Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 109 AS 3138/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 430/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2007 aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig für die Zeit ab dem 1. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren wird abgelehnt. Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sowie des Antragsverfahrens auf Aussetzung der Vollstreckung sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2007, mit dem das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet hat, der Antragstellerin ab dem 1. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, ist begründet.
Für die Gewährung von Leistungen vom Tag des Einganges des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Berlin am 6. Februar 2007 an bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats im Beschwerdeverfahren fehlt es an einem nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) notwendigen Anordnungsgrund. Es besteht insoweit keine besondere Dringlichkeit, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich machen würde.
In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende - Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen. Derartige Umstände hat die Antragstellerin jedoch nicht vorgetragen, sie sind auch nicht sonst ersichtlich.
Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die gelernte Hotelkauffrau und 1981 geborene Antragstellerin, die am 1. August 2005 eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten begonnen hat, keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Berufsausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Antragstellerin erfüllt. Das Sozialgericht hat die Ausbildung zur Steuerfachangestellten zutreffend als eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung eingestuft. Der Senat sieht insoweit von einer Begründung ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Antragstellerin aber keinen Anspruch auf Gewährungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II als Darlehen. Danach können in besonderen Härtefällen diese Leistungen als Darlehen gewährt werden. Ein solcher Härtefall ist im Falle der Antragstellerin nicht gegeben.
Dies gilt unabhängig davon, ob man in Anlehnung an die obergerichtliche Rechtsprechung zur Vorläufervorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II in § 26 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) das Vorliegen einer besonderen Härte (vorrangig) daran misst, ob die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinaus gehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Ausbildung verbunden ist, und vom Gesetzgeber so bewusst in Kauf genommen wurde (grundlegend Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.10.1993, - 5 C 16/91 -, BVerwGE 94, 224 ff.) oder ob man einer typisierenden auch schon unter Geltung des BSHG von den Instanzgerichten bevorzugten Betrachtungsweise folgt (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNrn. 47 ff.; Münder, SGB II, § 7 RdNrn. 74 ff.; Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 22 SGB II RdNrn. 32 ff und Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 5. Juli 2006, - L 10 AS 545/06 -, zitiert nach Juris, jeweils mit Aufzählungen von Fallgruppen).
Denn nach der auch unter Geltung des SGB II in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte teilweise fortgeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 26 BSHG (u. a.: Beschlüsse des LSG Niedersachsen - Bremen vom 14.04.2005, - L 8 AS 36/05 ER -, vom 2.02.2006, - L 8 AS 439/05 ER -; LSG Berlin-Brandenburg vom 26.01.2006, - L 5 B 1351/05 AS ER -, L 5 B 1352/05 AS PKH -; Thüringer LSG, Beschluss vom 22.9.2005, - L 7 AS 635/05 ER -), liegt ein besonderer Härtefall vor, wenn die Folgen des gesetzlichen Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, wie die typische Konsequenz, dass die Ausbildung nicht begonnen oder gar abgebrochen werden muss, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheint (Beschlüsse des Senats vom 8. Januar 2007 - L 28 B 43/07 AS ER - und vom 10. Januar 2007 - L 28 B 53/07 AS ER - abrufbar unter: www.sozialgerichtbarkeit.de). Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen nicht dem Zweck, gleichsam eine Ausbildungsförderung auf der zweiten Ebene sicherzustellen, nachdem die primär dafür vorgesehenen Leistungen nicht mehr gewährt werden können. Diese Bestimmungen würden andernfalls durch die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unterlaufen (Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 19. Dezember 2006 - L 19 B 816/06 AS ER.- abrufbar unter: www.sozialgerichtbarkeit.de).
