L 4 KR 278/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 25/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 278/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 4. November 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Krankengeld über den 26.11.2001 hinaus zu bezahlen.

Die 1958 geborene Klägerin stammt aus Weißrussland. Sie war bei der Beklagten versichert. Seit 24.03.2001 war sie als Küchenhilfe in einer Gaststätte beschäftigt. Am 09.07.2001 bescheinigte ihr der Arzt für Orthopädie Dr.B. Arbeitsunfähigkeit bis 13.07.2001 und verlängerte am 13.07.2001 die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis 03.08.2001. Er gab an, am 13.07.2001 sei eine ambulante Hallux-valgus-Operation der Großzehe links erfolgt. Das Arbeitsverhältnis wurde am 20.07.2001 zum 20.08.2001 gekündigt, Arbeitsentgelt wurde bis 20.08.2001 weiter gezahlt. Ab 21.08.2001 erhielt die Klägerin Krankengeld. Nachdem am 19.09.2001 die Operation auch am rechten Fuß erfolgt war, bestätigte Dr.B. letztmals mit Auszahlschein vom 09.11.2001 Arbeitsunfähigkeit bis 18.11.2001. Am 21.11.2001 stellte die praktische Ärztin Frau L. eine Folgebescheinigung bis 30.11.2001 aus und gab auf Befragen der Beklagten an, der Zustand nach Fraktur der Großzehe habe durchgehend bestanden. Der hierzu nach Aktenlage von der Beklagten angehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) kam am 23.11.2001 zu dem Ergebnis, die arbeitslose Patientin könne ab 27.11.2001 wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2001 die Weitergewährung von Krankengeld über den 26.11.2001 ab. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 27.11.2001, mit dem sie dem MDK Fahrlässigkeit vorwarf und angab, man habe ihren Arzt unter Druck gesetzt, er hätte mit der Behörde kämpfen müssen. Sie könne nur sehr vorsichtig unter Schmerzen laufen. Weil sie nur wenig deutsch könne, könne man ihr keine leichten Arbeiten vermitteln, sie suche auch selbst Arbeit ohne das Arbeitsamt. So lange sie jedoch krank sei, sei jedem Arbeitgeber verboten, sie einzustellen. Sobald sie Arbeit finde, die sie sich auch leisten könne, werde sie den Arzt von sich aus bitten, sie arbeitsfähig zu schreiben. Auf telefonische Anfrage der Beklagten bestätigte Dr.B. am 06.12.2001, die Klägerin sei ab 19.11.2001 nicht weiter arbeitsunfähig. Frau L. gab an, sie werde die Klägerin über den 30.11.2001 nicht mehr arbeitsunfähig schreiben.

Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2002 zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.01.2002 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben mit der Begründung, ihre Füße schmerzten immer noch. Bei der Operation seien Fehler gemacht worden, der Arzt habe sie dann gesund geschrieben, damit keiner die Fehler merkt. Sie habe sich inzwischen über 30-mal bei Arbeitgebern vorgestellt, man habe sie immer weggeschickt, weil sie nicht genug deutsch spreche. Beim Putzen nehme man nur 630,00-DM-Basisleute, davon könne sie nicht leben. Auch in ihrem Beruf als Kassiererin habe sie sich beworben und sei nicht genommen worden, weil sie nicht genug deutsch spreche.

Die Bevollmächtigten der Klägerin führten dann weiter aus, die Klägerin habe an einem nicht feststellbaren Tag im zweiten Quartal 2001 einen Arbeitsunfall erlitten und sich dabei am linken Fuß und linken Bein verletzt. Dr.B. habe diese Verletzungen behandelt und anschließend operative Eingriffe an beiden Füßen vorgenommen. Das Gehvermögen der Klägerin hätte sich dadurch weiter verschlechtert. Die KLägerin lebe von Sozialhilfe. Das Sozialgericht holte Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin (Dr.B. , Dr.Z. , Dr.J. , Dres.L.) ein.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.11.2004 mit der Begründung abgewiesen, es fehle an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die behandelnden Ärzte hätten gegen die Feststellung des MDK, ab 27.11.2001 bestehe Arbeitsfähigkeit, keinen Einspruch nach den AU-Richtlinien erhoben. Die Angaben der Klägerin, ihr Arzt sei unter Druck gesetzt worden, stimmten nicht mit der Aktenlage und den Mitteilungen des Dr.B. überein. Die Klägerin habe ihre behandelnden Hausärzte Dres.L. auch erst am 05.02.2002 wieder konsultiert.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 21.12.2004, zu deren Begründung ausgeführt wird, die Klägerin habe aktenkundig zuletzt Dres.L. aufgesucht und sei am 21.11.2001 krank geschrieben worden. Die Klägerin habe nicht verlangt, dass im Gesamtzeitraum Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erteilt würden, deshalb sei entscheidungserheblich, ob die Ärzte Arbeitsunfähigkeit tatsächlich angenommen hätten. Das Sozialgericht verkenne die besondere Problematik, dass nämlich nach Auffassung mehrerer später konsultierter Orthopäden die beiden ambulanten Eingriffe von Dr.B. misslungen seien. Deshalb habe er die Klägerin nicht weiter behandelt. Der Klägerin seien die krankenversicherungsrechtlichen Konsequenzen nicht bekannt gewesen, sonst hätte sie sich selbstverständlich um weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bemüht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.11.2006 beantragt die Bevollmächtigte der Klägerin, Dr.Z. , Dr.J. und Dres.L. als Zeugen zu der Frage anzuhören, ob die Klägerin vom 27.11.2001 bis 20.02.2003 arbeitsunfähig gewesen ist und aufgrund dieser Zeugeneinvernahme ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen.

