Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 179/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 53/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 6. September 2005 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 12. Juni 2006 werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Arbeitslosengeld (Alg) II - streitig.
Die 1950 bzw. 1946 geborenen Kläger beantragten am 14.01.2005 die Bewilligung von Alg II. Mit Bescheid vom 03.02.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 1) für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 monatlich 358,07 EUR; für den Kläger zu 2) lehnte sie eine Leistungsbewilligung mit der Begründung ab, er sei laut Bescheid der BfA voll erwerbsgemindert und habe Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII, die nur auf Antrag erbracht würden.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin zu 1) Widerspruch ein und begehrte u.a. Pflichtversicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung. Weiterhin verwies sie auf den Bescheid der BfA vom 19.01.2005, mit dem diese dem Kläger zu 2) für die Zeit ab 01.01.2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe des Auszahlungsbetrages von monatlich 1.362,26 EUR bewilligte. Die laufende Zahlung erfolgte ab 01.03.2005, die Nachzahlung für die Zeit vom 01.01. bis 28.02.2005 in Höhe von 19.308,94 EUR ging noch im Januar beim Kläger zu 2) ein.
Mit Schreiben vom 31.03.2005 teilte die Beklagte mit, dass sie nach Überprüfung der Sachlage zu dem Ergebnis gekommen sei, dass wegen fehlender Bedürftigkeit ab 01.01.2005 kein Anspruch bestehe. Da die Rentennachzahlung noch im Januar eingegangen sei, habe sie im fraglichen Bedarfszeitraum bereits zur Verfügung gestanden. Für die Kläger errechne sich ein Bedarf von insgesamt 759,83 EUR, bestehend aus der Regelleistung des Alg II bzw. bezüglich des Klägers zu 2) des Sozialgeldes in Höhe von jeweils 311,00 EUR, den Nebenkosten der Unterkunft von 53,55 EUR, den Schuldzinsen von 40,61 EUR und der Heizkostenpauschale von 43,67 EUR. Anzurechnen sei der monatliche Auszahlungsbetrag der Rente von 1.362,26 EUR abzüglich der Ausgaben für die private Kranken- und und Pflegeversicherung des Klägers zu 2) in Höhe von monatlich 347,15 EUR, des Pauschbetrages für Versicherungen von 30,00 EUR, der Aufwendungen für die Kfz-Versicherung von monatlich 16,81 EUR, so dass ein Anrechnungsbetrag von 968,30 EUR verbleibe, der den Bedarf übersteige. Da die Klägerin zu 1) Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 349,20 EUR zu entrichten habe, entstehe ein Fehlbetrag in Höhe von 140,73 EUR; diesbezüglich habe sie einen Anspruch auf einen Zuschuss analog § 26 Abs.2 SGB II, der als Höchstbetrag 139,87 EUR betrage und den Fehlbetrag fast vollständig ausgleichen würde. Für die Zeit ab 01.03.2005 ergebe sich wegen des Wegfalles der Schuldzinsen ein Fehlbetrag von 100,12 EUR. Die Beklagte schlage vor, den Widerspruch als Zuschussantrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin zu 1) zu behandeln.
Hierzu teilten die Kläger mit, dass nach wie vor Anspruch auf Alg II mit Pflichtversicherung geltend gemacht werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2005 nahm die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 03.02.2005 zurück und lehnte den Antrag auf Bewilligung von Alg II ab 01.01.2005 ab. Sie forderte die Erstattung von 716,14 EUR. Da das Renteneinkommen des Klägers zu 2) ab 01.01.2005 zu berücksichtigen sei, liege Bedürftigkeit im Sinne von § 9 Abs.1 SGB II von Anfang an nicht vor. Ein Antrag auf Zuschuss zu der privaten Kranken- und Pflegeversicherung sei nicht gestellt worden.
