um 09:28 Uhr sowie am 10.07. um 08:12 Uhr sei der Antragsteller ebenfalls nicht in seiner Wohnung anzutreffen gewesen. Am 10.07.2006 wurde ein Hausbesuch bei der Ehefrau des Antragstellers in der A.-straße 42 und anschließend in der Wohnung des Antragstellers durchgeführt. Danach befand sich der Antragsteller um 08:22 Uhr in der Wohnung der Ehefrau. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses dieser Hausdurchsuchung wird auf den Inhalt des Vermerks vom 11.07.2006 verwiesen. Mit Bescheid vom 28.07.2006 hob die Beklagte wegen einer wesentlichen Änderung gemäß § 48 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch (SGB X) den Ursprungsbescheid vom 26.05.2006 für den Bewilligungszeitraum von Juni bis Oktober 2006 auf und führte zur Begründung aus, die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Lebensmittelpunkt des Antragstellers bei V. R. in der A.-straße 42 sei. Ein weiterer, an den Antragsteller gerichteter Bescheid ist aus der Akte nicht ersichtlich. Mit an die Ehefrau des Antragstellers, Frau V. R., A.-straße 42, C., gerichtetem Änderungsbescheid vom 28.07.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen monatlichen Regelsatz in Höhe von 311,00 EUR und einen Anteil der Unterkunftskosten für die A.-straße 42 in Höhe von 113,00 EUR.
Am 08.08.2006 legte der Antragsteller hiergegen Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, es sei richtig, dass er seit mehreren Monaten sehr häufig bei seiner geschiedenen Ehefrau in der A.-straße 42 gewesen sei. Dies sei darauf zurückzuführen, dass das Jugendamt empfohlen habe, dass beide Elternteile sich um den gemeinsamen Sohn L. kümmern möchten. Dieser mache momentan erhebliche Probleme. Er sei daher schon immer sehr früh morgens in der A.-Straße gewesen. Dass bei der Wohnungsbesichtigung keine wesentlichen Wäschestücke gefunden wurden, liege daran, dass er keine Waschmaschine habe. Seine Wäschestücke hätten sich bisher bei der geschiedenen Ehefrau und bei der Tochter J. befunden. Ein Teil der Wäsche habe noch im Wäscheraum im Keller gehangen. Bezüglich des Wasserverbrauchs könne er nur die Aussage treffen, dass er meistens bei einer Bekannten geduscht habe. Er habe ein Fahrrad aus dem Fahrradkeller des Hauses A.-Straße 42 geholt, weil sein Fahrrad gestohlen worden sei und er deshalb dasjenige seiner geschiedenen Ehefrau oder seiner Tochter J. nehme. Er habe keinen Schlüssel mehr für die Wohnung der geschiedenen Ehefrau. Lebensmittel befänden sich nicht in der Wohnung in der T.-straße, weil er meistens außerhalb esse. Durch eine Befragung der Vermieterin des Antragstellers wurde festgestellt, dass der Verbrauch von Strom und Heizung für einen Ein-Personenhaushalt in der Zeit vom 06.03. bis zum 13.07.2006 als angemessen anzusehen sei. Wasser sei allerdings nur in einem Umfang von 0,54 m³ verbraucht worden. Von einer Person würden im Jahr ca. 40-50 m³ verbraucht. Dies ergebe hochgerechnet für den Zeitraum normalerweise einen Verbrauch von 18 m³.
Am 18.08.2006 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und machte geltend, der Lebensunterhalt sei ohne die streitgegenständlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht gesichert. Es drohe der Verlust der Wohnung, da die Vermieterin bei einer weiteren Nichtzahlung des Mietzinses zu einer Kündigung berechtigt sei. Das Wasser- und Energieversorgungsunternehmen Westfalica habe bereits zweimal gedroht, bei weiteren Rückständen die Versorgung einzustellen. Lebensmittelpunkt des Antragstellers sei nach wie vor die Wohnung in der T.-straße 18. Er habe sich nur vorübergehend seit ein paar Monaten häufiger bei der geschiedenen Ehefrau aufgehalten, weil der gemeinsame Sohn erhebliche Probleme habe. Der Aufenthalt des Antragstellers bei seiner geschiedenen Ehefrau diene daher dem Wohl des gemeinsamen Kindes. Die Ermittlungen der Antragsgegnerin seien nicht geeignet, einen Lebensmittelpunkt des Antragstellers in der A.-Straße 42 zu belegen. Selbst wenn er das eine oder andere Mal bei seiner geschiedenen Ehefrau übernachtet habe, mache dies deren Wohnung noch nicht zu seinem Lebensmittelpunkt. Zutreffend hätten die Mitarbeiter der Antragsgegnerin zwar festgestellt, dass sein Bett nicht bezogen gewesen sei. Grund hierfür sei jedoch gewesen, dass sich in dem Bett noch eine alte Matratze des Vormieters befinde, die in einem schlechten Zustand sei und dringend erneuert werden müsse. Er habe vor, eine neue Matratze zu kaufen, wenn er finanziell dazu in der Lage sei. Das Bettzeug hierfür habe sich allerdings im Schrank befunden. Auf dem Sofa habe er lediglich mit einer Decke geschlafen, da es zu diesem Zeitpunkt im Sommer ausgesprochen heiß gewesen sei. Da er sehr häufig bei seiner Tochter, seiner Frau oder bei anderen Freunden und Bekannten sei, hätten sich eher länger haltbare Lebensmittel wie Konserven, in seiner Wohnung und im Keller befunden. Er habe gegenüber den Bediensteten der Antragsgegnerin nicht geäußert, dass er immer auswärts esse. Ebenso unzutreffend sei, dass sich in seiner Wohnung keine Zahnbürste befunden habe. Seine elektrische Zahnbürste habe sich in einer Ladestation auf dem Boden befunden. Es müsse auch bestritten werden, dass der vorhandene Nassrasierer in einem unbenutzten Zustand gewesen sei. Er habe auch nicht erklärt, dass es keine Kleidungsstücke in seiner Wohnung gebe. Ein großer Teil seiner Wäschestücke hätten sich noch bei seiner Tochter befunden, mit der der Antragsteller zuvor zusammengewohnt habe. Der Wasserverbrauch möge gering gewesen sein. Offensichtlich sei aber Wasser verbraucht worden und er weise darauf hin, dass er meistens bei einer Bekannten geduscht habe. Das Namensschild an der Wohnungstür sei defekt und sei bisher noch nicht repariert worden, da alle Besucher wüssten, welches seine Wohnung sei. Wenn die Beamten der Polizei bei einer Hausdurchsuchung festgestellt hätten, dass in der Wohnung Müll herumlag, so sei dies ein Zeichen dafür, dass er die Räumlichkeiten benutze. Er weise nochmals darauf hin, dass er das Fahrrad der Tochter benutzt habe. Einen Schlüssel zum Fahrradkeller des Hauses der geschiedenen Ehefrau habe er nicht. Am 25.09.2006 unterzeichnete der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung dahingehend, dass er in der Zeit vom 01.07. bis zum 22.09.2006 an ca. 60 Tagen in der Wohnung T.-straße 18 übernachtet habe. In diesem Zeitraum habe er wegen der Probleme mit seinem Sohn L. und wegen seiner Sommerferien an ca. 10 Tagen bei der geschiedenen Ehefrau übernachtet, zu deren Wohnung er keinen Schlüssel besitze. Er legt eine Liste derjenigen Kleidungsstücke vor, die sich in der Wohnung T.-straße 18 befinden und versichert eidesstattlich, dass von der Anzahl der Kosmetik- und Hygieneartikel her es sich um eine für die ganzen drei Monate typische Ausstattung handele. Allerdings hätten sich in den letzten drei Monaten weniger Kleidungsstücke in der Wohnung befunden, da ein Teil noch bei seiner Tochter gewesen sei. Auch hätten in der letzten Zeit weniger Nahrungsmittel in der Wohnung aufbewahrt werden können, da er sich wegen der Probleme mit seinem Sohn L. in den Sommerferien häufiger bei ihm und der geschiedenen Ehefrau aufgehalten habe.
