L 3 U 355/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 13 U 286/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 355/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 03.08.2004 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte beim Kläger als weitere unfallbedingte Gesundheitsschäden eine Verformung des fünften Halswirbelkörpers, Fibrillationen und einen Lage- und Lagerungsmystagmus anerkennt.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente für die Folgen des Arbeitsunfalles am 19.9.1988.

Der 1949 geborene Kläger, von Beruf Orthopäde, kam am 19.09.1988 am Langenselbolder Dreieck/H. als Fahrer eines Pkws Toyota Kombi auf dem Weg zur Arbeit von der Fahrbahn ab, fuhr gegen die linke Leitplanke und überschlug sich mehrmals. Die Erstversorgung fand im Stadtkrankenhaus H. statt und nach zwei Tagen in der Chirurgischen Universitätsklinik H ... Dort wurden ein Deckplatteneinbruch des 3. und 4. Brust- wirbelkörpers (BWK)und eine Vorderkantenabsprengung am 5. BWK diagnostiziert (Prof.Dr.K. , H. , vom 29.09.1988). Wegen einer Angst- und Depressionskrankheit ist der Kläger seit 1989 auf Dauer berufsunfähig, der Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht (GdB) beträgt 50 v.H. In der Zeit vom 16.12.1989 bis 30.10.1990 befand sich der Kläger in der psychiatrischen Klinik D. , wo er bei einem Sturz am 23.03.1990 eine Tibiafraktur erlitt.

Der Kläger stellte am 17.07.1993 bei der Beklagten wegen der Folgen des Unfalls vom 19.09.1988 einen Antrag auf Überprüfung wegen schwerer thorokaler Schmerzzustände, Cephalgien und schmerzbedingter Atembeeinträchtigung. Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr.S. (E.) vom 27.12.1993 ein. Die Auswertung von Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule (HWS) zeigte eine leichte Steilstellung, die Wirbelkörper (WK) waren regelrecht geformt, lediglich der 5. Halswirbelkörper (HWK) war leicht höhengemindert. Wegen der verheilten Frakturen des 5. BWK und einer Bewegungseinschränkung der Brustwirbelsäule (BWS) hielt er eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 15 v.H. für gegeben. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.04.1994 einen Rentenanspruch ab.

Am 17.10.1995 beantragte der Kläger einen Nachuntersuchungster- min. Die Beklagte zog 16 Röntgenbilder von 1993 bei, Röntgen- bilder des Städtischen Krankenhauses H. waren nicht auffind- bar. Sie beauftragte erneut Prof.Dr.S. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser hielt weiterhin eine MdE von 15 v.H. für gegeben (Gutachten vom 20.03.1996). Nach Einholung einer Stellungnahme des Dr.P. vom 22.09.1996 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.10.1996 den Neuantrag ab.