An diesen Kriterien gemessen hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Leistungen aufgrund eines Härtefalles. Der mit der Leistungsversagung verbundene mögliche Abbruch der Ausbildung ist eine Folge, die für gewöhnlich mit einem Leistungsausschluss verbunden ist. Dies ist für die Antragstellerin auch keine besondere Härte, weil sie bereits eine Berufsausbildung zur Hotelkauffrau abgeschlossen hat und deshalb nicht zu befürchten ist, dass sie auf Dauer ohne Ausbildung bleibt. Mit dieser Ausbildung ist auch eine Eingliederung der Antragstellerin in Arbeit möglich. Nach dem substantiierten Vortrag des Antraggegners liegen in diesem Berufsfeld eine Vielzahl von offenen Stellenangeboten in Berlin und Umgebung vor. Der Antragstellerin ist es auch zumutbar, in ihrem Ausbildungsberuf eine Tätigkeit aufzunehmen, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Gegenteiliges hat sie weder vorgetragen noch ist Entsprechendes nach Aktenlage ersichtlich. Die Antragstellerin hat im Übrigen selbst vorgetragen, ein Ausbildungsangebot der Berliner Polizei abgeschlagen zu haben, welches ihr eine sichere Lebensgrundlage geboten hätte. Eine solche existenzsichernde Tätigkeit kann sie daher auch in ihrem Ausbildungsberuf aufnehmen. Die Antragstellerin erstrebt mit der Gewährung von Leistungen zur Existenzsicherung für Arbeitsuchende letztlich eine Finanzierung ihrer nach den zitierten Vorschriften als Zweitausbildung nicht mehr förderungsfähigen Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Die Umgehung dieser Regelungen soll aber gerade durch den gesetzlich normierten Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II vermieden werden.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass sie im Hinblick auf die von ihr erstrebte Ausbildung zur Steuerfachgehilfin bereits nicht unerhebliche Vermögensdispositionen getroffen habe, vermögen auch diese Gesichtspunkte ebenfalls keinen Härtefall zu begründen. Die Aufgabe einer bereits begonnenen Ausbildung ist regelmäßig mit dem Verlust von in die Ausbildung investierten materiellen und immateriellen Werten verbunden. Die finanziellen Folgen eines Abbruchs einer von dem Hilfebedürftigen bereits begonnenen Ausbildung können jedenfalls regelmäßig nicht eine besondere Härte begründen, weil ansonsten der Hilfebedürftige durch Schaffung von Tatsachen den mit § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II verfolgten Regelungszweck unterlaufen könnte. Dass der Antragsgegner der Antragstellerin zunächst auch für Bewilligungszeiträume Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt hat, in denen die Antragsstellerin bereits mit ihrer Zweitausbildung begonnen hat, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Aus einer möglichen rechtswidrigen Bewilligung kann ein Hilfeempfänger keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für weitere zukünftige Bewilligungszeiträume herleiten. Ob sich aus diesem Sachverhalt andere Ansprüche für die Antragstellerin herleiten, muss der Senat nicht entscheiden. Da die Antragstellerin jedenfalls noch nicht unmittelbar vor der Abschlussprüfung steht, sondern noch mehr als ein Jahr der Ausbildung zu absolvieren hätte, liegt auch insoweit keine besondere Härte vor (vgl. Brühl/Schoch in LPK-SGB II (2. Auflage 2007), § 7 RdNr. 102).
Der Antrag des Antragsgegners, die Vollstreckung des Beschlusses des Sozialgerichts gemäß § 199 Abs. 2 SGG auszusetzen, ist mit Erlass dieses Beschlusses erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Gründe:
Die gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2007, mit dem das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet hat, der Antragstellerin ab dem 1. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, ist begründet.
Für die Gewährung von Leistungen vom Tag des Einganges des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Berlin am 6. Februar 2007 an bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats im Beschwerdeverfahren fehlt es an einem nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) notwendigen Anordnungsgrund. Es besteht insoweit keine besondere Dringlichkeit, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich machen würde.
In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende - Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen. Derartige Umstände hat die Antragstellerin jedoch nicht vorgetragen, sie sind auch nicht sonst ersichtlich.
Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die gelernte Hotelkauffrau und 1981 geborene Antragstellerin, die am 1. August 2005 eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten begonnen hat, keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Berufsausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Antragstellerin erfüllt. Das Sozialgericht hat die Ausbildung zur Steuerfachangestellten zutreffend als eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung eingestuft. Der Senat sieht insoweit von einer Begründung ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Antragstellerin aber keinen Anspruch auf Gewährungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II als Darlehen. Danach können in besonderen Härtefällen diese Leistungen als Darlehen gewährt werden. Ein solcher Härtefall ist im Falle der Antragstellerin nicht gegeben.
Dies gilt unabhängig davon, ob man in Anlehnung an die obergerichtliche Rechtsprechung zur Vorläufervorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II in § 26 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) das Vorliegen einer besonderen Härte (vorrangig) daran misst, ob die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinaus gehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Ausbildung verbunden ist, und vom Gesetzgeber so bewusst in Kauf genommen wurde (grundlegend Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.10.1993, - 5 C 16/91 -, BVerwGE 94, 224 ff.) oder ob man einer typisierenden auch schon unter Geltung des BSHG von den Instanzgerichten bevorzugten Betrachtungsweise folgt (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNrn. 47 ff.; Münder, SGB II, § 7 RdNrn. 74 ff.; Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 22 SGB II RdNrn. 32 ff und Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 5. Juli 2006, - L 10 AS 545/06 -, zitiert nach Juris, jeweils mit Aufzählungen von Fallgruppen).