Der Antragsteller hat schriftsätzlich beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab August 2006 weiterhin neben einer Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 345,00 EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 295,00 EUR zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag als unbegründet abzulehnen.
Sie ist zunächst der Auffassung, dass der Kreis Minden-Lübbecke der richtige Antragsgegner sei. Dies ergebe sich aus § 8 Satz 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Danach obliege die Durchführung von Rechtbehelfs- und Rechtsstreitverfahren in allen Fällen dem Kreis, auch wenn im Übrigen den kreisangehörigen Kommunen die Aufgaben übertragen seien.
Desweiteren verweist die Antragsgegnerin auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2006 mit dem der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Der Bescheid des Sozialamtes Bad Oeynhausen vom 28.07.2006 werde nach § 43 SGB X umgedeutet, da nicht eine Aufhebung nach § 48 SGB X, sondern eine solche nach § 45 Abs. 1 SGB X in Betracht komme. Es sei nämlich keine Änderung der Verhältnisse eingetreten, sondern der Antragsteller habe falsche Angaben gemacht. Nach Prüfung der Indizien und der Argumente des Antragstellers müsse davon ausgegangen werden, dass er seinen Lebensmittelpunkt schon bei Antragstellung in der C.-Straße 42 gehabt habe und nicht wie angegeben, in der T.-straße 18. Im Wege diverser Ermittlungen sei festgestellt worden, dass es sich bei der Wohnung in der T.-straße 18 lediglich um eine "Alibi-Wohnung" handele. Bei diversen Hausbesuchen sei der Antragsteller nicht in seiner Wohnung, sondern eher früh morgens in der Wohnung der geschiedenen Ehefrau anzutreffen gewesen. Die Einlassungen des Antragstellers zu den festgestellten Sachverhalten rechtfertigten keine andere Einschätzung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger seine ganze Wäsche bis auf das letzte Kleidungsstück schmutzig zu seiner geschiedenen Ehefrau bringe. Der Normalfall scheine doch zu sein, dass man zumindest noch ein paar wenige Kleidungsstücke habe, die man nicht jeden Tag anziehe. In der Wohnung seien jedoch keine Kleidungsstücke gefunden worden. Auch bestreite die geschiedene Ehefrau, dass sie und ihre Tochter J. die Wäsche waschen würden. Eine plausible Erklärung für den niedrigen Wasserverbrauch sei jedenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere sei die Toilette in der Schützenstraße auch nicht benutzt worden. Das Klingelschild an der Wohnung gebe noch den Namen des Vormieters wieder. Bei dem Hausbesuch habe sich Frau R. erst anziehen müssen, als die Mitarbeiter des Sozialamtes den Hausbesuch durchführen wollten und er selbst habe sich erst noch die Schuhe anziehen müssen. Zwischen der Durchsuchung der Polizei am 23.06.2006 und dem Hausbesuch am 10.07.2006 habe sich augenscheinlich die Situation in der Wohnung T.-straße nicht verändert. Insbesondere habe Müll einfach so in der Wohnung herumgelegen. Ferner habe der Antragsteller den Schlüssel zum Fahrradraum in der A.-.Straße an seinem Schlüsselbund gehabt. Die Behauptung des Antragstellers er benutze das Fahrrad seiner Ehefrau, sei unzutreffend, denn deren Fahrrad ist nach ihren eigenen Angaben gestohlen worden. Es liege der Gedanke nahe, dass sich das eigene Fahrrad des Antragstellers in dem Fahrradkeller befunden habe. Die Bewilligung sei hier mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, denn das Vertrauen des Antragstellers auf den Bestand des Verwaltungsaktes sei nicht schützenswert. Der Antragsteller habe zumindest grob fahrlässig unzutreffende Angaben bei Antragstellung gemacht. Aufgrund des Verbösungsverbotes im Widerspruchsverfahren sei eine Rücknahme für die Vergangenheit jedoch nicht möglich. In diesen Widerspruchsbescheid sei daher nur der Zeitraum ab dem 01.08.2006 geregelt. Für die Zeit vor dem 01.08.2006 erhalte der Antragsteller noch einen weiteren Bescheid von der Stadt Bad Oeynhausen.
II.
Soweit der Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerichtet ist, ist er unzulässig und war deshalb in einen Antrag nach § 86 b Abs.1 Nr. 2 SGG umzudeuten. Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag nur dann eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt. Das Verfahren Nach § 86b Abs. 1 SGG hat daher Vorrang. Einstweiliger Rechtsschutz ist hier nach § 86b Abs. 1 SGG zu suchen, denn im Hauptsacheverfahren wäre die richtige Klageart eine Anfechtungsklage. Der Antragsteller wendet sich nämlich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung und könnte daher sein Ziel in der Hauptsache durch eine Anfechtung des Bescheides vom 28.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2006 erreichen.
Der nach Umdeutung zulässige Antrag ist auch begründet.
