L 11 R 4066/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2253/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4066/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die am 10.03.1947 geborene Klägerin, die ihren Angaben im Rentenantrag vom Februar 2002 zufolge keinen Beruf erlernt hat, arbeitete mit längeren Unterbrechungen durch Kindererziehung bis 1985 als Verkäuferin. Nach Arbeitslosigkeit und Beschäftigungen in der S. war sie von Mai 1990 bis 1998 als Montagearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. In der Folgezeit übte sie bis Juni 2002 immer wieder - unterbrochen durch Arbeitslosigkeit - geringfügige Tätigkeiten als Verkäuferin bzw. vom 02.07. bis 15.09.2001 und 15.10. bis 17.11.2001 versicherungspflichtige Tätigkeiten aus. Seit 01.04.2007 bezieht sie Altersrente für Frauen (Bescheid vom 26.01.2007).

Ein erster Rentenantrag der Klägerin vom Februar 1999 blieb erfolglos, nachdem der Internist Dr. P. von der Ärztlichen Dienststelle der LVA B. zu dem Ergebnis gelangt war, dass die Klägerin trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen (linksbetonte Schulter-Arm-Beschwerden, Neigung zu Kreuzschmerzen bei Fehlstellung und beginnenden degenerativen Veränderungen, vegetative Stigmatisierung mit Fibromyalgie- und Raynaud-Symptomatik) noch leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne (Bescheid vom 28.05.1999, der sich nicht bei den Akten befindet).

Am 12.03.2001 stellte die Klägerin einen weiteren Rentenantrag. Dr. S., Ärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin, Ärztliche Dienststelle S., erhob bei der Klägerin nach Auswertung beigezogener ärztlicher Unterlagen rezidivierende WS-Beschwerden bei geringer Fehlhaltung und eine Neigung zu niedrigem Blutdruck. Die in der Vergangenheit diskutierte Diagnose einer Fibromyalgie könne nicht aufrechterhalten werden. Aktuell werde keinerlei Behandlung durchgeführt und sei auch nicht erforderlich. Die Klägerin sei sowohl in dem Beruf der Verkäuferin als auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig leistungsfähig. Mit Bescheid vom 08.05.2001/Widerspruchsbescheid vom 30.07.2001 lehnte die LVA Baden-Württemberg daraufhin den Rentenantrag ab.

Am 13.02.2002 beantragte die Klägerin bei der LVA Baden-Württemberg erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Diese veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Orthopäden Dipl.-Med. M. und leitete den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter. Der Gutachter diagnostizierte als Gesundheitsstörungen: 1. Belastungs- und haltungsabhängiges Schulter-Arm-Syndrom beidseits; 2. fraglich somatoforme Schmerzstörung im Sinne eines Fibromyalgie-Syndroms. Unter Berücksichtigung eines Befundberichtes des Internisten und Rheumatologen PD Dr. R. (Diagnose: Fibromyalgie-Syndrom mit begleitender Depression, DD: Somatisierungsstörung) und des sozialmedizinischen Gutachtens des MDK Baden-Württemberg (Dr. H.) vom Mai 2001 vertrat er die Auffassung, sowohl als Verkäuferin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin zumindest noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständige Wirbelsäulenzwangshaltung oder ständige Überkopfarbeit sechs Stunden und mehr verrichten.

Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten bei Dr. R. ein. Der Gutachter stellte folgende Diagnosen: "Chronisch überwiegend myostatisches HWS - BWS - LWS - Syndrom bei haltungsinsuffizientem Rundhohlrücken und geringgradiger Mehrfachverbiegung der WS. Weichteilrheumatismus - teils als Fibromyalgie, überwiegend als generalisierte muskuläre Hypertonie mit diversen Tendomyosen bei psychophysischer Verknüpfung (depressive Verstimmung). Ursprünglich Wirbelsäulen - Haltungsinsuffizienz seit der Kindheit". Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen Räumen drei bis unter sechs Stunden verrichten. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bewilligte die Beklagte der Klägerin ein stationäres Heilverfahren in der T.-Klinik Bad K., welches in der Zeit vom 23.07. bis 21.08.2002 durchgeführt wurde. Die Entlassung erfolgte als arbeitsfähig unter den Entlassungsdiagnosen: 1. Fibromyalgiesyndrom; 2. Myostatisches Wirbelsäulensyndrom. Bei der Abschlussuntersuchung ergaben sich im Lokalbefund bei etwas rigider und atrophischer Paravertebralmuskulatur der Wirbelsäule unverändert freie Bewegungsausmaße, keinerlei neurologische Defizite und eine generalisierte Druckschmerzhaftigkeit an den typischen Sehnenansatzpunkten. Die Klägerin wurde für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung sechs Stunden und mehr ohne Einschränkungen zu verrichten.

Mit Bescheid vom 09.10.2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise bzw. volle Erwerbsminderung noch eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliege.

Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, ihre Schmerzen und Probleme hätten zugenommen, insbesondere die Funktionseinschränkungen, so dass sie die Alltagsverrichtungen nur noch mit Mühe und Not erledigen und auch leichte Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten könne. Die Beklagte zog weitere medizinische Unterlagen bei (u.a. Arztbrief des PD Dr. R. vom Januar 2002, Auszug aus den medizinischen Daten der Fachärzte für Orthopädie Dres. S. und G., Befundbericht des Radiologen Dr. M.) und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2003 zurück: Die Klägerin sei trotz ihrer Gesundheitsstörungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes - z.B. als Telefonistin - mindestens sechs Stunden täglich tätig zu sein.

Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), die sie im wesentlichen damit begründete, dass sich ihr Gesundheitszustand in der Zwischenzeit verschlechtert habe. Aufgrund ihrer Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen könne sie überhaupt keine Arbeit mehr leisten. Insbesondere sei auch ihre psychische Situation und die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mitberücksichtigt worden.

Das SG befragte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.

Dr. K., Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, berichtete über eine Behandlung der Klägerin im Januar 2003 wegen rezidivierender Schluckbeschwerden. Die durchgeführte Sonographie der Schilddrüse habe keinen pathologischen Befund ergeben und auch die Schilddrüsenszintigraphie sei unauffällig gewesen.

PD Dr. R. teilte unter Beifügung eines eigenen Arztbriefes mit, er habe die Klägerin erstmals im Mai 1997 und dann erneut im Januar 2002 untersucht. Bei der Kontrolluntersuchung habe die Klägerin ängstlich, leicht depressiv verstimmt gewirkt, die internistische Untersuchung sei unauffällig gewesen. An den Gelenken und an der Wirbelsäule habe ein altersentsprechender Befund bestanden. Bei der Klägerin liege ein chronisches Schmerzsyndrom vor (DD: Fibromyalgie, somatoforme Schmerzstörung bei Depression), so dass sie sicherlich nur eingeschränkt belastbar sei.

Dr. G., Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie, bekundete, er habe die Klägerin lediglich in der zwischenzeitlich aufgelösten Gemeinschaftspraxis betreut, weshalb die Anfrage dort hinzurichten sei.

Dr. K., Facharzt für Allgemeinmedizin, führte aus, im Vordergrund stünden Fibromyalgiebeschwerden, wie sie typischerweise bei dem Krankheitsbild gefunden würden, mit positivem Druckschmerz aller 18 Tender Points sowie einer hypotonen insuffizienten Muskulatur im Schulter-, Oberarmbereich, im Bereich der Bauchdecke wie im Bereich der glutealen Muskulatur, der Lendenwirbelsäule und der unteren Extremitäten. Es zeige sich eine Fehlhaltung mit Hyperlordose im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich und Abkippung des Beckens nach ventral. Desweiteren finde sich unter Belastung eine deutliche Zunahme der Beschwerden wie schließlich auch Kraftlosigkeit, welche durchaus mit der hypotonen Muskulatur erklärt werden könnten. Es bestünden wiederkehrende Bronchitiden und rezidivierende Cystitiden und ein wechselndes Stuhlgangverhalten, welches von internistischer Seite her nicht einzuordnen sei und als psychogen interpretiert werden müsse. Abweichend von der Beurteilung aus dem Reha-Entlassungsbericht gehe er davon aus, dass eine leichte Tätigkeit von über drei bis sechs Stunden von der Klägerin nach wiederholten Versuchen aufgrund der Schmerzsymptomatik nicht durchgeführt werden könne.

