L 4 KR 858/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3149/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 858/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Januar 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin die Kosten des Klageverfahrens trägt. Die Klägerin trägt ebenfalls die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf EUR 1.357,92 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten noch, ob die Beklagte von der Klägerin zu Recht die Zahlung von EUR 790,72 verlangt.

Die Klägerin, die Malerwerkstätten betreibt, nahm vom 27. August bis 31. Oktober 2001 für insgesamt 359 Arbeitsstunden die Arbeit des Malers E. F. (E.F.), geboren am 1952, in Anspruch. E.F. stand in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Zeitarbeitsfirma E. T. Heidelberg (Inhaber K. H. - K.H.). Dabei war zwischen der Klägerin als Entleiher und K.H. als Verleiher ein Stundenverrechnungssatz von DM 42,00 vereinbart, während zwischen dem Verleiher und E.F. ein Stundenlohn von DM 18,00 vereinbart war. Wegen Zahlungsunfähigkeit des K.H. wurde vom Amtsgericht (AG) Heidelberg am 01. November 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Diplomkaufmann G. zum Insolvenzverwalter bestellt, der bereits am 29. August 2001 zum vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt worden war. Die Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter war allen Kunden des K.H. bereits mit Schreiben vom 29. August 2001 mitgeteilt worden. In diesem Schreiben war auch darauf hingewiesen worden, dass nach dem derzeitigen Sach- und Kenntnisstand beabsichtigt sei, das Unternehmen fortzuführen; eine endgültige Klärung habe diesbezüglich noch nicht stattfinden können. Zunächst werde der Geschäftsbetrieb in seiner ursprünglichen Form fortgeführt, was zur Folge habe, dass sich in der Geschäftsbeziehung zu den Kunden bis auf Weiteres nichts ändere. Für die Begleichung offener Rechnungen sei jedoch das Insolvenzsonderkonto maßgebend. Mit Beitragsbescheiden vom 02. und 29. Oktober 2001 machte die Beklagte gegenüber der E. T. Heidelberg Rückstände hinsichtlich Gesamtsozialversicherungsansprüchen und Säumniszuschlägen geltend, die jedoch nicht beglichen wurden. Darin waren auch Beiträge für E.F. enthalten. Ebenfalls zunächst ohne Erfüllung meldete die Beklagte dann beim Insolvenzverwalter am 26. November 2001 bzw. 21. Mai 2002 Beitragsforderungen für die Zeit vom 01. August bis 31. Oktober 2001 von DM 14.697,12 bzw. EUR 7.381,84 an, die sich auch auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge für E.F. bezogen.

