L 7 AY 1780/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 AY 823/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 1780/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller (Ast.) begehrt höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), insbesondere die Gewährung eines Taschengeldes.

Der 1969 geborene Ast., iranischer Staatsangehöriger, reiste im Juni 2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Die Klage gegen die Ablehnung seines Asylantrags (Bescheid vom 13. September 2000) wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Stuttgart vom 15. März 2001 abgewiesen (Az.: A 11 K 12797/00). Der Ast., der nicht (mehr) im Besitz eines iranischen Passes ist, erhielt nachfolgend befristete Duldungen. Am 11. April 2005 stellte der Ast. einen Asylfolgeantrag, welchen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 27. April 2005 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Konversion zum christlichen Glauben, vorliegend zur Religionsgemeinschaft der Baptisten nicht zu einer politischen Verfolgung führe. Staatliche Maßnahmen richteten sich ganz überwiegend gezielt gegen Kirchenführer und in der Öffentlichkeit besonders aktive Christen, nicht aber gegen einfache Mitglieder. Hiergegen ist eine Klage beim VG Stuttgart anhängig (A 11 K 11101/05).

Am 31. März 2004 wurde der Ast. von der Ausländerbehörde aufgefordert, ein Rückreisedokument zu beantragen. Der Ast. weigerte sich, den Passantrag auszufüllen und erklärte, über keine Originaldokumente in Deutschland zu verfügen. In der Folgezeit legte er der Ausländerbehörde eine Führerscheinkopie vor, welche sich nach Übersetzung als Schulbescheinigung eines J. M. M. herausstellte.

Der Antragsgegner (Ag.) gewährte dem Ast. mit Wirkung vom 9. März 2005 Leistungen nach § 1 i.V.m. § 3 AsylbLG in Form von Sachleistungen für Ernährung, Hygiene und Bekleidung sowie ein monatliches Taschengeld. Am 31. März 2006 händigte der Ag. dem Ast. ein Schreiben aus, in welchem er die Kürzung des Taschengeldes um 25 % zum 1. Mai 2006 ankündigte, wenn der Ast. nicht seiner Mitwirkungspflicht bei der Identitätsfeststellung nachkomme. In der Folgezeit zahlte sie dem Ast. nur noch 30,67 EUR anstatt der ursprünglichen 40,90 EUR als Barbetrag aus. Bei einer Vorsprache am 31. Mai 2006 kündigte der Ag. an, das Taschengeld im Juli 2006 ganz zu streichen. Mit Bescheid vom 12. Juli 2006 wurden die Leistungen nach dem AsylbLG bis auf das Notwendigste zum 1. Juli 2006 eingestellt. Der Ast. werde weiterhin Lebensmittelgutscheine erhalten, das Taschengeld werde jedoch eingestellt. Den Widerspruch des Ast. wies der Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 zurück. Das Asylfolgeverfahren sei trotz Klage bereits vollziehbar abgeschlossen, es gelte weiterhin die Abschiebungsandrohung des Erstverfahrens. Außerdem bleibe die Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung auch bei einer Asylfolgeantragstellung weiterhin bestehen.

Hiergegen hat der Ast. am 8. Dezember 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und zugleich Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Mit Beschluss vom 13. März 2007 hat das SG den Antrag nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgelehnt. Der Ast. habe schon keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Ast. einen wesentlichen Nachteil erleiden müsse, wenn er den Barbetrag nicht erhalte. Ein konkreter unabweisbarer Bedarf sei nicht vorgetragen. Auch ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Die teilweise Leistungskürzung sei gemäß § 1a AsylbLG gerechtfertigt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Ast. vom 30. März 2007. Nachdem vor dem VG Stuttgart ein Klageverfahren wegen Feststellung von Abschiebungshindernissen sowie Asylanerkennung laufe, sei darauf hinzuweisen, dass aufgrund der seit Oktober 2006 unmittelbar anzuwendenden Qualifikationsrichtlinie dem Ast. bereits grundsätzlich und tatbestandsmäßig ein Anspruch nach § 1 AsylbLG zustehe. Es sei nicht hinzunehmen, dass vor Abschluss des gerichtlichen Verfahrens eine Beweisantizipation vorgenommen werde. Als iranischer Staatsangehöriger könne der Ast. nicht verpflichtet werden, hinsichtlich eines Antrags auf Erteilung eines Reisepasses bei seinem Verfolgerstaat vorstellig zu werden und dort eine Erklärung zu unterschreiben, dass er freiwillig in den Iran zurückkehren werde. Es liege auf der Hand, dass der Ast. im Rahmen seines Grundrechts gemäß Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen habe.

Der Ast. beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. März 2007 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur bestandskräftigen Entscheidung über seine Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (S 21 AY 9407/06) Leistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG einschließlich des Geldbetrags zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen zu gewähren.

Der Ag. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Senatsakte Bezug genommen.

II.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 ZPO gelten entsprechend (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG).

