L 11 R 391/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3453/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 391/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Dezember 2006 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des Bezuges eines Existenzgründungszuschusses im Zeitraum vom 1. August 2004 bis 31.12.2004 streitig.

Der 1947 geborene Kläger stand vom 1. September 1999 bis 31. Juli 2003 im Bezug von Arbeitslosenhilfe. Am 3. Juni 2003 beantragte er bei dem für ihn zuständigen Arbeitsamt H. die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses für die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Mit Bescheid vom 6. August 2003 wurde ihm dieser beginnend ab 1. August 2003 bewilligt. Auf Nachfrage seitens der Beklagten zur Feststellung der Versicherungspflicht teilte der Kläger mit, er habe in den ersten sechs Monaten 0,- EUR Einnahmen gehabt. Mit Bescheid vom 19. August 2003 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass er ab dem 1. August 2003 nach § 2 Satz 1 Nr. 10 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtig sei, da er einen Existenzgründungszuschuss beziehe. Es bestehe Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI, wenn nur eine geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt werde. Er sei zur Mitteilung verpflichtet, ob eine solche geringfügige selbständige Tätigkeit vorliege, die ein Arbeitseinkommen aus der selbständigen Tätigkeit von 400,- EUR nicht übersteige.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er übe seine selbständige Tätigkeit in Vollzeit aus, wobei mit einer Anlaufphase von ca. 6 Monaten zu rechnen sei. Gleichzeitig teilte er telefonisch mit, er wolle die entstehende rentenversicherungsrechtliche Lücke auf jeden Fall durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen schließen.

Mit Bescheid vom 11. März 2005 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass der Kläger berechtigt sei, für die Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Der Mindestbeitrag liege bei 78,- EUR, so dass der nachzuzahlende Betrag 936,- EUR betrage. Mit weiterem Bescheid vom 30. März 2005 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teil-weise ab und forderte nur noch für die Zeit vom 1. August 2004 bis 31. Dezember 2004 monatliche Pflichtbeiträge in Höhe von 78,- EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2005 wies sie den Widerspruch im übrigen mit der Begründung zurück, durch das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz seien Bezieher eines Existenzgründungszuschusses für Zeiträume nach dem 31. Juli 2004 von der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit ausgenommen. Für diesen Personenkreis träte für die Zeiträume ab 1. August 2004 Versicherungspflicht mit der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestbeitrages in Höhe von 78,- EUR auch dann ein, wenn die selbständige Tätigkeit nur in geringem Umfang ausgeübt bzw. gar kein Gewinn erzielt werde. Die Versicherungspflicht bestehe nur solange, wie der Existenzgründerzuschuss gezahlt werde. Der Eintritt von Versicherungs- und Beitragspflicht wegen Bezugs von Arbeitslosengeld II führe nicht zum Wegfall der Versicherungs- und Beitragspflicht. Die von der Bundesagentur für Arbeit oder einem kommunalen Träger zu zahlenden Beiträge für den Bezug von Arbeitslosengeld II ersetzten somit nicht die Beitragszahlung aus der selbständigen Tätigkeit.

Mit weiterem Bescheid vom 30. November 2005 erhob die Beklagte auch Säumniszuschläge für die Beitragsrückstände vom 1. August 2004 bis 31. Oktober 2005 in Höhe von insgesamt 10,50 EUR.

Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, der Bescheid sei sachlich falsch, rechtswidrig, sittenwidrig und verfassungswidrig. Hierauf teilte die Beklagte mit Schreiben vom 12. Januar 2006 mit, dass die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe endgültig mit dem Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2005 festgestellt worden sei. Der Widerspruch gegen den Forderungsbescheid vom 30. November 2005 sei nur zulässig, soweit er sich gegen die Höhe der aktuell neu festgelegten Forderung richte. Sein Widerspruch werde aber als Antrag auf Überprüfung angesehen und ihm würde hierzu ein rechtsmittelfähigen Bescheid erteilt.

