Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 5 SB 243/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 B 1001/05 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Mai 2005 aufgehoben. Der Beklagte hat der Klägerin keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Ausgangsverfahren hatte die Klägerin begehrt, die geltend gemachten Behinderungen mit einem höheren Grad der Behinderung (GdB) als 20 zu bewerten.
Die 1948 geborene Klägerin hatte am 20. Juni 2002 (Eingangsdatum) bei dem Beklagten wegen Halswirbelsäulen- (HWS) und Lendenwirbelsäulen- (LWS) Beschwerden, Rückenschmerzen, Taubheit des linken Armes und der linken Hand, Harninkontinenz, Kopfschmerzen (Migräne), Bluthochdruck und Strumabeschwerden einen Antrag auf Zuerkennung eines GdB und des Merkzeichens "G" gestellt.
Der Beklagte zog Auskünfte der behandelnden Ärzte - so des Facharztes für HNO - Heilkunde Dipl. Med. M vom 27. Juni 2002 und der praktischen Ärztin Dipl. Med. K vom 11. Juli 2002 - bei, denen jeweils weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren. Aus dem beigezogenen Heilverfahrenentlassungsbericht der Rehabilitationsklinik H-M vom 07. Juni 2002 ergaben sich folgende Diagnosen: 1. Cervicobrachialsyndrom bei NPP C5/6 und C6/7 und Bandscheibenprotrusion bei C4/5 2. pseudoradikuläres linksseitiges LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenprotrusion L3/4 und Fehlstatik 3. Adipositas 4. Hypercholesternämie 5. Hypertonie. Die Entlassung der Klägerin erfolgte als arbeitsfähig für die ausgeübte Tätigkeit einer Lehrerin.
Nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme zur Auswertung der beigezogenen ärztlichen Unterlagen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 09. Oktober 2002 den Antrag auf Feststellung von Behinderungen ab, da der GdB weniger als 20 betrage.
Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch, den sie nicht begründete, verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Beklagte veranlasste weitere ärztliche Auskünfte von der Frauenärztin Dr. med. F vom 26. November 2002, von dem Urologen Dr. G vom 29. November 2003, von dem Orthopäden Dr. med. W vom 21. März 2003 und holte zu diesen Unterlagen eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. med. S vom 05. Mai 2003 ein, der die orthopädischen Leiden mit einem Einzel-GdB von 20 sowie die Harninkontinenz mit einem Einzel-GdB von 10 bewertete und den Gesamt-GdB auf 20 einschätzte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2003 erkannte der Beklagte im Wege der Teilabhilfe einen GdB von 20 an und lehnte im Übrigen die Zuerkennung eines höheren GdB und des Merkzeichens "G" ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, so von der praktischen Ärztin Dipl. Med. K vom 01. Mai 2004, von dem die Klägerin seit dem 27. Februar 2002 behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. K vom 03. Mai 2004, von dem Facharzt für Urologie Dr. med. G vom 03. Mai 2004, von der Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. med. F vom 04. Mai 2004, von dem Facharzt für HNO-Heilkunde Dipl. Med. M vom 05. Mai 2004, von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. med. T vom 12. Juli 2004, einen Bericht der Medizinischen Klinik der R Kliniken GmbH vom 13. Juli 2004 sowie einen Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. med. W vom 03. August 2004.
Nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Becker vom 07. September 2004, mit der diese die ihr vorgelegten Befundberichte und medizinischen Unterlagen ausgewertet hatte, hat der Beklagte mit Schreiben vom 14. September 2004 einen Gesamt-GdB von 30 ab Antragstellung anerkannt unter Zugrundelegung folgender Behinderungen: 1. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (WBS) , Nervenwurzelreizerscheinung der WBS – Einzel-GbB 20 2. psychische Störung (Neurosen) – Einzel-GdB 20 3. Harninkontinenz – Einzel-GdB 10 4. Fettleber – Einzel-GdB 10 5. Funktionsbehinderung der Hüftgelenke beiderseits, Knorpelschäden an Kniegelenken beiderseits – Einzel-GdB 10 6. Bluthochdruck – Einzel-GdB 10.
Die Klägerin hat das Anerkenntnis des Beklagten unter Berufung auf den Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. med. W nicht angenommen, sondern eine weitere Begutachtung angeregt.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein chirurgisch-sozialmedizinischen Gutachten von Dr. med. B vom 02. Dezember 2004 eingeholt. Der Sachverständige ist zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen gelangt: 1. Funktionsbehinderung und Fehlhaltung der Wirbelsäule mit Neigung zu muskulären Reizzuständen – Einzel-GbB 20 2. psychische Störung (depressiv getönte Somatisierungsstörungen) – Einzel-GdB 20 3. Harninkontinenz – Einzel-GdB 10 4. Bluthochdruck – Einzel-GdB 10 Den Gesamt-GdB hat er mit 30 bewertet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Nachteilsausgleichen seien nicht gegeben.