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Leistungen nach dem AsylbLG sind keine rentengleichen Dauerleistungen, sondern Hilfen in einer bestimmten Notsituation (vgl. zu Leistungen nach dem BSHG, Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), BVerwGE 25, 307; 28, 216). Leistungen werden grundsätzlich in Abhängigkeit von der Bedarfssituation nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Dies gilt auch für Leistungen nach dem AsylbLG. Grundsätzlich entscheidet daher der Träger der Leistungen nach dem AsylbLG in zulässiger Weise über den nächstliegenden Zahlungszeitraum. Die Einstellung oder Verringerung der Hilfen stellt daher in der Regel auch keinen Widerruf, keine Rücknahme oder Aufhebung eines fort wirkenden (Dauer-) Bewilligungsbescheides dar, sondern die Versagung einer weiteren Bewilligung für die Zukunft. Es liegt damit kein Eingriff in eine bestehende Rechtsposition vor, so dass die Situation einer reinen Anfechtungsklage nicht gegeben ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Prozessbevollmächtigten des Ast. herangezogenen Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12. Oktober 2006, SAR 2007, 9). Der dortigen Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG lag die Konstellation zugrunde, dass die Behörde nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum, sondern darüber hinaus für einen nicht näher bestimmten Zeitraum Leistungen gewährt hat, was grundsätzlich möglich ist, da der Sozialhilfeträger nicht gehindert ist, einen Sozialhilfefall für einen längeren Zeitraum zu regeln (BVerwGE 39, 261, 265). Ein derartiger Ausnahmefall ist hier jedoch nicht gegeben, da der Ag. stets nur Regelungen für den nächstliegenden Zahlungszeitraum getroffen hat.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Mithin erforderlich ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund, die jedoch, gemessen an dem mit dem Antrag verfolgten Rechtsschutzziel (vgl. BVerfG NVwZ 2004, 95; NVwZ 2005, 927), in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, sodass sich die Anforderungen je nach dem zu erwartendem Maß des Erfolgs in der Hauptsache, der Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung oder der Schwere des drohenden Nachteils vermindern können (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z. B. Beschlüsse vom 4. Januar 2007 - L 7 SO 6235/06 ER-B - und vom 29. Januar 2007 - L 7 SO 5672/06 ER-B - (beide m.w.N.)). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72, vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Antrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. November 2006 - L 7 SO 5206/06 ER-B - und vom 28. Dezember 2006 - L 7 AS 6383/06 ER-B- (beide m.w.N.)).

Nach diesen Grundsätzen besteht jedenfalls kein Anordnungsgrund für die Gewährung nicht eingeschränkter Leistungen für Zeiten vor der Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz am 8. Dezember 2006. Für den nachfolgenden Zeitraum kann ein Anordnungsgrund entgegen der Auffassung des SG jedoch nicht verneint werden. Der Senat geht grundsätzlich davon aus, dass bei einem glaubhaft gemachten Anspruch auf Gewährung (höherer) Leistungen im Anwendungsbereich des AsylbLG dem Hilfebedürftigen im Regelfall nicht zuzumuten ist, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit den im Vergleich zu den Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG spürbar abgesenkten Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) auskommen zu müssen (Senatsbeschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AY 1386/07 ER-B und vom 15. November 2005 - L 7 AY 4413/05 ER-B - SAR 2006, 33; a.A. wohl Bayerisches LSG, Beschluss vom 28. Juni 2005 - L 11 B 212/05 AY ER - FEVS 57, 106). Die Grundleistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG betragen rund 1/3 weniger als die Sozialhilfeleistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). In der Streichung des Geldbetrags für persönliche Bedürfnisse (Taschengeld) läge ein irreversibler Nachteil, wäre sie bei summarischer Prüfung als rechtswidrig anzusehen, denn die Befriedigung wenigstens bescheidener Bedürfnisse, die über das Existenznotwendige hinausgehen, kann für die Vergangenheit nicht nachgeholt werden und könnte auch durch Nachzahlung der Differenzbeträge nicht sinnvoll wieder gut gemacht werden (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 28. Juli 2005 – S 4 V 1256/05 – SAR 2005, 117). Zu Recht hat das SG jedoch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs verneint.

