Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 168/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 51/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Der am 00.00.1916 in C in Polen geborene Kläger ist Jude und Verfolgter des Nazi-Regimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.
Er beantragte am 23.07.2002 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Er gab dabei an, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört zu haben. Er habe von 1939 bis 1942 während seines Aufenthaltes im Ghetto von Berezno außerhalb des Ghettos Tätigkeiten als Arbeiter verrichtet. Er habe Bahngleise gelegt und Torf ausgehoben und getrocknet. Er habe ca. 12 Stunden täglich gearbeitet. Er sei bei der Arbeit und auch auf dem Weg von und zur Arbeit von Polizisten und jüdischen Wächtern bewacht worden. Die Arbeit sei durch den Judenrat zugeteilt worden. Bekommen habe er dafür monatlich ein geringes Entgelt zum Erwerb von Essen, an die Summe könne er sich nicht erinnern. Bei einer deutschen Behörde habe er bisher aus Gewissensgründen noch nie eine Entschädigung angemeldet; nur von der Claims Conference habe er die Entschädigung aus dem Fond der deutschen Wirtschaft "EVZ" ausgezahlt bekommen (Bl. 41, 14 Rückseite der Verwaltungsakte der Beklagten). Zusätzlich teilte er noch mit, er habe tagtäglich wie die anderen Ghetto-Insassen nach Mokvin, ca. 18 km vom Ghetto entfernt, gehen müssen und dort bei der Verlegung von Bahngleisen und beim Torfausgraben arbeiten müssen (Bl. 24 der Verwaltungsakte). In einer weiteren nachgereichten Erklärung vom 20.03.2000 heißt es: "Bezüglich meines Antrages wegen Zwangsarbeit auf deutsche Veranlassung möchte ich hiermit folgende ... Versicherung abgeben: Ich habe bisher niemals, aus Gewissensgründen, Entschädigung angemeldet, und ich möchte daher meinen Verfolgungsvorgang schildern, so wie er sich tatsächlich leider zugetragen hat. Ab 1939 bis 1942 war ich im Ghetto Berezno. Vom Ghetto wurde ich tagtäglich zu Fuß hin und zurück nach Mokvin gebracht. Dort musste ich schwere Zwangsarbeiten bei Bahngleisen verrichten, außerdem musste ich Torf ausgraben und trocknen lassen ... Habe ich mich eines Abends in Mokvin versteckt und bin nicht mit den anderen Verfolgten nach Mokvin ins Ghetto zurückgegangen, sondern ich floh in den Wald - hielt ich mich versteckt" (Bl. 29 f der Verwaltungsakte).
Die Beklagte stellte fest, dass es doch Entschädigungsvorgänge nach dem BEG gab, nach Rückfrage bei der Bezirksregierung Düsseldorf (Bl. 31, 37 der Verwaltungsakte). Sie zog dann die Entschädigungsvorgänge von dem Amt für Wiedergutmachung in Saarburg bei. Dort hatte der Kläger in den 50er Jahren angegeben, von Juli 1941 bis August 1942 im Ghetto Berezno gewesen und dann in die Wälder geflüchtet zu sein (Bl. 46, 61 der Verwaltungsakte). Er habe vorher beim Torfstechen und Gleiselegen gearbeitet und sei täglich unter Bewachung zur Arbeit geführt worden. Bei der Arbeit habe er sich eine Verletzung der Wirbelsäule zugezogen, an der er noch immer leide (Bl. 72 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 01.03.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im einzelnen heißt es dort, die Beklagte gehe von Zwangsarbeit aus, die nach dem ZRBG nicht berücksichtigt werden könne. Der Kläger sei nach seinen Angaben sowohl auf dem Arbeitsweg wie auch an der Arbeit durch Polizisten und jüdische Wächter bewacht worden und sei unter Bewachung aus dem Ghetto heraus zur Arbeit geführt worden. Die Zuweisung jüdischer Arbeitskräfte in Arbeitskommandos sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Ghettos trage aber die charakteristischen Züge einer Zwangsarbeit, auch die Bewachung während der Arbeit sei ein starkes Indiz für ein Zwangsarbeitsverhältnis. Der Arbeiter sollten sich dadurch aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam nicht entfernen können. Ein aus freiem Willen aufgenommenes entlohntes Beschäftigungsverhältnis sei damit nicht glaubhaft.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 04.03.2004 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil der angefochtene Bescheid nach Aktenlage nicht zu beanstanden sei, zumal der Widerspruch nicht begründet worden sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 21.03.