Der Beklagte ist unter Berufung auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Frau Dr. med. Ho vom 28. Januar 2005 bei seinem Anerkenntnis vom 14. September 2004 verblieben.
Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Sie hat beantragt, dem Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, da sie mit ihrem Klagebegehren auf einen höheren GdB als 20 ab Antragstellung Erfolg gehabt habe.
Der Beklagte hat eine Kostenübernahme abgelehnt, da sich die Erhöhung des Gesamt-GdB auf die zusätzliche Beeinträchtigung "psychische Störungen" mit einem Einzel-GdB von 20 stütze. Diese Beeinträchtigung habe die Klägerin weder im Antrags- noch im Widerspruchsverfahren angegeben und auch keinen entsprechenden Facharzt benannt.
Durch Beschluss vom 17. Mai 2005 hat das Sozialgericht Potsdam dem Beklagten die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin wäre im Falle einer gerichtlichen Entscheidung mit ihrem Begehren auf Zuerkennung eines GdB von 30 nach dem schlüssigen Gutachten von Dr. B erfolgreich gewesen, sodass der Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen habe.
Gegen den am 09. Juni 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30. Juni 2005 eingelegte Beschwerde des Beklagten. Er macht geltend, die alleinige Ursache für die GdB-Erhöhung von 20 auf 30 liege darin begründet, dass eine weitere Beeinträchtigung (psychische Störungen) festgestellt und mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden sei. Die Klägerin habe diese Beeinträchtigung weder im Antrags- noch im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, sodass eine Sachaufklärung durch ihn in dieser Richtung nicht habe erfolgen können. Auch ein entsprechender Facharzt sei nicht angegeben worden. Er habe keinen Anlass zur Klage gegeben, da er aufgrund der Unkenntnis über das Vorliegen der vorbezeichneten Beeinträchtigung seiner Amtsermittlungspflicht nicht habe nachkommen können. Eine Kostenerstattung sei deshalb nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin macht hingegen geltend, es liege eine Verletzung der Amtsermittlung vor, da sie im Antragsvordruck Beeinträchtigungen genannt habe und solche sich auch aus den ärztlichen Unterlagen ergeben hätten, die auf psychische Störungen hinwiesen. So habe sie Migränekopfschmerzen, Kribbeln, Fallneigungen und Stressinkontinenz angegeben. Aus den ärztlichen Äußerungen von Dipl. Med. K und dem Heilverfahrenentlassungsbericht der Rehabilitationsklinik hätten sich genug Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Teil der von ihr behaupteten Gesundheitsstörungen auf psychischem bzw. neurologischem Gebiet gelegen hätte, die den Beklagten hätten veranlassen müssen, weitere Ermittlungen einzuleiten.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, frist- und formgemäß eingelegte Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht entschieden, dass der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zusteht.
Bei der nach § 193 Absatz 1 2. Halbsatz SGG zu treffenden Kostenentscheidung hat das Gericht nach sachgemäßem Ermessen zu entscheiden und dabei insbesondere auch die Erfolgsaussicht der Klage zu berücksichtigen (BSG § 193 SGG Nr. 3). Jedoch ist nicht nur der tatsächliche oder mutmaßliche Verfahrensausgang von Bedeutung. Darüber hinaus sind die Gründe für die Klageerhebung, also die Frage, ob der Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung gegeben und ob er auf im Laufe des Rechtsstreits eingetretene Veränderungen angemessen reagiert hat, maßgebende Kriterien. Es entspricht sachgemäßem Ermessen, den Beklagten nicht mit Kosten zu belasten, wenn die Klage bei der Einlegung unbegründet war und erst aufgrund einer im Laufe des Rechtsstreits eingetretenen Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ganz oder teilweise Erfolg gehabt hätte, sofern der Beklagte den Klageanspruch sofort anerkannt hat. Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe eine Kostentragung durch den Beklagten nicht gerechtfertigt. Zwar ist die Klägerin mit ihrem Begehren, einen GdB von mehr als 20 zuerkannt zu bekommen, letztendlich erfolgreich gewesen. Eine Orientierung an dem Klageerfolg ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn - wie hier - der Beklagte seinen Ermittlungspflichten im Rahmen des von ihm ermittelten und ihm bekannten Sachverhalts nachgekommen ist und er auf spätere – hier im Klageverfahren – gewonnene Erkenntnisse sofort reagiert hat, wie er dies mit seinem Anerkenntnis vom 14. September 2004 getan hat.