Der Orthopäde Dr. S. übersandte einen Befundbericht des Radiologen Dr. R. über die im Januar 2003 durchgeführte Kernspintomographie der Halswirbelsäule und berichtete anhand der Aufzeichnungen über Krankheitsäußerungen der Klägerin seit Januar 2003 und die gestellten Diagnosen. Dem beigefügten Gutachten (HV-Entlassungsbericht) sei aus fachorthopädischer Sicht nichts hinzuzufügen, es könne so auch von ihm bestätigt werden.

Im weiteren Verfahren legte die Klägerin u.a. ein Schreiben des Dr. K. vom Juli 2004 und einen Auszug aus seinen medizinischen Daten vom Juni 2003 bis Juli 2004, einen Schilddrüsenbefund vom Februar 2003 (Dr. M.) und den Bescheid des Versorgungsamtes R. vom Juni 2004 über die Ablehnung einer Neufeststellung des Grades der Behinderung vor und machte zusätzlich ein Parkinsonsyndrom geltend.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Prof. Dr. J., Ärztlicher Direktor der R.-Klinik Bad S., ein Gutachten. Dieser stellte die Diagnosen eines Fibromyalgiesyndroms, eines chronisch rezidivierenden Cervicalsyndroms mit Brachialgien bei degenerativen HWS-Veränderungen und Bandscheibenprotrusio C5/6, eines chronisch rezidivierenden Lumbalsyndroms bei vorbeschriebenen degenerativen LWS-Veränderungen, einer Funktionseinschränkung beider Schultergelenke bei Periarthropathia humeroscapularis, einer beginnenden Polyarthrose Typ Heberden beidseits und eines Raynaud-Syndroms. Zusammenfassend legte Prof. Dr. J. dar, dass die Klägerin vor allem durch die Fibromyalgie dauerhaft beeinträchtigt sei. Sie könne nur noch leichte körperliche Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, ohne häufiges Bücken und Steigen, ohne einseitige Körperhaltung, ohne Akkordarbeiten und ohne Tätigkeiten mit hoher kognitiver Belastung und Verantwortung sowie ohne Arbeiten an laufenden Maschinen sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten. Zu vermeiden seien auch Expositionen durch Nässe, Zugluft und Kälte sowie Tätigkeiten mit höherer Anforderung an die manuelle Geschicklichkeit. Seine Beurteilung entspreche weitgehend derjenigen der Ärzte der T.-Klinik in Bad K. vom September 2002. Zu dem gleichen Ergebnis komme auch der Orthopäde Dipl.Med. M. in seinem Gutachten vom Mai 2002.

Die Klägerin legte schließlich noch einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin Dr. B. vom September 2005 (Diagnose: Diskrete Mitralklappeninsuffizienz) vor.

