L 12 AS 6413/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 4874/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 6413/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Freiburg vom 7.12.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (Ast.) begehrt die vorläufige Übernahme und Auszahlung an sich selbst der gesamten entstehenden Kosten der Unterkunft in Höhe von 653,00 EUR im Rahmen der laufenden Leis¬tungen nach dem SGB II für den Monat Oktober 2006, mindestens aber die vorläufige Auszah¬lung der Leistungen für diesen Monat in der im Bescheid vom 27.4.2006 bewilligten Höhe von 802,68 EUR.

Die Ast. lebt zusammen mit Herrn Z. und dem gemeinsamen Sohn C. seit dem 1.10.2004 in einer ca. 97 qm großen Dreizimmerwohnung in N ... Für diese Woh¬nung ist eine Kaltmiete von monatlich 533,00 EUR und eine Gesamtmiete von 653,00 EUR zu entrich¬ten. Vermieterin ist die Wohnungsgenossenschaft Familienheim M ... Seit dem 1.1.2005 bezieht sie gemeinsam mit Z. und ihrem Sohn C. als Bedarfsgemein¬schaft Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II von der Antragsgegnerin (Ag.), wobei die Beziehung zwischen der Ast. und Z. als eheähnliche Lebensgemeinschaft gewertet wurde.

Der Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft der Ast. für den Zeitraum 1.1.2005 - 31.10.2005 und hierbei insbesondere die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II waren Gegenstand des Rechtsstreits unter Az. S 7 AS 5106/06 vor dem Sozialgericht Freiburg (SG). Dieser fand durch den Gerichtsbescheid vom 26.7.2006 seinen Abschluss, mit dem der Ast. und der Be¬darfsgemeinschaft für eine Übergangszeit vom 1.1.2005 - 31.8.2005 Kosten der Unterkunft un¬ter Berücksichtigung der tatsächlichen Kaltmiete nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zugesprochen wurden; dies entgegen der mit der Klage angefochtenen Bescheide der Beklagten, in denen be¬reits ab dem 1.1.2005 nur die für angemessen erachtete Kaltmiete von 383,25 EUR berücksichtigt worden war. Die Senkung der anerkannten Kosten der Unterkunft ab dem 1.9.2005 auf das angemes¬sene Maß wurde aber als rechtens angesehen. Gegen diesen Gerichtsbescheid wurde Berufung eingelegt, die durch Urteil des LSG Baden-Württemberg (L 12 AS 4159/06) vom 26.01.2007 überwiegend zurückgewiesen wurde. Stattgegeben wurde der Berufung zugunsten der Ast. hinsichtlich der Übernahme der vollen Mietkosten für die Monate September und Oktober 2005. Der Senat vertrat in Bezug auf die Mietkosten die Auffassung, dass es der Klägerin trotz ihrer Bemühungen (vgl. die Sitzungsniederschrift vom 26.01.2007) nicht gelungen sei, eine günstigere Wohnung zu finden. Die Formulierung in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II "in der Regel jedoch längstens für sechs Monate" sei angesichts der Tatsache, dass es sich beim Wohnen um ein elementares Grundbedürfnis handle, so auszulegen, dass beim Fehlen einer verfügbaren günstigeren Wohnung auch über die sechsmonatige Schonfrist hinaus die höheren Leistungen zu gewähren seien. Die Ag. habe für ihre Behauptung, eine günstigere Wohnung sei für die Ast. verfügbar, keinerlei Nachweis erbracht. Mit Bescheid vom 25.4.2006 bewilligte die Ag. der Bedarfsgemeinschaft laufende Leistungen für die Zeit vom 1.5.2006 - 31.10.2006. Kosten der Unterkunft wurden in Höhe von insgesamt 498,32 EUR anerkannt, wobei erneut nur die für angemessen erachtete Kaltmiete von monatlich 383,25 EUR zugrunde gelegt wurde. Die Ast. legte am 3.5.2006 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2006 zurückgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung erhob die Ast. am 20.6.2006 Klage beim SG. Über diese Klage ist noch nicht entschieden worden. Am 16.9.2006 beantragte die Ast. bei der Ag. die Übernahme von Miet¬rückständen nach § 22 Abs. 5 SGB II in Höhe von 698,53 EUR, die die Vermieterin bei der Ast. mit Schreiben vom 23.8.2006 angemahnt hatte. Mit Bescheid vom 20.9.2006 bewilligte die Ag. daraufhin die laufenden Leistungen für den Monat Oktober 2006 neu. Sie wurden zwar in unver¬änderter Höhe von 802,68 EUR bewilligt, allerdings nur in Höhe von 167,68 EUR an die Ast. ausgezahlt. Die übrigen 653,00 EUR wurden an die Vermieterin unter Hinweis auf § 22 Abs. 4 SGB II ausbezahlt. Da Mietschulden bestünden, sei die zweckentsprechende Verwendung der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nicht sichergestellt, so dass die Ag. berechtigt sei, einen Betrag in Höhe der tatsächlichen Wohnungsmiete von 653,00 EUR zur Sicherung der Unterkunft direkt an die Vermieterin auszuzahlen. Die Ast. legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Die Ag. sei nicht berechtigt, die Kosten der Unterkunft an die Vermieterin auszuzahlen; allenfalls dürften die nach § 22 Abs. 1 SGB II gewährten Kos¬ten der Unterkunft an diese ausgezahlt werden, nicht aber auch ein Teil der Regelleistungen.

