L 11 R 969/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 6263/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 969/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rücknahme der Rentenkürzung durch den Abschlag aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs.

Der 1941 geborene Kläger, der seit 28.03.1997 von der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 07.07.1997) erhält, war ab Juni 1965 mit U. S. verheiratet. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - E. vom 23.05.2006 wurde die Ehe geschieden. Im Urteil wurden u.a. vom Versicherungskonto des Klägers bei der Beklagten Rentenanwartschaften in Höhe von 301,71 EUR monatlich, bezogen auf das Ehezeitende (31.05.2000), auf das Versicherungskonto der Ehefrau, die bereits Altersrente bezieht, übertragen. Während des Ehescheidungsverfahrens stand der Kläger unter Betreuung. Der Aufgabenkreis des Betreuers umfasste die Vertretung in familienrechtlichen Angelegenheiten und die Vermögenssorge. Ausweislich des familiengerichtlichen Urteils vom 23.05.2006 wurde der Kläger von M. E., E., betreut, Prozessbevollmächtigter war Rechtsanwalt M., D ... Mit Beschluss des Amtsgerichts B. - Vormundschaftsgericht - vom 31.05.2006 wurde die Betreuung eingeschränkt. Der Aufgabenkreis der Vermögenssorge kam in Wegfall.

Mit Schreiben vom 02.06.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass unter der Voraussetzung, dass die Entscheidung über den Versorgungsausgleich rechtskräftig und wirksam werde, die ihm zuerkannte Rente um den Versorgungsausgleichsanteil zu mindern sei, wenn aus der Versicherung seines früheren Ehegatten Rente zu gewähren sei. Die Minderung beginne frühestens von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn die Versorgungsausgleichsentscheidung rechtskräftig und wirksam sei.

Nachdem das Amtsgericht - Familiengericht - E. der Beklagten mitgeteilt hatte, dass die Entscheidung vom 23.05.2006 seit 11.08.2006 rechtskräftig und wirksam sei, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 08.09.2006 die bisherige Rente wegen Erwerbsunfähigkeit des Klägers ab 01.11.2006 unter Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs neu. Sie führte aus, der zu Lasten des Versicherungskontos durchgeführte Versorgungsausgleich ergebe einen Abschlag an Entgeltpunkten (EP). Die übertragene Rentenanwartschaft sei auf monatlich 301,71 EUR festgestellt worden. Das seien bei Ende der Ehezeit monatlich 590,09 DM. Der aktuelle Rentenwert bei Ende der Ehezeit betrage 48,29 DM. Die EP würden sich aus 590,09 DM: 48,29 DM errechnen. Dies ergebe 12,2197 EP. Bisher seien 56,0935 EP berücksichtigt worden. Aufgrund des Abschlags infolge des Versorgungsausgleichs in Höhe von 12,2197 EP ergäben sich 43,8738 EP. Daraus errechne sich eine monatliche Rente von 1.146,42 EUR.

Seinen hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger im wesentlichen damit, dass die Kürzung durch das rechtswidrige Scheidungsurteil verursacht sei. Die Ehescheidung sei ein Justizskandal.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Berechnung des Versorgungsausgleichs habe sie - die Beklagte - keine Fehlerhaftigkeit festgestellt. Das Urteil vom 23.05.2006 sei am 11.08.2006 rechtskräftig und wirksam geworden. Demzufolge habe nach Maßgabe des § 101 Abs. 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) die Umsetzung dieser Entscheidung zu erfolgen. Unter Punkt 3 des Tenors des Urteils seien zu Lasten des Versicherungskontos des Klägers in EP umzurechnende 301,71 EUR - bezogen auf das Eheende 31.05.2000 - auf das Versicherungskonto der geschiedenen Frau übertragen worden. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung sei zutreffend die Neuberechnung der Rente vom 08.09.2006 erfolgt. Die Berechnung entspreche den gesetzlichen Vorschriften.

Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung trug er vor, der Versorgungsausgleich dürfe nicht durchgeführt werden, da der Ehescheidungsantrag vorsätzlich grob unbillig gewesen sei und nur seiner geschiedenen Ehefrau diene. Das familiengerichtliche Verfahren sei nicht fair verlaufen. Er habe Rechtsanwalt M. bereits im Mai 2003 das Mandat für das Ehescheidungsverfahren entzogen.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.01.2007 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, der Bescheid der Beklagten vom 08.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2006 sei rechtmäßig. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung des Amtsgerichts E. - Familiengericht - vom 23.05.2006, wonach ein Versorgungsausgleich durchgeführt wurde, gesetzwidrig ergangen sei, bestünden nicht. Insbesondere stehe die Tatsache, dass der Kläger während des Ehescheidungsverfahrens hinsichtlich familienrechtlicher Angelegenheiten unter Betreuung gestanden sei und einen Rechtsanwalt eigener Wahl nicht habe benennen können, der Rechtsmäßigkeit der Entscheidung nicht entgegen. Dies ergebe sich schon deshalb, weil Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des maßgebenden Betreuungsbeschlusses des Amtsgerichts B. nicht bestünden. Die Beteiligten seien daher an das rechtskräftige und wirksame Urteil des Amtsgerichts E. - Familiengericht - gebunden. Den Beginn der Rentenkürzung beim Kläger habe die Beklagte in rechtmäßiger Weise bestimmt. Der vorzunehmende Abschlag sei korrekt vorgenommen worden.