Die Stadt Bad Oeynhausen ist als richtige Antragsgegnerin passiv legitimiert. Für das sozialgerichtliche Verfahren gilt insoweit ebenso wie nach § 78 VwGO für das verwaltungsgerichtliche Verfahren das Rechtsträgerprinzip, wonach Beteiligter die juristische Person ist, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat oder für den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes sachlich zuständig ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 70 Rn. 4; Koch/Schenke VwGO, 12. Auflage, § 78 Rn. 3). Passiv legitimiert ist daher derjenige Rechtsträger, der auch materiell verpflichtet ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O.; § 69 Rn. 4). Sachlich zuständig und materiell verpflichtet zur Erbringung der mit dem Antrag begehrten Leistung ist hier die Stadt Bad Oeynhausen. Der Kreis Minden-Lübbecke ist zwar gemäß § 6a des Sozialgesetzbuches, Zweites Buch (SGB II) zugelassener Träger für die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Er hat diese Aufgaben jedoch entsprechend § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW vom 16.12.2004 durch Satzung an die Stadt Bad Oeynhausen delegiert. Nach § 1 der Satzung vom 16.12.2004 überträgt der Kreis Minden-Lübbecke den kreisangehörigen Städten und Gemeinden die in §§ 4 und 5 der Satzung näher bezeichneten Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen. Zu diesen Aufgaben gehört gemäß § 4 Nr. 3 und Nr. 4 der Satzung unter anderem die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Erlass von entsprechenden Verwaltungsakten im eigenen Namen. § 1 der Satzung des Kreises Minden-Lübbecke vom 16.12.2004 enthält damit eine delegationsähnliche Aufgabenübertragung und nicht nur eine Übertragung eines Mandats. Ein Mandatsverhältnis liegt nur vor, wenn die Heranziehung der Gemeinde ein Handeln im Namen des Kreises aufgibt (Grube/Wahrendorf, Wahrendorf, SGB XII, § 99 Rn. 5). Hier liegt vielmehr eine delegationsähnliche Aufgabenübertragung vor. Unter Delegation ist ein Rechtsakt zu verstehen, durch den ein Hoheitsträger seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf ein anderes Subjekt überträgt, auch wenn er selbst weisungsbefugt bleibt (vgl. Schenke, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, Verwaltungsarchiv Band 68, 118, 120, 148). Da hier der Stadt Bad Oeynhausen entsprechend dem Ausführungsgesetz zum SGB II vom 16.12.2004 die Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen übertragen wurde, handelt es sich, auch wenn der Kreis Minden-Lübbecke weiterhin zugelassener kommunaler Träger der SGB II Leistungen bleibt, um eine Delegation im weiteren Sinne. Dementsprechend werden die kreisangehörigen Gemeinden in § 8 der Satzung auch als "Delegationsnehmer" bezeichnet. Diese Unterscheidung hat entscheidende Auswirkungen auf die Frage der Beteiligung im Prozess, weil der in eigenem Namen entscheidende Delegationsnehmer auch Beklagter ist (vgl. Hauck/Noftz, Schlette, Kommentar zum SGB XII, § 99 Rn. 15; OVG Münster, Urteil vom 17.05.1988 – 8 A 825/86; Schmidt-Jorzig, Strukturen einer Einbeziehung kreisangehöriger Gemeinden in den Vollzug von Kreiszuständigkeiten, Verwaltungsarchiv 75. Band, 1984, 418). Nur wenn die herangezogene Kommune im Namen des zuständigen Trägers entscheiden würde, würde gegenüber dem leistungsberechtigten Bürger klargestellt, dass diese gegenüber dem Bürger verantwortlich bleibt und dass sie auch als Antragsgegnerin einem gerichtlichen Verfahren anzugreifen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11.09.1991 – 4 L 148/90).
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen - in denen wie hier nach § 39 Nr. 1 SGB II – Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Anordnung ist auch nach Erlass des Widerspruchsbescheides möglich, denn die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs reicht über diesen Zeitpunkt hinaus (vgl. Meyer-Ladewig/ Keller, Leitherer, SGG, § 86a Rn 11). Über die Anordnung entscheidet das Gericht nach Ermessen auf der Grundlage einer Interessenabwägung, wobei das private Interesse des belasteten Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Von maßgeblicher Bedeutung für die Gewichtung des Interesses am Vollziehungsaufschub ist zunächst die summarische zu prüfende Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung. Aus erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides folgt nicht in jedem Fall das Überwiegen der privaten Interessen des Bescheidadressaten. In einem zweiten Schritt ist nämlich das Ausmaß der individuellen Betroffenheit und die jeweilige Eingriffsintensität zu prüfen und abzuwägen (LSG Niedersachsen – Bremen, Beschluss vom 15.01.2003, Breithaupt 2003, Seite 265). Bei der Prüfung der Aussichten des Hauptsacheverfahrens gilt der Grundsatz, dass die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers um so niedriger sein können, je größer die Erfolgsaussichten sind (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Keller, SGG, § 86b Rn 12c).
Nach summarischer Überprüfung bestehen vorliegend erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2006. Dabei kann dahinstehen, ob die fehlende Anhörung nach § 24 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) durch das Widerspruchsverfahren geheilt wurde. Hieran könnten Zweifel bestehen, weil der Verwaltungsakt durch den Widerspruchsbescheid umgedeutet wurde und die Aufhebung nunmehr damit begründet wird, der Antragsteller habe von Anfang an falsche Angaben gemacht. Soweit ersichtlich ist er hierzu ebenfalls nicht angehört worden.
Es bestehen nach Auffassung des Gerichts erhebliche Zweifel daran, ob die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X vorliegen. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwiegung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel in schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Beteiligte allerdings u.a. nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 1, 2, 3 Nr. 2 SGB X).
