Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AS 2428/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 336/07 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), frist- und formgerecht (§ 173 Satz 1 SGG) eingelegt und somit zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat es das Sozialgericht Mannheim (SG) abgelehnt, der Bg die Kosten aufzuerlegen.
Gemäß § 193 SGG hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren - wie hier durch Erledigterklärung - anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung über die Kostenerstattung ergeht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Diese Ermessensentscheidung ist vom Beschwerdegericht uneingeschränkt nachprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist. (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. September 2005 - L 10 LW 4563/04 AK-B -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 8. Aufl. § 193 Rdnr. 17). Neben den Erfolgsaussichten der Klage sind auch die Gründe für deren Erhebung und Erledigung zu berücksichtigen (BSG, Beschluss vom 7. September 1998 - B 2 U 10/98 R - SozR 3-1500 § 193 Nr. 10; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO Rdnr. 13). Die Behörde hat dem Antragsteller oder Widerspruchsführer die Kosten nach Erledigung der Untätigkeitsklage in der Hauptsache dann zu erstatten, wenn letzterer mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte (Sächsisches LSG, Beschluss vom 28. September 2004 - L 2 B 212/03 U -). Etwas anderes gilt nur, wenn der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung erkennen konnte, dass die Klage unbegründet sein werde, weil ein i.S.d. § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG zureichender Grund für die Untätigkeit der Verwaltung bestand. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Behörde sachliche Gründe, die die Entscheidung verzögern, dem Kläger mitgeteilt hat oder sie diesem bekannt gewesen sind (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 14. September 2005 - L 10 LW 4563/04 AK-B -; Binder, Handkommentar, SGG, § 88 Rndr. 12 mwN). Der Kooperation der Beteiligten im Vorfeld der Untätigkeitsklage kann entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen (Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Februar 2006 - L 9 B 14/06 SO -).
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es unbillig, der Beschwerdegegnerin (Bg) die den Beschwerdeführern (Bf) im Untätigkeitsklage-Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Bf durften vor Klageerhebung am 31. Juli 2006 noch nicht mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheides bezüglich des gegen den Bescheid vom 23. März 2006 am 20. April 2006 eingelegten Widerspruchs rechnen. Die Bg hatte einen zureichenden Grund, über den Widerspruch innerhalb der 3-monatigen Wartefrist (§ 88 Abs. 2 SGG) noch nicht zu entscheiden, und dieser Grund war - da er dem Verantwortungsbereich der Bf zuzurechnen ist - für diese erkennbar. Grund für die zeitliche Verzögerung war - wie das SG in der zeitlichen Abfolge ausführlich und zutreffend dargestellt hat und worauf Bezug genommen wird - das Verhalten der Bf hinsichtlich der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung. Nach Einlegung des Widerspruchs erfolgte dessen Begründung erst nach Aufforderung der Bg mit Schriftsatz der Bf vom 19. Juni 2006 (Eingang bei der Bg am 28. Juni 2006), was allein schon zu einer 2-monatigen Verzögerung in der Bearbeitung geführt hat. Die gegebene Begründung war - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - im Hinblick auf das Amtsermittlungsprinzip von der Bg zu beachten. Sie machte eine weitere Rückfrage, nämlich die Anforderung von Nachweisen für die von den Bf bebaupteten erfolglosen Bemühungen bei der Wohnungssuche, erforderlich, die die Bg unmittelbar nach Eingang der Begründung mit Schriftsatz vom 29. Juni 2006 durchführte. Die angeforderten Nachweise gingen am 12. Juli 2006 bei der Bg ein. Somit blieben dieser bis zum Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG (20. Juli 2006) für ihre Entscheidung lediglich noch 8 Tage. Dies ist ein Zeitraum, in dem die Bf mit Blick darauf, dass die Bg eine Massenverwaltung ist, und unter Berücksichtigung ihres eigenen Verhaltens, keine Entscheidung bis zum Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG erwarten durften. Hinzu kommt, dass die Bf unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Vorlage der angeforderten Nachweise parallel dazu zum selben Streitpunkt am 14. Juli 2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung (eA) beantragten (S 1 AS 2249/06 ER). Hierbei hätte ihnen, die zwischenzeitlich anwaltlich vertreten waren, klar sein müssen, dass faktisch damit eine Verzögerung in der Bearbeitung des Widerspruchs eintreten wird. Im Hinblick auf das von den Bf in Gang gesetzte Eilverfahren durfte die Bg ohne weiteres davon ausgehen, dass dessen Bearbeitung und Erledigung vorrangig sein dürfte. Am 31. Juli 2006 bestand daher kein begründeter Anlass zur Erhebung einer Untätigkeitsklage. Im Übrigen schließt sich der Senat der weiteren Argumentation des SG in vollem Umfang an; das gilt auch hinsichtlich der Ausführungen in der Abhilfeentscheidung.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), frist- und formgerecht (§ 173 Satz 1 SGG) eingelegt und somit zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat es das Sozialgericht Mannheim (SG) abgelehnt, der Bg die Kosten aufzuerlegen.