Mit Schreiben vom 15. Juni 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, es sei über die Firma E. T. Heidelberg das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Da die Firma die Sozialversicherungsbeiträge aus den Beschäftigungsverhältnissen schuldig geblieben sei, würden die Ansprüche gegen die Klägerin geltend gemacht. Nach "§ 28a" (richtig § 28e) Abs. 2 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) hafte nämlich der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden seien. Insoweit ergebe sich ein offener Betrag von EUR 1.357,92 für E.F. für die Zeit vom 27. August bis 31. Oktober 2001. Dagegen wandte die Klägerin ein, sie habe bis zum Jahre 2001 wegen nicht gezahlter Beiträge der Firma E. T. Forderungen dieser Firma verrechnet und direkt an die Krankenkassen und ans Finanzamt überwiesen. Im Hinblick auf das Schreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 29. August 2001 sei sie als Schuldner der Firma E. T. Heidelberg gezwungen gewesen, die offenen Rechnungen ausschließlich auf das Insolvenzsonderkonto einzuzahlen. Die Beklagte müsse sich wegen ihrer Ansprüche an den Insolvenzverwalter wenden. Mit weiterem Schreiben vom 13. September 2004 bestätigte die Beklagte gegenüber der Klägerin ihren Anspruch; die Klägerin als Entleiherin hafte für die Beitragszahlung. Dazu machte die Klägerin geltend, E.F. habe letztmalig vom 22. bis 26. Oktober 2001 für sie gearbeitet. Sämtliche Sozialversicherungsbeiträge für 2001 habe sie an die Firma E. T. Heidelberg entrichtet, weswegen sich die Beklagte mit dem Insolvenzverwalter auseinandersetzen müsse. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2004 bestätigte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Forderung in Höhe von EUR 1.357,92. Es bestünden Besonderheiten hinsichtlich der Beitragszahlung im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerüberlassung. Bei der Arbeitnehmerüberlassung sei der Verleiher der Arbeitgeber. Für ihn würden mithin die üblichen Pflichten eines Arbeitgebers gelten. Er habe den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu entrichten. Allerdings hafte für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Verleihers der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Die Bürgenhaftung orientiere sich an der Hauptschuld, d.h. an der gegenüber dem Verleiher bestehenden Beitragsforderung der Einzugsstelle. Zeitlich sei die Haftung beschränkt auf den Zeitraum, während dessen der Entleiher Arbeitnehmer überlassen habe. Nur die in diesem Zeitraum aufgelaufene Beitragsschuld unterliege der Bürgenhaftung. Insoweit bestehe ein Anspruch in Höhe von EUR 1.357,92. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, die Bürgenhaftung nach § 28e Abs. 2 SGB IV gelte längstens bis zum 29. August 2004. Danach sei der vorläufige Insolvenzverwalter in das Vertragsverhältnis mit ihr (der Klägerin) eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt habe der vorläufige Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Insolvenzantragstellers übernommen; er sei in die einzelnen Verträge eingetreten. Dadurch seien Masseverbindlichkeiten begründet worden. Somit habe sich die Beklagte zunächst an den Insolvenzverwalter zu halten und habe bei Nichterfüllung aus der Insolvenzmasse die Möglichkeit, von diesem Schadensersatz zu fordern. Nach § 28e Abs. 2 Satz 2 SGB IV könne der Entleiher des Weiteren die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Insolvenzverwalter nicht gemahnt habe und die Mahnfrist nicht abgelaufen sei. Es liege kein Schreiben vor, mit dem die Beklagte den Insolvenzverwalter aufgefordert habe, den Betrag von EUR 1.357,92 zu entrichten. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 12. Oktober 2005 wurde ausgeführt, es gelte hier für die Klägerin die Haftung nach § 28e Abs. 2 SGB IV. Es sei der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, dem Entleiher das Risiko aufzuerlegen, im Falle der Nichtzahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge durch den Verleiher als Bürge in Anspruch genommen zu werden. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin als selbstschuldnerische Bürgin seien erfüllt. Die Beiträge seien beim Verleiher bzw. beim Insolvenzverwalter angemahnt, jedoch nicht entrichtet worden. Sie könne nicht auf den Weg des Schadensersatzes gegen den Insolvenzverwalter verwiesen werden.

Deswegen erhob die Klägerin am 28. Oktober 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Sie wiederholte ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und wies darauf hin, sie habe den mit K.H. vereinbarten Stundensatz einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von DM 42,00 pro Stunde komplett an die Firma E. T. Heidelberg gezahlt. Die Beklagte habe den Insolvenzverwalter als vordringlich in Anspruch zu nehmenden Schuldner, der die Firma ursprünglich weitergeführt habe, nicht gemahnt. Daher sei der Entleiher nach § 28e Abs. 2 Satz 2 SGB IV berechtigt, die Zahlung zu verweigern. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Im Hinblick auf das Schreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 29. August 2001 habe kein Grund bestanden, die Beitragsforderung gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter anzumahnen. Ihre Beitragsbescheide seien korrekt an die Firma E. T. Heidelberg, Inhaber K.H., adressiert gewesen. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2006, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 27. Januar 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Das SG führte aus, die Haftung der Klägerin nach § 28e Abs. 2 SGB IV sei begründet. Hier sei Arbeitgeberin die Firma E. T. gewesen. Ein Zahlungsverweigerungsrecht der Klägerin bestehe nicht. Eine Mahnung habe hier darin gelegen, dass die Beklagte als Insolvenzgläubigerin die Forderung beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle angemeldet habe. Einer Fristsetzung zur Zahlung habe es im vorliegenden Fall nicht bedurft. Das vom Gesetzgeber aufgestellte Erfordernis einer Mahnung diene dem Schutz des Entleihers; er solle nach dem erkennbaren Willen des Gesetzes solange nicht in Anspruch genommen werden können, wie noch mit einer sofortigen Zahlung des Verleihers gerechnet werden könne. Während eines Insolvenzverfahrens sei eine solche sofortige Erfüllung einer Beitragsforderung ausgeschlossen. Der Insolvenzverwalter könne eine Forderung erst im Verteilungsverfahren befriedigen, das einen Zeitraum von jedenfalls mehr als einen Monat in Anspruch nehme. Unerheblich sei, soweit sich die Klägerin darauf berufe, sie habe ihre Verbindlichkeiten aus dem Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis gegenüber dem Verleiher erfüllt. Vielmehr hafte sie nach § 28e Abs. 2 SGB IV darüber hinaus für die Erfüllung der Pflichten des Verleihers zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge gegenüber der Einzugsstelle.

Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin mit Fernkopie am 21. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Nachdem der Insolvenzverwalter an die Beklagte am 16. Mai 2006 eine Quote in Höhe von 41,77 vom Hundert (v.H.), d.h. einen Betrag von EUR 567,20 ausgekehrt hatte, hat die Beklagte ihre Forderung gegenüber der Klägerin auf EUR 790,72 reduziert. Die Klägerin trägt vor, sie habe die Beitragsschuld mit schuldbefreiender Wirkung auf das vom vorläufigen Insolvenzverwalter angegebene Konto geleistet. Auch die Ausführungen des SG zur Mahnung und zur Mahnungsfrist seien rechtsfehlerhaft. Mahnung und Mahnungsfrist im Sinne des § 28e Abs. 2 Satz 2 SGB IV hätten eine Schutzfunktion für den Entleiher und seien konform mit dem Bürgschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auszulegen. Da im Insolvenzverfahren gerade nicht mit der Zahlung des Verleihers gerechnet werden könne, sei die Schutzfunktion zugunsten des Entleihers besonders groß, wie überhaupt die Vorschriften mit Schutzfunktion so auszulegen seien, dass sie ihrem Schutzcharakter gerecht würden. Im Übrigen gehe sie davon aus, dass durch die Erfüllung des Anspruchs der Beklagten durch die Insolvenzgeldstelle der Bundesagentur für Arbeit ein Anspruch der Einzugsstelle nicht mehr bestehe. Zwar sei in § 208 Abs. 2 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) geregelt, dass die Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber bestehen blieben. Gemeint sei jedoch aus dem Sachzusammenhang der Vorschrift der insolvente Arbeitgeber. Keinesfalls könne dies für einen weiteren Übernehmer gelten, der schon einmal geleistet habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Januar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2005, soweit noch ein Betrag von EUR 790,72 gefordert wird, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Im Hinblick darauf, dass der Insolvenzverwalter einen Betrag von EUR 567,20 gemäß der errechneten Insolvenzquote gezahlt habe, bestehe noch ein Anspruch von EUR 790,72 gegen die Klägerin. Eine Zahlung über die Insolvenzgeldstelle der Bundesagentur für Arbeit berühre ihre Forderung als Einzugsstelle gegenüber der Klägerin nicht. Vielmehr blieben die Beitragsansprüche nach § 208 Abs. 2 SGB III bestehen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2005 ist, soweit die Beklagte von der Klägerin noch Gesamtsozialversicherungsbeiträge von EUR 790,72 im Rahmen der Haftung wie ein Bürge für die Beitragsschuld der Firma E. T. Heidelberg nach § 28e Abs. 2 SGB IV fordert, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 03. Juli 2006, beim LSG am 04. Juli 2006 eingegangen, nach Auskehrung der Insolvenzquote von EUR 567,20 auf die beim Insolvenzverwalter angemeldeten rückständigen Beitragsansprüche ihre Forderung gegen die Klägerin auf EUR 790,72 reduziert hat, ist nur dieser Betrag noch im Streit. Insoweit ist, wie das SG zu Recht entschieden hat, der Zahlungsanspruch begründet.

