L 30 AL 23/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 6175/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 AL 23/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. September 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01. Januar 2002 bis zum 27. Oktober 2002 und damit einhergehend gegen die Erstattung von Alg in Höhe von 4.440 Euro.

Der Kläger meldete sich am 05. Dezember 2001 mit Wirkung zum 01. Januar 2002 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg (Steuerklasse I; 0,5 Kinderfreibeträge). In dem Alg-Antrag versicherte der Kläger durch eigenhändige Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Nach der Arbeitsbescheinigung vom 22. Januar 2002 endete das Arbeitsverhältnis bei der GmbH/Betriebsteil B zum 31. Dezember 2001. Das Bruttoarbeitsentgelt betrug im Zeitraum von Januar 2001 bis Dezember 2001 insgesamt 38.426,80 DM einschließlich eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 300,65 DM im Dezember 2001, wobei das Arbeitsentgelt monatlich zwischen den Beträgen von 2.691,22 DM bis 3.726,73 DM lag. Die Arbeitszeit des Klägers betrug 40 Stunden je Woche.

Aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 14. Februar 2002 bezog der Kläger ab 01. Januar 2002 bis zum 27. Oktober 2002 (Anspruch erschöpft) Alg nach einem Bemessungsentgelt von 738,98 Euro wöchentlich (= gerundet 740 Euro wöchentlich) mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 272,93 Euro (Leistungsgruppe A/Prozentsatz 67/SGB III – LeistungsentgeltVO 2002).

Mit einem Schreiben vom 28. Oktober 2002 gab die Beklagte dem Kläger dann Gelegenheit zur Stellungnahme, weil er in der Zeit vom 01. Januar 2002 bis zum 27. Oktober 2002 Alg in Höhe von 4.440 Euro zu Unrecht bezogen habe. Die Bewilligung von Alg sei nach einem Bemessungsentgelt von 738,98 Euro wöchentlich anstelle von 738,98 DM wöchentlich fehlerhaft erfolgt. Die Fehlerhaftigkeit des Bescheides habe er zwar nicht verursacht, er habe aber den Fehler erkennen können.

Der Kläger erklärte hierzu am 01. November 2002, der Mehrbezug des Alg sei von ihm, auch nach dem Lesen der Broschüre, Merkblatt für Arbeitslose, nicht erkannt worden. Dies hänge sicherlich mit der damaligen Unerfahrenheit bei der Währungsumstellung von DM in Euro zusammen. Er sei von der Richtigkeit der Berechnung der Beklagten ausgegangen, zumal sein Nettodurchschnittsverdienst im Jahr 2001 höher gelegen habe als in einem Jahr (1998), das auch zur Berechnung des Alg herangezogen worden sei. Er habe weder vorsätzlich noch in betrügerischer Absicht gehandelt.

Durch Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 08. November 2002 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg teilweise mit Wirkung vom 01. Januar 2002 bis zum 27. Oktober 2002 auf und machte eine Erstattung in Höhe von 4.440 Euro geltend.

Der Kläger legte hiergegen am 18. November 2002 Widerspruch ein. Ihn treffe kein Verschulden an der Überzahlung.

Durch Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2002 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen; wegen der Einzelheiten des Widerspruchsbescheides wird auf Blatt 106 bis 109 der Leistungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Der Kläger hat am 23. Dezember 2002 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Er habe nicht grob fahrlässig gehandelt. Die Falschberechnung der Beklagten habe ihm weder anhand des Merkblatts noch anhand anderer Maßstäbe einleuchten müssen. Seine monatlichen Bruttoeinkünfte im Jahre 2001 hätten zwischen 2.691,22 DM und 3.726,73 DM stark schwankt. Die Abrechnungen variierten je nach Anzahl der Überstunden, Leistungszulagen und Weihnachtsgeld.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger hätte den Fehler erkennen müssen. Er habe durchschnittlich 3.202 DM verdient. Die fehlerhafte Bewilligung des Alg entspreche einem durchschnittlichen Monatsverdienst von ca. 3.200 Euro, das heiße ca. 6.400 DM.

Durch Urteil vom 29. September 2005 hat das Sozialgericht Berlin der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 08. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2002 aufgehoben. Der Kläger habe nicht grob fahrlässig gehandelt, weil er im Jahre 2001 stark schwankende Bruttogehälter zwischen 2.691,22 DM und 3.726,73 DM gehabt habe. Darüber hinaus habe er die Gehälter in DM-Beträgen bezogen und aufgrund der Währungsumstellung die Leistungen in Euro bewilligt bekommen.