Bereits am 14.9.2006 hatte die Ast. beim SG einen Antrag auf Er¬lass einer einstweiligen Anordnung (Az. S 12 AS 4547/06 ER) gestellt mit dem Ziel, die Ag. zur vorläufigen Übernahme der tatsächlichen Kaltmiete über den 31.8.2005 hinaus zu verpflichten. Mit Beschluss vom 6.12.2006 wurde dieser Antrag abgelehnt.

Am 3.10.2006 stellte die Ast. den streitgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der sie die vorläufige Übernahme und Auszahlung der vollen tatsächlichen Un¬terkunftskosten für Oktober 2006 durch die Ag., mindestens aber die vorläufige Auszahlung der gesamten mit Bescheid vom 25.4.2006 bewilligten Leistungen für Oktober in Höhe von 802,68 EUR begehrt. Die Ag. sei nicht berechtigt, die Kosten der Unterkunft an die Vermieterin auszuzahlen. Die Mietrückstände beruhten nicht auf einer Zweckentfremdung von Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II, sondern auf anderen Gründen; insbesondere darauf, dass die Ag. sich trotz ihrer Verurteilung im Verfahren S 7 AS 5106/05 durch den Gerichtsbescheid vom 26.7.2006 bisher weigere, die dort der Ast. zugesprochenen weiteren Kosten der Unterkunft an diese auszuzahlen. Im Übrigen bestehe ein Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II auch für Oktober 2006. Die Ag. hat mit Bescheid vom 10.10.2006 den Bescheid vom 20.9.2006 dahin abgeändert, dass nur noch die tatsächlich nach § 22 Abs. 1 SGB II übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung abzüg¬lich der Müllgebühren in Höhe von insgesamt 486,57 EUR direkt an die Vermieterin überwiesen wurden. Der Differenzbetrag zugunsten der Ast. wurde in Höhe von 166,43 EUR an diese ausgezahlt.

Mit Beschluss vom 7.12.2006 lehnte das SG den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ab. Der Antrag bzgl. der Übernahme der vollen Mietkosten für den Monat Oktober 2006 wurde als unzulässig wegen doppelter Rechtshängigkeit abgewiesen. Der übrige Antrag wurde als unbegründet abgewiesen.

Die Ag. sei berechtigt gewesen den Teilbetrag von 486,57 EUR direkt an die Vermieterin zu überweisen, da nach Ansicht des SG die zweckentsprechende Verwendung dieser Leistungen durch die Ast. nicht sichergestellt gewesen sei. Da einer der Grundsätze des Leistungsrechts nach dem SGB II die Förderung der Eigenverantwortung der Hilfebedürftigen ist, seien an dieses Tatbe¬standsmerkmal hohe Anforderungen zu stellen. Der bloße Verdacht der Zweckentfremdung oder eine einmalige Zweckentfremdung reichten nicht aus. In der Begründung des Gesetzesentwurfs zum SGB II sei als Beispiel für die Anwendung des § 22 Abs. 4 SGB II "fortge¬setztes unwirtschaftliches Verhalten" des Hilfebedürftigen genannt. Diese hohen Anforderungen seien im Falle der Ast. nach summarischer Prüfung jedoch zur Zeit erfüllt. Es bestünden Mietrückstände in Höhe von insgesamt 3.132,52 EUR. Der Vortrag der Ast., die Mietrückstände bestünden ausschlie߬lich wegen der bisherigen Weigerung der Ag., die laut Gerichtsbescheid vom 26.7.2006 zu gewährenden weiteren Kosten der Unterkunft für Januar bis Ok¬tober 2005 auszuzahlen, treffe hinsichtlich des überwiegenden Teils der Mietrückstände nicht zu. Die Junimiete 2006 und Nebenkostenabrechnung 2005, die einen Großteil der Rückstände ausmachten habe die Ast. von der Ag. erhalten. Diese Beträge seien direkt an die Ast. ausgezahlt worden, die Vermieterin habe aber nichts erhalten. Da die Ast. stets betone, über keine finanziellen Rücklagen zu verfügen bzw. sogar verschuldet zu sein, müsse davon ausgegangen werden, dass die Ast. diese Gelder zwi¬schenzeitlich für andere Zwecke als nach § 22 Abs. 1 SGB II vorgesehen , also zweckent¬fremdet habe. Es müsse angenommen werden, dass die Ast. zur Zeit eine zweckentspre¬chende Verwendung der Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II nicht gewährleisten könne oder wolle. Die Ag. sei daher berechtigt, die Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II bis auf wei¬teres direkt an die Vermieterin zu überweisen. Gegen diesen Beschluss hat die Ast. Beschwerde eingelegt, welches das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg vorlegte.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen war. Das SG hat die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend dargelegt und den Antrag zu Recht zurückgewiesen. Der Senat schließt sich dem an und weist die Beschwerde aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist noch auszuführen, dass gerade im Hinblick auf die Gewährung der tatsächlichen Mietkosten nach § 22 SGB II (siehe Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 21.3.2007 - L 12 AS 6412/06 ER-B) eine zweckentsprechende Verwendung dieses Zuschusses gewährleistet sein muss. Andernfalls kämme nur die Bewilligung einer angemessenen Mietepauschale in Betracht über die der Leistungsempfänger frei verfügen könnte. Dies entspricht aber nicht dem Zweck des § 22 SGB II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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