Hier hat das Antragsteller Vermögensdispositionen getroffen, indem er im Hinblick auf die Leistung einen Mietvertrag abgeschlossen hat. Nach summarischer Prüfung steht für das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Antragsteller grob fahrlässig in Bezug auf seinen Anspruch falsche Angaben gemacht hat. Es steht nicht mit der ausreichenden Sicherheit fest, dass der Antragsteller seit dem 01.03.2006 seinen Lebensmittelpunkt in der A.-Straße 42 und nicht, wie von ihm angegeben, in der T.-straße 18 hat. Würde diese Annahme der Antragsgegnerin zutreffen, hätte er allerdings lediglich einen Anspruch auf die Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II und Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II ständen ihm für die Wohnung in der T.-straße 18 nicht zu. Denn Unterkunftskosten sind auch dann nur für eine einzige Unterkunft anzuerkennen, wenn der Hilfebedürftige mehrere Unterkünfte nutzen kann. Entscheidend ist dann die vorrangig tatsächlich genutzte Unterkunft. Im Hinblick auf die Wohnung in der T.-straße 18 ist die tatsächliche Nutzung Voraussetzung der Leistungsgewährung. Unschädlich sind jedoch gelegentliche Aufenthalte und Übernachtungen bei Dritten, zeitlich überschaubare Abwesenheitszeiten (z. B. Krankenhaus- oder Einrichtungsaufenthalte) oder ein Auslandsurlaubsaufenthalt, der dem gewöhnlichen Inlandsaufenthalt unberührt lässt (vgl. Berlitt in LPK-SGB II, § 22 Rn 14 ff. m.w.N.). Entsprechend § 30 Abs. 3 SGB I kommt es darauf an, ob jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich nicht nur vorübergehend aufhält. Der Aufenthalt muss daher auf Dauer angelegt sein und die entsprechende Wohnung den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse bilden. Vorübergehende – auch mehrjährige – Abwesenheiten stehen einem Wohnsitz bzw. einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht ohne weiteres entgegen. Es kommt darauf an, ob der Betroffene die Wohnung in dieser Zeit nicht nur besuchsweise nutzt und eine dauerhafte Rückkehr jederzeit möglich und vorgesehen ist (vgl. Hauck/Noftz, SGB I, § 30 Rn 10 ff.).
Nach dem Akteninhalt und dem Vortrag der Beteiligten steht für das Gericht nicht mit ausreichender Sicherheit fest, dass der Antragsteller die Wohnung in der T.-straße 18 schon seit Stellung des Antrages bei der Antragsgegnerin sowie in der Zeit danach und insbesondere ab Antragstellung bei Gericht tatsächlich in dem o. g. Sinn nicht nutzt. Das Gericht legt dabei die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zugrunde. Danach hat er in der Zeit vom 01.07. bis zum 22.09.2006 an ca. 60 Tagen in der Wohnung in der T.-straße 18 übernachtet und lediglich während der Sommerferien an ca. 10 Tagen bei seiner geschiedenen Ehefrau. Danach hätte er seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in der T.-straße 18. Der Vortrag der Antragsgegnerin ist nicht geeignet, bei dem Gericht eine gegenteilige Überzeugung zu begründen. Dass der Antragsteller an den benannten einzelnen Tagen zu bestimmten Uhrzeiten nicht in der T.-straße 18 anzutreffen war, besagt zunächst nicht, dass er an all diesen Tagen nicht in dieser Wohnung geschlafen hat. Unter Berücksichtigung des Vortags des Antragstellers ergibt sich dies auch nicht aus der Tatsache, dass das Bett nicht bezogen war. Das der Antragsteller bei den gegebenen hohen Sommertemperaturen tatsächlich mit einer dünnen Decke auf dem Sofa geschlafen haben könnte, wird von der Antragsgegnerin nicht widerlegt. Auch der Vortrag des Antragstellers bezüglich der Kleidungsstücke und der Ausstattung mit Lebensmitteln erscheint nicht widerlegt. Auch der niedrige Wasserverbrauch lässt nicht ohne weiteres darauf schließen, dass der Antragsteller die Wohnung nicht benutzt hat. Davon abgesehen, dass nicht klar ist, worauf die von der Antragsgegnerin dargestellten Durchschnittswerte beruhen, muss berücksichtigt werden, dass der Antragsteller keine Waschmaschine besitzt. Ferner wurden auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob er tatsächlich – wie von ihm behauptet – meistens auswärts duscht. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Feststellungen hinsichtlich des Gesamtzustandes der Wohnung, des Fahrrades, der Zahnbürste, des Haustürschildes etc., welche teilweise von dem Antragsteller bestritten werden, gilt, dass diese Umstände zwar Zweifel daran wecken können, ob der Antragsteller tatsächlich die Wohnung in der T.-straße dauerhaft nutzt und dementsprechend Anlass für weitere Ermittlungen sein können. Sie reichen aber nicht dafür aus, das Bestehen einer sog. "Alibi-Wohnung" festzustellen.
Die hier notwendigen weiteren Ermittlungen z. B. durch Vernehmung der Ehefrau, der Tochter und derjenigen Bekannten, bei der der Antragsteller nach seinen Angaben meistens geduscht hat, müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen, geht die Nichtfeststellbarkeit von Tatsachen hier zu Lasten der Antragsgegnerin, denn sie will aus § 45 SGB X das Recht herleiten, den Bewilligungsbescheid aufzuheben.
Lassen sich die Erfolgsaussichten der Hauptsache wie im vorliegenden Fall noch nicht abzuschließend prüfen, spricht unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung mehr dafür, dem Antragsteller die bewilligten Leistungen vorläufig zu belassen. In tatsächlich komplexen Sachen, in denen der Sachverhalt im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit nicht mit der notwendigen Sicherheit geklärt werden kann, ist im Einzelfall eine umfassende Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Angesichts der weitreichenden negativen Folgen, die mit einer Versagung der Leistung verbunden wären, wiegt das Interesse der Antragsgegnerin, vorläufig nicht zur Leistung verpflichtet zu sein, weniger schwer. Hier bleibt die Möglichkeit, gegen den Antragsteller im Rückforderungsweg vorzugehen, falls sich der Anspruch im Hauptsacheverfahren nicht bestätigt.
Aufgrund insbesondere der drohenden Einstellung der Versorgung mit Gas bzw. Wasser und auch wegen der drohenden Kündigung des Mietverhältnisses liegt ein Anordnungsgrund vor, da für den Antragsteller ohne die beantragten Leistungen schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung auch die Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.05.2006.
Der 1963 geborene Antragsteller wohnte zunächst mit seiner 1984 geborenen Tochter J.R. in einer Wohnung in der -straße 15 in C. Aufgrund eines Bescheides vom 01.12.2005 erhielt er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) inklusive Kosten der Unterkunft. Im Februar 2006 legte er einen Wohnraummietvertrag über eine Ein-Zimmer Küche/Bad-Wohnung in der T.-straße 18 in C. vor. Diese Wohnung bezog der Antragsteller am 01.03.2006, da seine Tochter mit einem Freund zusammen gezogen war. Zuletzt mit Bescheid vom 26.05.2006 wurde Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 345,00 EUR und Unterkunftskosten in Höhe von 295 EUR monatlich für den Zeitraum von Juni bis Oktober 2006 bewilligt.