Gemäß § 193 SGG hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren - wie hier durch Erledigterklärung - anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung über die Kostenerstattung ergeht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Diese Ermessensentscheidung ist vom Beschwerdegericht uneingeschränkt nachprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist. (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. September 2005 - L 10 LW 4563/04 AK-B -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 8. Aufl. § 193 Rdnr. 17). Neben den Erfolgsaussichten der Klage sind auch die Gründe für deren Erhebung und Erledigung zu berücksichtigen (BSG, Beschluss vom 7. September 1998 - B 2 U 10/98 R - SozR 3-1500 § 193 Nr. 10; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO Rdnr. 13). Die Behörde hat dem Antragsteller oder Widerspruchsführer die Kosten nach Erledigung der Untätigkeitsklage in der Hauptsache dann zu erstatten, wenn letzterer mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte (Sächsisches LSG, Beschluss vom 28. September 2004 - L 2 B 212/03 U -). Etwas anderes gilt nur, wenn der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung erkennen konnte, dass die Klage unbegründet sein werde, weil ein i.S.d. § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG zureichender Grund für die Untätigkeit der Verwaltung bestand. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Behörde sachliche Gründe, die die Entscheidung verzögern, dem Kläger mitgeteilt hat oder sie diesem bekannt gewesen sind (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 14. September 2005 - L 10 LW 4563/04 AK-B -; Binder, Handkommentar, SGG, § 88 Rndr. 12 mwN). Der Kooperation der Beteiligten im Vorfeld der Untätigkeitsklage kann entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen (Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Februar 2006 - L 9 B 14/06 SO -).
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es unbillig, der Beschwerdegegnerin (Bg) die den Beschwerdeführern (Bf) im Untätigkeitsklage-Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Bf durften vor Klageerhebung am 31. Juli 2006 noch nicht mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheides bezüglich des gegen den Bescheid vom 23. März 2006 am 20. April 2006 eingelegten Widerspruchs rechnen. Die Bg hatte einen zureichenden Grund, über den Widerspruch innerhalb der 3-monatigen Wartefrist (§ 88 Abs. 2 SGG) noch nicht zu entscheiden, und dieser Grund war - da er dem Verantwortungsbereich der Bf zuzurechnen ist - für diese erkennbar. Grund für die zeitliche Verzögerung war - wie das SG in der zeitlichen Abfolge ausführlich und zutreffend dargestellt hat und worauf Bezug genommen wird - das Verhalten der Bf hinsichtlich der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung. Nach Einlegung des Widerspruchs erfolgte dessen Begründung erst nach Aufforderung der Bg mit Schriftsatz der Bf vom 19. Juni 2006 (Eingang bei der Bg am 28. Juni 2006), was allein schon zu einer 2-monatigen Verzögerung in der Bearbeitung geführt hat. Die gegebene Begründung war - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - im Hinblick auf das Amtsermittlungsprinzip von der Bg zu beachten. Sie machte eine weitere Rückfrage, nämlich die Anforderung von Nachweisen für die von den Bf bebaupteten erfolglosen Bemühungen bei der Wohnungssuche, erforderlich, die die Bg unmittelbar nach Eingang der Begründung mit Schriftsatz vom 29. Juni 2006 durchführte. Die angeforderten Nachweise gingen am 12. Juli 2006 bei der Bg ein. Somit blieben dieser bis zum Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG (20. Juli 2006) für ihre Entscheidung lediglich noch 8 Tage. Dies ist ein Zeitraum, in dem die Bf mit Blick darauf, dass die Bg eine Massenverwaltung ist, und unter Berücksichtigung ihres eigenen Verhaltens, keine Entscheidung bis zum Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG erwarten durften. Hinzu kommt, dass die Bf unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Vorlage der angeforderten Nachweise parallel dazu zum selben Streitpunkt am 14. Juli 2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung (eA) beantragten (S 1 AS 2249/06 ER). Hierbei hätte ihnen, die zwischenzeitlich anwaltlich vertreten waren, klar sein müssen, dass faktisch damit eine Verzögerung in der Bearbeitung des Widerspruchs eintreten wird. Im Hinblick auf das von den Bf in Gang gesetzte Eilverfahren durfte die Bg ohne weiteres davon ausgehen, dass dessen Bearbeitung und Erledigung vorrangig sein dürfte. Am 31. Juli 2006 bestand daher kein begründeter Anlass zur Erhebung einer Untätigkeitsklage. Im Übrigen schließt sich der Senat der weiteren Argumentation des SG in vollem Umfang an; das gilt auch hinsichtlich der Ausführungen in der Abhilfeentscheidung.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
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