Hiergegen haben die Kläger zum Sozialgericht Augsburg (SG) die Klage S 1 AS 179/05 erhoben. Nachdem die Beklagte einen weiteren Leistungsantrag vom 16.09.2005 mit Bescheid vom 02.12.2005, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 21.02.2006, wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt hatte, haben die Kläger die weitere Klage S 1 AS 157/06 erhoben. Zur Begründung der Klagen haben sie geltend gemacht, bei der Errechnung des Bedarfes seien anstelle der von der Beklagten angesetzten Heizkostenpauschale von 43,67 EUR die tatsächlich anfallenden Heizkosten von monatlich 90,20 EUR anzusetzen. Weiterhin bestehe für die Kläger ein Sonderbedarf wegen der Eigenbeteiligung in Höhe von 20 % an einigen der medizinisch notwendigen und ärztlich verschriebenen Medikamenten, deren Kosten von der privaten Krankenkasse nicht mehr übernommen würden; die monatlichen Aufwendungen betrügen für die Klägerin zu 1) 21,96 EUR und für den Kläger zu 2) 28,13 EUR. Bei der Einkommensanrechnung seien für beide Kläger ein Pauschbetrag in Höhe von 30,00 EUR für angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen abzuziehen. Dem sich somit errechnenden Bedarf von 815,84 EUR stehe ein bereinigtes Einkommen von 938,30 EUR gegenüber, so dass zunächst ein positiver Saldo von 122,46 EUR verbleibe. Dieser reiche nicht aus, um die monatlichen Beiträge der Klägerin zu 1) zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 379,48 EUR zu tragen, so dass sie insoweit hilfebedürftig sei. Es sei nicht lediglich ein Zuschuss in direkter oder analoger Anwendung des § 26 SGB II zu erbringen, sondern es sei Alg II in der Mindesthöhe von einem Cent monatlich zu bewilligen.
Mit Urteil vom 06.09.2005 hat das SG die Klage S 1 AS 179/05 abgewiesen. Ab Januar 2005 sei die Rentennachzahlung in Höhe von 19.308,94 EUR und ab 01.03.2005 die laufende Rentenzahlung von 1.362,26 EUR zu berücksichtigen. Es errechne sich unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Alg II und den daran geknüpften Versicherungsschutz nach § 5 Abs.1 Nr.2a SGB V. Die einzelnen Berechnungsposten könnten bei der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens im Detail offen bleiben. Der Pauschbetrag nach § 2 Nr.1 Alg II-V sei nur bei dem abzusetzen, der Einkommen beziehe. Ein Mehrbedarf sei nur nach Maßgabe des § 21 Abs.5 SGB II anzusetzen. Einen solchen Bedarf habe die Klägerin zu 1) nicht geltend gemacht. Aufwendungen oder Zuzahlungen für Medikamente fielen nicht unter die Regelleistung des § 21 Abs.5 SGB II. Die Leistungsbewilligung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen und gemäß § 45 Abs.1 SGB X i.V.m. §§ 330 Abs.2 SGB III, 40 Abs.1 Nr.1 SGB II zu Recht zurückgenommen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.06.2006 hat das SG die Klage S 1 AS 157/06 abgewiesen. Durch das Einkommen des Klägers zu 2) liege Bedürftigkeit nicht vor.
Gegen das Urteil vom 06.09.2005 und den Gerichtsbescheid vom 12.06.2006 haben die Kläger die Berufungen L 7 AS 53/05 und L 7 AS 180/06 eingelegt, die der Senat mit Beschluss vom 20.10.2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die Rentennachzahlung dürfe nicht auf den Bedarf ab 01.01.2005 angerechnet werden. Bei der Gegenüberstellung des sich errechnenden Bedarfs von 838,39 EUR und dem bereinigten Einkommen von 931,95 EUR verbleibe ein positiver Saldo von 93,56 EUR.