Nach einem Aktenvermerk vom 23.06.2006 teilte die Kriminalpolizei C. der Antragsgegnerin mit, dass sowohl in der Wohnung des Antragstellers als auch in der Wohnung der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers in der A.-straße 42 eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe. Der Mitarbeiter der Kriminalpolizei, Herr C., äußerte seine Vermutung, dass die Wohnung T.-straße 18 lediglich eine "Alibi-Wohnung" sei. In der Wohnung von Herrn R. befinde sich lediglich ein Bett, dass unbenutzt aussehe und außerdem habe Herr R. sich morgens um 08:00 Uhr in der Wohnung seiner Ehefrau V. aufgehalten. Nach einem weiteren Vermerk eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin vom 29.06.2006 war der Antragsteller am 27.06.2006 um 10:50 Uhr, am 28.06.2006 um 10:31 Uhr und am 29.06.2006 um 08:28 Uhr nicht in seiner Wohnung anzutreffen. Ferner existiere kein Klingelschild auf den Namen R., ein Briefkasten sei allerdings mit dem Namen beschriftet. Am 05.07. um 09:28 Uhr sowie am 10.07. um 08:12 Uhr sei der Antragsteller ebenfalls nicht in seiner Wohnung anzutreffen gewesen. Am 10.07.2006 wurde ein Hausbesuch bei der Ehefrau des Antragstellers in der A.-straße 42 und anschließend in der Wohnung des Antragstellers durchgeführt. Danach befand sich der Antragsteller um 08:22 Uhr in der Wohnung der Ehefrau. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses dieser Hausdurchsuchung wird auf den Inhalt des Vermerks vom 11.07.2006 verwiesen. Mit Bescheid vom 28.07.2006 hob die Beklagte wegen einer wesentlichen Änderung gemäß § 48 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch (SGB X) den Ursprungsbescheid vom 26.05.2006 für den Bewilligungszeitraum von Juni bis Oktober 2006 auf und führte zur Begründung aus, die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Lebensmittelpunkt des Antragstellers bei V. R. in der A.-straße 42 sei. Ein weiterer, an den Antragsteller gerichteter Bescheid ist aus der Akte nicht ersichtlich. Mit an die Ehefrau des Antragstellers, Frau V. R., A.-straße 42, C., gerichtetem Änderungsbescheid vom 28.07.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen monatlichen Regelsatz in Höhe von 311,00 EUR und einen Anteil der Unterkunftskosten für die A.-straße 42 in Höhe von 113,00 EUR.
Am 08.08.2006 legte der Antragsteller hiergegen Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, es sei richtig, dass er seit mehreren Monaten sehr häufig bei seiner geschiedenen Ehefrau in der A.-straße 42 gewesen sei. Dies sei darauf zurückzuführen, dass das Jugendamt empfohlen habe, dass beide Elternteile sich um den gemeinsamen Sohn L. kümmern möchten. Dieser mache momentan erhebliche Probleme. Er sei daher schon immer sehr früh morgens in der A.-Straße gewesen. Dass bei der Wohnungsbesichtigung keine wesentlichen Wäschestücke gefunden wurden, liege daran, dass er keine Waschmaschine habe. Seine Wäschestücke hätten sich bisher bei der geschiedenen Ehefrau und bei der Tochter J. befunden. Ein Teil der Wäsche habe noch im Wäscheraum im Keller gehangen. Bezüglich des Wasserverbrauchs könne er nur die Aussage treffen, dass er meistens bei einer Bekannten geduscht habe. Er habe ein Fahrrad aus dem Fahrradkeller des Hauses A.-Straße 42 geholt, weil sein Fahrrad gestohlen worden sei und er deshalb dasjenige seiner geschiedenen Ehefrau oder seiner Tochter J. nehme. Er habe keinen Schlüssel mehr für die Wohnung der geschiedenen Ehefrau. Lebensmittel befänden sich nicht in der Wohnung in der T.-straße, weil er meistens außerhalb esse. Durch eine Befragung der Vermieterin des Antragstellers wurde festgestellt, dass der Verbrauch von Strom und Heizung für einen Ein-Personenhaushalt in der Zeit vom 06.03. bis zum 13.07.2006 als angemessen anzusehen sei. Wasser sei allerdings nur in einem Umfang von 0,54 m³ verbraucht worden. Von einer Person würden im Jahr ca. 40-50 m³ verbraucht. Dies ergebe hochgerechnet für den Zeitraum normalerweise einen Verbrauch von 18 m³.
Am 18.08.2006 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und machte geltend, der Lebensunterhalt sei ohne die streitgegenständlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht gesichert. Es drohe der Verlust der Wohnung, da die Vermieterin bei einer weiteren Nichtzahlung des Mietzinses zu einer Kündigung berechtigt sei. Das Wasser- und Energieversorgungsunternehmen Westfalica habe bereits zweimal gedroht, bei weiteren Rückständen die Versorgung einzustellen. Lebensmittelpunkt des Antragstellers sei nach wie vor die Wohnung in der T.-straße 18. Er habe sich nur vorübergehend seit ein paar Monaten häufiger bei der geschiedenen Ehefrau aufgehalten, weil der gemeinsame Sohn erhebliche Probleme habe. Der Aufenthalt des Antragstellers bei seiner geschiedenen Ehefrau diene daher dem Wohl des gemeinsamen Kindes. Die Ermittlungen der Antragsgegnerin seien nicht geeignet, einen Lebensmittelpunkt des Antragstellers in der A.-Straße 42 zu belegen. Selbst wenn er das eine oder andere Mal bei seiner geschiedenen Ehefrau übernachtet habe, mache dies deren Wohnung noch nicht zu seinem Lebensmittelpunkt. Zutreffend hätten die Mitarbeiter der Antragsgegnerin zwar festgestellt, dass sein Bett nicht bezogen gewesen sei. Grund hierfür sei jedoch gewesen, dass sich in dem Bett noch eine alte Matratze des Vormieters befinde, die in einem schlechten Zustand sei und dringend erneuert werden müsse. Er habe vor, eine neue Matratze zu kaufen, wenn er finanziell dazu in der Lage sei. Das Bettzeug hierfür habe sich allerdings im Schrank befunden. Auf dem Sofa habe er lediglich mit einer Decke geschlafen, da es zu diesem Zeitpunkt im Sommer ausgesprochen heiß gewesen sei. Da er sehr häufig bei seiner Tochter, seiner Frau oder bei anderen Freunden und Bekannten sei, hätten sich eher länger haltbare Lebensmittel wie Konserven, in seiner Wohnung und im Keller befunden. Er habe gegenüber den Bediensteten der Antragsgegnerin nicht geäußert, dass er immer auswärts esse. Ebenso unzutreffend sei, dass sich in seiner Wohnung keine Zahnbürste befunden habe. Seine elektrische