Mit Urteil vom 29.06.2006, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 17.07.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin sei infolge ihrer Fibromyalgieerkrankung und wegen der Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet zwar eingeschränkt, so dass sie nicht mehr in der Lage sei, Tätigkeiten zu verrichten, die ein Heben und Tragen schwerer Lasten, ein häufiges Bücken, ein Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck sowie höhere Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit erfordern. Diese qualitativen Einschränkungen rechtfertigten jedoch nicht die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Maßgeblich für die Gewährung einer solchen Rente sei ausschließlich die Frage, ob die Klägerin in gesundheitlicher Hinsicht in der Lage sei, eine mindestens sechsstündige Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Dies sei der Fall. Die Kammer stütze sich dabei auf die Einschätzung des Gutachters Dr. J. sowie der sachverständigen Zeugen Dr. S. und Dr. R. und berücksichtige dabei auch alle anderen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten ärztlichen Stellungnahmen. Die Beurteilung des Gutachters werde gestützt durch den Reha-Entlassungsbericht der T.-Klinik. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Als Angelernte genieße sie keinen Berufsschutz, so dass sie sich versicherungsrechtlich grundsätzlich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die keine formale Berufsausbildung erforderten, verweisen lassen müsse. Ob bei der Klägerin von einer Summierung besonderer Leistungserschwernisse auszugehen sei, könne dahingestellt bleiben, da die Klägerin mit dem vorhandenen Leistungsbild jedenfalls zumutbar auf einfache Bürohilfs- oder Pförtnertätigkeiten verweisbar wäre.

Hiergegen richtet sich die am 11.08.2006 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt zur Begründung vor, sie sei aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms nur noch eingeschränkt belastbar und könne deshalb auch leichte Tätigkeiten nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Die eingeschränkte Handkraft erlaube keine Tätigkeit mit hoher manueller Geschicklichkeit, auch Arbeiten in Nässe, Zugluft und Kälte seien nicht möglich. Sie könne nicht mehr spazieren gehen und den Haushalt nicht mehr führen. Dies werde von den Söhnen und Schwiegersöhnen erledigt bzw. durch den Ehemann. Die Klägerin hat noch ein Schreiben des Dr. Göbel vom Februar 2007 vorgelegt, wonach die Diagnose eines Morbus Bechterew erst nach Anfertigung des Gutachtens vom November 2006 gestellt worden und erst seit letzter Vorstellung am 16.01.2007 bekannt sei, und darauf hingewiesen, dass die Anzeichen bereits seit Klageinreichung erster Instanz bestünden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Juni 2006 sowie den Bescheid vom 09. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. Februar 2002 bis 31. März 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das angefochtene Urteil des SG für zutreffend und weist darauf hin, dass für Leistungsfälle nach November 2003 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht mehr erfüllt seien. Selbst wenn sich aus den noch zu erwartenden Befunden der Knochenszintigraphie eine aktuelle Leidensverschlechterung ableiten ließe, könne damit allenfalls ein Eintritt einer relevanten Leistungsminderung nach November 2003 begründet werden, wodurch sich ein Leistungsanspruch nicht mehr ergeben könnte. Über den Antrag der Klägerin auf Altersrente für Frauen sei mit Rentenbescheid vom 26.01.2007 entschieden worden. Die Beklagte hat eine Zweitschrift des Bescheides beigefügt.

Der Senat hat von Dr. G. und Dr. K. sachverständige Zeugenauskünfte eingeholt.

Dr. G. hat am 13.11.2006 über eine Untersuchung der Klägerin im Januar 2005 berichtet. Bei bekannter Fibromyalgie hätten sich seitengleiche Reflexe und eine ungestörte Sensibilität im Extremitätenbereich, eine normale Motorik und Kraftentwicklung, ein Beckengradstand, positive Tenderpoints, Valleix neg., leichte Hyperlordose und ein Finger-Boden-Abstand von 20 cm gefunden. Den vereinbarten Termin im März 2005 habe die Klägerin unentschuldigt nicht wahrgenommen. Aufgrund der Vorstellung im Januar 2005 würde die übliche in der Literatur vorhandene Einschätzung zutreffen, dass die Klägerin mit ihrer Fibromyalgie für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig arbeitsfähig wäre. Akkord- und Schichtarbeit sollten vermieden werden.