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung macht er geltend, für seine Tätigkeit habe er Lohn in Form von Sachbezügen zur beliebigen Verfügung bekommen, also hier wöchentlich Lebensmittel für zu Hause, Kleidung, Heizmaterial und bessere Unterkunft. Dies hätte die Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Die Verteilung der Arbeit habe in den Händen des Judenrates gelegen. Allein die frühere Darstellung von Zwang bei Aufenthalt und Arbeit im Ghetto im Entschädigungsverfahren dürfe nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden; generell hätten alle Ghettoinsassen dies so empfunden. Das Gutachten von H für das Generalgouvernement bestätige seine Darstellung. Rechtlich habe ein Lohnanspruch für die jüdischen Arbeiter in der Ukraine bestanden, weshalb der Lohnanspruch dazu führe, ihn so zu stellen als habe er Entgelt erhalten.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihm anlässlich des Aufenthalts im Ghetto von Berezno von Juli 1941 bis August 1942 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 01.03.2004, den sie nach wie vor für richtig hält. Ergänzend macht sie geltend, gerade die Angabe des Klägers sogar im Rentenfragebogen, er sei auch während der Arbeit bewacht worden, spreche als typisches Indiz für Zwangsarbeit, die nicht unter das ZRBG falle. Auch die Zuteilung von Arbeit durch den Judenrat spreche für die Annahme von Zwangsarbeit. Die Formulierung der Einteilung von Arbeit lege auch nahe, das keinen Einfluss auf die Beschäftigung sowie die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses bestanden habe. Überdies spreche auch die Erklärung des Klägers vom 20.03.2000 über die Verrichtung von schweren Zwangsarbeiten im Ghetto Berenzo für die Auffassung der Beklagten. Außerdem gehe es hier nicht um eine Beschäftigung im Generalgouvernement, sodass es schon deshalb auf das Gutachten von H nicht ankomme. Nicht nachvollziehbar sei für die Beklagte auch, weshalb eine Verordnung über den Arbeitseinsatz von Juden für den Bereich der Stadt Minsk herangezogen werde. Weder sei der Kläger dort beschäftigt gewesen, noch habe er sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung für Minsk (vom 25.08.1942) überhaupt noch in einem Ghetto befunden, zu diesem Zeitpunkt sei er bereits geflüchtet gewesen. Außerdem erfülle ein Rechtsanspruch auf Lohn nicht die Voraussetzungen des ZRBG, was auch bereits das LSG NRW bestätigt habe.
Das Gericht hat eine Auskunft der Claims Conference eingeholt. Diese hat mitgeteilt, der Kläger habe (aufgrund eines Antrages vom 13.02.2001, Bl. 32 der Gerichtsakte) eine Entschädigung aufgrund seines Verfolgungsschicksals im Ghetto Berezno im Jahre 1942 erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 01.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 ZRBG zur Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung, und überdies schließt auch die von der Claims Conference gewährte Entschädigung nach dem Stiftungsgesetz hier ohnehin Rentenleistungen nach dem SGB VI aus.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in dem Bescheid vom 01.03.2004 - was die Verneinung der Voraussetzung des § 1 ZRBG angeht -, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in diesem Bescheid auch bereits die entscheidende Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben und weshalb hier schon nicht von freiwilliger oder auch entgeltlicher Beschäftigung im Sinne des ZRBG aus eigenem Willensentschluss ausgegangen werden kann.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente ist nach § 35 SGB VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 50 ff SGB VI hat der Kläger aber nicht. Die Anwendbarkeit des ZRBG zu seinen Gunsten zur Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung und zur Zahlbarmachung einer Rente ins Ausland scheitert hier auch schon daran, dass er keine Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht hat, die auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus "eigenem Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.