Gegen das der Beklagten am 22. November 2005 zugestellte Urteil hat sie am 05. Dezember 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Der Kläger habe auf den ersten Blick feststellen müssen, dass das im Bewilligungsbescheid ausgewiesene, der Bemessung des Alg zugrunde gelegte wöchentliche Arbeitsentgelt, das in der Zeit vom 02. Februar 2000 bis 31. Dezember 2001 erzielte Arbeitsentgelt erheblich überschritten habe und somit auf jeden Fall nicht habe korrekt sein können. Die teilweise Rücknahme des Alg und die damit einhergehende Erstattung seien rechtmäßig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin für zutreffend.

Der Kläger hat Kopien seiner Gehaltsbescheinigungen betreffend seine Tätigkeit bei der /U GmbH für den Zeitraum von Januar 2001 bis Dezember 2001 zu den Gerichtsakten gereicht, wegen deren Inhalts auf Bl. 71 bis 82 der Gerichtsakten verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten sowie die Leistungsakten der Beklagten (Stammnr.) Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt.

Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht Berlin hat den Bescheid der Beklagten vom 08. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2002 zu Unrecht aufgehoben. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 08. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht den Bewilligungsbescheid vom 14. Februar 2002 teilweise zurückgenommen und einen Erstattungsbetrag in Höhe von 4.400,00 Euro geltend gemacht.

