S 18 LW 3/05

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 LW 3/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der dem Ehegatten gezahlte Barunterhalt stellt auch dann kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG dar, das eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte rechtfertigt, wenn der unterhaltsberechtigte, versicherungspflichtige Ehegatte durch die Versorgung des Haushalts als Naturalunterhalt im Sinne des § 1360 Satz 2 BGB die Beschäftigung einer Haushaltshilfe erübrigt.
2. Zur Auferlegung von sog. Mutwillenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 SGG bei Aufrechterhaltung der Klage auf Grundlage einer offensichtlich unhaltbaren Rechtsaufassung trotz Hinweises des Gerichts auf die Aussichtlosigkeit und Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Klägerin werden Kosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 SGG in Höhe von 250,00 EUR auferlegt.

Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Befreiung der Klägerin von der Versicherungs- und Beitragspflicht in der Alterssicherung der Landwirte für den Zeitraum vom 06.08.2002 bis zum 03.11.2002.
Die 1959 geborene Klägerin, die sich im Verfahren durch ihren Ehemann vertreten lässt, war vom 01.01.2002 bis zum 05.08.2002 arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld in einer ein Siebtel der Bezugsgröße (285,00 EUR) übersteigenden Höhe.
In der Zeit vom 06.08.2002 bis zum 03.11.2002 bezog sie keine Leis-tungen. Ab dem 04.11.2002 nahm sie an einer bis zum 08.04.2004 dauernden Fortbildung zur staatlich geprüften Wirtschafterin für Landwirtschaft teil, während derer sie Unterhaltsgeld von der Bundesanstalt bzw. agentur für Arbeit bezog. Mit Bescheid vom 29.04. bzw. 16.06.2003, der am 31.06.2003 der Klägerin zugestellt wurde, stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin in der Alterssicherung der Landwirte als land- und forstwirtschaftliche Unternehmerin ab dem 01.01.2002 fest. Der Betrieb der Klägerin überschreite mit 38,31 ha landwirtschaftlicher und 4,66 ha (ab 01.01.2002) bzw. 6,66 ha (ab 01.01.2002) forstwirtschaftlicher Nutzfläche die Mindestgröße. Mit ihrem am 01.07.2003 hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie beziehe ein Einkommen, das ein Siebtel der Bezugsgröße übersteige. Zur Zeit nehme sie an einer Umschulung teil, ab dem 01.04.2004 werde sie als Schreibkraft im Büro ihres Ehemannes angestellt. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten befreite mit Bescheid vom 14.10.2003, der am 16.10.2003 zugestellt wurde, die Klägerin von der Versicherungs- und Beitragspflicht für die Zeiträume vom 01.01.2002 bis zum 28.02.2002, vom 07.05.2002 bis zum 05.08.2002 und vom 04.11.2002 bis zum 08.04.2004. Hinsichtlich des Zeitraums vom 01.03.2002 bis zum 06.05.2002 und vom 06.08.2002 bis zum 03.11.2002 lehnte sie den Antrag auf Befreiung ab und stellte die resultierende Beitragsforderung für den Zeitraum vom 01.03.2002 bis zum 06.05.2002 und vom 06.08.2002 bis zum 03.11.2002 in Höhe von 1.136,10 EUR fest. Auch hiergegen erhob die Klägerin am 14.11.2003 Widerspruch. Sie habe als Gesellschafterin der Q. GmbH eine Gewinnausschüttung erhalten. Sie fügte dem Widerspruch eine Mitteilung der der Q. GmbH bei, wonach die Gesellschafterversammlung am 13.05.2002 eine Vorabausschüttung des Gewinns für das Jahr 2001 in Höhe von 4.822,76 EUR, zu überweisen am 14.05.2002, beschlossen habe. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten änderte mit Bescheid vom 09.01.2004 den Bescheid vom 14.10.2003 dahin gehend ab, dass sie die Befreiung von der Versicherungs- und Beitragspflicht auf den Zeitraum vom 01.03.2002 bis zum 06.05.2002 erstreckte. Beiträge seien für den Zeitraum vom 01.03.2002 bis zum 31.07.2002 nicht zu erheben. Die Beitragsforderung für die Beitragsmonate August bis November blieb dagegen bestehen. Am 09.02.2004 teilte die Q. GmbH der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch Schreiben vom 06.02.2004 mit, die Klägerin habe im Zeitraum vom 01.08.2002 bis zum 30.11.2002 keinerlei Arbeitsentgelt und keine Gewinne bzw. Dividenden bezogen. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2005, der am 16.03.2005 abgesandt wurde, wies die inzwischen zuständige Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Versicherungs- und Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse resultiere aus der Überschreitung der Mindestgröße. Eine weitere Befreiung komme nicht in Betracht. Gewinnausschüttungen stellten kein zur Befreiung führendes Einkommen im Sinne des § 3 Abs. 1 und Abs. 4 ALG dar, da sie nicht aus einer Erwerbstätigkeit oder aus Erwerbsersatzeinkommen herrührten. Hiergegen richtet sich die am 18.04.2005 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage vom 15.04.2005, welche der Bevollmächtigte der Klägerin zunächst ohne nähere Angaben damit begründete, die Klägerin beziehe ein Einkommen von mehr als einem Siebtel der Bezugsgröße; sie sei bereits in den vergangenen Jahren befreit gewesen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte darüber hinaus geltend gemacht, dass die Klägerin in der Zeit vom 06.08.2002 bis zum 03.11.2002 durchaus Einkommen bezogen habe. Er habe ihr als Ehemann Unterhalt gezahlt. Ihre Tätigkeit im Haushalt und bei der Kindererziehung müsse selbstverständlich beim Einkommen als Vergütung anerkannt werden. Dass sie den Haushalt versorgt hat, stehe einem Arbeitsvertrag mit ihr gleich. Genauso gut hätte er eine Haushaltshilfe einstellen können. Eine solche würden die Eheleute heute beschäftigen und hätten sie bereits vor dem streitgegenständlichen Zeitraum beschäftigt, in jenem Zeitraum jedoch nicht.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt, den Bescheid vom 29.04.2003 und den Bescheid vom 14.10.2003 in der Fassung des Bescheids vom 09.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2005 aufzuheben und die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht zur Altersicherung der Landwirte im Zeitraum vom 06.08.2002 bis zum 03.11.2002 festzustellen.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt, Bezug nehmend auf die Gründe des Widerspruchsbescheids, die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Das Gericht nimmt zunächst auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug, welche die Sach- und Rechtslage zutreffend wiedergibt und der sich die Kammer nach eigener Prüfung in vollem Umfang anschließt, und sieht insoweit von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG).
Ergänzend wird noch Folgendes angemerkt: Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass Gewinnausschüttungen auf die Gesellschafteranteile an einer Kapitalgesellschaft nicht zum Einkommen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG zählen, das eine Befreiung von der Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte rechtfertigt. Sie beruhen auf der Verwertung von Kapitalvermögen und weisen keinen ausreichenden Bezug zu einer selbständigen Arbeit auf. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat in diesem Punkt auch keine konkreten Einwände mehr gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung vorgetragen. Ebenso wenig kann die Klage mit dem Argument durchdringen, der an die Klägerin gezahlte Ehegattenunterhalt stelle ein Arbeitsentgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG dar, weil die Mitarbeit der Klägerin im Haushalt die Einstellung einer Haushaltshilfe erspart habe. Die Versorgung des Haushalts durch die Klägerin stellt als Unterhaltsleistung nach § 1360 Satz 2 BGB keine Erwerbstätigkeit dar. Der Barunterhalt, den ihr Ehemann ihr zuwendet, wird nicht im Rahmen eines entgeltlichen Austauschverhältnisses erbracht. Die Gleichsetzung des Naturalunterhalts der Klägerin mit der entgeltlichen Arbeit eines Hausmädchens bzw. des Barunterhalts ihres Ehemannes mit Arbeitsentgelt entfernt sich so weit vom Gesetz, dass sie offensichtlich unhaltbar ist. Dass das Gesetz die Ehe nicht als eine besondere Form der Erwerbstätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG anerkennt, ist durchaus mit Artikel 6 Abs. 1 GG vereinbar. Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin der Auffassung ist, die Unterhaltsleistung der den Haushalt versorgenden Klägerin müsse angemessen honoriert werden, so steht es ihm frei, zu diesem Zweck selbst für die Beiträge der Klägerin zur Alterssicherung der Landwirte aufzukommen. Hierfür besteht schon deshalb ausreichend Anlass, weil er durch die Inanspruchnahme des Naturalunterhaltsbeitrags der Klägerin vom 06.08.2002 bis zum 03.11.2002 die für eine Haushaltshilfe aufzubringenden Pflichtbeiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung erspart hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und § 193 Abs. 1 SGG. Die Auferlegung von Kosten beruht auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin, die sich das Verhalten ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss, trotz des vom Gericht in der Verhandlung erteilten Hinweises auf die Unvertretbarkeit der vorgetragenen Argumentation sowie auf die Aussichtlosigkeit und Mutwilligkeit der Rechts-verfolgung ihre Klage auf Basis einer abwegigen Rechtsauffassung weiter aufrecht erhalten und so das Gericht ohne rechtfertigenden Grund gehindert hat, den Beteiligten anderer Verfahren den ihnen verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutz zukommen zu lassen.
Rechtskraft
Aus
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