I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag für die Annahme einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Tätigkeit, für die sogar ein Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste, um überhaupt rentenrechtlich relevant zu sein, entsprechend § 1227 der 1941/42 für die allgemeine Rentenversicherung gültigen Reichsversicherungsordnung, wonach Zuwendungen allein zur Unterhaltssicherung schon keine Rentenversicherungspflicht begründet hätten. Gerade angesichts der Angaben des Klägers im früheren Entschädigungsverfahren aus den 50er Jahren und in der Erklärung vom 20.03.2000 und angesichts auch der Angaben des Klägers in seinem Rentenantrag, dass er auch während der Arbeit bewacht worden sei, sprechen die überwiegenden Gesamtumstände gegen die Annahme eines aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigungsverhältnisses. Die Beklagte weist völlig zu Recht darauf hin, dass gerade die Bewachung nicht nur auf den Wegen von und zur Arbeit, sondern auch während der Arbeit eines der stärksten Indizien überhaupt für Zwangsarbeit ist, denn die Bewachung bei der Arbeit dient regelmäßig dazu, einen Verfolgten dazu anzuhalten die Arbeit zu verrichten und sich nicht zu entfernen und nicht zu flüchten. Dem substanziiert Entgegenstehendes hat der Kläger nicht vorgetragen, auch nicht mit der Klageschrift. Im übrigen sprechen auch die sonstigen Angaben anlässlich der Rentenantragstellung für die Annahme von Zwangsarbeit; danach musste der Kläger nämlich tagtäglich zu Fuß vom Ghetto zur Arbeitsstelle in Mokvin gebracht werden, und dafür jeden Tag nach seinen eigenen Angaben viele Kilometer laufen und nach dem Marsch dann auch noch schwere "Zwangsarbeiten" verrichten. Unter Bewachung wurde er dorthin gebracht, und erhielt nach seinen ursprünglichen Angaben im Rentenantrag nur ein lediglich geringes Entgelt, das nur zum Erwerb von Essen ausreichte, an mehr könne er sich nicht erinnern, so der Klägerin im Rentenfragebogen. Das Vorbringen erst in der Klageschrift, das auch nicht durch eigene Erklärungen des Klägers oder von Zeugen näher substanziiert wurde, er habe auch noch wöchentlich Lebensmittel für zu Hause bekommen, Kleidung und Heizmaterial und anderes, ist demgegenüber nicht wahrscheinlicher als die frühere ursprüngliche unbefangene Darstellung im Rentenfragebogen und die jetzt aufgetretenen Widersprüche zum ursprünglichen Vorbringen gehen im Zweifel nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten des Klägers. Allein ein Anspruch auf Lohn nach Vorschriften für das Gebiet Berezno würde ohnehin nicht ausreichen, um ein "Entgelt" im Sinne des § 1 ZRBG zu begründen (LSG NRW Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 178/05).
II. Selbst wenn bei dem Kläger ein freiwilliges und sogar entgeltlich gewesenes Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Berezno vorgelegen hätte, so würde sein Anspruch auf eine Rente unter Berücksichtigung des ZRBG auch daran scheitern, dass der Kläger für die Zeit im Ghetto Berezno und die dortige Tätigkeit bereits entschädigt wurde, nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStfitG). Wie die Claims Conference bestätigt hat, hat der Kläger aufgrund der 2001 eingeführten Vorschriften für Zwangsarbeitsverhältnisse aufgrund eines Antrages von 2001 für das Jahr 1942 im Ghetto Berezno eine Entschädigung erhalten. § 16 EVZStiftG regelt nun in seinem Abs. 1 Satz 2: "Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen". Die 26. Kammer des Sozialgericht Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Ausschluss von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung enthält bzw. solche ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache 16/1955 Seite 5). Dort hat die Bundesregierung klargestellt, es sei zu unterscheiden zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen und Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht wird. Ist der Kläger somit wie hier gerade für Tätigkeiten bzw. für sein Verfolgungsschicksal im Ghetto Berezno als ehemaliger Zwangsarbeiter nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzes wie hier nach dem ZRBG bzw. SGB VI zur Folge. Dabei ist es nach Auffassung der Kammer auch ohne Bedeutung, ob die nach dem EVZStiftG gewähre Zwangsarbeiterentschädigung für Tätigkeit im Ghetto auf das Jahr 1942 beschränkt wurde, denn es handelt sich um Pauschalentschädigungen für Tätigkeiten zwangsweise im Ghetto, sodass auch alle sonstigen Tätigkeiten im Ghetto (auch vor 1942) vom Anspruchsausschluss erfasst werden, wenn es um Tätigkeiten geht, die wie hier von der Claims Conference als Zwangsarbeit qualifiziert wurden (u. a. eben gerade auch aufgrund der früheren Angaben des Klägers in früheren Entschädigungsverfahren). Dass die Tätigkeit schon im Ghetto im Jahre 1941 nicht im Rahmen der Anspruchsprüfung nach dem EVZStiftG mit eingebracht wurde, fällt in den Verantwortungsbereich des Klägers.