Im Übrigen beantragt sie, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.11.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.11.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 26.11.2000 hinaus Krankengeld zu zahlen bis 20.02.2003.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung nach § 144 SGG bedarf,ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankengeld, die Voraussetzungen des § 44 SGB V in Verbindung mit § 49 Abs.1 Nr.5 SGB V sind nicht gegeben. Gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Eine stationäre Behandlung lag im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor. Auch Arbeitsunfähigkeit ist nicht nachgewiesen. Nach der allgemeinen Begriffsbestimmung der Rechtsprechung liegt Arbeitsunfähigkeit dann vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann (Höfler in KassKomm, Rz.10 zu § 44 SGB V m.w.N.). Die Klägerin hat zuletzt die Tätigkeit einer Küchenhilfe ausgeübt. Noch vor Beendigung dieser Tätigkeit hat der sie behandelnde Orthopäde Dr.B. gemäß § 46 Abs.1 Nr.2 SGB V festgestellt, dass ab 09.07.2001 Arbeitsunfähigkeit in dieser Tätigkeit vorlag. Entsprechend hat die Beklagte Krankengeld bezahlt. Es ist dann weiter Aufgabe der behandelnden Ärzte, festzustellen, wann die Arbeitsunfähigkeit beendet ist. Die Feststellung hat Dr.B. zum 18.11.2001 getroffen, die praktische Ärztin Frau L. , die die Klägerin anschließend konsultiert hat, hat dann weiter Arbeitsunfähigkeit bis 30.11.2001 attestiert. Nachdem auch der zum Ende der Arbeitsunfähigkeit angehörte MDK Arbeitsunfähigkeit nur bis 26.11.2000 annahm, haben die behandelnden Ärzte, worauf das Sozialgericht zutreffend hinweist, ihre Möglichkeit, sich gegen die Einschätzung des MDK zu wenden, nicht ergriffen. Nach den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien hätten sie Einspruch erheben können, dies ist nicht geschehen. Es fehlt damit ab dem 27.11.2001 die zur Gewährung von Krankengeld unbedingt erforderliche ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin.

Die von der Vertreterin der Klägerin in der mündlichen vom 30.01.2006 beantragte Zeugenanhörung des Dr.Z. , Dr.J. und Dres.L. ist nicht geeignet, Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 27.11.2001 bis 20.02.2003 nachzuweisen. Das Sozialgericht hat von jedem der als Zeugen benannten Ärzte Befundberichte eingeholt. Dr.Z. hat im Befundbericht vom 09.08.2004 angegeben, er habe die Klägerin 2002 erst am 09.04. erstmals untersucht. Er kann damit keine Angaben darüber machen, ob die Klägerin am 27.11.2001 arbeitsunfähig war. Im Übrigen hat er ausgeführt, dass er selbst keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt habe, dass ihm nicht bekannt sei, wer Arbeitsunfähigkeit festgestellt habe und dass er auch nicht wisse, welche Tätigkeiten der Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegt worden seien. Dr.J. hat nach seinen Ausführungen vom 06.08.2004 die Klägerin nur am 11.02. und 26.02.2002 behandelt. Damit ist auch er nicht geeignet, durchgehende Arbeitsunfähigkeit über den 26.11.2001 hinaus zu bescheinigen. Auch nach seinen Aufzeichnungen wurde die Klägerin nicht arbeitsunfähig geschrieben. Schließlich ergibt sich aus dem ärztlichen Bericht des Dr.L. , beim Sozialgericht eingegangen am 26.08.2004, dass die Klägerin auch dort zwischen dem 30.11.2001 und 15.02.2002 nicht in Behandlung war. Über den 30.11.2001 ist auch nicht Arbeitsunfähigkeit bestätigt worden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die von Klägerseite als Zeugen benannten behandelnden Ärzte, da sie die Klägerin nach dem 27.11. bzw. 30.11.2001 nicht gesehen haben, keine Auskunft geben können, wie der Gesundheitszustand der Klägerin in dieser Zeit war und ob Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat. Den Antrag auf Zeugenanhörung ist deshalb nicht zu folgen.

Da für die Zeit ab 27.11.2001 wegen mangelnden Besuches bei Ärzten auch keine objektiven Befundunterlagen vorliegen können, hält der Senat eine Begutachtung nach Aktenlage nicht für sinnvoll. Da die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin, die aufgrund des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V bestand und gemäß § 192 Abs.1 Nr.2 SGB V während des Bezugs von Krankengeld fortbestand, mit dem 26.11.2001 endete, kann ein neuer Anspruch auf Krankengeld auch bei unterstellter Arbeitsunfähigkeit ab Februar 2002 nicht mehr entstehen. Die Beweiserhebung über diesen Zeitraum ist deshalb nicht erforderlich.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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