Grundlage der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit ist § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Abs. 2 darf er nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2 Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Abs. 2 Satz 2). Auf Vertrauen kann der Begünstigte sich nicht berufen, soweit unter anderem er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Abs. 2 Satz 3 Nr. 3). Liegen letztgenannte Voraussetzungen vor, ist nach der Regelung des ab 01. Januar 1998 geltenden § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt: Der Bewilligungsbescheid vom 14. Februar 2002 ist hinsichtlich des Leistungssatzes in Höhe eines Differenzbetrages von wöchentlich 103,60 EUR teilweise rechtswidrig erlassen worden: Gemäß § 117 Abs. 1 SGB III haben Anspruch auf Arbeitslosengeld Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Arbeitslos ist gemäß § 118 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der 1. vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und 2. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Nach § 123 Satz 1 SGB III in der hier im Jahre 2002 anzuwendenden Fassung hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist 1. mindestens 12 Monate, 2. als Wehrdienstleistender oder Zivildienstleistender mindestens 10 Monate oder 3. als Saisonarbeitnehmer mindestens 6 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 124 Abs. 1 SGB III in der im Jahre 2002 anzuwendenden Fassung beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllte (§ 124 Abs. 2 SGB III). Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat der Kläger nach seiner Arbeitslosmeldung am 05. Dezember 2001 dem Grunde nach erfüllt. Er war seit dem 01. Januar 2002 arbeitslos, da er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und eine Beschäftigung suchte; denn er wollte - entsprechend seinen Angaben im Antrag vom 05. Dezember 2001 - alle Möglichkeiten nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und stand den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung (§ 119 Abs. 1 SGB III). Maßgeblich für die Höhe des zu gewährenden Arbeitslosengeldes ab dem 01. Januar 2002 war daher das Bemessungsentgelt, welches sich aus dem Bruttoentgelt für den Zeitraum vom 01. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2001 ergab, mithin also 738,98 DM wöchentlich (gerundet 740 DM wöchentlich); entspricht 377,83 Euro wöchentlich (gerundet 380 Euro wöchentlich). Nach § 129 Nr. 2 SGB III in der im Jahre 2002 geltenden Fassung beträgt das Arbeitslosengeld 1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 des Einkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz), 2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach der SGB III -Leistungsentgeltverordnung 2002 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4036) hatte der Kläger, auf dessen Lohnsteuerkarte ausweislich seiner Angaben im Antrag vom 05. Dezember 2001 ein Kinderfreibetrag eingetragen war, danach Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe eines wöchentlichen Leistungssatzes von 169,53 Euro. Tatsächlich erhielt er im Zeitraum vom 01. Januar 2002 bis zum 27. Oktober 2002 Arbeitslosengeld in Höhe eines wöchentlichen Leistungssatzes von 272,93 Euro, was einer Überzahlung von wöchentlich 103,60 Euro entspricht. Der Kläger hat zwar am Zustandekommen der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides nicht im Sinne der Regelungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 SGB X mitgewirkt, jedoch muss sich der Kläger im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 1. Halbsatz SGB X vorhalten lassen, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt zu haben. Nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB V liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 62, 32, 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: BSGE 35, 108, 112; 44, 246, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 20). Bezugspunkt für das grob fahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes - also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Allerdings können Fehler im Bereich der Tatsachenermittlung oder im Bereich der Rechtsanwendung, auch wenn sie nicht Bezugspunkt des grob fahrlässigen Nichtwissens sind (vgl. auch BSGE 62, 103, 106 = SozR 1300 § 48 Nr. 39), Anhaltspunkt für den Begünstigten sein, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes selbst zu erkennen. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich die tatsächlichen oder rechtlichen Mängel aus dem Bewilligungsbescheid oder anderen Umständen ergeben und im Hinblick auf das Einsichtsvermögen des Betroffenen ohne weiteres erkennbar sind (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Dabei ist entscheidend, ob dem Betroffenen unter den gegebenen Umständen eine Sorgfaltspflichtverletzung in besonders schwerem Maße vorzuwerfen ist, wenn er die Rechtswidrigkeit der Arbeitslosengeldbewilligung in unzutreffender Höhe nach nicht erkannte. Dem Kläger hätte es danach auffallen müssen, dass das Bemessungsentgelt, welches der Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 01. Januar 2002 zugrunde gelegt wurde, einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt von 3.206,67 Euro (740 Euro/wöchentlich x 52 Wochen: 12 Monate) entsprach, mithin umgerechnet 6.271,69 DM, und damit das im Zeitraum vom 01. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2001 tatsächlich erzielte durchschnittliche Monatsbruttoeinkommen deutlich übertraf. Dieses betrug nämlich lediglich durchschnittlich 3.202,23 DM (= 38.426,80 DM: 12) und damit nur beinahe die Hälfte. Angesichts dessen ist unerheblich, dass der Kläger ein monatlich schwankendes Bruttoeinkommen von 2.691,22 DM bis 3.726,73 DM im Jahr 2001 hatte. Ein monatliches Bruttoeinkommen von rund 6.200,00 DM erreichte sein tatsächliches Einkommen bei weitem nicht. Insoweit hätte der Kläger auch erkennen können, dass die Beklagte der Bewilligung von Alg ein zu hohes wöchentliches Bemessungsentgelt zugrunde gelegen hatte. Der Kläger räumte in der mündlichen Verhandlung auch ein, dass er sich zu dem Jahreswechsel 2001/2002 nur oberflächlich mit der DM/EUR-Umstellung beschäftigt hatte, obwohl allgemein bekannt war und ist, dass der Umstellungskurs bei (rund) 2:1 liegt, also 2,00 DM in etwa 1,00 EUR entsprechen. Insoweit wäre es dem Kläger nach seinen geistigen Fähigkeiten, wovon sich der Senat in der mündlichen Verhandlung ein Bild verschafft hat, ein Leichtes gewesen zu erkennen, dass der Bewilligung von Alg ein bei weitem überhöhtes wöchentliches Bemessungsentgelt im Verhältnis zu seinem monatlichen durchschnittlichen (brutto) Arbeitsentgelt zugrunde gelegen hat. Dass der Kläger dazu geistig nicht in der Lage gewesen wäre, vereinfacht einen Rechenvorgang des Umrechnens eines wöchentlichen Betrages in einen Monatsbetrag (Multiplikation mit 4) durchzuführen, hat sich aus dem Erscheinungsbild des Klägers hinsichtlich seiner geistigen Fähigkeiten für den Senat nicht erschlossen. Wenn er sich zudem auf die Richtigkeit des Bewilligungsbescheides der Beklagten vom 14. Februar 2002 verlassen hat, hat er aber nicht ausreichend, und insoweit ist ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, die Richtigkeit dieser Verwaltungsentscheidung geprüft. Deswegen ist auch der Beurteilung des Sozialgerichts nicht zu folgen. Im Übrigen ergibt sich aus den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung überreichten Gehaltsbescheinigungen für Januar 2001 bis Dezember 2001, auf denen der Nettozahlbetrag jeweils auch in Euro ausgewiesen war, dass das dem Kläger ab 01. Januar 2002 monatlich überwiesene Alg schon in etwa dem zuvor bezogenen Nettoentgelt entsprach bzw. sogar überstieg. Bei der gebotenen Sorgfalt hätten dem Kläger auch schon aufgrund dieser Sachlage Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Höhe des Alg kommen müssen, da sich ihm sowohl aus dem Merkblatt 1 als auch dem Bewilligungsbescheid sowie der Tatsache, dass Alg eine Lohnersatzleistung - wie hier - mit lediglich 67 % des Nettogehaltes darstellt, hätte aufdrängen müssen, dass eine Lohnersatzleistung wie Alg dem tatsächlichen Zahlbetrag nach nicht höher sein kann als das zuvor bezogene Nettoarbeitsentgelt. Die Beklagte hat die rechtswidrige Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01. Januar 2002 auch innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X zurückgenommen. Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat die Klägerin die zu Unrecht erbrachten Leistungen zu erstatten. Die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung von 4.440,00 EUR ist rechtmäßig. Die von der Beklagten auf Bl. 89 f. der Leistungsakten aufgeführte Berechnung der Erstattungsforderung hat der Senat geprüft und er kommt nach eigener Berechnung zu keinem abweichenden Betrag als dem geltend gemachten Erstattungsbetrag von 4.440,00 EUR. Die Berufung der Beklagten hat somit Erfolg. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 160 Abs. 2 SGG einschlägig ist.
Rechtskraft
Aus
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