L 11 R 6297/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 3814/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 6297/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch die Feststellung der Beschäftigungszeit in der ehemaligen DDR vom 01.10.1973 bis 31.12.1975 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG), insbesondere ob der Kläger in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt war, streitig.

Der am 09.08.1948 geborene Kläger schloss sein Studium an der T. U. D. in der Fachrichtung Wasserwesen/Wasserwirtschaft/Wasserbau mit dem akademischen Grad eines Diplom-Ingenieurs ab. Anschließend arbeitete er vom 01.10.1973 bis 31.12.1975 beim V. K. Kraftwerksanlagenbau B. (Bau von Kraftwerken) als Diplom-Ingenieur für Projektierung. Nach weiteren Beschäftigungen beim V. Projektierung Wasserwirtschaft bzw. V. Wasserversorgung bis einschließlich 12.05.1989 siedelte er im Mai 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über.

Am 07.08.2001 beantragte er die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für seine Tätigkeit als Ingenieur vom 01.10.1973 bis 12.05.1989 nach dem AAÜG in die Rentenversicherung. Beigefügt war sein Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sowie seine Entgeltbescheinigungen.

Mit Bescheid vom 22.05.2002 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30.06.1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Das AAÜG sei somit nicht anwendbar.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, seine zu Zeiten der DDR ausgeübte Tätigkeit und Qualifikation sei auch ohne Versorgungszusage obligatorisch den Versorgungsberechtigten zuzuordnen. Dass er am 30.06.1990 zum Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme in keinem DDR-Betrieb eine Beschäftigung ausgeübt habe, sei zwar richtig, könne ihm aber nicht schuldhaft angelastet werden. Er sei im Mai 1989 nach der Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2003 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe er im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung mehr ausgeübt und sei damit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt worden.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er sei berechtigt, die Bezeichnung Ingenieur zu führen. In dieser Funktion sei er auch im Beitrittsgebiet tätig gewesen. Desweiteren sei er als Techniker in den volkseigenen Betrieben bzw. gleichgestellten Betrieben eingesetzt worden. Aufgrund der Rehabilitierungsbescheinigung unterliege er dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Während der streitbefangenen Zeit sei er im V. K. Kraftwerksanlagenbau B. als im Baubereich beschäftigt gewesen. Hierbei habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb bzw. einen der zumindest diesen gleichgestellt sei und der in der ehemaligen DDR Kraftwerksanlagen (baulich und technologisch) errichtet habe, gehandelt. Zugleich sei es eine Vereinigung volkseigener Baubetriebe auf dem Energieversorgungssektor gewesen. Der V. Kraftwerksanlagenbau sei nicht dem Reparatur- und Montagebetrieb für Metallkonstruktionen zuzuordnen, sondern dem früheren Ministerium für Kohle und Energie unterstellt gewesen. Deswegen müsse er einem volkseigenen Produktionsbetrieb als Versorgungsbetrieb (Gas, Wasser, Energie) nach der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 gleichgestellt werden. Das V. K. Kraftwerksanlagenbau habe überregional Anlagen zur Energieerzeugung errichtet. Da der Betrieb die Planung und Realisierung von sämtlichen Kraftwerken in der ehemaligen DDR zur Aufgabe gehabt habe, könne es sich bei diesen Kraftwerken und dem Kraftwerksanlagenbau somit nicht um Metallkonstruktionen handeln bzw. um einen Reparatur- und Montagebetrieb für Metallkonstruktionen.

Mit Bescheid vom 21.07.2004 wurde der Kläger als politisch Verfolgter vom 01.11.1986 bis 12.05.1989 im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 des beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) anerkannt, da er aufgrund seines Ausreiseantrages vom 25.12.1985 am 01.11.1986 als Gruppenleiter abgesetzt und zum Mitarbeiter herabgestuft worden sei. Daraufhin anerkannte die Beklagte grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1 AAÜG. Mit Zuordnungsbescheid vom 21.01.2005 stellte sie fest, dass durch die zuständige Rehabilitierungsbehörde die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssysteme Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angegeben wäre. Die Zeit vom 01.01.1976 bis 31.10.1986 sei in der Rehabilitierungsbescheinigung vom 21.07.2004 nicht als Verfolgungszeit im Sinne des BerRehaG ausgewiesen; daher sei hierfür keine Einstufung in Wirtschaftsbereich und Qualifikationsgruppe erfolgt. Für diese Zeit seien die nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Entgelte nach dem AAÜG zu berücksichtigen. Für die Zeit vom 01.10.1973 bis 31.12.1975 lägen hingegen die Voraussetzungen für die Anerkennung von Zeiten zum ZV-System nicht vor. Die Beschäftigung sei nicht im Geltungsbereich des Zusatzversorgungssystems - volkseigener Produktionsbetrieb - ausgeübt worden.

Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis der Beklagten an.

Die Beklagte hielt hinsichtlich der Zeit vom 01.10.1973 bis 31.12.1975 den Antrag auf Klageabweisung weiterhin mit der Begründung aufrecht, das V. K. Kraftwerksanlagenbau B. stelle weder einen volkseigenen Produktionsbetrieb noch einen solchen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 24.05.1951 dar. Industriebetriebe seien einem der Industrieministerien der DDR als staatlichem Leitungsorgan unterstellt gewesen. Damit beanspruche die Versorgungsordnung von vornherein nur Geltung für Betriebe der Industrie und des Bauwesens sowie für die gleichgestellten Betriebe. All jene Betriebe, die einer anderen staatlichen Verantwortung in der DDR unterstanden hätten, fielen damit nicht unter den Anwendungsbereich. Zu Produktionsbetrieben zählten ohnehin nur solche Betriebe, deren Hauptzweck industrielle Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern gewesen wäre. Der den Kläger beschäftigende Betrieb sei nach der Wirtschaftsgruppenzuordnung der DDR kein Betrieb gewesen, der zum Zwecke der industriellen Massenproduktion von Sachgütern oder zur Erbringung von Bauleistungen (Errichtung von Bauwerken) gegründet worden wäre.

Mit Urteil vom 22.08.2006, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 27.11.2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, der Kläger sei unstreitig als Diplom-Ingenieur beschäftigt worden. Es fehle jedoch an der betrieblichen Voraussetzung. Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bau- oder Industriewesens setze eine Massenproduktion voraus. Denn erst der Massenausstoß standardisierter Produkte habe hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglicht. Deswegen seien auch nur bestimmte Betriebe den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt worden und gerade nicht die volkseigenen Betriebe schlechthin. Nach dem versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch der DDR sei Hauptzweck des V. K. Kraftwerksanlagenbau nicht die Massenproduktion von Kraftwerksanlagen gewesen. Die betriebliche Tätigkeit des Klägers habe vielmehr nach dessen eigenen Angaben in der Planung und Realisierung von Kraftwerksanlagen bestanden. Die dabei erbrachten Leistungen seien im wesentlichen die Forschung, Konstruktion, Produktion sowie Projektierung mit Organisation, Leitung und Überwachung der Realisierung des Anlagenbaus, schließlich die Abnahme und Übergabe der fertig gestellten Anlagen sowie die Einweisung des Erwerbers. Der Aufbau kompletter Kraftwerksanlagen sei im Hinblick auf große Kraftwerksanlagen in der Funktion eines Generalauftragnehmers ausgerichtet worden. Denn der Beschäftigungsbetrieb habe die Anlagen zwar entsprechend den Kundenwünschen selbst konzipiert, für ihre Errichtung im Hinblick auf die bauliche Hülle jedoch auf Zulieferbetriebe wie Hoch- und Tiefbaufirmen zurückgegriffen und den Bau nur überwacht. Die großen Bauwerke seien dabei völlig individuell geplant worden, auch kleinere Kraftwerke hätten dem jeweiligen Standort planerisch angepasst werden müssen. Daraus folge, dass gerade nicht eine Massenproduktion erfolgt sei, sondern eine Planung und Umsetzung der Errichtung nebst Überwachung von Zulieferbetrieben sowie Nachsorgeunternehmen im Hinblick auf die Messtechnik. Der Hauptschwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit im Hauptstammwerk in B. sei die Projektierung und Planung gewesen. Der Kläger habe deswegen seine Tätigkeit auch selbst als die eines Projektionsingenieurs bezeichnet. Er sei für die Anpassung der Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung nebst Bauleitung und Bauüberwachung zuständig gewesen. Gerade die individuelle Planung von großen Kraftwerken bzw. die planerische Anpassung der kleineren Kraftwerke belege, dass es an einer industriellen Massenfertigung fehle. Der Beschäftigungsbetrieb sei schließlich auch nicht gleichzustellen. Zwar sei das V. K. Kraftwerksanlagenbau dem Ministerium für Kohle und Energie unterstellt gewesen, jedoch habe es sich nicht um einen Versorgungsbetrieb (Gas, Wasser, Energie) gehandelt. Vielmehr seien Kraftwerksanlagen geplant und bis zur Übergabe gebracht worden. Betrieben worden seien diese jedoch von den Abnehmern der Kraftwerksanlagen und nur diese seien Versorgungsunternehmer.