§ 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV bestimmt, dass der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen hat. Arbeitgeber ist bei der hier vorliegenden wirksamen Arbeitnehmerüberlassung an sich der Verleiher, der dementsprechend die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den verliehenen Arbeitnehmer zu zahlen hat. Jedoch bestimmt § 28e Abs. 2 SGB IV wie folgt die Haftung auch des Entleihers: Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers (Verleihers) haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind (Satz 1). Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist (Satz 2). Diese Haftung der Klägerin als Entleiherin ist hier begründet, denn ihr wurde E.F. gegen Vergütung zur Arbeitsleistung in der streitigen Zeit überlassen, wobei die Arbeitsleistung auch tatsächlich erbracht wurde. Der Haftung der Klägerin als selbstschuldnerischer Bürge steht nicht entgegen, dass die Beklagte als Einzugsstelle nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01. November 2005 die E. T. Heidelberg nicht noch einmal mit einer Mahnfrist zur Zahlung der Beiträge aufgefordert hat, abgesehen davon, dass die Beklagte den Entleiher noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beitragsbescheiden vom 02. und 29. Oktober 2001 mit einwöchiger Fristsetzung zur Zahlung der rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge aufgefordert hatte und die Beklagte ferner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die streitigen rückständigen Beitragsforderungen beim Insolvenzverwalter angemeldet hatte. Insoweit bestand für die Beklagte hinsichtlich der Geltendmachung der streitigen Ansprüche nach Eröffnung des Konkursverfahrens lediglich die Möglichkeit der Forderungsanmeldung nach § 174 InsO. Zutreffend hat das SG dargelegt, dass sich die Klägerin hier nicht auf die Schutzfunktion der Mahnung mit Fristsetzung berufen konnte. Auf das Schreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 29. August 2001 kommt es nicht an, auch wenn dieses die Klägerin veranlasst haben mag, für E.F. die mit dem Verleiher vereinbarten Stundensätze in vollem Umfang auf das Insolvenzkonto zu überweisen. Der Haftung der Klägerin wie ein selbstschuldnerischer Bürge steht der Umstand nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Zahlungspflichten gegenüber dem Verleiher nachgekommen ist. Entscheidend für die Bürgenhaftung ist vielmehr, dass der Verleiher die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt hat.

Dem Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin steht auch nicht entgegen, dass die Agentur für Arbeit in Heidelberg im Rahmen des § 208 Abs. 1 SGB III an die Beklagte auf die hier streitigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge Zahlungen geleistet hat. § 208 Abs. 2 Satz 1 SGB III bestimmt ausdrücklich, dass die Ansprüche auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge der Einzugsstelle gegenüber dem Arbeitgeber auch bei Zahlungen durch die Bundesagentur für Arbeit bestehen bleiben. Insoweit hat, unabhängig von Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 208 Abs. 1 SGB III und deren Erstattungsanspruch nach § 208 Abs. 2 Satz 2 SGB III, die Einzugsstelle den Anspruch gegen den insolventen Arbeitgeber weiter zu verfolgen. Dieses gilt jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur für den Anspruch gegen den insolventen Arbeitgeber, sondern auch für den hier streitigen Anspruch gegen den Entleiher als selbstschuldnerischen Bürgen nach § 28e Abs. 2 SGB IV, und zwar unabhängig davon, ob der Entleiher schon einmal geleistet hat. Bei solchen Zahlungen durch den als Bürgen haftenden Entleiher wäre auch der Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit nach § 208 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht ausgeschlossen. Eine Beiladung der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf einen Erstattungsanspruch nach der genannten Bestimmung war nicht geboten.

Danach war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), denn weder die Klägerin noch die Beklagte gehören zu den im Sinne des § 183 SGG privilegierten Beteiligten.

Insoweit hat auch das SG die Entscheidung, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten seien, zu Unrecht auf § 193 SGG gestützt und nicht über die Gerichtskosten entschieden. Da die Monatsfrist des § 140 SGG abgelaufen ist, kann das Urteil des SG nicht ergänzt werden. Die unterbliebene Entscheidung über die Gerichtskosten erster Instanz kann durch den Senat nachgeholt werden (vgl. BSG SozR 3-1500 § 140 Nr. 2). Da der Grundsatz der Verböserung für die Kostenentscheidung nicht gilt, war daher auch für das SG-Verfahren über die Kosten nach § 197a SGG zu entscheiden. Danach trägt die Klägerin - ebenso wie für das Berufungsverfahren - auch die Kosten des Klageverfahrens. Der Umstand, dass die Klägerin während des Berufungsverfahrens die Berufung auf den noch streitigen Betrag von EUR 790,72 beschränkt hat, führt nicht dazu, dass die Beklagte entsprechend § 155 VwGO teilweise kostenpflichtig wäre.

Der Streitwert wird auf EUR 1.357,92 festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Verminderung der Forderung im Berufungsverfahren durch die Beklagte wirkt sich auf den Streitwerts nicht aus. Denn nach § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Berufungseinlegung maßgebend.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved