L 14 R 42/03.Ko

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 42/03.Ko
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Die Vergütung des Antragstellers 1) für sein Gutachten vom 14.07.2005 wird auf 2.693,25 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beweisanordnung vom 13.05.2005 wurde der Antragsteller 1) (As1) gem. § 109 SGG in dem Berufungsverfahren L 14 R 42/03 über eine Rente wegen Erwerbsminderung L 14 R 42/03 vom Bayer. Landessozialgericht mit der Erstellung eines fachärztlichen Gutachtens beauftragt. Der As1 war Oberarzt am Klinikum N. in H. in der I. Abteilung für Psychiatrie/Psychotherapie Psychiatrische Ambulanz. Sein psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten vom 14.07.2005 umfasste 60 Seiten einschließlich des Deckblatts sowie ca. 2 Seiten Wiedergabe der Beweisfragen, 21 Seiten Vorgeschichte, 16 Seiten Angaben der Klägerin/Anamnese, 7 Seiten Befund, 2 Seiten Diagnose (S.48-49) und 10 Seiten Zusammenfassung/Beurteilung (S.50-60). Das Gutachten wurde pro Seite mit ca. 23 Zeilen mit ca. 65 bis ca. 75 Anschläge pro Zeile geschrieben.

Mit seiner Liquidation für dieses Gutachten vom 14.07.2005 verlangte der As1 3.834,75 Euro. Im einzelnen machte er geltend: Aktenstudium (ca. 1.000 Blatt, darunter zahlreiche Vorgutachten) und -auszüge 10 Stunden, Untersuchung 6 Stunden, Befundung und Ausarbeitung des Gutachtens 17 Stunden, Diktat und Korrektur 11 Stunden. Für die dadurch bedingten 44 Stunden setzte er nach dem JVEG die Honorargruppe M3 (hoher Schwierigkeitsgrad) mit 85,00 Euro pro Stunde an, insgesamt 3.740,00 Euro. Mit den zusätzlichen Schreibegeführen (ca. 91.000 Anschläge) je 1.000 Anschläge à 0,75 Euro = 68,25 Euro sowie 50 Seiten Kopien à 0,50 Euro = 25,00 Euro und 10 Seiten Kopien à 0,15 Euro = 1,50 Euro errechnete er den Gesamtbetrag von 3.834,75 Euro.

Mit Schreiben vom 29.07.2005 kürzte der Kostenbeamte die geltend gemachte Vergütung auf 2.723,25 Euro. Er errechnete ebenfalls 44 Stunden Arbeitsaufwand, die er entsprechend der Honorargruppe M2 lediglich mit einem Stundensatz von 60,00 Euro vergütete; Kopien und Abschrift des Gutachtens erkannte er nicht an. Für Porto/Material schätzte er 15,00 Euro, die übrigen Positionen beanstandete er nicht.

Seinen Antrag auf richterliche Festsetzung vom 01.08.2005 begründete der As1 im wesentlichen mit dem Hinweis, wegen des von ihm erstellten Gutachtens mit hohem Schwierigkeitsgrad müsse die Vergütungsgruppe M3 zugrundegelegt werden. Er sei bei seiner Rechnungslegung sehr moderat vorgegangen, unter Zugrundelegung der Kostenrechtsprechung wäre er sonst auf 54,6 Stunden à 85,00 Euro = 4.641,00 Euro (ohne Schreibgebühren) gekommen. Mit Schreiben vom 15.11.2005 betonte er nochmals den hohen Schwierigkeitsgrad seines Gutachtens und wies darauf hin, dass der Gutachtensauftrag erst nach der Zusage der Kostenübernahme der Klägerin an ihn ergangen sei.

Mit Schreiben vom 01.03.2006 beantragte der Antragsgegner und Antragsteller 2) (As2) ebenfalls die richterliche Festsetzung der Vergütung. Unter Hinweis auf einen beigefügten Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 07.07.2005 (Az.: L 12 R 1014/05 KO-A) vertrat er die Auffassung, die Bemessung des objektiv notwendigen Zeitaufwandes, die in Bayern bundesweit betrachtet die bei weitem günstigste sei, müsse "im Rahmen einer zumindest annähernd bundesweiten Handhabung des JVEG" maßvoll angehoben werden. Für 928 Blatt Aktenstudium rechnete er 9,25 Stunden, für Anamnese und Untersuchung 6 Stunden, für die Beurteilung 17 Stunden und für Diktat und Dursicht 8,25 Stunden. Insgesamt berechnete er für 40,50 Stunden à 60,00 Euro (M2) 2.430,00 Euro, zuzüglich Schreibgebühren für 91.000 Anschläge 68,25 Euro und Portokosten 15,00 Euro, sodass er auf eine Gesamtvergütung von 2.513,25 Euro kam.

Mit Schreiben vom 29.11.2006 übersandte der As1 eine Stellungnahme zum Verfahren L 16 R 296/05, die in dem hier anhängigen Verfahren beachtet werden solle.

Am 12.02.2007 wurde er sowohl telefonisch als auch schriftlich darauf hingewiesen, dass im Antragsverfahren das Verbot der "reformatio in peius" nicht gelte. Vorsorglich wurde ihm ein Formular für eine Antragsrücknahme mitgeschickt. Am 21.02.2007 nahm er seinen Antrag zurück.

Mit Schreiben vom 26.02.2007 teilte ihm das Gericht mit, da der Antragsgegner nicht bereit sei, seinen Antrag ebenfalls zurückzunehmen, werde durch Beschluss entschieden.

II.

Die Kostensache ist nach den Regelungen des JVEG zu entscheiden, weil der Gutachtensauftrag an den As1 nach dem 30.06.2004 erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG). Wegen der aus Sicht der Antragsteller grundsätzlichen Bedeutung der Kostensache entscheidet der Senat nach § 4 Abs.1 Satz 2 Nr.1, Abs.7 Satz 2 JVEG als Kostensenat in voller Besetzung.

Die richterliche Festsetzung der rechtzeitig (§ 2 Abs.1 JVEG) vom As1 geltend gemachten Gesamtvergütung für die von ihm mit dem Gutachten vom 14.07.2005 erbrachte Leistung ist gem. § 4 Abs.1 Satz 1 JVEG sowohl wegen des Antrages des As2 als auch dann möglich, wenn das Gericht sie für angemessen hält; insoweit ist die Antragsrücknahme des As1 ohne Bedeutung. Die Gesamtvergütung wird auf 2.693,25 Euro festgesetzt. Ihr liegt folgende Berechnung zugrunde:

Aktenstudium 15,5 Stunden Untersuchung 6 Stunden Abfassung/Beurteilung 9,85 Stunden Diktat und Durchsicht 12 Stunden -

Insgesamt 43,35 Std. = 43,5 Std. à 60,00 EUR: 2.610,00 EUR Porto 15,00 EUR Schreibgebühren 68,25 EUR - Vergütung insgesamt 2.693,25 EUR

Folgendes ist hierbei maßgeblich:

1. Gemäß § 8 Abs.1 Nr.1, Abs.2 i.V.m. § 9 Abs.1 JVEG erhält der Sachverständige neben dem Ersatz von Fahrtkosten und Entschädigung für sonstigen Aufwand (§ 8 Abs.1 Nr.2 bis 4 JVEG) für seine Leistung ein Honorar, dass sich nach Stundensätzen bemisst. Dieses Honorar wird gem. § 8 Abs.2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; andernfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages.

Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es - wie schon während der Geltung des ZSEG - nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Dabei hängt die Zeit, die erforderlich ist, nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Beschluss vom 01.09.1998, Az.: L 18 V 59/94 KO m.w.N.) kann nur der Aufwand als "erforderlich" angesehen werden, den ein Sachverständiger mit einer durchschnittlichen Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung und durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt. Demnach ist ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. auch Meyer/Höfer/Bach, JVEG, 23. Auflage, § 8 Rdnr.8.48). Andererseits ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Begriff "erforderliche Zeit" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der zwar von den Kostensachbearbeitern und Gerichten in vollem Umfang nachgeprüft werden kann, der jedoch zugleich auch einen gewissen Beurteilungsspielraum des Sachverständigen beinhaltet. Grundsätzlich ist deshalb davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Anlass zur Nachprüfung, ob die vom Sachverständigen geltend gemachte Zeit auch erforderlich war, besteht in der Regel nur dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur "objektiv" erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint, beziehungsweise wenn dieser Gesichtspunkt durch den Ansatz einer höheren Vergütungsgruppe (hier: M3) ansteht.

