L 18 B 953/06 AS

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 65 AS 2117/06 ER W06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 953/06 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2006 geändert. Der Antragsgegner hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet. Der Antragsgegner hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu erstatten.

Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das gerichtliche Verfahren – wie hier – anders als durch Urteil endet. Die Entscheidung ist nach sachgemäßem Ermessen zu treffen. Zu berücksichtigen ist in erster Linie, wie der Rechtsstreit nach dem bisherigen Sach- und Streitstand bei summarischer Prüfung voraussichtlich ausgegangen wäre (st. Rspr. des BSG, vgl. z. B.: BSG SozR 3-1500 § 193 Nrn. 2, 9, 10). Ferner kann trotz fehlender Erfolgsaussicht ein Kostenerstattungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des Veranlassungsprinzips gegeben sein (BVerwG NJW 1965, 1732; LSG Bre-men Breithaupt 1987, 523, 525; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. März 2003 – B 1 KR 17/01 R = BSGE 91, 32, 38). Daneben können das erreichte Prozessergebnis sowie die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung berücksichtigt werden (LSG Berlin NZS 1993, 184; LSG Baden-Württemberg Breithaupt 1995, 158, 159).

Hiervon ausgehend hat der Antragsgegner die Hälfte der Kosten für das einstweilige Rechtsschutzverfahren zu erstatten. Der Antragsteller hätte zur Zeit der Erledigung des Rechtsstreits bei summarischer Prüfung mit seinem auf die Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gerichteten Begehren teilweise obsiegt.

Der Antragsgegner bewilligte ihm mit Bescheid vom 30. November 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 345,00 EUR. Diese Leistungen umfassten nur den Regelsatz nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Der Bescheid enthält keine Begründung dazu, warum die Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 SGB II nicht gewährt werden. Für davor liegende Bewilligungszeiträume hatte der Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich KdU in unterschiedlicher Höhe gewährt (Juli 2005: 583,80 EUR, August bis November 2005: 549,50 EUR, Dezember 2005: 489,30 EUR). Mit Bescheid vom 10. April 2006 gewährte der Antragsgegner dann für den Bewilligungszeitraum vom 01. Januar bis 30. Juni 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 557,30 EUR (Regelsatz und KdU) mit der Begründung, dass nun die Mietkosten abzüglich der Energiepauschale berücksichtigt würden. Soweit der Antragsteller Leistungen für die Zeit ab 01. Januar 2006 (Beginn des Bewilligungs-zeitraumes) bis zum Tag vor dem Eingang seines Rechtsschutzantrags bei dem Sozialgericht (SG) Berlin (04. April 2006) geltend gemacht hatte, fehlte es zwar schon deshalb an einem Anordnungsgrund für die begehrte Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialge-richtsgesetz (SGG), weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als einem Verfahren zur "Nothilfe" die Zuerkennung von Leistungen für Zeiträume vor der Antragstellung bei Gericht regelmäßig nicht in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass die Nichtgewährung der Leistungen in der Vergangenheit über den 3. April 2006 hinaus fortwirkten und seinerzeit eine Not-lage bewirkten, sind nicht ersichtlich.

Für die Zeit ab 4. April 2006 hätte der Antragsteller indes bei summarischer Prüfung zumindest hinsichtlich der Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 144,30 EUR obsiegt. Denn der Antragsgegner wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, die unstreitig fortbestehenden reinen monatlichen Mietkosten in Höhe von 144,30 EUR als KdU zu übernehmen.

Durch die vollständige Nichtgewährung von KdU hatte der Antragsgegner dem Antragsteller auch Veranlassung zur Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes geboten. Hieran ändert nichts, dass mit Erlass des Bescheides vom 10. April 2006 ein erledigendes Ereignis eintrat; denn für den Antragsteller war nicht ersichtlich, ob und wann der Antragsgegner mindestens teilweise seinem Begehren entsprechen würde. Dem SG kann nicht darin gefolgt werden, dass es des Eilverfahrens bei einer Vorsprache und einem Klärungsversuch beim JobCenter nicht bedurft hätte und dass eine Klaglosstellung erst nach Vorlage weiterer Unterlagen erfolgt sei. Denn der Antragsteller hatte bereits in seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. November 2005 darauf hingewiesen, dass die Miete monatlich nach wie vor 144,30 EUR betrage. Der Antragsgegner hatte mit Schreiben vom 18. Januar 2006 die aktuelle GASAG-Abrechnung (mit Abschlagsaufstellung) angefordert. Diese Unterlagen hatte der Antragsteller dann aber noch im Januar 2006 vorgelegt.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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