Die Beklagte hat sich im Rahmen eines Teilanerkenntnisses bereit erklärt, den Klägern ab 01.01.2005 den Zuschuss in analoger Anwendung des § 26 SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung zu zahlen; die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Im Übrigen beantragen sie, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.09.2005 sowie den Bescheid vom 03.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2005 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 12.06.2006 und den Bescheid vom 02.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen für die Zeit ab 01.01.2005 Alg II zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweisen sich die Rechtsmittel als unbegründet.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Bewilligung von Alg II. Unstreitig steht ihnen ein Anspruch in der mit Bescheid vom 03.02.2005 bewilligten Höhe nicht zu; die diesbezügliche Rücknahme dieses Bescheides im Widerspruchsbescheid vom 17.05.2005 wurde schon im Klageverfahren und auch im Berufungsverfahren nicht mehr angegriffen. Vielmehr begehren die Kläger die Bewilligung von Alg II in Form der sogenannten "Ein-Cent-Regelung". Ein solcher Anspruch besteht jedoch nicht.
Dem Anspruch der Kläger auf Alg II steht entgegen, dass sie nicht im Sinne des § 9 SGB II hilfebedürftig sind. Das Einkommen des Klägers zu 2) ist auf seinen Bedarf und gemäß § 9 Abs.2 Satz 1 SGB II auch auf den Bedarf der Klägerin zu 1) anzurechnen. Die in dem Schreiben der Beklagten vom 31.03.2005 dargestellte Berechnung des Bedarfes und des darauf anzurechnenden Einkommens ist nicht zu beanstanden, wobei dahinstehen kann, ob anstelle der von der Beklagten angesetzten Heizkostenpauschale von 43,67 EUR die von den Klägern als tatsächlich anfallend geltend gemachten Kosten von monatlich 90,20 EUR anzusetzen sind; auch in diesem Fall übersteigt das anzurechnende Einkommen den Bedarf. Zu Recht weist im Übrigen das SG darauf hin, dass die Versicherungspauschale von 30,00 EUR gemäß § 3 Nr.1 Alg II-V nur ein Mal abzusetzen ist. Weiterhin können die geltend gemachten Eigenbeteiligungen im Rahmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung weder als bedarfserhöhend noch als das anzurechnende Einkommen mindernd berücksichtigt werden, da weder das SGB II noch die Alg II-V diesbezügliche Regelungen enthalten. Im Übrigen ergibt sich auch aus den eigenen Berechnungen der Kläger, denen so nicht zu folgen ist, kein Anspruch auf Alg II. Dies gilt auch für die Zeit ab 01.12.2005, nämlich ab Bewilligung der bis dahin befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung als Dauerrente. Ab diesem Zeitpunkt käme für den Kläger zu 2) anstelle des Sozialgeldes nach § 28 Abs.1 Satz 1 SGB II gemäß § 41 Abs.1 Nr.2 SGB XII der Regelsatz nach § 28 i.V.m. § 40 SGB XII in Betracht. Der diesbezügliche Regelsatz beträgt in Bayern 341,00 EUR. Auch insoweit liegt der sich errechnende Bedarf unter dem anzurechnenden Einkommen.
Die Tatsache, dass die Klägerin zu 1) aus dem Betrag, um den das anzurechnende Einkommen den Bedarf übersteigt, nicht ihre Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung decken kann, begründet keinen Anspruch auf Alg II mit der Folge einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der anzuerkennende Bedarf ist in den §§ 19 ff. SGB II bzw. 28 ff. SGB XII abschließend geregelt; Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht als bedarfserhöhend vorgesehen. Ebenso wenig kann der Beitrag der Klägerin zu 1) von dem zu berücksichtigenden Einkommen abgezogen werden. Insoweit kann gemäß § 11 Abs.2 Nr.3a SGB II von dem Einkommen des Klägers zu 2) nur dessen Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung abgesetzt werden.