Mit Bescheid vom 21. März 2006 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 30. November 2005 (gemeint 30. März 2005) mit der Begründung ab, es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Bezieher eines Existenzgründerzuschusses würden vielmehr der Versicherungspflicht unterliegen, so dass Pflichtbeiträge zu entrichten wären. Der Bezug von Arbeitslosengeld II stehe der Versicherungspflicht aus selbständiger Tätigkeit nicht entgegen.

Der hiergegen mit der Begründung erhobene Widerspruch, er habe während der Zeit seines "Ich-AG-Versuches" Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz beziehen müssen um zu überlegen, bleib erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. August 2006).

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er habe nicht die finanziellen Mittel gehabt um die Beiträge zu entrichten. Das Landratsamt H. habe ihm nämlich rechtswidrig Leistungen vorenthalten.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes führte das SG einen Erörterungstermin durch, in dem der Kläger ergänzend erklärte, er wende sich allein dagegen, dass er die Beiträge zur Rentenversicherung entrichten solle. Die Beklagte stellte klar, dass es sich bei dem im Bescheid vom 21. März 2006 angegebenen Bescheiddatum vom 30. November 2005 um einen Schreibfehler gehandelt habe und tatsächlich der Bescheid vom 30. März 2005 überprüft worden sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2006, dem Kläger durch Niederlegung zugestellt am 21. Dezember 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Kläger in der Zeit vom 1. August 2004 bis 31. Dezember 2004 als Bezieher eines Existenzgründerzuschusses versicherungspflichtig gewesen wäre und auch eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit in diesem Zeitraum nicht bestanden habe. Die Beklagte habe darüber hinaus auch die Beitragshöhe rechtsfehlerfrei ermittelt. Die Beklagte habe der Beitragsberechnung das niedrigst mögliche Einkommen, nämlich 400,- EUR monatlich, zugrunde gelegt. Der Kläger sei auch entgegen seiner Auffassung Schuldner der Beiträge. Denn die Beiträge bei selbständig Tätigen würden von ihnen selbst getragen. Eine hiervon abweichende Regelung sehe das Gesetz nicht vor. Die Frage, ob das Landratsamt H. bei der Berechnung der Sozialhilfe die von dem Kläger zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge von dem als Einkommen angerechneten Eingliederungszuschuss hätte abziehen müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Hierauf sei der Kläger im Rahmen des ausführlichen Erörterungstermins eindringlich und mehrfach hingewiesen worden. Er müsse die Entscheidung des Landratsamtes überprüfen lassen. Dem Gerichtsbescheid ist die Belehrung beigefügt, dass er mit der Berufung angefochten werden kann.

Mit seiner dagegen am 20. Januar 2007 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das SG habe rechts-, sitten- und verfassungswidrig entschieden, insbesondere die Öffentlichkeit im Erörterungstermin ausgeschlossen und seine Beleidigung durch den Beklagtenvertreter zugelassen. Er habe keinerlei Einnahmen aus seiner Tätigkeit erzielt und seine Existenzgründung habe auch zur Folge, dass wesentliche Beiträge für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente fehlten.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Dezember 2006 sowie den Bescheid vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 30. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2005 insoweit aufzuheben, als damit von ihm für die Zeit vom 1. August 2004 bis 31. Dezember 2004 Beiträge in Höhe von 78,- EUR monatlich gefordert werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die erforderliche Berufungssumme nicht erreicht sei und dass der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, auch wenn sie sich gegen einen Gerichtsbescheid richtet (vgl. Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 158 Rdnr. 6), ist als unzulässig zu verwerfen, da die erforderliche Berufungssumme nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht wird.

Streitbefangen ist nur die Versicherungspflicht vom 1. August 2004 bis 31. Dezember 2004 in Höhe von monatlich 78,- EUR, mithin eine Beitragsforderung von insgesamt 390,- EUR. Insofern kommt es auch nicht darauf an, dass mit weiterem Bescheid vom 30. November 2005 Säumniszuschläge bis einschließlich 31. Oktober 2005 festgesetzt wurden. Denn Säumniszuschläge wegen regelmäßig verspätet gezahlter Beiträge sind keine laufenden oder wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG (BSG SozR 3 - 1500 § 144 Nr. 16).

Die Berufung war daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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