III. Abschließend bemerkt die Kammer, das im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 1 ZRBG - oben zu I - hier auch zu Lasten des Klägers ins Gewicht fällt, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens in der Klagebegründung auch darunter generell leidet, dass der Kläger mit Bl. 41 der Rentenakte im Rentenverfahren angab, bisher niemals aus Gewissensgründen eine Entschädigung beantragt zu haben außer bei der Claims Conference. Denn dies trifft nicht zu, genauso wenig wie in der Erklärung vom 20.03.2000, denn der Kläger hat bereits in den 50er Jahren Entschädigungsansprüche nach dem BEG geltend gemacht, wie die Beklagte aufgrund einer Rückfrage bei der Bezirksregierung feststellen musste. Auch aus diesem Grund könnte - selbst wenn die Zwangsarbeiterentschädigung nach dem Stiftungsgesetz Rentenansprüchen nicht entgegenstehen würde - das klägerische Vorbringen im Klageverfahren nicht als wahrscheinlicher angesehen werden als das frühere Vorbringen, wonach er doch Zwangsarbeit verrichten musste unter auch körperlich sehr schweren Bedingungen wie im Entschädigungsverfahren bzw. in der Erklärung vom 20.03.2000 geschildert.
IV. Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal des Klägers, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch des Klägers zu entsprechen. Das ZRBG bzw. das SGB VI und das EVZStiftG geben zur Überzeugung der Kammer für den Kläger weitergehende Ansprüche nicht her.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Der am 00.00.1916 in C in Polen geborene Kläger ist Jude und Verfolgter des Nazi-Regimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.
Er beantragte am 23.07.2002 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Er gab dabei an, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört zu haben. Er habe von 1939 bis 1942 während seines Aufenthaltes im Ghetto von Berezno außerhalb des Ghettos Tätigkeiten als Arbeiter verrichtet. Er habe Bahngleise gelegt und Torf ausgehoben und getrocknet. Er habe ca. 12 Stunden täglich gearbeitet. Er sei bei der Arbeit und auch auf dem Weg von und zur Arbeit von Polizisten und jüdischen Wächtern bewacht worden. Die Arbeit sei durch den Judenrat zugeteilt worden. Bekommen habe er dafür monatlich ein geringes Entgelt zum Erwerb von Essen, an die Summe könne er sich nicht erinnern. Bei einer deutschen Behörde habe er bisher aus Gewissensgründen noch nie eine Entschädigung angemeldet; nur von der Claims Conference habe er die Entschädigung aus dem Fond der deutschen Wirtschaft "EVZ" ausgezahlt bekommen (Bl. 41, 14 Rückseite der Verwaltungsakte der Beklagten). Zusätzlich teilte er noch mit, er habe tagtäglich wie die anderen Ghetto-Insassen nach Mokvin, ca. 18 km vom Ghetto entfernt, gehen müssen und dort bei der Verlegung von Bahngleisen und beim Torfausgraben arbeiten müssen (Bl. 24 der Verwaltungsakte). In einer weiteren nachgereichten Erklärung vom 20.03.2000 heißt es: "Bezüglich meines Antrages wegen Zwangsarbeit auf deutsche Veranlassung möchte ich hiermit folgende ... Versicherung abgeben: Ich habe bisher niemals, aus Gewissensgründen, Entschädigung angemeldet, und ich möchte daher meinen Verfolgungsvorgang schildern, so wie er sich tatsächlich leider zugetragen hat. Ab 1939 bis 1942 war ich im Ghetto Berezno. Vom Ghetto wurde ich tagtäglich zu Fuß hin und zurück nach Mokvin gebracht. Dort musste ich schwere Zwangsarbeiten bei Bahngleisen verrichten, außerdem musste ich Torf ausgraben und trocknen lassen ... Habe ich mich eines Abends in Mokvin versteckt und bin nicht mit den anderen Verfolgten nach Mokvin ins Ghetto zurückgegangen, sondern ich floh in den Wald - hielt ich mich versteckt" (Bl. 29 f der Verwaltungsakte).
Die Beklagte stellte fest, dass es doch Entschädigungsvorgänge nach dem BEG gab, nach Rückfrage bei der Bezirksregierung Düsseldorf (Bl. 31, 37 der Verwaltungsakte). Sie zog dann die Entschädigungsvorgänge von dem Amt für Wiedergutmachung in Saarburg bei. Dort hatte der Kläger in den 50er Jahren angegeben, von Juli 1941 bis August 1942 im Ghetto Berezno gewesen und dann in die Wälder geflüchtet zu sein (Bl. 46, 61 der Verwaltungsakte). Er habe vorher beim Torfstechen und Gleiselegen gearbeitet und sei täglich unter Bewachung zur Arbeit geführt worden. Bei der Arbeit habe er sich eine Verletzung der Wirbelsäule zugezogen, an der er noch immer leide (Bl. 72 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 01.03.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im einzelnen heißt es dort, die Beklagte gehe von Zwangsarbeit aus, die nach dem ZRBG nicht berücksichtigt werden könne. Der Kläger sei nach seinen Angaben sowohl auf dem Arbeitsweg wie auch an der Arbeit durch Polizisten und jüdische Wächter bewacht worden und sei unter Bewachung aus dem Ghetto heraus zur Arbeit geführt worden. Die Zuweisung jüdischer Arbeitskräfte in Arbeitskommandos sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Ghettos trage aber die charakteristischen Züge einer Zwangsarbeit, auch die Bewachung während der Arbeit sei ein starkes Indiz für ein Zwangsarbeitsverhältnis. Der Arbeiter sollten sich dadurch aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam nicht entfernen können. Ein aus freiem Willen aufgenommenes entlohntes Beschäftigungsverhältnis sei damit nicht glaubhaft.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 04.03.2004 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil der angefochtene Bescheid nach Aktenlage nicht zu beanstanden sei, zumal der Widerspruch nicht begründet worden sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 21.03.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung macht er geltend, für seine Tätigkeit habe er Lohn in Form von Sachbezügen zur beliebigen Verfügung bekommen, also hier wöchentlich Lebensmittel für zu Hause, Kleidung, Heizmaterial und bessere Unterkunft. Dies hätte die Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Die Verteilung der Arbeit habe in den Händen des Judenrates gelegen. Allein die frühere Darstellung von Zwang bei Aufenthalt und Arbeit im Ghetto im Entschädigungsverfahren dürfe nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden; generell hätten alle Ghettoinsassen dies so empfunden. Das Gutachten von H für das Generalgouvernement bestätige seine Darstellung. Rechtlich habe ein Lohnanspruch für die jüdischen Arbeiter in der Ukraine bestanden, weshalb der Lohnanspruch dazu führe, ihn so zu stellen als habe er Entgelt erhalten.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihm anlässlich des Aufenthalts im Ghetto von Berezno von Juli 1941 bis August 1942 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 01.03.2004, den sie nach wie vor für richtig hält. Ergänzend macht sie geltend, gerade die Angabe des Klägers sogar im Rentenfragebogen, er sei auch während der Arbeit bewacht worden, spreche als typisches Indiz für Zwangsarbeit, die nicht unter das ZRBG falle. Auch die Zuteilung von Arbeit durch den Judenrat spreche für die Annahme von Zwangsarbeit. Die Formulierung der Einteilung von Arbeit lege auch nahe, das keinen Einfluss auf die Beschäftigung sowie die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses bestanden habe. Überdies spreche auch die Erklärung des Klägers vom 20.03.2000 über die Verrichtung von schweren Zwangsarbeiten im Ghetto Berenzo für die Auffassung der Beklagten. Außerdem gehe es hier nicht um eine Beschäftigung im Generalgouvernement, sodass es schon deshalb auf das Gutachten von H nicht ankomme. Nicht nachvollziehbar sei für die Beklagte auch, weshalb eine Verordnung über den Arbeitseinsatz von Juden für den Bereich der Stadt Minsk herangezogen werde. Weder sei der Kläger dort beschäftigt gewesen, noch habe er sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung für Minsk (vom 25.08.1942) überhaupt noch in einem Ghetto befunden, zu diesem Zeitpunkt sei er bereits geflüchtet gewesen. Außerdem erfülle ein Rechtsanspruch auf Lohn nicht die Voraussetzungen des ZRBG, was auch bereits das LSG NRW bestätigt habe.