Nach § 1a AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5, bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können (Nr. 2), Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Der persönliche Anwendungsbereich des § 1a AsylbLG ist vorliegend trotz des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Asylfolgeverfahrens eröffnet. Mit Wirkung ab 1. Januar 2005 wurde in § 1 Abs. 1 AsylbLG Nr. 7 neu aufgenommen, welcher für Folgeantragsteller nach § 71 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) oder Zweitantragsteller nach § 71a AsylVfG gilt. Eine Änderung des § 1a AsylbLG wurde jedoch nicht vorgenommen, insbesondere wurden Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG nicht aufgenommen. Leistungseinschränkungen nach § 1a AsylbLG sind daher grundsätzlich bei Asylfolgeantragstellern nicht möglich (so Deibel, ZAR 2004, 321, 326; Hohm in GK-AsylbLG, Stand Dezember 2006, § 1a Rdnr. 37; a.A. VG Ansbach, Urteil vom 23. März 2005 – AN 4 K 04.01383- (juris)). Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG erfasst jedoch Folgeantragsteller nur bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, danach besteht die Leistungsberechtigung bei positiver Entscheidung des Bundesamtes nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und bei negativer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG fort (Hohm, a.a.O., § 1 Rdnr. 101 f.). Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers. Dieser wollte durch die Einführung der Nr. 7 sicherstellen, dass Asylfolgeantragsteller vor der Entscheidung des Bundesamtes nicht aus dem Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG herausfallen und reguläre Sozialhilfeleistungen (SGB II bzw. SGB XII) beanspruchen können (BT-Drs. 15/420 S. 120 f.; vgl. auch Hohm, a.a.O., § 1 Rdnr. 95 ff.). Spätestens mit der Mitteilung des Bundesamtes an die Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG gehört der Ast. wieder zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG (VG Ansbach, Urteil vom 23. März 2005 – AN 4 K 04.01383- (juris)). Dies ist hier am 4. Mai 2005 der Fall. Zwar hat das Bundesamt den Bescheid vom 27. April 2005 an die Ausländerbehörde lediglich mit formblattmäßigem Begleitschreiben nach § 24 Abs. 3 AsylVfG geschickt, dies ist jedoch der ausdrücklichen Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG gleichzusetzen, da der Bescheid in der Begründung darauf hinweist, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) nicht vorliegen (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 12. September 2006 – 10 AE 709/06 - (juris)). Entgegen dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Ast. in erster Instanz hat das Bundesamt den Antrag nicht allein aus formalen Gründen abgelehnt. Als Leistungsberechtigtem nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG kann dem Ast. folglich die Leistung nach § 1a AsylbLG grundsätzlich gekürzt werden.

Die weiteren Voraussetzungen des § 1a AsylbLG liegen ebenfalls vor. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen können derzeit aus vom Ast. zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden. Der Ast. ist vollziehbar ausreisepflichtig, da seine Klage gegen die Ablehnung des Asylfolgeantrags keine aufschiebende Wirkung hat (§ 75 AsylVfG). Die Abschiebungsandrohung kann nicht vollzogen werden, da der Ast. keinen Pass hat und sich weigert, sowohl einen Passantrag zu stellen wie auch die von den iranischen Behörden geforderte Freiwilligkeitserklärung zu unterschreiben. Die zu § 1a AsylbLG gegebene Gesetzesbegründung nennt als Beispiel eines von einem Ausländer zu vertretenden Grundes ausdrücklich die fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung (BT-Drs. 13/10155, S. 5). Nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG ist der Ast. verpflichtet zur Mitwirkung bei der Beschaffung der für eine Ausreise erforderlichen Dokumente. Die mangelnde Mitwirkung ist auch kausal dafür, dass keine Papiere beschafft und damit aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können.

Dieses Verhalten ist dem Ast. als vorwerfbar zuzurechnen. Es ist ihm zuzumuten, die geforderte Mitwirkungshandlung zu erbringen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um Mitwirkungspflichten während eines laufenden Asylverfahrens handelt, während dessen es dem Asylsuchenden grundsätzlich nicht zumutbar ist, sich wegen der Beschaffung von Ausreisepapieren an die diplomatischen Vertretungen des Verfolgerstaates zu wenden (Hohm, a.a.O., § 1a Rdnr. 111). Auch die Abgabe der Freiwilligkeitserklärung als solcher ist nicht unzumutbar (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 11. Dezember 2002 – 4 LB 471/02 – SAR 2003, 55; a.A. OLG Köln, Beschluss vom 10. Februar 2006 – 16 Wx 238/05 – NvwZ-RR 2007, 133). Auch aus dem Vorbringen des Ast. ergibt sich keine Unzumutbarkeit. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen (S. 7/8).

Da nach alledem die Voraussetzungen des § 1a AsylbLG vorliegen, ist der Leistungsanspruch des Ast. gemindert. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dem Ag. steht insoweit kein Ermessen zu (vgl. Senatsbeschluss vom 25. August 2005 – L 7 AY 3115/05 ER-B – FEVS 57, 100). Das Taschengeld nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG gehört nicht zu der unabweisbar gebotenen Hilfe (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 26. Januar 2000 – 6 S 50.99 – FEVS 52, 190; Hohm, a.a.O., § 1a Rdnr. 202; Adolph in Linhard/Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, § 1a AsylbLG Rdnr. 25; Birk in LPK-SGB XII, § 1a AsylbLG Rdnr. 8), so dass der Ast. hierauf keinen Anspruch hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes). Zwar ist die Qualifikationsrichtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar geltendes Recht, allerdings setzen die in Art. 28 der Richtlinie geregelten Sozialleistungsansprüche voraus, dass der Flüchtlingsstatus i.S.v. Art. 13 bzw. der subsidiäre Schutzstatus i.S.v. Art. 18 zuerkannt ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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