Mit Schreiben vom 08.12.2000 begehrte der Kläger eine Feststellung der MdE wegen Behinderungen im Bereich der gesamten HWS und BWS. Er legte einen Heilverfahrens-Bericht der Argenthal-klinik vor, wo er sich vom 08.12.1995 bis 04.01.1996 in stationärer Behandlung befunden hatte, sowie einen Kernspinbefund des Dr.S. vom 23.08.2000 und ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des Schädels vom 24.06.1998. Er machte einen seit 1992 bestehenden beidseitigen Tinnitus mit Schwindel geltend. Die Beklagte holte ein Gutachten des HNO-Arztes Dr.E. vom 18.07.2001 und des Unfallchirurgen Dr.O. vom 06.09.2001 ein. Dr.O. hielt eine MdE von 15 v.H. weiterhin für ge- geben. Die Diagnose lautete: Verheilte Kompressionsbrüche des 3. bis 5. Brustwirbelkörpers mit mäßiger Kyphosierung ohne we- sentliche Eineingung des Spinalkanals oder der Neuroforamina, mäßige Bewegungseinschränkung der BWS ohne Progression sowie degenerative Veränderungen der HWS vor allem im Segment HWK 4/5 und HWK 5/6 mit deutlicher Zunahme der röntgen-/kernspintomographischen Veränderungen und Auftreten von rezidivierenden Cervicobrachialgien in den letzten Jahren. Diese seien nicht auf den Unfall vom 19.09.1988 zurückführen. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Dr.E. vom 20.09.2002, der den vorliegenden Tinnitus beiderseits nicht auf das Unfallereignis zurückführte, lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2002 ab, dem Kläger Verletztenrente zu gewähren.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und beantragt, ihm ab 11.12.2000 Verletz- tenrente zu gewähren. Das SG hat Gutachten des Orthopäden Dr.F. , des Neurologen Dr.K. und der Prof.Dr.S. (Klinik für HNO-Heilkunde Großhadern) eingeholt. Dr.F. stellte röntgenologisch fest, dass beim Kläger eine Verformung des 5. Halswirbelkörpers mit eingedellter Deckplatte und da- durch erweitertem Zwischenwirbelraum zwischen dem 4. und dem 5. HWK besteht. Das Segment ist knöchern überbrückt. Im nächst darunter liegenden Segment ist eine Bandscheibenverschmälerung dergestalt, dass die Bandscheibe zwischen dem 4. und 5. HWK sich schon bei den am 16.12.1993 angefertigten Röntgenaufnahmen breiter als die beiden benachbarten darstellte, da Bandscheibengewebe in die etwas eingesunkene Deckplatte des 5. HWK verlagert war. Zu diesem Zeitpunkt bestanden keinerlei Randspornbildungen. Die darunter liegende Bandscheibe war noch nicht isoliert verschmälert. Auch bei Aufnahmen am 19.12.1995 ist eine Verbreiterung der Bandscheibe zwischen dem 4. und 5. HWK bei etwas eingesunkener Deckplatte des 5. HWK zu sehen. Die am Unfalltag angefertigte Röntgenaufnahme der HWS steht nicht zur Verfügung. Dr. F. legte dar, nachdem die Verformung des 5. HWK dokumentiert sei, lasse sich ein Zusammenhang zwischen dieser Verformung und dem Unfall vom 19.08.1988 herstellen. Es habe beim Überschlag eine Stauchbelastung der HWS gegeben. Außerdem habe laut Durchgangsarztbericht die entsprechende klinische Erstsymptomatik bestanden - es waren am Unfalltag Schmerzen in der HWS geklagt worden und der Übergang von der HWS zur BWS war druckempfindlich. Die Beweglichkeit war schmerzhaft eingeschränkt und auch die Morphologie des 5. HWK mit sich inzwischen entwickelnden Randspornbildungen ließen einen Kausalzusammenhang mit dem Unfall vom 19.08.1988 wahrscheinlich machen. Die MdE betrage 25 v.H. Dr.K. hat im Gutachten vom 22.10.2003 auf nervenärztlichem Gebiet keine Unfallfolgen festgestellt. Prof.Dr.S. ist im Gutachten vom 04.10.2003/ 07.01.2004 zu der Auffassung gekommen, dass die Läsionen, die als Prasselgeräusche beschrieben wurden und der Schwindel in Form eines richtungswechselnden Lage- und Lagerungsnystagmus als Folge der zervikalen Schädigung und damit als Unfallfolge anzuerkennen seien. Die MdE hierfür betrage 20 v.H., die Gesamt-MdE 35 v.H.

Daraufhin hat das SG mit Urteil vom 03.08.2004 die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 35 v.H. ab 11.12.2000 zu gewähren. Es hat ausgeführt, aufgrund des Unfallhergangs sei eine erhebliche Stauchverletzung der HWS nachgewiesen. Dafür spreche schon die Platzwunde über dem Schädeldach. Da drei Frakturen von BWKn abgelaufen seien, sei auch nachgewiesen, dass eine erhebliche Kontaktverletzung der HWS stattgefunden habe. Damit sei zur Überzeugung des Gerichts ein Erstschaden im Bereich der HWS mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten. Die genaue medizinische Diagnose der erlittenen Primärschädigung sei nicht notwendig. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der unfallbedingten Stauchverletzung der HWS und den von Dr.F. anhand der am 16.12.1993 angefertigten Röntgenaufnahmen diagnostizierten strukturellen Veränderungen im Bereich der HWS bestehe. Bei der Untersuchung am 16.03.1993 habe sich gezeigt, dass Bandscheibengewebe in die etwas eingesunkene Deckplatte des 5. HWK verlagert war. Damit ließen sich auch die entwickelten Randspornbildungen auf das Unfallereignis vom 19.08.1988 zurückführen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und vorgetragen, bei dem Unfallereignis vom 23.03.1990 habe eben- falls eine Verletzung im Bereich der HWS stattfinden können. In der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 12.03.2005 hat Dr.F. ausgeführt, Deckplatteneinbrüche eines WK könnten sich primär der Diagnostik entziehen, sofern nicht, was beim Verdacht auf Frakturen obligat erfolgen sollte, wenigstens eine szintigraphische oder auch neuroradiologische Untersuchung veranlasst werde. Bei dem eindeutigen radiologischen Befund, wonach die Verformung des 5. HWK nur auf einem Deckplatteneinbruch beruhen könne, sei eine abgelaufene knöcherne Verletzung des 5. HWK nicht ernsthaft zu bestreiten. Dass der Kläger bei dem Unfall vom 23.03.1990 eine höhergradi- ge Stauchung der HWS erlitten haben könnte, sei äußerst unwahrscheinlich, nachdem er mit den Füßen zuerst aufprallte und sich am Knie und an den Händen verletzte. Nach dem Unfall vom 19.09.1988 hätten sich dagegen Zeichen einer Mitbeteiligung der HWS ergeben. Andernfalls wäre nicht eine Schanz-Krawatte angelegt worden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Landshut vom 03.08.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 25.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2002 abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Landshut zu verurteilen, als weitere Unfallfolgen eine Verformung des fünften HWK, Fibrillationen, Lage- und Lagerungsnystagmus anzuerkennen und im übrigen die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Beklagtenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger ab 11.12.2000 (Datum des Eingangs seines Antrages) einen Anspruch auf Ver- letztenrente nach einer MdE von 35 v.H. hat. Das Urteil war jedoch auf die Anschlussberufung des Klägers zu ergänzen, da als Folge des Unfalls zusätzlich eine Verformung des 5. HWK, Fibrillationen und ein Schwindel in Form eines richtungswechselnden Lage- und Lagerungsnystagmus festzustellen sind.