Denn nach der auch unter Geltung des SGB II in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte teilweise fortgeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 26 BSHG (u. a.: Beschlüsse des LSG Niedersachsen - Bremen vom 14.04.2005, - L 8 AS 36/05 ER -, vom 2.02.2006, - L 8 AS 439/05 ER -; LSG Berlin-Brandenburg vom 26.01.2006, - L 5 B 1351/05 AS ER -, L 5 B 1352/05 AS PKH -; Thüringer LSG, Beschluss vom 22.9.2005, - L 7 AS 635/05 ER -), liegt ein besonderer Härtefall vor, wenn die Folgen des gesetzlichen Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, wie die typische Konsequenz, dass die Ausbildung nicht begonnen oder gar abgebrochen werden muss, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheint (Beschlüsse des Senats vom 8. Januar 2007 - L 28 B 43/07 AS ER - und vom 10. Januar 2007 - L 28 B 53/07 AS ER - abrufbar unter: www.sozialgerichtbarkeit.de). Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen nicht dem Zweck, gleichsam eine Ausbildungsförderung auf der zweiten Ebene sicherzustellen, nachdem die primär dafür vorgesehenen Leistungen nicht mehr gewährt werden können. Diese Bestimmungen würden andernfalls durch die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unterlaufen (Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 19. Dezember 2006 - L 19 B 816/06 AS ER.- abrufbar unter: www.sozialgerichtbarkeit.de).
An diesen Kriterien gemessen hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Leistungen aufgrund eines Härtefalles. Der mit der Leistungsversagung verbundene mögliche Abbruch der Ausbildung ist eine Folge, die für gewöhnlich mit einem Leistungsausschluss verbunden ist. Dies ist für die Antragstellerin auch keine besondere Härte, weil sie bereits eine Berufsausbildung zur Hotelkauffrau abgeschlossen hat und deshalb nicht zu befürchten ist, dass sie auf Dauer ohne Ausbildung bleibt. Mit dieser Ausbildung ist auch eine Eingliederung der Antragstellerin in Arbeit möglich. Nach dem substantiierten Vortrag des Antraggegners liegen in diesem Berufsfeld eine Vielzahl von offenen Stellenangeboten in Berlin und Umgebung vor. Der Antragstellerin ist es auch zumutbar, in ihrem Ausbildungsberuf eine Tätigkeit aufzunehmen, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Gegenteiliges hat sie weder vorgetragen noch ist Entsprechendes nach Aktenlage ersichtlich. Die Antragstellerin hat im Übrigen selbst vorgetragen, ein Ausbildungsangebot der Berliner Polizei abgeschlagen zu haben, welches ihr eine sichere Lebensgrundlage geboten hätte. Eine solche existenzsichernde Tätigkeit kann sie daher auch in ihrem Ausbildungsberuf aufnehmen. Die Antragstellerin erstrebt mit der Gewährung von Leistungen zur Existenzsicherung für Arbeitsuchende letztlich eine Finanzierung ihrer nach den zitierten Vorschriften als Zweitausbildung nicht mehr förderungsfähigen Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Die Umgehung dieser Regelungen soll aber gerade durch den gesetzlich normierten Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II vermieden werden.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass sie im Hinblick auf die von ihr erstrebte Ausbildung zur Steuerfachgehilfin bereits nicht unerhebliche Vermögensdispositionen getroffen habe, vermögen auch diese Gesichtspunkte ebenfalls keinen Härtefall zu begründen. Die Aufgabe einer bereits begonnenen Ausbildung ist regelmäßig mit dem Verlust von in die Ausbildung investierten materiellen und immateriellen Werten verbunden. Die finanziellen Folgen eines Abbruchs einer von dem Hilfebedürftigen bereits begonnenen Ausbildung können jedenfalls regelmäßig nicht eine besondere Härte begründen, weil ansonsten der Hilfebedürftige durch Schaffung von Tatsachen den mit § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II verfolgten Regelungszweck unterlaufen könnte. Dass der Antragsgegner der Antragstellerin zunächst auch für Bewilligungszeiträume Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt hat, in denen die Antragsstellerin bereits mit ihrer Zweitausbildung begonnen hat, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Aus einer möglichen rechtswidrigen Bewilligung kann ein Hilfeempfänger keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für weitere zukünftige Bewilligungszeiträume herleiten. Ob sich aus diesem Sachverhalt andere Ansprüche für die Antragstellerin herleiten, muss der Senat nicht entscheiden. Da die Antragstellerin jedenfalls noch nicht unmittelbar vor der Abschlussprüfung steht, sondern noch mehr als ein Jahr der Ausbildung zu absolvieren hätte, liegt auch insoweit keine besondere Härte vor (vgl. Brühl/Schoch in LPK-SGB II (2. Auflage 2007), § 7 RdNr. 102).
Der Antrag des Antragsgegners, die Vollstreckung des Beschlusses des Sozialgerichts gemäß § 199 Abs. 2 SGG auszusetzen, ist mit Erlass dieses Beschlusses erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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