Zahnbürste habe sich in einer Ladestation auf dem Boden befunden. Es müsse auch bestritten werden, dass der vorhandene Nassrasierer in einem unbenutzten Zustand gewesen sei. Er habe auch nicht erklärt, dass es keine Kleidungsstücke in seiner Wohnung gebe. Ein großer Teil seiner Wäschestücke hätten sich noch bei seiner Tochter befunden, mit der der Antragsteller zuvor zusammengewohnt habe. Der Wasserverbrauch möge gering gewesen sein. Offensichtlich sei aber Wasser verbraucht worden und er weise darauf hin, dass er meistens bei einer Bekannten geduscht habe. Das Namensschild an der Wohnungstür sei defekt und sei bisher noch nicht repariert worden, da alle Besucher wüssten, welches seine Wohnung sei. Wenn die Beamten der Polizei bei einer Hausdurchsuchung festgestellt hätten, dass in der Wohnung Müll herumlag, so sei dies ein Zeichen dafür, dass er die Räumlichkeiten benutze. Er weise nochmals darauf hin, dass er das Fahrrad der Tochter benutzt habe. Einen Schlüssel zum Fahrradkeller des Hauses der geschiedenen Ehefrau habe er nicht. Am 25.09.2006 unterzeichnete der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung dahingehend, dass er in der Zeit vom 01.07. bis zum 22.09.2006 an ca. 60 Tagen in der Wohnung T.-straße 18 übernachtet habe. In diesem Zeitraum habe er wegen der Probleme mit seinem Sohn L. und wegen seiner Sommerferien an ca. 10 Tagen bei der geschiedenen Ehefrau übernachtet, zu deren Wohnung er keinen Schlüssel besitze. Er legt eine Liste derjenigen Kleidungsstücke vor, die sich in der Wohnung T.-straße 18 befinden und versichert eidesstattlich, dass von der Anzahl der Kosmetik- und Hygieneartikel her es sich um eine für die ganzen drei Monate typische Ausstattung handele. Allerdings hätten sich in den letzten drei Monaten weniger Kleidungsstücke in der Wohnung befunden, da ein Teil noch bei seiner Tochter gewesen sei. Auch hätten in der letzten Zeit weniger Nahrungsmittel in der Wohnung aufbewahrt werden können, da er sich wegen der Probleme mit seinem Sohn L. in den Sommerferien häufiger bei ihm und der geschiedenen Ehefrau aufgehalten habe.
Der Antragsteller hat schriftsätzlich beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab August 2006 weiterhin neben einer Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 345,00 EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 295,00 EUR zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag als unbegründet abzulehnen.
Sie ist zunächst der Auffassung, dass der Kreis Minden-Lübbecke der richtige Antragsgegner sei. Dies ergebe sich aus § 8 Satz 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Danach obliege die Durchführung von Rechtbehelfs- und Rechtsstreitverfahren in allen Fällen dem Kreis, auch wenn im Übrigen den kreisangehörigen Kommunen die Aufgaben übertragen seien.
Desweiteren verweist die Antragsgegnerin auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2006 mit dem der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Der Bescheid des Sozialamtes Bad Oeynhausen vom 28.07.2006 werde nach § 43 SGB X umgedeutet, da nicht eine Aufhebung nach § 48 SGB X, sondern eine solche nach § 45 Abs. 1 SGB X in Betracht komme. Es sei nämlich keine Änderung der Verhältnisse eingetreten, sondern der Antragsteller habe falsche Angaben gemacht. Nach Prüfung der Indizien und der Argumente des Antragstellers müsse davon ausgegangen werden, dass er seinen Lebensmittelpunkt schon bei Antragstellung in der C.-Straße 42 gehabt habe und nicht wie angegeben, in der T.-straße 18. Im Wege diverser Ermittlungen sei festgestellt worden, dass es sich bei der Wohnung in der T.-straße 18 lediglich um eine "Alibi-Wohnung" handele. Bei diversen Hausbesuchen sei der Antragsteller nicht in seiner Wohnung, sondern eher früh morgens in der Wohnung der geschiedenen Ehefrau anzutreffen gewesen. Die Einlassungen des Antragstellers zu den festgestellten Sachverhalten rechtfertigten keine andere Einschätzung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger seine ganze Wäsche bis auf das letzte Kleidungsstück schmutzig zu seiner geschiedenen Ehefrau bringe. Der Normalfall scheine doch zu sein, dass man zumindest noch ein paar wenige Kleidungsstücke habe, die man nicht jeden Tag anziehe. In der Wohnung seien jedoch keine Kleidungsstücke gefunden worden. Auch bestreite die geschiedene Ehefrau, dass sie und ihre Tochter J. die Wäsche waschen würden. Eine plausible Erklärung für den niedrigen Wasserverbrauch sei jedenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere sei die Toilette in der Schützenstraße auch nicht benutzt worden. Das Klingelschild an der Wohnung gebe noch den Namen des Vormieters wieder. Bei dem Hausbesuch habe sich Frau R. erst anziehen müssen, als die Mitarbeiter des Sozialamtes den Hausbesuch durchführen wollten und er selbst habe sich erst noch die Schuhe anziehen müssen. Zwischen der Durchsuchung der Polizei am 23.06.2006 und dem Hausbesuch am 10.07.2006 habe sich augenscheinlich die Situation in der Wohnung T.-straße nicht verändert. Insbesondere habe Müll einfach so in der Wohnung herumgelegen. Ferner habe der Antragsteller den Schlüssel zum Fahrradraum in der A.-.Straße an seinem Schlüsselbund gehabt. Die Behauptung des Antragstellers er benutze das Fahrrad seiner Ehefrau, sei unzutreffend, denn deren Fahrrad ist nach ihren eigenen Angaben gestohlen worden. Es liege der Gedanke nahe, dass sich das eigene Fahrrad des Antragstellers in dem Fahrradkeller befunden habe. Die Bewilligung sei hier mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, denn das Vertrauen des Antragstellers auf den Bestand des Verwaltungsaktes sei nicht schützenswert. Der Antragsteller habe zumindest grob fahrlässig unzutreffende Angaben bei Antragstellung gemacht. Aufgrund des Verbösungsverbotes im Widerspruchsverfahren sei eine Rücknahme für die Vergangenheit jedoch nicht möglich. In diesen Widerspruchsbescheid sei daher nur der Zeitraum ab dem 01.08.2006 geregelt. Für die Zeit vor dem 01.08.2006 erhalte der Antragsteller noch einen weiteren Bescheid von der Stadt Bad Oeynhausen.