Eine anders lautende Auslegung der entsprechenden Vorschriften würde dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen. Dies ergibt sich aus § 26 Abs.3 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I S.1706. Danach übernimmt die Bundesagentur auf Antrag im erforderlichen Umfang die Aufwendungen für die angemessene Kranken- und Pflegeversicherung, soweit Personen allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig würden. Dieser Neufassung hätte es nicht bedurft, wenn Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung einen Anspruch auf Alg II begrüden würden oder von dem Einkommen des Partners abzusetzen wären. Denn dies hätte zur Folge, dass Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestünde mit der Folge, dass die die Hilfebedürftigkeit begründende Beitragszahlung wieder entfallen würde. Dieser Auffassung ist auch der Gesetzgeber, wie sich aus der BT-Drs. 16/1410 S.63 zu der zum 01.08.2006 in Kraft getretenen Neufassung des § 26 Abs.3 ergibt. Danach soll die Neufassung "eine Regelung für Fallgestaltungen treffen, bei denen eine erwerbsfähige Person ausschließlich durch Aufwendungen für ihre Kranken- und Pflegeversicherung hilfebedürftig würde. Diese Hilfebedürftigkeit würde entfallen, wenn Alg II gezahlt würde, da Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert sind (§ 5 Abs.1 Nr.2a SGB V).
Für die Zeit vor dem 01.08.2006 bietet sich deshalb eine analoge Anwendung von § 26 SGB II an. Hierzu hat sich die Beklagte in Form des Teilanerkenntnisses, das die Kläger angenommen haben, für die Zeit ab 01.01.2005 bereit erklärt; die Höhe dieses Zuschusses ist hier nicht Streitgegenstand.
Dahinstehen kann, ob die im Januar 2005 zugeflossene Rentennachzahlung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2004 auf den Bedarf anzurechnen ist. Wesentlich ist, dass in der gesamten Nachzahlung die für die Monate Januar und Februar 2005 zustehenden Rentenzahlungen enthalten sind und diese in Höhe von 1.362,26 EUR für die Monate Januar und Februar jeweils bei der Einkommensanrechnung heranzuziehen sind. Insoweit sind diese Zahlungen laufende Einnahmen im Sinne des § 2 Abs.2 Satz 1 Alg II-V und für den - gesamten - Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.
Somit waren die Berufungen gegen das Urteil vom 06.09.2005 und den Gerichtsbescheid vom 12.06.2006 des Sozialgerichts Augsburg zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Arbeitslosengeld (Alg) II - streitig.
Die 1950 bzw. 1946 geborenen Kläger beantragten am 14.01.2005 die Bewilligung von Alg II. Mit Bescheid vom 03.02.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 1) für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 monatlich 358,07 EUR; für den Kläger zu 2) lehnte sie eine Leistungsbewilligung mit der Begründung ab, er sei laut Bescheid der BfA voll erwerbsgemindert und habe Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII, die nur auf Antrag erbracht würden.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin zu 1) Widerspruch ein und begehrte u.a. Pflichtversicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung. Weiterhin verwies sie auf den Bescheid der BfA vom 19.01.2005, mit dem diese dem Kläger zu 2) für die Zeit ab 01.01.2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe des Auszahlungsbetrages von monatlich 1.362,26 EUR bewilligte. Die laufende Zahlung erfolgte ab 01.03.2005, die Nachzahlung für die Zeit vom 01.01. bis 28.02.2005 in Höhe von 19.308,94 EUR ging noch im Januar beim Kläger zu 2) ein.