Dieser Anspruch ergibt sich aus § 56 Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII), da eine Teilverletztenrente aufgrund des Antrages vom 11.12.2000 erstmalig nach In-Kraft-Treten des SGB VII am 01.01.1997 festzusetzen ist (§ 214 Abs.3 Satz 1 SGB VII).

Die Gewährung einer Verletztenrente setzt nach § 56 Abs.1 SGB VII voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Dabei müssen die anspruchsbe- gründenden Tatsachen, das heißt neben dem Arbeitsunfall auch die Erkrankung, mit Gewissheit bewiesen sein (Vollbeweis). Ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch darf keinen Zweifel mehr daran haben (BSGE 32, 203, 207).

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger bei dem Wegeunfall am 19.09.1988 neben den von der Beklagten anerkann- ten Deckplatteneinbrüchen des 3. und 4. BWK sowie der Vorderkantenabsprengung am 5. BWK einen Deckplatteneinbruch des 5. HWK erlitten hat. Aufgrund dieser traumatischen Verletzung ver- breiterte sich die Bandscheibe, und es bildeten sich Reaktiv-randsporne zwischen dem 4. und 5. HWK, überlastungsbedingt wurde die Bandscheibe zwischen dem 5. und 6. HWK eingeengt, und es entwickelte sich eine Fehlhaltung der HWS.

Der Bruch des 5. HWK durch den Wegeunfall am 19.09.1988 ist entgegen der Auffassung der Beklagten zur Überzeugung des Senates nachgewiesen. Zwar liegt die Röntgenaufnahme, die bei der Erstbehandlung angefertigt wurde, nicht mehr vor. Im Erstbefund, der im Durchgangsarztbericht vom Unfalltag dokumentiert ist, ist aber ausgeführt, dass der Kläger über Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich und am linken Ellenbogen klagte. Aufgrund der Untersuchung des Klägers beschrieb der Untersucher im Bereich des Übergangs von der HWS zur BWS einen Druckschmerz sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Damit ist ein Primärschaden an der HWS durch eine unfallbedingte Stauchung belegt. Neben dem Erstbefund im Durchgangsarztbericht ist für die Auffassung des Senats bedeutsam, dass der Unfallhergang mit mehrfachem Überschlagen des Autos ein geeigneter Unfallher- gang ist, um einen Deckplatteneinbruch des 5. HWK zu verursachen: Die Überschläge führten zu einer 5 cm langen Platzwunde am Schädeldach des Klägers, die ein Indiz für einen äußerst heftigen Aufprall des Schädels ist; sie waren also geeignet, eine Stauchung der WS herbeizuführen. Im Übrigen wurden von der Beklagten die röntgenologisch nachgewiesenen Deckplatteneinbrüche des 3. und 5. BWK anerkannt. Auch dies zeigt, dass die Stauchung der WS so heftig war, dass sie knöcherne Läsionen verursachte. Zusammenfassend hält es der Senat also in Anbe- tracht des geeigneten Unfallablaufes und der vom Kläger vorge- tragenen und im Durchgangsarztbericht dokumentierten Erstbeschwerden für nachgewiesen, dass die Stauchung der HWS zu einem Deckplatteneinbruch des 5. HWK führte. Der vom Sachverständigen Dr.F. festgestellte Deckplattenbruch des 5. HWK mit den daraus resultierenden Folge- bzw. Sekundärschäden, insbesondere der Randspornbildung zwischen dem 4. und 5. HWK und der überlastungsbedingten Einengung der Bandscheibe zwischen dem 5. und 6. HWK ist demnach durch den Unfall verursacht worden.