Das Gericht hat eine Auskunft der Claims Conference eingeholt. Diese hat mitgeteilt, der Kläger habe (aufgrund eines Antrages vom 13.02.2001, Bl. 32 der Gerichtsakte) eine Entschädigung aufgrund seines Verfolgungsschicksals im Ghetto Berezno im Jahre 1942 erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 01.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 ZRBG zur Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung, und überdies schließt auch die von der Claims Conference gewährte Entschädigung nach dem Stiftungsgesetz hier ohnehin Rentenleistungen nach dem SGB VI aus.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in dem Bescheid vom 01.03.2004 - was die Verneinung der Voraussetzung des § 1 ZRBG angeht -, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in diesem Bescheid auch bereits die entscheidende Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben und weshalb hier schon nicht von freiwilliger oder auch entgeltlicher Beschäftigung im Sinne des ZRBG aus eigenem Willensentschluss ausgegangen werden kann.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente ist nach § 35 SGB VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 50 ff SGB VI hat der Kläger aber nicht. Die Anwendbarkeit des ZRBG zu seinen Gunsten zur Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung und zur Zahlbarmachung einer Rente ins Ausland scheitert hier auch schon daran, dass er keine Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht hat, die auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus "eigenem Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.
I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag für die Annahme einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Tätigkeit, für die sogar ein Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste, um überhaupt rentenrechtlich relevant zu sein, entsprechend § 1227 der 1941/42 für die allgemeine Rentenversicherung gültigen Reichsversicherungsordnung, wonach Zuwendungen allein zur Unterhaltssicherung schon keine Rentenversicherungspflicht begründet hätten. Gerade angesichts der Angaben des Klägers im früheren Entschädigungsverfahren aus den 50er Jahren und in der Erklärung vom 20.03.2000 und angesichts auch der Angaben des Klägers in seinem Rentenantrag, dass er auch während der Arbeit bewacht worden sei, sprechen die überwiegenden Gesamtumstände gegen die Annahme eines aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigungsverhältnisses. Die Beklagte weist völlig zu Recht darauf hin, dass gerade die Bewachung nicht nur auf den Wegen von und zur Arbeit, sondern auch während der Arbeit eines der stärksten Indizien überhaupt für Zwangsarbeit ist, denn die Bewachung bei der Arbeit dient regelmäßig dazu, einen Verfolgten dazu anzuhalten die Arbeit zu verrichten und sich nicht zu entfernen und nicht zu flüchten. Dem substanziiert Entgegenstehendes hat der Kläger nicht vorgetragen, auch nicht mit der Klageschrift. Im übrigen sprechen auch die sonstigen Angaben anlässlich der Rentenantragstellung für die Annahme von Zwangsarbeit; danach musste der Kläger nämlich tagtäglich zu Fuß vom Ghetto zur Arbeitsstelle in Mokvin gebracht werden, und dafür jeden Tag nach seinen eigenen Angaben viele Kilometer laufen und nach dem Marsch dann auch noch schwere "Zwangsarbeiten" verrichten. Unter Bewachung wurde er dorthin gebracht, und erhielt nach seinen ursprünglichen Angaben im Rentenantrag nur ein lediglich geringes Entgelt, das nur zum Erwerb von Essen ausreichte, an mehr könne er sich nicht erinnern, so der Klägerin im Rentenfragebogen. Das Vorbringen erst in der Klageschrift, das auch nicht durch eigene Erklärungen des Klägers oder von Zeugen näher substanziiert wurde, er habe auch noch wöchentlich Lebensmittel für zu Hause bekommen, Kleidung und Heizmaterial und anderes, ist demgegenüber nicht wahrscheinlicher als die frühere ursprüngliche unbefangene Darstellung im Rentenfragebogen und die jetzt aufgetretenen Widersprüche zum ursprünglichen Vorbringen gehen im Zweifel nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten des Klägers. Allein ein Anspruch auf Lohn nach Vorschriften für das Gebiet Berezno würde ohnehin nicht ausreichen, um ein "Entgelt" im Sinne des § 1 ZRBG zu begründen (LSG NRW Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 178/05).