2. Für die Plausibilitätsprüfung des geltend gemachten Zeitaufwandes der im Rahmen der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens anfallenden Leistungsabschnitte (Aktenstudium, Anamnese/Untersuchung, Abfassung des Gutachtens, Diktat und Durchsicht, evtl. Literaturstudium) hat der Kostensenat im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und einer gleichmäßigen Entschädigung aller für die Sozialgerichtsbarkeit tätigen Sachverständigen bereits vor etlichen Jahren entsprechende Erfahrungssätze entwickelt (siehe z.B. Beschluss vom 05.12.1997, Az.: L 18 AR 301/92.KO m.w.N.). Nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung (Art.3 Abs.1 Grundgesetz) kann von dieser Praxis nur generell für die Zukunft, nicht jedoch im Einzelfall ohne besondere sachliche Rechtfertigung abgegangen werden (siehe hierzu zuletzt Beschluss vom 14.07.2005, Az.: L 15 B 13/02 RJ KO). Ein derartiger sachlicher Grund, der gegenüber dem As1 ein Abweichen von der üblichen Verwaltungspraxis rechtfertigen würde, ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Dies gilt auch für den generellen Hinweis des As2 auf das Inkrafttreten des JVEG bzw. die in dieser Hinsicht unterschiedliche Rechtsprechung in den verschiedenen Ländern. Gerade der letzte Gesichtspunkt war dem Bundesgesetzgeber bereits bei der Vorbereitung des JVEG bekannt. Trotzdem hat er es nicht für angezeigt gehalten, diesen wichtigen Gesichtspunkt der Vergütungsregelung zu vereinheitlichen. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (vgl. Bundestagsdrucksache 830/03 S.160, 164 217) sollte mit den höheren Vergütungssätzen des JVEG eine leistungsgerechte und auch für vergleichbare Leistungen an auf dem freien Markt gezahlten Preisen orientierte Vergütung erreicht werden. Die Angleichung der unterschiedlichen Rechtsprechung in den Ländern zum berücksichtigungsfähigen Zeitaufwand, war offensichtlich nicht seine Intention. Folgerichtig wies der As2 in einem Schreiben an den Kostensenat vom 09.07.2004 bereits selbst darauf hin, dass auch nach Auffassung des Präsidenten des Bayer. Landessozialgerichts (aus der Sicht der Verwaltung) deshalb allein durch die neu gefassten Vergütungssätze keine Änderung der bisherigen BayLSG-Bemessungsweise des erforderlichen Zeitaufwandes angezeigt sei, zumal ja auch eine strengere Bemessungsmodalität - wie z.B. die von Sachsen vorliegend angedachte - im Endeffekt eine Kürzung der Vergütung bedeute und somit wiederum kontraproduktiv zum erklärten Willen des Gesetzgebers wäre. Mit Schreiben vom 14.07.2004 teilte ihm auf Anfrage der Kostensenat mit, eine grundlegende Änderung der Rechtsprechung zur Bemessung des erforderlichen Zeitaufwandes (medizinischer) Sachverständiger bei der Gutachtenserstellung sei nach derzeitiger Meinung des Kostensenats aufgrund des JVEG nicht zu erwarten. An dieser Auffassung hält der Kostensenat nach wie vor fest.

Andererseits verkennt der Senat nicht, dass die Verschiedenartigkeit der Bemessungssätze in den jeweiligen Bundesländern und die länderübergreifende Heranziehung von Sachverständigen Anlass für eine Vereinheitlichung bzw. Angleichung der maßgeblichen Bemessungssätze sein kann. Zu denken wäre hier daran, dass seitens der Verwaltung bayernweit oder auch länderübergreifend eine Einigung auf bestimmte Durchschnittswerte erreicht werden könnte. Auch technische Überlegungen, wie z.B. die im Schreiben des Präsidenten des BayLSG vom 03.06.2004 (GenA 537a/2004 S.13) empfohlenen Anschläge und Zeilen pro Seite könnten im einzelnen Anlass für eine generelle Überprüfung sein, wie zum Beispiel die absehbare Einführung elektronischer Akten. Gleiches gilt für nachvollziehbare neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den Arbeitsaufwand oder die Arbeitsbelastung medizinischer Sachverständiger. Für alle Gesichtspunkte und Überlegungen müsste jedoch gelten, dass seitens der Verwaltung ein in der Zukunft liegender Stichtag festgelegt und alle herangezogenen Sachverständigen zumindest auf Anfrage oder bei gegebenem Anlasss auch von Amts wegen in einem Merkblatt u.a. auf die maßgeblichen Änderungen hingewiesen würden. Eine Abkehr von den bisherigen Grundsätzen aufgrund einer Einzelfallentscheidung wie im vorliegenden Fall verbietet sich jedoch aus Gründen der Gleichbehandlung.

3. Für das Aktenstudium von 928 Seiten errechnet sich als Zeitaufwand (bei Akten mit wenigstens einem Viertel medizinisch-relevanten Inhalts) ein Ansatz von 60 Aktenblättern pro Stunde, insgesamt 15,5 Stunden.

4. Wegen der Wiederholung der Beweisfragen (ca. 2 Seiten) ist von lediglich 58 statt von 60 Seiten Gutachten auszugehen.

Bei der Bemessung des Zeitaufwandes für die Ausarbeitung/Beurteilung ist es nach der Rechtsprechung des Senats angemessen, dem Sachverständigen für die Abfassung einer Seite der Beurteilung einen Zeitaufwand von einer Stunde zuzubilligen. Die Seitenzahl ist dabei nur ein erster Anhaltspunkt, um bei einer Vielzahl von Gutachten eine einigermaßen einheitliche Handhabe zu gewährleisten. Daneben sind auch Schreibweise und Schwierigkeit des Gutachtens zu berücksichtigen.

Der Senat geht dabei von einer üblichen Schreibweise von 28 Zeilen à 50 Schriftzeichen aus (vgl. z.B. Beschluss vom 05.12.1997, Az.: L 18 AR 301/92.KO m.w.N.). Im vorliegenden Fall reicht die Beurteilung von Seite 48 (Diagnose) bis Seite 60, umfasst also 12 Seiten. Da die faktische Schreibweise (ca. 23 Zeilen pro Seite mit ca. 65 Anschlägen pro Zeile, manchmal auch 75 Anschläge) von der üblichen abweicht, hält der Senat insoweit einen Zeitaufwand von 9,85 Stunden für angemessen und ausreichend (12 Seiten x 23 Zeilen/pro Seite: 28 Zeilen/pro Seite = 9,85 Stunden).

5. Die vorgenannten Grundsätze sind auch beim Zeitaufwand für Diktat und Durchsicht zu berücksichtigen. Hier ist in der Regel von einem mittleren Zeitaufwand von einer Stunde für vier Seiten Diktat einschließlich Durchsicht auszugehen. Auch hier rechtfertigt die tatsächliche Schreibweise, für das 58-seitige Gutachten einen Zeitaufwand von 12 Stunden anzusetzen (58 Seiten x 23 Zeilen/pro Seite: 28 Zeilen/pro Seite = 47,64 = 48 Seiten; 48: 4 Seiten/pro Stunde = 12 Stunden).

6. Zusätzlich der 6 Stunden für Anamnese und Untersuchung errechnet sich somit eine Gesamtstundenzahl von 43,35 Stunden (Aktenstudium 15,5 Stunden + Beurteilung 9,85 Stunden + Diktat/Durchsicht 12 Stunden + Anamnese/Untersuchung 6 Stunden). Diese ist gemäß § 8 Abs.2 JVEG auf 43,5 Stunden aufzurunden.

7. Für die Berechnung des Stundenhonorares kommt es nach § 9 Abs.1 JVEG darauf an, welcher Honorargruppe (M1, M2, M3) das von dem Sachverständigen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 JVEG zuzuordnen ist. Entgegen der Auffassung des As1 ist sein Gutachten der Honorargruppe M2 mit einem Stundensatz von 60,00 Euro zuzuordnen. Dies ergibt sich aus der Anlage 1 des JVEG, wonach die medizinischen Gutachten ihrem Schwierigkeitsgrad entsprechend einer der drei genannten Honorargruppen zuzuordnen sind. Hierbei hat sich der Gesetzgeber an verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten und ihrem Umfang orientiert und wollte die Vergütung damit aufwandsbezogen gestaltet haben (Bundestagsdrucksache 15/1971 S.186). Für die Sozialgerichtsbarkeit ergibt sich daraus, dass beschreibende (Ist-Zustand-)Begutachtungen nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität nach M2 mit 60,00 Euro pro Stunde zu vergüten sind. In diese Gruppe fällt der Großteil der von den Sozialgerichten eingeholten Gutachten. Gutachten mit durchschnittlicher Schwierigkeit sind solche, bei denen die diagnostischen oder die ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern. Hierunter fallen vor allem sogenannte "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX zählen. Dagegen werden Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad in der Regel Kausalzusammenhänge bei problematischen Verletzungsfolgen oder in besonderen Verfahren (OEG, HHG) sein. Diese der Gruppe M3 zuzuordnenden Gutachten betreffen vor allem spezielle Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostische Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen.

Vor diesem Hintergrund erfordert eine Vergütung nach der Honorargruppe M3 einen gegenüber Gutachten, die nach Honorargruppe M2 vergütet werden, deutlich höheren Schwierigkeitsgrad, wobei sich dieser Schwierigkeitsgrad gerade aus den Darlegungen im Gutachten entnehmen lassen muss bzw. aus den in der Beweisanordnung selbst gestellten Beweisfragen zu z.B. Kausalitätsproblemen. Es genügt daher für eine Vergütung nach der Honorargruppe M3 nicht, dass ein schwieriges Gutachten in Auftrag gegeben wird. Aus dem Gutachten selbst muss sich vielmehr ergeben, dass der Sachverständige die geforderten vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen auch anstellte und wodurch diese veranlasst wurden.

Nachdem im vorliegenden Fall ein Gutachten über die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit vom Gericht angefordert wurde, bei dem es sich im wesentlichen um die Beurteilung eines Ist-Zustandes handelt, erlauben die vom As1 angegebenen Schwierigkeiten es nicht, eine Honorarerhöhung von M2 auf M3 vorzunehmen.

An diesem Ergebnis ändern auch seine Hinweise auf die von der Klägerin unterschriebene Verpflichtungserklärung bzw. auf seinen zuvor eingereichten Kostenvoranschlag nichts. In diesem Zusammenhang sei der As1 auch auf die bestehende Möglichkeit einer bereits vor der Gutachtenserstellung auf Antrag mögliche gerichtliche Festsetzung allein des Honorars der Anlage 1 zum JVEG hingewiesen, von der er jedoch offenkundig keinen Gebrauch gemacht hat. Er konnte und durfte daher nicht von einer Bindungswirkung des in seinem Kostenvoranschlag enthaltenen Honorars nach M3 ausgehen.

Damit errechnet sich ein Stundenhonorar von 2.610,00 Euro (43,5 Stunden gerundet x 60,00 Euro) und zuzüglich von den auch vom Kostenbeamten großzügig bestätigten und ursprünglich beantragten 68,25 Euro Schreibgebühren und 15,00 Euro Porto, insgesamt eine Vergütung von 2.693,25 Euro. Nachdem das JVEG keine § 11 Abs.2 ZSEG vergleichbare Regelung mehr enthält, besteht kein Anspruch auf Vergütung von Kopien.

Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei (§ 183 SGG) und ist unanfechtbar (§ 4 Abs.4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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