Hiergegen richtete sich die am 07.02.2007 eingelegte Berufung des Klägers. Er hat ausgeführt, dass er im ganzen Berufung einlege. Ausgenommen seien die 301,- EUR, die er seiner geschiedenen Ehefrau lieber auf freiwilliger Basis zugestehe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Januar 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die Bescheide für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Rente des Klägers ab 01.11.2006 unter Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs in nicht beanstandender Weise berechnet.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Streitgegenstand im Berufungsverfahren die Rentenberechnung der Beklagten aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs, die sie im Bescheid vom 08.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2006 vorgenommen hat, ist. Zwar hat der Kläger in seiner Berufungsschrift ausgeführt, dass er 301,- EUR, was dem Betrag der übertragenen Rentenanwartschaften entspricht, seiner geschiedenen Ehefrau lieber freiwillig zugestehen wolle. Aus seinem weiteren Vorbringen ergibt sich jedoch, dass er mit dem durchgeführten Versorgungsausgleich nicht einverstanden ist und eine Rücknahme desselben begehrt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Versorgungsausgleich nach §§ 1587 bis 1587 p des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Familiengericht hierfür sowie die Umsetzung des Versorgungsausgleichs im Rentenrecht sind im Gerichtsbescheid des SG und im angefochtenen Bescheid vom 08.09.2006 und im Widerspruchsbescheid vom 17.11.2006 zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten wurde die Rente des Klägers wie vom SG im Gerichtsbescheid ausführlich und zutreffend begründet, im Bescheid vom 08.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2006 korrekt bestimmt. In nicht zu beanstandender Weise wurde der Versorgungsausgleich, an den die Beklagte aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts E. - Familiengericht - gebunden ist, ab 01.11.2006 umgesetzt und die Rente ab diesem Zeitpunkt neu berechnet. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und sieht deswegen insoweit von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird insoweit noch einmal darauf hingewiesen, dass der Kläger mit seinem Vorbringen, dass das Ehescheidungsverfahren nicht korrekt durchgeführt worden sei und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - E. vom 23.05.2006 deshalb rechtswidrig sei, in diesem Verfahren nicht gehört werden kann. Seine Einwände gegen das familiengerichtliche Urteil hätte er durch Anfechtung des familiengerichtlichen Urteils durchsetzen müssen. Er bzw. in diesem konkreten Fall sein Betreuer, der seine Rechte insoweit wahrnahm, hätte gegen das Urteil des Amtsgerichts Rechtsmittel einlegen müssen, um es aus der Welt zu schaffen oder zu berichtigen. Dies ist nicht erfolgt. Das Urteil ist am 11.08.2006 rechtskräftig geworden. Dass der Kläger selbst Rechtsanwalt M. während des Ehescheidungsverfahrens das Mandat entzogen hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Entzug war, da der Kläger insoweit unter Betreuung stand, nicht wirksam. Die Entscheidung, ob, in welcher Form und in welchem Umfang ein Versorgungsausgleich stattfindet, treffen die Familiengerichte. Der Rentenversicherungsträger ist nach Maßgabe des § 53 b Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) am Verfahren zu beteiligen. Dies war ausweislich des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - E. vom 23.05.2006 der Fall. Die Beklagte wurde als Verfahrensbeteiligte aufgeführt. Sie hatte vorab auch dem Familiengericht Auskunft über Grund und Höhe der Versorgungsanwartschaften erteilt. Die Entscheidung der Familiengerichte wirkt sodann unmittelbar für und gegen die am Verfahren Beteiligten, mithin sowohl gegenüber dem Kläger als auch der Beklagten. Dem Vollzug der Übertragung durch den Rentenversicherungsträger kommt nur noch deklaratorische Bedeutung zu. Nach der rechtskräftigen Entscheidung der Familiengerichte können Ausgleichsberechtigte oder Ausgleichsverpflichtete im Verfahren vor dem Rentenversicherungsträger oder Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht die Unrichtigkeit der familiengerichtlichen Entscheidung geltend machen (vgl. KassKomm-Gürtner vor § 76 SGB VI Randziffern 9 und 10).

Die Berufung des Klägers konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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