Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AL 5661/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 1080/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt einen Privatpflegedienst. Sie begehrt die Bewilligung eines Zuschusses zum Arbeitsentgelt für den von ihr beschäftigten Arbeitnehmer L L.
Der 1979 geborene L L verfügt bislang über keinen Berufsabschluss. Er war seit dem 20. Februar 2001 bei der Klägerin als Pflegehelfer tätig. Am 13. Mai 2003 nahm er in der Fachschule für Altenpflege des Deutschen Roten Kreuzes eine Ausbildung zum Altenpfleger auf, die am 12. Mai 2007 enden soll. Während dieser Weiterbildung blieb er fortlaufend bei der Klägerin im Umfange von 20 Arbeitsstunden wöchentlich beschäftigt.
Am 3. Februar 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Arbeitsentgeltzuschuss für die Weiterbildung Beschäftigter nach § 235 c SGB III. Mit Bescheid vom 17. März 2004 lehnte die Beklagte die Bewilligung des Zuschusses ab, weil der Antrag vor Beginn der Maßnahme am 13. Mai 2003 hätte gestellt werden müssen, aber erst am 3. Februar 2004 gestellt worden sei. Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Beklagte von dem ihr eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht habe. Der Zuschuss sei auch auf Grund der gesetzlich vorgesehenen Härteregelung zu gewähren, weil die Beschäftigung des Lars Liening über den erheblichen Zeitraum der Weiterbildung gewährleistet werde. Mit Bescheid vom 6. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 324 Abs. 1 SGB III würden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Damit hätte der Arbeitsentgeltzuschuss vor Beginn der Weiterbildung am 13. Mai 2003 beantragt werden müssen. Es liege auch kein Fall einer unbilligen Härte vor, denn es habe keinen Hinderungsgrund gegeben, den Antrag früher zu stellen.
Mit der am 11. November 2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens hätte die Beklagte die verspätete Antragstellung zulassen müssen. Es dürfe nicht allein auf den Zeitumstand abgestellt werden. Eine unbillige Härte liege hier darin, dass die Ablehnung des Antrages wegen Fristversäumnis zu einem großen finanziellen Nachteil für sie als Arbeitgeberin führe. Für die Wahrnehmung der Ausbildung werde Herr L unter Fortzahlung der Bezüge wöchentlich an 2 Tagen freigestellt. In dieser Zeit erbringe er keine Arbeitsleistung; hierin liege der Zuschuss der Klägerin. Insgesamt betrage ihr finanzieller Nachteil 16.506,88 Euro. Eine unbillige Härte werde auch dadurch begründet, dass gleichzeitig die berufsbegleitende Ausbildung zweier weiterer Mitarbeiter gefördert werde.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Juni 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Ablehnung des Arbeitsentgeltzuschusses sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe die sich aus § 324 Abs. 1 SGB III ergebende Frist um 8 Monate versäumt. Das Bestehen einer unbilligen Härte habe die Beklagte zu Recht abgelehnt. Eine solche könne nur dann angenommen werden, wenn die Versäumung der Frist vom Antragsteller nicht zu vertreten sei. Es sei aber weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst erkennbar, dass sie die Verspätung der Antragstellung nicht verschuldet habe. Angesichts einer Verzögerung von über 8 Monaten bei offensichtlich laufendem Betrieb des Pflegedienstes könne die Kammer nur davon ausgehen, dass die Klägerin die Verzögerung der Antragstellung zu vertreten habe. Schon deshalb lasse sich eine unbillige Härte nicht annehmen. Auch der Umfang der finanziellen Einbußen ohne die Förderung begründe noch keine unbillige Härte, weil die Klägerin nicht vorgetragen habe, dass die von ihr dargestellten Beträge im Verhältnis zu ihren Gesamtumsätzen derart hoch seien, dass auch die Versichertengemeinschaft ein besonderes Opfer der Klägerin durch Förderung des Arbeitnehmers nach Treu und Glauben anzuerkennen hätte und zu verhindern habe.