Mit seiner dagegen am 18.12.2006 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das V. K. Kraftwerksanlagenbau B. sei eines der größten zentral geleiteten Kombinate in der ehemaligen DDR gewesen. Es habe aus 45 Betriebsteilen bestanden und ca. 56.000 Personen beschäftigt. Schwerpunkt des Kombinatsbetriebes sei die Planung und Produktion von Sachgütern mit dem Endprodukt Kraftwerk gewesen. Sämtliche Kraftwerksanlagen seien von dem V. K. Kraftwerksanlagenbau vorbereitet und realisiert, nämlich projektiert und konstruiert, worden. Die Einzelteile hierfür seien massenhaft hergestellt worden, um die Fertigungskosten durch Massenproduktion zu senken. Diese seien Dampferzeuger, Kessel, Turbinen, Brenner, Behälter, Wasserenthärter, Rohrleitungen und dergleichen gewesen. Diese seriengefertigten Sachgüter wären nicht nur für die Energieversorgung, sondern auch für die Bevölkerung produziert worden, weshalb der V. K. Kraftwerksanlagenbau auch an der Lösung des Wohnungsproblems beteiligt gewesen wäre. Fünf Prozent der Gesamtkosten der Konsumgüter für den Bevölkerungsbedarf seien in dem Betrieb produziert worden. Dies seien z.B. Heizkörper, Campingartikel, Rasenmäher und dergleichen gewesen. Das V. habe auch über zahlreiche Versuchsanlagen verfügt, die sich mit Dampferzeugung, Wasseraufbereitung, Abwasserbehandlung, Materialprüfung und Energieübertragung beschäftigt hätten. Aus dem V. K. Kraftwerksanlagen B. sei in den sechziger Jahren unmittelbar das V. Kraftwerksanlagen hervorgegangen. Sämtliche V. Strukturen seien im Kombinat übernommen worden. Das V. Kraftwerksanlagenbau K. B. habe auch die Städte K. und S. über mehrere Jahre mit Fernwärme und Strom versorgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. August 2006 sowie den Bescheid vom 22. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2003 und des Zuordnungsbescheides vom 21. Januar 2005 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, auch die Beschäftigungszeiten vom 01. Oktober 1973 bis 31. Dezember 1975 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz anzuerkennen und die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken den volkseigenen Betrieben sowie den Vereinigungen volkseigener Betriebe und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc.) gegenübergestellt worden seien. Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasse nur Betriebe mit einer Produktion von Sachgütern im Hauptzweck, d.h. diese müssten serienmäßig wiederkehrend sein. Konzeptionell müsse es sich um Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodelles handeln. Diese industriepolitische Konzeption beruhe auf der Rationalisierung der Fertigungskosten durch Massenproduktion von Sachgütern oder Bauwerken. Eine solche Art von Produktion habe dem Betrieb, in dem der Kläger beschäftigt gewesen wäre, nicht das Gepräge gegeben. Insofern könne nicht auf einzelne Abteilungen, sondern nur auf den rechtsfähigen Arbeitgeber abgestellt werden. Das V. K. Kraftwerksanlagenbau sei zur Wirtschaftsgruppe 15559 zugeordnet worden, wonach es sich um ein Reparatur- und Montagebetrieb gehandelt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da der Kläger die Anerkennung von Beschäftigungszeiten über ein Jahr begehrt.

Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Beschäftigungszeiten vom 1. Oktober 1973 bis 31. Dezember 1975 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung unter Würdigung der für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs relevanten Anspruchsgrundlagen, weswegen der Senat zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht, zutreffend festgestellt, dass der Kläger zwar die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Versorgungszeiten erfüllt, da er den akademischen Grad eines Diplomingenieurs erhalten hat und daher berechtigt war, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen, wie auch eine Tätigkeit ausgeübt hat, die dieser Berufsbezeichnung entsprach (Projektierungsingenieur im VEB Kombinat Kraftwerksanlagenbau). Seine Beschäftigung in der streitbefangenen Zeit erfüllt jedoch nicht die erforderlichen betrieblichen Voraussetzungen.

Volkseigene Produktionsbetriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung, die § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zugrunde zu legen ist, waren nämlich nur solche der Industrie und des Bauwesens (BSG SozR 3 - 8570 § 1 Nr. 5). Dies folgt aus § 49 Abs. 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 09.02.1967 (GBl. II, 1967, S. 121). Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigen" und "Produktion (Industrie, Bauwesen)" gekennzeichnet und erfasst nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, war also nicht nur auf den Ausschluss privater Betriebe gerichtet (vgl. zum Folgenden BSG SozR 3 - 8570 § 1 Nr. 6). Als Wirtschaftseinheiten verstand man in der DDR solche "Organisationsformen der sozialistischen Volkswirtschaft, die geschaffen wurden, um als warenproduzierende Glieder der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und Kollektive sozialistischer Werktätiger wirtschaftliche Leistungen zu erbringen, und die zu diesem Zweck auch über entsprechende Leistungsbefugnisse verfügten. Dem betrieblichen Anwendungsbereich der A. unterlagen als "Produktionsbetriebe" nur V. der Industrie, d. h. solche V., die industrielle Fertigung von Sachgütern betrieben. Diese industriepolitische Konzeption beruhte auf der Rationalisierung der Fertigungskosten durch Massenproduktion. Die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wurden den "volkseigenen" Betrieben sowie den Vereinigungen volkseigener Betriebe (VVB) und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z. B. Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenüber gestellt (BSG SozR 4 - 8570 § 1 Nr. 1).

Die jeweilige Zuordnung eines bestimmten V. zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) oder zu einem anderen Bereich der Volkswirtschaft hängt demnach entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem V. das Gepräge gegeben hat. Hierfür kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an. Anhaltspunkte können z. B. Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen, ebenso aber auch die Zuordnung zu bestimmten Ministerien der DDR, sein.

Der Kläger war ausgehend von diesen Maßgaben in einem solchen volkseigenen Produktionsbetrieb in der streitbefangenen Zeit nicht beschäftigt. Denn der V. K. Kraftwerksanlagenbau hat keine industrielle, also serienmäßig wiederkehrende Produktion von Sachgütern betrieben. Dies bestätigt auch die Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 15559, wonach es sich um einen Reparatur- und Montagebetrieb gehandelt hat.

Das SG hat zutreffend festgestellt, dass das Endprodukt Kraftwerk eben nicht in einer Massenproduktion gefertigt oder hergestellt wurde. Eine Massenproduktion von Kraftwerksanlagen scheidet daher aus. Vielmehr war der Kläger mit Planung und Realisierung von Kraftwerksanlagen befasst, die individuell geplant und dem jeweiligen Standort planerisch angepasst werden mussten. Hierbei war der Kläger für die Anpassung der Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung der Kraftwerke nebst Bauleitung und Bauüberwachung zuständig, wie er dies in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22. August 2006 vor dem SG ausführlich dargestellt hat.

Dem steht auch das Berufungsvorbringen nicht entgegen. Es mag sein, dass auch Dampferzeuger, Kessel, Turbinen, Brenner, Behälter, Wasserenthärter, Rohrleitungen und dergleichen produziert und diese auch an die Bevölkerung der DDR abgegeben wurden. Dies kann aber ernstlich nicht für einen V. K. Kraftwerksanlagenbau behauptet werden, der keine serienmäßig wiederkehrende Produktion von Sachgütern betreibt. Nach der Rechtsprechung des BSG muss aber auf den Hauptzweck des Betriebes, d. h. den Kraftwerksanlagenbau abgestellt werden. Deswegen kommt es nicht darauf an, ob einzelne Abteilungen Massenproduktion betrieben haben (BSG SozR 4 - 8570 § 1 Nr. 1).

Auch die Voraussetzungen für eine Gleichstellung im Sinne des § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung liegen nicht vor, was das SG ausführlich begründet dargelegt hat. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Nach alldem war deshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nach der als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung des BSG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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