Mit Schreiben vom 31.03.2005 teilte die Beklagte mit, dass sie nach Überprüfung der Sachlage zu dem Ergebnis gekommen sei, dass wegen fehlender Bedürftigkeit ab 01.01.2005 kein Anspruch bestehe. Da die Rentennachzahlung noch im Januar eingegangen sei, habe sie im fraglichen Bedarfszeitraum bereits zur Verfügung gestanden. Für die Kläger errechne sich ein Bedarf von insgesamt 759,83 EUR, bestehend aus der Regelleistung des Alg II bzw. bezüglich des Klägers zu 2) des Sozialgeldes in Höhe von jeweils 311,00 EUR, den Nebenkosten der Unterkunft von 53,55 EUR, den Schuldzinsen von 40,61 EUR und der Heizkostenpauschale von 43,67 EUR. Anzurechnen sei der monatliche Auszahlungsbetrag der Rente von 1.362,26 EUR abzüglich der Ausgaben für die private Kranken- und und Pflegeversicherung des Klägers zu 2) in Höhe von monatlich 347,15 EUR, des Pauschbetrages für Versicherungen von 30,00 EUR, der Aufwendungen für die Kfz-Versicherung von monatlich 16,81 EUR, so dass ein Anrechnungsbetrag von 968,30 EUR verbleibe, der den Bedarf übersteige. Da die Klägerin zu 1) Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 349,20 EUR zu entrichten habe, entstehe ein Fehlbetrag in Höhe von 140,73 EUR; diesbezüglich habe sie einen Anspruch auf einen Zuschuss analog § 26 Abs.2 SGB II, der als Höchstbetrag 139,87 EUR betrage und den Fehlbetrag fast vollständig ausgleichen würde. Für die Zeit ab 01.03.2005 ergebe sich wegen des Wegfalles der Schuldzinsen ein Fehlbetrag von 100,12 EUR. Die Beklagte schlage vor, den Widerspruch als Zuschussantrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin zu 1) zu behandeln.
Hierzu teilten die Kläger mit, dass nach wie vor Anspruch auf Alg II mit Pflichtversicherung geltend gemacht werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2005 nahm die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 03.02.2005 zurück und lehnte den Antrag auf Bewilligung von Alg II ab 01.01.2005 ab. Sie forderte die Erstattung von 716,14 EUR. Da das Renteneinkommen des Klägers zu 2) ab 01.01.2005 zu berücksichtigen sei, liege Bedürftigkeit im Sinne von § 9 Abs.1 SGB II von Anfang an nicht vor. Ein Antrag auf Zuschuss zu der privaten Kranken- und Pflegeversicherung sei nicht gestellt worden.
Hiergegen haben die Kläger zum Sozialgericht Augsburg (SG) die Klage S 1 AS 179/05 erhoben. Nachdem die Beklagte einen weiteren Leistungsantrag vom 16.09.2005 mit Bescheid vom 02.12.2005, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 21.02.2006, wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt hatte, haben die Kläger die weitere Klage S 1 AS 157/06 erhoben. Zur Begründung der Klagen haben sie geltend gemacht, bei der Errechnung des Bedarfes seien anstelle der von der Beklagten angesetzten Heizkostenpauschale von 43,67 EUR die tatsächlich anfallenden Heizkosten von monatlich 90,20 EUR anzusetzen. Weiterhin bestehe für die Kläger ein Sonderbedarf wegen der Eigenbeteiligung in Höhe von 20 % an einigen der medizinisch notwendigen und ärztlich verschriebenen Medikamenten, deren Kosten von der privaten Krankenkasse nicht mehr übernommen würden; die monatlichen Aufwendungen betrügen für die Klägerin zu 1) 21,96 EUR und für den Kläger zu 2) 28,13 EUR. Bei der Einkommensanrechnung seien für beide Kläger ein Pauschbetrag in Höhe von 30,00 EUR für angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen abzuziehen. Dem sich somit errechnenden Bedarf von 815,84 EUR stehe ein bereinigtes Einkommen von 938,30 EUR gegenüber, so dass zunächst ein positiver Saldo von 122,46 EUR verbleibe. Dieser reiche nicht aus, um die monatlichen Beiträge der Klägerin zu 1) zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 379,48 EUR zu tragen, so dass sie insoweit hilfebedürftig sei. Es sei nicht lediglich ein Zuschuss in direkter oder analoger Anwendung des § 26 SGB II zu erbringen, sondern es sei Alg II in der Mindesthöhe von einem Cent monatlich zu bewilligen.