II.
Soweit der Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerichtet ist, ist er unzulässig und war deshalb in einen Antrag nach § 86 b Abs.1 Nr. 2 SGG umzudeuten. Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag nur dann eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt. Das Verfahren Nach § 86b Abs. 1 SGG hat daher Vorrang. Einstweiliger Rechtsschutz ist hier nach § 86b Abs. 1 SGG zu suchen, denn im Hauptsacheverfahren wäre die richtige Klageart eine Anfechtungsklage. Der Antragsteller wendet sich nämlich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung und könnte daher sein Ziel in der Hauptsache durch eine Anfechtung des Bescheides vom 28.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2006 erreichen.
Der nach Umdeutung zulässige Antrag ist auch begründet.
Die Stadt Bad Oeynhausen ist als richtige Antragsgegnerin passiv legitimiert. Für das sozialgerichtliche Verfahren gilt insoweit ebenso wie nach § 78 VwGO für das verwaltungsgerichtliche Verfahren das Rechtsträgerprinzip, wonach Beteiligter die juristische Person ist, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat oder für den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes sachlich zuständig ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 70 Rn. 4; Koch/Schenke VwGO, 12. Auflage, § 78 Rn. 3). Passiv legitimiert ist daher derjenige Rechtsträger, der auch materiell verpflichtet ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O.; § 69 Rn. 4). Sachlich zuständig und materiell verpflichtet zur Erbringung der mit dem Antrag begehrten Leistung ist hier die Stadt Bad Oeynhausen. Der Kreis Minden-Lübbecke ist zwar gemäß § 6a des Sozialgesetzbuches, Zweites Buch (SGB II) zugelassener Träger für die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Er hat diese Aufgaben jedoch entsprechend § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW vom 16.12.2004 durch Satzung an die Stadt Bad Oeynhausen delegiert. Nach § 1 der Satzung vom 16.12.2004 überträgt der Kreis Minden-Lübbecke den kreisangehörigen Städten und Gemeinden die in §§ 4 und 5 der Satzung näher bezeichneten Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen. Zu diesen Aufgaben gehört gemäß § 4 Nr. 3 und Nr. 4 der Satzung unter anderem die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Erlass von entsprechenden Verwaltungsakten im eigenen Namen. § 1 der Satzung des Kreises Minden-Lübbecke vom 16.12.2004 enthält damit eine delegationsähnliche Aufgabenübertragung und nicht nur eine Übertragung eines Mandats. Ein Mandatsverhältnis liegt nur vor, wenn die Heranziehung der Gemeinde ein Handeln im Namen des Kreises aufgibt (Grube/Wahrendorf, Wahrendorf, SGB XII, § 99 Rn. 5). Hier liegt vielmehr eine delegationsähnliche Aufgabenübertragung vor. Unter Delegation ist ein Rechtsakt zu verstehen, durch den ein Hoheitsträger seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf ein anderes Subjekt überträgt, auch wenn er selbst weisungsbefugt bleibt (vgl. Schenke, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, Verwaltungsarchiv Band 68, 118, 120, 148). Da hier der Stadt Bad Oeynhausen entsprechend dem Ausführungsgesetz zum SGB II vom 16.12.2004 die Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen übertragen wurde, handelt es sich, auch wenn der Kreis Minden-Lübbecke weiterhin zugelassener kommunaler Träger der SGB II Leistungen bleibt, um eine Delegation im weiteren Sinne. Dementsprechend werden die kreisangehörigen Gemeinden in § 8 der Satzung auch als "Delegationsnehmer" bezeichnet. Diese Unterscheidung hat entscheidende Auswirkungen auf die Frage der Beteiligung im Prozess, weil der in eigenem Namen entscheidende Delegationsnehmer auch Beklagter ist (vgl. Hauck/Noftz, Schlette, Kommentar zum SGB XII, § 99 Rn. 15; OVG Münster, Urteil vom 17.05.1988 – 8 A 825/86; Schmidt-Jorzig, Strukturen einer Einbeziehung kreisangehöriger Gemeinden in den Vollzug von Kreiszuständigkeiten, Verwaltungsarchiv 75. Band, 1984, 418). Nur wenn die herangezogene Kommune im Namen des zuständigen Trägers entscheiden würde, würde gegenüber dem leistungsberechtigten Bürger klargestellt, dass diese gegenüber dem Bürger verantwortlich bleibt und dass sie auch als Antragsgegnerin einem gerichtlichen Verfahren anzugreifen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11.09.1991 – 4 L 148/90).
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen - in denen wie hier nach § 39 Nr. 1 SGB II – Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Anordnung ist auch nach Erlass des Widerspruchsbescheides möglich, denn die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs reicht über diesen Zeitpunkt hinaus (vgl. Meyer-Ladewig/ Keller, Leitherer, SGG, § 86a Rn 11). Über die Anordnung entscheidet das Gericht nach Ermessen auf der Grundlage einer Interessenabwägung, wobei das private Interesse des belasteten Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Von maßgeblicher Bedeutung für die Gewichtung des Interesses am Vollziehungsaufschub ist zunächst die summarische zu prüfende Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung. Aus erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides folgt nicht in jedem Fall das Überwiegen der privaten Interessen des Bescheidadressaten. In einem zweiten Schritt ist nämlich das Ausmaß der individuellen Betroffenheit und die jeweilige Eingriffsintensität zu prüfen und abzuwägen (LSG Niedersachsen – Bremen, Beschluss vom 15.01.2003, Breithaupt 2003, Seite 265). Bei der Prüfung der Aussichten des Hauptsacheverfahrens gilt der Grundsatz, dass die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers um so niedriger sein können, je größer die Erfolgsaussichten sind (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Keller, SGG, § 86b Rn 12c).
Nach summarischer Überprüfung bestehen vorliegend erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2006. Dabei kann dahinstehen, ob die fehlende Anhörung nach § 24 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) durch das Widerspruchsverfahren geheilt wurde. Hieran könnten Zweifel bestehen, weil der Verwaltungsakt durch den Widerspruchsbescheid umgedeutet wurde und die Aufhebung nunmehr damit begründet wird, der Antragsteller habe von Anfang an falsche Angaben gemacht. Soweit ersichtlich ist er hierzu ebenfalls nicht angehört worden.
Es bestehen nach Auffassung des Gerichts erhebliche Zweifel daran, ob die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X vorliegen. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwiegung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel in schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Beteiligte allerdings u.a. nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 1, 2, 3 Nr. 2 SGB X).