Gegen das ihr am 14. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. August 2005 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Ablehnung des Förderungsantrages allein unter Bezugnahme auf zeitliche Umstände sei ermessensfehlerhaft. Allein aus der Zeitdauer – 8 Monate – könne nicht auf ihr Verschulden geschlossen werden. Die Antragstellung habe sich verzögert, weil ihr die Möglichkeit der zusätzlichen Förderung nach dem SGB III nicht bekannt gewesen sei. Sie sei erst durch die Mitarbeiter selbst auf die gegebenenfalls bestehende Förderungsmöglichkeit aufmerksam gemacht worden. Von verschiedenen Stellen der Beklagten sei sie daraufhin widersprüchlich informiert worden. Erst ein Gespräch mit der Leiterin der Arbeitsagentur B-N habe ergeben, dass es eine Förderungsmöglichkeit gebe, woraufhin der Antrag unverzüglich gestellt worden sei. In Zusammenschau mit den beiden neben L L beschäftigten Arbeitnehmern seien die finanziellen Einbußen gravierend. Bei Prüfung einer unbilligen Härte müsse eine Güterabwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft und den Interessen des Antragstellers vorgenommen werden. Von einer unbilligen Härte sei auszugehen, wenn den Antragsteller ein nur geringes Verschulden treffe, die Folgen des Anspruchsverlustes für ihn aber erheblich seien. Hieran gemessen sei die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über ihren Antrag vom 3. Februar 2004 auf Gewährung eines Arbeitsentgeltzuschusses für den Ar- beitnehmer L L unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 5. Januar 2007 haben die Beteiligten ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Im ausdrücklich erklärten Einverständnis der Beteiligten durfte der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit durch Urteil entscheiden (§ 155 Abs. 3, Abs. 4 i.V.m. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Das Sozialgericht beurteilt die Sach- und Rechtslage in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil vom 20. Juni 2005 zutreffend. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf neue Bescheidung ihres Antrages auf Gewährung eines Arbeitsentgeltzuschusses für die Beschäftigung des L L. Der Ablehnungsbescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 235 c SGB III (eingeführt durch das Job-AQTIV-Gesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2002). Danach können Arbeitgeber für die berufliche Weiterbildung von Arbeitnehmern, bei denen die Notwendigkeit der Weiterbildung wegen eines fehlenden Berufsabschlusses anerkannt ist, durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt gefördert werden, soweit die Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses durchgeführt wird. Die Zuschüsse können bis zur Höhe des Betrages erbracht werden, der sich als anteiliges Arbeitsentgelt einschließlich des darauf entfallenden pauschalierten Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag für weiterbildungsbedingte Zeiten ohne Arbeitsleistung errechnet. Es kann vorausgesetzt werden, dass die tatbestandlichen Förderungsvoraussetzungen im Falle des Arbeitnehmers L L vorliegen und er insbesondere bei Aufnahme der beruflichen Weiterbildung nicht über einen Berufsabschluss verfügte.
Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden allerdings Leistungen der Arbeitsförderung, wozu auch die Förderung der beruflichen Weiterbildung gehört, nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Das leistungsbegründende Ereignis ist bei § 235 c SGB III der Tag, an dem die berufliche Weiterbildung aufgenommen wird. Dies war hier der 13. Mai 2003. Den Antrag Förderung der beruflichen Weiterbildung stellte die Klägerin erst erheblich später, nämlich am 3. Februar 2004. Damit ist ein Leistungsanspruch grundsätzlich ausgeschlossen.
"Zur Vermeidung unbilliger Härten" kann die Agentur für Arbeit aber gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III eine verspätete Antragstellung zulassen. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 SGB III tritt als lex specialis an die Stelle der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Wie bei dieser setzt die nachträgliche Zulassung jedenfalls voraus, dass der Antragsteller die verspätete Antragstellung nicht zu vertreten hat. Allein fehlendes Verschulden gebietet aber keine nachträgliche Zulassung eines Antrages. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt die nachträgliche Zulassung nämlich nur in Betracht, wenn dadurch eine unbillige Härte vermieden wird. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff entzieht sich einer genauen inhaltlichen Festlegung. Daher ist bei der Prüfung, ob eine unbillige Härte vorliegt, auf die Modalitäten des Einzelfalles abzustellen. Der verspätete Antrag ist immer dann zuzulassen, wenn sich die Ablehnung des Antrags wegen seiner Verspätung als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde. Bloße Unkenntnis darüber, dass ein Anspruch auf eine Förderungsleistung bestanden hätte, wenn der Antrag rechtzeitig gestellt worden wäre, reicht für die Annahme einer unbilligen Härte allerdings nicht aus. Ein verspäteter Antrag ist danach beispielsweise zuzulassen, wenn den Begünstigten kein Verschulden an der verspäteten Antragstellung trifft, die Versäumung der Antragsfrist aber ursächlich auf eine Verletzung der Beratungspflicht der Beklagten zurückzuführen ist (vgl. Niesel in Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, Rdnr. 9, 10 zu § 324; Bundessozialgericht, Urteil vom 8. Februar 2007, B 7a AL 22/06 R). Eine unbillige Härte liegt – hieran gemessen – nicht vor, was schon das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat. Ein Beratungsverschulden der Beklagten, das zu der erheblich verspäteten Antragstellung geführt hätte, ist nicht hinreichend dargetan. Die Klägerin hat entgegen ihrer Ankündigung im Erörterungstermin vom 5. Januar 2007 keine genaueren Angaben darüber gemacht, wann sie sich in welcher Form und bei wem über die Möglichkeit eines Zuschusses zum Arbeitsentgelt hat beraten lassen. Nach Lage der Akten war ihr die Förderungsmöglichkeit lange Zeit unbekannt, ohne dass dies auf eine unzulängliche Beratung durch die Beklagte zurückzuführen wäre. Danach ist auch nicht feststellbar, dass die Unkenntnis der Klägerin von der bestehenden Förderungsmöglichkeit gänzlich unverschuldet war, denn es hätten Möglichkeiten bestanden, sich verbindlich über die mit dem Job-AQTIV-Gesetz zum 1. Januar 2002 eingeführten Entgeltsubventionen zu erkundigen. Dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit L L trotz seiner berufsbegleitenden Weiterbildung und ohne Kenntnis der Förderungsmöglichkeit eingegangen ist, deutet für das Gericht darauf hin, dass dieses Arbeitsverhältnis für die Klägerin auch unter den gegebenen Umständen nicht ganz unwirtschaftlich war, so dass auch die geltend gemachte finanzielle Sonderbelastung die Annahme einer unbilligen Härte nicht begründen kann. "Hart" mag es für die Klägerin sein, wegen der erheblich verspäteten Antragstellung nicht in den Genuss einer bestehenden Förderungsmöglichkeit zu gelangen. "Unbillig" ist diese Härte jedoch nicht, denn die Beklagte verstößt nicht etwa gegen Treu und Glauben, wenn sie die Klägerin an dem gesetzlichen Erfordernis festhält, den Antrag vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; es war zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber im Streit um Arbeitsentgeltzuschüsse Leistungsempfänger im Sinne von § 183 SGG ist, so dass die Kostenentscheidung sich nicht an § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 ff. VwGO zu orientieren hatte (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 22. September 2004, B 11 AL 33/03 R, SozR 4 – 1500 § 183 Nr. 2).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt einen Privatpflegedienst. Sie begehrt die Bewilligung eines Zuschusses zum Arbeitsentgelt für den von ihr beschäftigten Arbeitnehmer L L.
Der 1979 geborene L L verfügt bislang über keinen Berufsabschluss. Er war seit dem 20. Februar 2001 bei der Klägerin als Pflegehelfer tätig. Am 13. Mai 2003 nahm er in der Fachschule für Altenpflege des Deutschen Roten Kreuzes eine Ausbildung zum Altenpfleger auf, die am 12. Mai 2007 enden soll. Während dieser Weiterbildung blieb er fortlaufend bei der Klägerin im Umfange von 20 Arbeitsstunden wöchentlich beschäftigt.
Am 3. Februar 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Arbeitsentgeltzuschuss für die Weiterbildung Beschäftigter nach § 235 c SGB III. Mit Bescheid vom 17. März 2004 lehnte die Beklagte die Bewilligung des Zuschusses ab, weil der Antrag vor Beginn der Maßnahme am 13. Mai 2003 hätte gestellt werden müssen, aber erst am 3. Februar 2004 gestellt worden sei. Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Beklagte von dem ihr eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht habe. Der Zuschuss sei auch auf Grund der gesetzlich vorgesehenen Härteregelung zu gewähren, weil die Beschäftigung des Lars Liening über den erheblichen Zeitraum der Weiterbildung gewährleistet werde. Mit Bescheid vom 6. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 324 Abs. 1 SGB III würden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Damit hätte der Arbeitsentgeltzuschuss vor Beginn der Weiterbildung am 13. Mai 2003 beantragt werden müssen. Es liege auch kein Fall einer unbilligen Härte vor, denn es habe keinen Hinderungsgrund gegeben, den Antrag früher zu stellen.