Mit Urteil vom 06.09.2005 hat das SG die Klage S 1 AS 179/05 abgewiesen. Ab Januar 2005 sei die Rentennachzahlung in Höhe von 19.308,94 EUR und ab 01.03.2005 die laufende Rentenzahlung von 1.362,26 EUR zu berücksichtigen. Es errechne sich unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Alg II und den daran geknüpften Versicherungsschutz nach § 5 Abs.1 Nr.2a SGB V. Die einzelnen Berechnungsposten könnten bei der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens im Detail offen bleiben. Der Pauschbetrag nach § 2 Nr.1 Alg II-V sei nur bei dem abzusetzen, der Einkommen beziehe. Ein Mehrbedarf sei nur nach Maßgabe des § 21 Abs.5 SGB II anzusetzen. Einen solchen Bedarf habe die Klägerin zu 1) nicht geltend gemacht. Aufwendungen oder Zuzahlungen für Medikamente fielen nicht unter die Regelleistung des § 21 Abs.5 SGB II. Die Leistungsbewilligung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen und gemäß § 45 Abs.1 SGB X i.V.m. §§ 330 Abs.2 SGB III, 40 Abs.1 Nr.1 SGB II zu Recht zurückgenommen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.06.2006 hat das SG die Klage S 1 AS 157/06 abgewiesen. Durch das Einkommen des Klägers zu 2) liege Bedürftigkeit nicht vor.
Gegen das Urteil vom 06.09.2005 und den Gerichtsbescheid vom 12.06.2006 haben die Kläger die Berufungen L 7 AS 53/05 und L 7 AS 180/06 eingelegt, die der Senat mit Beschluss vom 20.10.2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die Rentennachzahlung dürfe nicht auf den Bedarf ab 01.01.2005 angerechnet werden. Bei der Gegenüberstellung des sich errechnenden Bedarfs von 838,39 EUR und dem bereinigten Einkommen von 931,95 EUR verbleibe ein positiver Saldo von 93,56 EUR.
Die Beklagte hat sich im Rahmen eines Teilanerkenntnisses bereit erklärt, den Klägern ab 01.01.2005 den Zuschuss in analoger Anwendung des § 26 SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung zu zahlen; die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Im Übrigen beantragen sie, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.09.2005 sowie den Bescheid vom 03.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2005 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 12.06.2006 und den Bescheid vom 02.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen für die Zeit ab 01.01.2005 Alg II zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweisen sich die Rechtsmittel als unbegründet.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Bewilligung von Alg II. Unstreitig steht ihnen ein Anspruch in der mit Bescheid vom 03.02.2005 bewilligten Höhe nicht zu; die diesbezügliche Rücknahme dieses Bescheides im Widerspruchsbescheid vom 17.05.2005 wurde schon im Klageverfahren und auch im Berufungsverfahren nicht mehr angegriffen. Vielmehr begehren die Kläger die Bewilligung von Alg II in Form der sogenannten "Ein-Cent-Regelung". Ein solcher Anspruch besteht jedoch nicht.
Dem Anspruch der Kläger auf Alg II steht entgegen, dass sie nicht im Sinne des § 9 SGB II hilfebedürftig sind. Das Einkommen des Klägers zu 2) ist auf seinen Bedarf und gemäß § 9 Abs.2 Satz 1 SGB II auch auf den Bedarf der Klägerin zu 1) anzurechnen. Die in dem Schreiben der Beklagten vom 31.03.2005 dargestellte Berechnung des Bedarfes und des darauf anzurechnenden Einkommens ist nicht zu beanstanden, wobei dahinstehen kann, ob anstelle der von der Beklagten angesetzten Heizkostenpauschale von 43,67 EUR die von den Klägern als tatsächlich anfallend geltend gemachten Kosten von monatlich 90,20 EUR anzusetzen sind; auch in diesem Fall übersteigt das anzurechnende Einkommen den Bedarf. Zu Recht weist im Übrigen das SG darauf hin, dass die Versicherungspauschale von 30,00 EUR gemäß § 3 Nr.1 Alg II-V nur ein Mal abzusetzen ist. Weiterhin können die geltend gemachten Eigenbeteiligungen im Rahmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung weder als bedarfserhöhend noch als das anzurechnende Einkommen mindernd berücksichtigt werden, da weder das SGB II noch die Alg II-V diesbezügliche Regelungen enthalten. Im Übrigen ergibt sich auch aus den eigenen Berechnungen der Kläger, denen so nicht zu folgen ist, kein Anspruch auf Alg II. Dies gilt auch für die Zeit ab 01.12.2005, nämlich ab Bewilligung der bis dahin befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung als Dauerrente. Ab diesem Zeitpunkt käme für den Kläger zu 2) anstelle des Sozialgeldes nach § 28 Abs.1 Satz 1 SGB II gemäß § 41 Abs.1 Nr.2 SGB XII der Regelsatz nach § 28 i.V.m. § 40 SGB XII in Betracht. Der diesbezügliche Regelsatz beträgt in Bayern 341,00 EUR. Auch insoweit liegt der sich errechnende Bedarf unter dem anzurechnenden Einkommen.