Dr. K. hat unter Beifügung eines Arztbriefs von Dr. G. vom 15. November 2006 (Diagnosen: V.a. rheumatoide Arthritis; Coxarthrose beidseits) die seit Mitte 2005 erhobenen Krankheitsäußerungen und Befunde mitgeteilt. Im Laufe der Behandlung sei keine wesentliche Verbesserung eingetreten, im Gegenteil aggraviere die Symptomatik besonders bei nassfeuchtem oder kaltem Wetter. Neue Befunde habe er nicht erheben können. Das Leistungsvermögen der Klägerin werde durch ihre Gesundheitsstörung mit Sicherheit anhaltend beeinträchtigt, so dass Arbeiten über zwei bis drei Stunden wohl kaum machbar sein dürften.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 09.10.2002 zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar hat sie - wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom 24.11.2006 ergibt - die Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt; in Übereinstimmung mit dem SG kommt jedoch auch der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert ist. Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet aufgrund des beruflichen Werdegangs der Klägerin aus, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Etwas anderes hat auch die Klägerin nicht vorgetragen. Nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSGE 62, 74 ff.; 59, 249 ff. sowie 43, 243, 246; BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 49 und 50; BSG, Urteil vom 27.02.1997 - 13 RJ 9/96 -) ist die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich und regelmäßig auszuüben. Damit ist die Klägerin auch nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren und die vom Senat durchgeführte Beweiserhebung führen zu keinem anderen Ergebnis. Auch der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin der Leistungsfall der teilweisen oder vollen Erwerbsminderung eingetreten ist.

Bei der Beurteilung des gesundheitlichen Leistungsvermögens der Klägerin stützt sich der Senat auf das urkundsbeweislich verwertbare Gutachten von Dipl.Med. M., den ebenfalls urkundsbeweislich verwertbaren Entlassungsbericht der T.-Klinik Bad K., das Gutachten von Prof. Dr. J. und die Aussage des Orthopäden Dr. G ...

Danach konnten bei der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet schwerwiegende krankhafte Veränderungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates nicht objektiviert werden. Bei der Untersuchung durch den Orthopäden Dipl. med. M. zeigte sich von Seiten der Wirbelsäule eine leichte linkskonvexe thorakolumbale Seitabweichung mit einem Beckenschiefstand nach links bei Beinverkürzung von einem Zentimeter, eine geringfügig abgeflachte BWS-Kyphose und eine freie Funktion im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule. Auch die Gelenke der oberen und unteren Extremitäten waren regelrecht beweglich. Aus dem belastungs- und haltungsabhängigen Schulter-Arm-Syndrom und den Wirbelsäulenveränderungen resultieren lediglich qualitative Einschränkungen, jedoch keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögen, zumal neurologische Ausfälle von keinem der gehörten Ärzte beschrieben worden sind. Diese orthopädischen Gesundheitsstörungen erklären jedoch nicht die von der Klägerin geklagte ausgeprägte generalisierte Schmerzsymptomatik. Letztere wurde bereits von PD Dr. R. als Fibromyalgie-Syndrom diagnostisch eingestuft und dieses Krankheitsbild auch von den Kurärzten der T.-Klinik Bad K. sowie ferner von Prof. Dr. J. in seinem Gutachten vom Oktober 2005 diagnostiziert. Bei diesem Krankheitsbild stehen ebenso wie bei einer somatoformen Schmerzstörung bzw. einem chronischen Schmerzsyndrom mit depressiver Symptomatik (rein subjektiv erlebbare) Schmerzen im Vordergrund. Maßgebend für die Leistungsbeurteilung ist, inwieweit sich aufgrund der subjektiv erlebbaren Schmerzen eine tatsächliche funktionelle Beeinträchtigung ergibt. Vor allem wird der Schweregrad psychischer Krankheiten und somatoformer Schmerzstörungen bzw. der Fibromyalgie aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Insoweit ergeben sich auch für den Senat weder aus dem Gutachten von Prof. Dr. J., insbesondere auch dem geschilderten Tagesablauf, noch aus den Gutachten von Dipl. med. M. und Dr. R. derart gravierende Beeinträchtigungen, die die Klägerin hindern würden, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten.

Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin durch die Vielzahl der Beschwerden subjektiv in Anspruch genommen wird und in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Gleichwohl ist sie über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus in der Lage, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Arbeitshaltung weiterhin sechs Stunden täglich und regelmäßig zu verrichten. Vermeiden muss sie das Heben und Tragen schwerer Lasten über 5 kg, häufiges Bücken und Steigen, einseitige Körperhaltungen, Überkopfarbeiten, Akkordarbeiten und Tätigkeiten mit hoher kognitiver Belastung und Verantwortung, Arbeiten an laufenden Maschinen, Expositionen durch Nässe, Zugluft und Kälte sowie Tätigkeiten mit höherer Anforderung an die manuelle Geschicklichkeit. Die vom Senat im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. G. und Dr. K. geben keine Veranlassung, von dieser Einschätzung des Leistungsvermögens abzuweichen. Vielmehr hat Dr. G. ein 6-stündiges Leistungsvermögen bei Beachtung qualitativer Einschränkungen ebenfalls bestätigt.

Soweit hiervon abweichend Dr. K. und Dr. R. die Klägerin nur noch für fähig halten, selbst leichte Tätigkeiten unter vier Stunden bzw. drei bis unter sechs Stunden auszuüben, überzeugt dies den Senat schon deswegen nicht, weil Dr. K. und Dr. R. keine weitergehenden oder schwererwiegenden Gesundheitsstörungen und Krankheitsäußerungen als die bereits genannten Ärzte erhoben haben. Allein die chronische Schmerzsymptomatik im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms lässt keinen Rückschluss auf die Auswirkungen auf das Leistungsvermögen zu. Es ist vielmehr im einzelnen festzustellen, inwieweit die Schmerzen und die funktionellen Störungen eine regelmäßige berufliche Tätigkeit und in welchem Umfang zulassen. Hierzu fehlt es sowohl bei Dr. R. als auch bei Dr. K. an einer überzeugenden Begründung, die die Feststellungen des Prof. Dr. J. und des Orthopäden Dipl. med. M. sowie der Ärzte der T.-Klinik Bad K. widerlegen könnte. Soweit Dr. K. depressive Episoden erwähnt, liegt eine entsprechende fachärztliche Bestätigung nicht vor. Dass Dr. K. keine neurologisch-psychiatrische Abklärung veranlasst und auch die Klägerin keinerlei nervenärztliche Behandlung angestrebt hat, spricht dafür, dass es sich bei den depressiven Episoden nicht um rentenrelevante krankheitswertige psychische Störungen handelt. Von daher sah sich der Senat nicht gedrängt, von Amts wegen ein Gutachten einzuholen.

Aus der zuletzt noch mitgeteilten Diagnose eines Morbus Bechterew ergeben sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte, die auf ein unter 6-stündiges Leistungsvermögen der Klägerin ab Rentenantragstellung hinweisen. Selbst wenn die jetzt eingeleiteten Untersuchungen eine Leidensverschlechterung ergeben sollten, ließe sich damit, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, ein Rentenanspruch der Klägerin nicht begründen. Ausweislich des Versicherungsverlaufs hat die Klägerin den letzten Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung im November 2001 entrichtet, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Leistungsfall nach November 2003 nicht mehr gegeben sind. Ein Leistungsfall bis November 2003 ist indes nach den aktenkundigen ärztlichen Äußerungen und den dokumentierten Befunden nicht nachgewiesen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es auch insoweit nicht.

Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern. Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen. Auch kommen die vom SG genannten Tätigkeiten als Pförtnerin oder Bürohilfskraft in Betracht.

Schließlich war der Klägerin auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn der Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von seiner Wohnung nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach den Entscheidungen des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 abschließend. Im Falle der Klägerin ist keiner dieser Fälle gegeben.

Die Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 1/95 -). Das Risiko, dass die Klägerin keinen für sie geeigneten Arbeitsplatz fand, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -).

Die Berufung der Klägerin konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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