Demgegenüber ist die Argumentation der Beklagten nicht überzeugend, der Deckeneinbruch des 5. Halswirbelkörpers sei durch den Unfall am 23.03.1990 verursacht worden. Dieser Unfall war mechanisch nämlich nicht geeignet, eine Stauchung der HWS und da- mit einen Deckplatteneinbruch des 5. HWK zu verursachen. Bei diesem Unfall stürzte der Kläger auf die Beine und auf die Hände. Dies ergibt sich aus dem Aufnahmebefund des Knappschaftskrankenhauses D. , Chirurgische Ambulanz. Danach wurden festgestellt: "Am linken Daumenballen leichtes Weichteil-Hämatom mit oberflächlicher Hautabschürfung, im Bereich der rechten Handinnenfläche ebenfalls oberflächliche Hautabschürfung, über der Tibiakante rechts 3x1 cm große oberflächliche Hautabschürfung. Die Kontur des linken Kniegelenks ist verstrichen, es besteht ein ausgeprägtes Weichteilhämatom medialseitig über dem Tibiakopf medialseitig auslaufend, Kniegelenkserguss". Als Diagnose wurden eine Distorsion des linken Kniegelenks sowie multiple Hautabschürfungen festgestellt. Aufgrund dieses Aufnahmebefundes ist eine Stauchung der HWS praktisch ausgeschlossen, da keine entsprechende Einwirkung auf die WS nachgewiesen ist. Der Einwand der Beklagten, der Deckplatteneinbruch am HWK 5 sei durch diesen Sturz bedingt, ist aus Sicht des Senats nicht nachvollziehbar. Andere Unfälle, die geeignet wären, den Deckplatteneinbruch des 5. HWK zu verursachen, sind weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag der Beklagten bekannt. Deshalb geht der Senat davon aus, dass der Deckplatteneinbruch des HWK 5 zweifelsfrei durch den von der Beklagten anerkannten Wegeunfall am 19.09.1988 verursacht wurde.

Diese Verletzung der HWS ist zur Überzeugung des Senats nicht folgenlos ausgeheilt - wie dies bei einer Distorsion der HWS der Fall gewesen wäre -, sondern hat die vom Sachverständigen Dr.F. und der Sachverständigen Prof.Dr.S. festgestellten Sekundärschäden mit Wahrscheinlichkeit verursacht. Die zervikale Schädigung durch den Unfall am 19.09.1988 bedingt auch die Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Erkrankungen, die Fibrillationen und den Schwindel in Form eines richtungswechselnden Lage- und Lagerungsnystagmus. Der Senat folgt insoweit der gutachtlichen Stellungnahme der Prof. Dr. S ... Die Ausführungen der Beklagten, dass ein Tinnitus bereits 1972 beklagt worden sei, können das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ändern, da der Tinnitus keine Unfallfolge ist.

Diese Gesundheitsstörungen waren auf die Anschlussberufung des Klägers als Unfallfolgen festzustellen. Insoweit war das Urteil des SG zu ergänzen.

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - worauf das SG unter Bezug- nahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R, hingewiesen hat - ein Vollbeweis des Deckplatteneinbruchs des 5. HWK durch den Unfall am 19.9.1988 nicht erforderlich ist. Denn nur die Tatsache der Schädigung, nicht aber die genaue medizinische Diagnose der erlittenen Primärschädigung erfordert den Vollbeweis (BSG a.a.O.). Demgegenüber ist die Frage, wann die später festgestellte Gesundheitsstörung "Deckplatteneinbruch HWK 5" eingetreten ist, Bestandteil der Kausalitätsprüfung. Sie kann daher mangels entgegenstehender Tatsachen nach dem Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit beantwortet werden (BSG a.a.O.).

Die Höhe der vom Sachverständigen Dr.F. festgestellten MdE entspricht den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen (vgl. Schön- berger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 536 ff.). Dies gilt auch für die HNO-ärztliche Bewertung (Schönberger a.a.O., 408 f).

Hinsichtlich des Rentenbeginns folgt der Senat der Einschätzung von Dr.F. , nach der die unfallbedingte MdE ab Dezember 2000 mit 25 v.H. auf orthopädischem Gebiet zu bewerten ist.

Im Ergebnis ist die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Landshut also zurückzuweisen und dieses auf die Anschlussberufung bezüglich der Feststellung der Unfallfolgen zu ergänzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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