Die Tatsache, dass die Klägerin zu 1) aus dem Betrag, um den das anzurechnende Einkommen den Bedarf übersteigt, nicht ihre Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung decken kann, begründet keinen Anspruch auf Alg II mit der Folge einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der anzuerkennende Bedarf ist in den §§ 19 ff. SGB II bzw. 28 ff. SGB XII abschließend geregelt; Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht als bedarfserhöhend vorgesehen. Ebenso wenig kann der Beitrag der Klägerin zu 1) von dem zu berücksichtigenden Einkommen abgezogen werden. Insoweit kann gemäß § 11 Abs.2 Nr.3a SGB II von dem Einkommen des Klägers zu 2) nur dessen Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung abgesetzt werden.
Eine anders lautende Auslegung der entsprechenden Vorschriften würde dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen. Dies ergibt sich aus § 26 Abs.3 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I S.1706. Danach übernimmt die Bundesagentur auf Antrag im erforderlichen Umfang die Aufwendungen für die angemessene Kranken- und Pflegeversicherung, soweit Personen allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig würden. Dieser Neufassung hätte es nicht bedurft, wenn Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung einen Anspruch auf Alg II begrüden würden oder von dem Einkommen des Partners abzusetzen wären. Denn dies hätte zur Folge, dass Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestünde mit der Folge, dass die die Hilfebedürftigkeit begründende Beitragszahlung wieder entfallen würde. Dieser Auffassung ist auch der Gesetzgeber, wie sich aus der BT-Drs. 16/1410 S.63 zu der zum 01.08.2006 in Kraft getretenen Neufassung des § 26 Abs.3 ergibt. Danach soll die Neufassung "eine Regelung für Fallgestaltungen treffen, bei denen eine erwerbsfähige Person ausschließlich durch Aufwendungen für ihre Kranken- und Pflegeversicherung hilfebedürftig würde. Diese Hilfebedürftigkeit würde entfallen, wenn Alg II gezahlt würde, da Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert sind (§ 5 Abs.1 Nr.2a SGB V).
Für die Zeit vor dem 01.08.2006 bietet sich deshalb eine analoge Anwendung von § 26 SGB II an. Hierzu hat sich die Beklagte in Form des Teilanerkenntnisses, das die Kläger angenommen haben, für die Zeit ab 01.01.2005 bereit erklärt; die Höhe dieses Zuschusses ist hier nicht Streitgegenstand.
Dahinstehen kann, ob die im Januar 2005 zugeflossene Rentennachzahlung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2004 auf den Bedarf anzurechnen ist. Wesentlich ist, dass in der gesamten Nachzahlung die für die Monate Januar und Februar 2005 zustehenden Rentenzahlungen enthalten sind und diese in Höhe von 1.362,26 EUR für die Monate Januar und Februar jeweils bei der Einkommensanrechnung heranzuziehen sind. Insoweit sind diese Zahlungen laufende Einnahmen im Sinne des § 2 Abs.2 Satz 1 Alg II-V und für den - gesamten - Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.
Somit waren die Berufungen gegen das Urteil vom 06.09.2005 und den Gerichtsbescheid vom 12.06.2006 des Sozialgerichts Augsburg zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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