II. Selbst wenn bei dem Kläger ein freiwilliges und sogar entgeltlich gewesenes Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Berezno vorgelegen hätte, so würde sein Anspruch auf eine Rente unter Berücksichtigung des ZRBG auch daran scheitern, dass der Kläger für die Zeit im Ghetto Berezno und die dortige Tätigkeit bereits entschädigt wurde, nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStfitG). Wie die Claims Conference bestätigt hat, hat der Kläger aufgrund der 2001 eingeführten Vorschriften für Zwangsarbeitsverhältnisse aufgrund eines Antrages von 2001 für das Jahr 1942 im Ghetto Berezno eine Entschädigung erhalten. § 16 EVZStiftG regelt nun in seinem Abs. 1 Satz 2: "Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen". Die 26. Kammer des Sozialgericht Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Ausschluss von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung enthält bzw. solche ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache 16/1955 Seite 5). Dort hat die Bundesregierung klargestellt, es sei zu unterscheiden zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen und Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht wird. Ist der Kläger somit wie hier gerade für Tätigkeiten bzw. für sein Verfolgungsschicksal im Ghetto Berezno als ehemaliger Zwangsarbeiter nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzes wie hier nach dem ZRBG bzw. SGB VI zur Folge. Dabei ist es nach Auffassung der Kammer auch ohne Bedeutung, ob die nach dem EVZStiftG gewähre Zwangsarbeiterentschädigung für Tätigkeit im Ghetto auf das Jahr 1942 beschränkt wurde, denn es handelt sich um Pauschalentschädigungen für Tätigkeiten zwangsweise im Ghetto, sodass auch alle sonstigen Tätigkeiten im Ghetto (auch vor 1942) vom Anspruchsausschluss erfasst werden, wenn es um Tätigkeiten geht, die wie hier von der Claims Conference als Zwangsarbeit qualifiziert wurden (u. a. eben gerade auch aufgrund der früheren Angaben des Klägers in früheren Entschädigungsverfahren). Dass die Tätigkeit schon im Ghetto im Jahre 1941 nicht im Rahmen der Anspruchsprüfung nach dem EVZStiftG mit eingebracht wurde, fällt in den Verantwortungsbereich des Klägers.
III. Abschließend bemerkt die Kammer, das im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 1 ZRBG - oben zu I - hier auch zu Lasten des Klägers ins Gewicht fällt, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens in der Klagebegründung auch darunter generell leidet, dass der Kläger mit Bl. 41 der Rentenakte im Rentenverfahren angab, bisher niemals aus Gewissensgründen eine Entschädigung beantragt zu haben außer bei der Claims Conference. Denn dies trifft nicht zu, genauso wenig wie in der Erklärung vom 20.03.2000, denn der Kläger hat bereits in den 50er Jahren Entschädigungsansprüche nach dem BEG geltend gemacht, wie die Beklagte aufgrund einer Rückfrage bei der Bezirksregierung feststellen musste. Auch aus diesem Grund könnte - selbst wenn die Zwangsarbeiterentschädigung nach dem Stiftungsgesetz Rentenansprüchen nicht entgegenstehen würde - das klägerische Vorbringen im Klageverfahren nicht als wahrscheinlicher angesehen werden als das frühere Vorbringen, wonach er doch Zwangsarbeit verrichten musste unter auch körperlich sehr schweren Bedingungen wie im Entschädigungsverfahren bzw. in der Erklärung vom 20.03.2000 geschildert.
IV. Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal des Klägers, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch des Klägers zu entsprechen. Das ZRBG bzw. das SGB VI und das EVZStiftG geben zur Überzeugung der Kammer für den Kläger weitergehende Ansprüche nicht her.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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