Mit der am 11. November 2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens hätte die Beklagte die verspätete Antragstellung zulassen müssen. Es dürfe nicht allein auf den Zeitumstand abgestellt werden. Eine unbillige Härte liege hier darin, dass die Ablehnung des Antrages wegen Fristversäumnis zu einem großen finanziellen Nachteil für sie als Arbeitgeberin führe. Für die Wahrnehmung der Ausbildung werde Herr L unter Fortzahlung der Bezüge wöchentlich an 2 Tagen freigestellt. In dieser Zeit erbringe er keine Arbeitsleistung; hierin liege der Zuschuss der Klägerin. Insgesamt betrage ihr finanzieller Nachteil 16.506,88 Euro. Eine unbillige Härte werde auch dadurch begründet, dass gleichzeitig die berufsbegleitende Ausbildung zweier weiterer Mitarbeiter gefördert werde.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Juni 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Ablehnung des Arbeitsentgeltzuschusses sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe die sich aus § 324 Abs. 1 SGB III ergebende Frist um 8 Monate versäumt. Das Bestehen einer unbilligen Härte habe die Beklagte zu Recht abgelehnt. Eine solche könne nur dann angenommen werden, wenn die Versäumung der Frist vom Antragsteller nicht zu vertreten sei. Es sei aber weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst erkennbar, dass sie die Verspätung der Antragstellung nicht verschuldet habe. Angesichts einer Verzögerung von über 8 Monaten bei offensichtlich laufendem Betrieb des Pflegedienstes könne die Kammer nur davon ausgehen, dass die Klägerin die Verzögerung der Antragstellung zu vertreten habe. Schon deshalb lasse sich eine unbillige Härte nicht annehmen. Auch der Umfang der finanziellen Einbußen ohne die Förderung begründe noch keine unbillige Härte, weil die Klägerin nicht vorgetragen habe, dass die von ihr dargestellten Beträge im Verhältnis zu ihren Gesamtumsätzen derart hoch seien, dass auch die Versichertengemeinschaft ein besonderes Opfer der Klägerin durch Förderung des Arbeitnehmers nach Treu und Glauben anzuerkennen hätte und zu verhindern habe.
Gegen das ihr am 14. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. August 2005 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Ablehnung des Förderungsantrages allein unter Bezugnahme auf zeitliche Umstände sei ermessensfehlerhaft. Allein aus der Zeitdauer – 8 Monate – könne nicht auf ihr Verschulden geschlossen werden. Die Antragstellung habe sich verzögert, weil ihr die Möglichkeit der zusätzlichen Förderung nach dem SGB III nicht bekannt gewesen sei. Sie sei erst durch die Mitarbeiter selbst auf die gegebenenfalls bestehende Förderungsmöglichkeit aufmerksam gemacht worden. Von verschiedenen Stellen der Beklagten sei sie daraufhin widersprüchlich informiert worden. Erst ein Gespräch mit der Leiterin der Arbeitsagentur B-N habe ergeben, dass es eine Förderungsmöglichkeit gebe, woraufhin der Antrag unverzüglich gestellt worden sei. In Zusammenschau mit den beiden neben L L beschäftigten Arbeitnehmern seien die finanziellen Einbußen gravierend. Bei Prüfung einer unbilligen Härte müsse eine Güterabwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft und den Interessen des Antragstellers vorgenommen werden. Von einer unbilligen Härte sei auszugehen, wenn den Antragsteller ein nur geringes Verschulden treffe, die Folgen des Anspruchsverlustes für ihn aber erheblich seien. Hieran gemessen sei die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über ihren Antrag vom 3. Februar 2004 auf Gewährung eines Arbeitsentgeltzuschusses für den Ar- beitnehmer L L unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 5. Januar 2007 haben die Beteiligten ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Im ausdrücklich erklärten Einverständnis der Beteiligten durfte der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit durch Urteil entscheiden (§ 155 Abs. 3, Abs. 4 i.V.m. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Das Sozialgericht beurteilt die Sach- und Rechtslage in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil vom 20. Juni 2005 zutreffend. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf neue Bescheidung ihres Antrages auf Gewährung eines Arbeitsentgeltzuschusses für die Beschäftigung des L L. Der Ablehnungsbescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 235 c SGB III (eingeführt durch das Job-AQTIV-Gesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2002). Danach können Arbeitgeber für die berufliche Weiterbildung von Arbeitnehmern, bei denen die Notwendigkeit der Weiterbildung wegen eines fehlenden Berufsabschlusses anerkannt ist, durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt gefördert werden, soweit die Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses durchgeführt wird. Die Zuschüsse können bis zur Höhe des Betrages erbracht werden, der sich als anteiliges Arbeitsentgelt einschließlich des darauf entfallenden pauschalierten Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag für weiterbildungsbedingte Zeiten ohne Arbeitsleistung errechnet. Es kann vorausgesetzt werden, dass die tatbestandlichen Förderungsvoraussetzungen im Falle des Arbeitnehmers L L vorliegen und er insbesondere bei Aufnahme der beruflichen Weiterbildung nicht über einen Berufsabschluss verfügte.
Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden allerdings Leistungen der Arbeitsförderung, wozu auch die Förderung der beruflichen Weiterbildung gehört, nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Das leistungsbegründende Ereignis ist bei § 235 c SGB III der Tag, an dem die berufliche Weiterbildung aufgenommen wird. Dies war hier der 13. Mai 2003. Den Antrag Förderung der beruflichen Weiterbildung stellte die Klägerin erst erheblich später, nämlich am 3. Februar 2004. Damit ist ein Leistungsanspruch grundsätzlich ausgeschlossen.
"Zur Vermeidung unbilliger Härten" kann die Agentur für Arbeit aber gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III eine verspätete Antragstellung zulassen. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 SGB III tritt als lex specialis an die Stelle der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Wie bei dieser setzt die nachträgliche Zulassung jedenfalls voraus, dass der Antragsteller die verspätete Antragstellung nicht zu vertreten hat. Allein fehlendes Verschulden gebietet aber keine nachträgliche Zulassung eines Antrages. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt die nachträgliche Zulassung nämlich nur in Betracht, wenn dadurch eine unbillige Härte vermieden wird. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff entzieht sich einer genauen inhaltlichen Festlegung. Daher ist bei der Prüfung, ob eine unbillige Härte vorliegt, auf die Modalitäten des Einzelfalles abzustellen. Der verspätete Antrag ist immer dann zuzulassen, wenn sich die Ablehnung des Antrags wegen seiner Verspätung als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde. Bloße Unkenntnis darüber, dass ein Anspruch auf eine Förderungsleistung bestanden hätte, wenn der Antrag rechtzeitig gestellt worden wäre, reicht für die Annahme einer unbilligen Härte allerdings nicht aus. Ein verspäteter Antrag ist danach beispielsweise zuzulassen, wenn den Begünstigten kein Verschulden an der verspäteten Antragstellung trifft, die Versäumung der Antragsfrist aber ursächlich auf eine Verletzung der Beratungspflicht der Beklagten zurückzuführen ist (vgl. Niesel in Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, Rdnr. 9, 10 zu § 324; Bundessozialgericht, Urteil vom 8. Februar 2007, B 7a AL 22/06 R). Eine unbillige Härte liegt – hieran gemessen – nicht vor, was schon das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat. Ein Beratungsverschulden der Beklagten, das zu der erheblich verspäteten Antragstellung geführt hätte, ist nicht hinreichend dargetan. Die Klägerin hat entgegen ihrer Ankündigung im Erörterungstermin vom 5. Januar 2007 keine genaueren Angaben darüber gemacht, wann sie sich in welcher Form und bei wem über die Möglichkeit eines Zuschusses zum Arbeitsentgelt hat beraten lassen. Nach Lage der Akten war ihr die Förderungsmöglichkeit lange Zeit unbekannt, ohne dass dies auf eine unzulängliche Beratung durch die Beklagte zurückzuführen wäre. Danach ist auch nicht feststellbar, dass die Unkenntnis der Klägerin von der bestehenden Förderungsmöglichkeit gänzlich unverschuldet war, denn es hätten Möglichkeiten bestanden, sich verbindlich über die mit dem Job-AQTIV-Gesetz zum 1. Januar 2002 eingeführten Entgeltsubventionen zu erkundigen. Dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit L L trotz seiner berufsbegleitenden Weiterbildung und ohne Kenntnis der Förderungsmöglichkeit eingegangen ist, deutet für das Gericht darauf hin, dass dieses Arbeitsverhältnis für die Klägerin auch unter den gegebenen Umständen nicht ganz unwirtschaftlich war, so dass auch die geltend gemachte finanzielle Sonderbelastung die Annahme einer unbilligen Härte nicht begründen kann. "Hart" mag es für die Klägerin sein, wegen der erheblich verspäteten Antragstellung nicht in den Genuss einer bestehenden Förderungsmöglichkeit zu gelangen. "Unbillig" ist diese Härte jedoch nicht, denn die Beklagte verstößt nicht etwa gegen Treu und Glauben, wenn sie die Klägerin an dem gesetzlichen Erfordernis festhält, den Antrag vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; es war zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber im Streit um Arbeitsentgeltzuschüsse Leistungsempfänger im Sinne von § 183 SGG ist, so dass die Kostenentscheidung sich nicht an § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 ff. VwGO zu orientieren hatte (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 22. September 2004, B 11 AL 33/03 R, SozR 4 – 1500 § 183 Nr. 2).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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