Hier hat das Antragsteller Vermögensdispositionen getroffen, indem er im Hinblick auf die Leistung einen Mietvertrag abgeschlossen hat. Nach summarischer Prüfung steht für das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Antragsteller grob fahrlässig in Bezug auf seinen Anspruch falsche Angaben gemacht hat. Es steht nicht mit der ausreichenden Sicherheit fest, dass der Antragsteller seit dem 01.03.2006 seinen Lebensmittelpunkt in der A.-Straße 42 und nicht, wie von ihm angegeben, in der T.-straße 18 hat. Würde diese Annahme der Antragsgegnerin zutreffen, hätte er allerdings lediglich einen Anspruch auf die Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II und Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II ständen ihm für die Wohnung in der T.-straße 18 nicht zu. Denn Unterkunftskosten sind auch dann nur für eine einzige Unterkunft anzuerkennen, wenn der Hilfebedürftige mehrere Unterkünfte nutzen kann. Entscheidend ist dann die vorrangig tatsächlich genutzte Unterkunft. Im Hinblick auf die Wohnung in der T.-straße 18 ist die tatsächliche Nutzung Voraussetzung der Leistungsgewährung. Unschädlich sind jedoch gelegentliche Aufenthalte und Übernachtungen bei Dritten, zeitlich überschaubare Abwesenheitszeiten (z. B. Krankenhaus- oder Einrichtungsaufenthalte) oder ein Auslandsurlaubsaufenthalt, der dem gewöhnlichen Inlandsaufenthalt unberührt lässt (vgl. Berlitt in LPK-SGB II, § 22 Rn 14 ff. m.w.N.). Entsprechend § 30 Abs. 3 SGB I kommt es darauf an, ob jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich nicht nur vorübergehend aufhält. Der Aufenthalt muss daher auf Dauer angelegt sein und die entsprechende Wohnung den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse bilden. Vorübergehende – auch mehrjährige – Abwesenheiten stehen einem Wohnsitz bzw. einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht ohne weiteres entgegen. Es kommt darauf an, ob der Betroffene die Wohnung in dieser Zeit nicht nur besuchsweise nutzt und eine dauerhafte Rückkehr jederzeit möglich und vorgesehen ist (vgl. Hauck/Noftz, SGB I, § 30 Rn 10 ff.).
Nach dem Akteninhalt und dem Vortrag der Beteiligten steht für das Gericht nicht mit ausreichender Sicherheit fest, dass der Antragsteller die Wohnung in der T.-straße 18 schon seit Stellung des Antrages bei der Antragsgegnerin sowie in der Zeit danach und insbesondere ab Antragstellung bei Gericht tatsächlich in dem o. g. Sinn nicht nutzt. Das Gericht legt dabei die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zugrunde. Danach hat er in der Zeit vom 01.07. bis zum 22.09.2006 an ca. 60 Tagen in der Wohnung in der T.-straße 18 übernachtet und lediglich während der Sommerferien an ca. 10 Tagen bei seiner geschiedenen Ehefrau. Danach hätte er seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in der T.-straße 18. Der Vortrag der Antragsgegnerin ist nicht geeignet, bei dem Gericht eine gegenteilige Überzeugung zu begründen. Dass der Antragsteller an den benannten einzelnen Tagen zu bestimmten Uhrzeiten nicht in der T.-straße 18 anzutreffen war, besagt zunächst nicht, dass er an all diesen Tagen nicht in dieser Wohnung geschlafen hat. Unter Berücksichtigung des Vortags des Antragstellers ergibt sich dies auch nicht aus der Tatsache, dass das Bett nicht bezogen war. Das der Antragsteller bei den gegebenen hohen Sommertemperaturen tatsächlich mit einer dünnen Decke auf dem Sofa geschlafen haben könnte, wird von der Antragsgegnerin nicht widerlegt. Auch der Vortrag des Antragstellers bezüglich der Kleidungsstücke und der Ausstattung mit Lebensmitteln erscheint nicht widerlegt. Auch der niedrige Wasserverbrauch lässt nicht ohne weiteres darauf schließen, dass der Antragsteller die Wohnung nicht benutzt hat. Davon abgesehen, dass nicht klar ist, worauf die von der Antragsgegnerin dargestellten Durchschnittswerte beruhen, muss berücksichtigt werden, dass der Antragsteller keine Waschmaschine besitzt. Ferner wurden auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob er tatsächlich – wie von ihm behauptet – meistens auswärts duscht. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Feststellungen hinsichtlich des Gesamtzustandes der Wohnung, des Fahrrades, der Zahnbürste, des Haustürschildes etc., welche teilweise von dem Antragsteller bestritten werden, gilt, dass diese Umstände zwar Zweifel daran wecken können, ob der Antragsteller tatsächlich die Wohnung in der T.-straße dauerhaft nutzt und dementsprechend Anlass für weitere Ermittlungen sein können. Sie reichen aber nicht dafür aus, das Bestehen einer sog. "Alibi-Wohnung" festzustellen.
Die hier notwendigen weiteren Ermittlungen z. B. durch Vernehmung der Ehefrau, der Tochter und derjenigen Bekannten, bei der der Antragsteller nach seinen Angaben meistens geduscht hat, müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen, geht die Nichtfeststellbarkeit von Tatsachen hier zu Lasten der Antragsgegnerin, denn sie will aus § 45 SGB X das Recht herleiten, den Bewilligungsbescheid aufzuheben.
Lassen sich die Erfolgsaussichten der Hauptsache wie im vorliegenden Fall noch nicht abzuschließend prüfen, spricht unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung mehr dafür, dem Antragsteller die bewilligten Leistungen vorläufig zu belassen. In tatsächlich komplexen Sachen, in denen der Sachverhalt im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit nicht mit der notwendigen Sicherheit geklärt werden kann, ist im Einzelfall eine umfassende Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Angesichts der weitreichenden negativen Folgen, die mit einer Versagung der Leistung verbunden wären, wiegt das Interesse der Antragsgegnerin, vorläufig nicht zur Leistung verpflichtet zu sein, weniger schwer. Hier bleibt die Möglichkeit, gegen den Antragsteller im Rückforderungsweg vorzugehen, falls sich der Anspruch im Hauptsacheverfahren nicht bestätigt.
Aufgrund insbesondere der drohenden Einstellung der Versorgung mit Gas bzw. Wasser und auch wegen der drohenden Kündigung des Mietverhältnisses liegt ein Anordnungsgrund vor, da für den Antragsteller ohne die beantragten Leistungen schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung auch die Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Rechtskraft
Aus
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