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich sowohl aus dem Verwaltungs- wie auch aus dem Widerspruchsverfahren genügend Anhaltspunkte ergeben hätten, die den Beklagten hätten veranlassen müssen, die Ermittlungen auch auf das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet zu erstrecken, kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat weder in dem Antragsvordruck bei der Auflistung der Beschwerden noch bei Benennung der behandelnden Ärzte Angaben über psychische Beeinträchtigungen gemacht, obwohl sie ausweislich des Befundberichtes des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. K bereits ab 27. Februar 2002 – also ca. vier Monate vor Antragstellung – wegen der Beschwerden: Schmerzen der Arme und Gefühlsstörungen, allgemeine Abgeschlagenheit, Lustlosigkeit und Beinschwäche bei ihm in Behandlung gestanden hatte. Entgegen ihrer Auffassung sind weder aus den ärztlichen Befundberichten im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren noch aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht Angaben zu entnehmen, die auf eine behinderungsrelevante psychische Störung schließen lassen könnten. Weder die von ihr aufgeführte Stressharninkontinenz noch die Kribbelparaesthesien zwingen zu der Schlussfolgerung des Vorliegens einer psychischen Störung. Gerade die unter Punkt 2 des HV- Entlassungsberichts von ihr genannten Beschwerden und funktionellen Einschränkungen lassen einen Schluss auf eine psychische Beeinträchtigung der Klägerin nicht zu, sondern korrelieren letztlich mit den orthopädischen Entlassungsdiagnosen des Berichts, die auch Grund für das Heilverfahren waren.
Grundlage für die Zuerkennung eines GdB von 30 waren ausweislich der ärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 07. September 2004 nicht die bereits bekannten und bewerteten Funktionsbehinderungen der WBS mit Nervenwurzelreizerscheinung und Funktionsbehinderung der Hüftgelenke und Knorpelschädigung der Kniegelenke mit einem Einzel-GdB von 20, sondern die psychischen Störungen, die auf der Grundlage des Befundberichtes von Dr. K vom 03. Mai 2004 zu einer Feststellung eines weiteren Einzel-GdB von 20 geführt haben. Der Beklagte hat auf die im Befundbericht von Dr. K erstmals dokumentierte Gesundheitsstörung unverzüglich und angemessen reagiert, indem er mit Schreiben vom 14. September 2004 einen GdB von 30 anerkannt hat.
Es ist daher nicht gerechtfertigt, ihn mit den außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu belasten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Im Ausgangsverfahren hatte die Klägerin begehrt, die geltend gemachten Behinderungen mit einem höheren Grad der Behinderung (GdB) als 20 zu bewerten.
Die 1948 geborene Klägerin hatte am 20. Juni 2002 (Eingangsdatum) bei dem Beklagten wegen Halswirbelsäulen- (HWS) und Lendenwirbelsäulen- (LWS) Beschwerden, Rückenschmerzen, Taubheit des linken Armes und der linken Hand, Harninkontinenz, Kopfschmerzen (Migräne), Bluthochdruck und Strumabeschwerden einen Antrag auf Zuerkennung eines GdB und des Merkzeichens "G" gestellt.
Der Beklagte zog Auskünfte der behandelnden Ärzte - so des Facharztes für HNO - Heilkunde Dipl. Med. M vom 27. Juni 2002 und der praktischen Ärztin Dipl. Med. K vom 11. Juli 2002 - bei, denen jeweils weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren. Aus dem beigezogenen Heilverfahrenentlassungsbericht der Rehabilitationsklinik H-M vom 07. Juni 2002 ergaben sich folgende Diagnosen: 1. Cervicobrachialsyndrom bei NPP C5/6 und C6/7 und Bandscheibenprotrusion bei C4/5 2. pseudoradikuläres linksseitiges LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenprotrusion L3/4 und Fehlstatik 3. Adipositas 4. Hypercholesternämie 5. Hypertonie. Die Entlassung der Klägerin erfolgte als arbeitsfähig für die ausgeübte Tätigkeit einer Lehrerin.
Nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme zur Auswertung der beigezogenen ärztlichen Unterlagen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 09. Oktober 2002 den Antrag auf Feststellung von Behinderungen ab, da der GdB weniger als 20 betrage.
Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch, den sie nicht begründete, verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Beklagte veranlasste weitere ärztliche Auskünfte von der Frauenärztin Dr. med. F vom 26. November 2002, von dem Urologen Dr. G vom 29. November 2003, von dem Orthopäden Dr. med. W vom 21. März 2003 und holte zu diesen Unterlagen eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. med. S vom 05. Mai 2003 ein, der die orthopädischen Leiden mit einem Einzel-GdB von 20 sowie die Harninkontinenz mit einem Einzel-GdB von 10 bewertete und den Gesamt-GdB auf 20 einschätzte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2003 erkannte der Beklagte im Wege der Teilabhilfe einen GdB von 20 an und lehnte im Übrigen die Zuerkennung eines höheren GdB und des Merkzeichens "G" ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, so von der praktischen Ärztin Dipl. Med. K vom 01. Mai 2004, von dem die Klägerin seit dem 27. Februar 2002 behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. K vom 03. Mai 2004, von dem Facharzt für Urologie Dr. med. G vom 03. Mai 2004, von der Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. med. F vom 04. Mai 2004, von dem Facharzt für HNO-Heilkunde Dipl. Med. M vom 05. Mai 2004, von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. med. T vom 12. Juli 2004, einen Bericht der Medizinischen Klinik der R Kliniken GmbH vom 13. Juli 2004 sowie einen Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. med. W vom 03. August 2004.
Nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Becker vom 07. September 2004, mit der diese die ihr vorgelegten Befundberichte und medizinischen Unterlagen ausgewertet hatte, hat der Beklagte mit Schreiben vom 14. September 2004 einen Gesamt-GdB von 30 ab Antragstellung anerkannt unter Zugrundelegung folgender Behinderungen: 1. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (WBS) , Nervenwurzelreizerscheinung der WBS – Einzel-GbB 20 2. psychische Störung (Neurosen) – Einzel-GdB 20 3. Harninkontinenz – Einzel-GdB 10 4. Fettleber – Einzel-GdB 10 5. Funktionsbehinderung der Hüftgelenke beiderseits, Knorpelschäden an Kniegelenken beiderseits – Einzel-GdB 10 6. Bluthochdruck – Einzel-GdB 10.
Die Klägerin hat das Anerkenntnis des Beklagten unter Berufung auf den Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. med. W nicht angenommen, sondern eine weitere Begutachtung angeregt.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein chirurgisch-sozialmedizinischen Gutachten von Dr. med. B vom 02. Dezember 2004 eingeholt. Der Sachverständige ist zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen gelangt: 1. Funktionsbehinderung und Fehlhaltung der Wirbelsäule mit Neigung zu muskulären Reizzuständen – Einzel-GbB 20 2. psychische Störung (depressiv getönte Somatisierungsstörungen) – Einzel-GdB 20 3. Harninkontinenz – Einzel-GdB 10 4. Bluthochdruck – Einzel-GdB 10 Den Gesamt-GdB hat er mit 30 bewertet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Nachteilsausgleichen seien nicht gegeben.
Der Beklagte ist unter Berufung auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Frau Dr. med. Ho vom 28. Januar 2005 bei seinem Anerkenntnis vom 14. September 2004 verblieben.
Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Sie hat beantragt, dem Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, da sie mit ihrem Klagebegehren auf einen höheren GdB als 20 ab Antragstellung Erfolg gehabt habe.
Der Beklagte hat eine Kostenübernahme abgelehnt, da sich die Erhöhung des Gesamt-GdB auf die zusätzliche Beeinträchtigung "psychische Störungen" mit einem Einzel-GdB von 20 stütze. Diese Beeinträchtigung habe die Klägerin weder im Antrags- noch im Widerspruchsverfahren angegeben und auch keinen entsprechenden Facharzt benannt.
Durch Beschluss vom 17. Mai 2005 hat das Sozialgericht Potsdam dem Beklagten die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin wäre im Falle einer gerichtlichen Entscheidung mit ihrem Begehren auf Zuerkennung eines GdB von 30 nach dem schlüssigen Gutachten von Dr. B erfolgreich gewesen, sodass der Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen habe.
Gegen den am 09. Juni 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30. Juni 2005 eingelegte Beschwerde des Beklagten. Er macht geltend, die alleinige Ursache für die GdB-Erhöhung von 20 auf 30 liege darin begründet, dass eine weitere Beeinträchtigung (psychische Störungen) festgestellt und mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden sei. Die Klägerin habe diese Beeinträchtigung weder im Antrags- noch im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, sodass eine Sachaufklärung durch ihn in dieser Richtung nicht habe erfolgen können. Auch ein entsprechender Facharzt sei nicht angegeben worden. Er habe keinen Anlass zur Klage gegeben, da er aufgrund der Unkenntnis über das Vorliegen der vorbezeichneten Beeinträchtigung seiner Amtsermittlungspflicht nicht habe nachkommen können. Eine Kostenerstattung sei deshalb nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin macht hingegen geltend, es liege eine Verletzung der Amtsermittlung vor, da sie im Antragsvordruck Beeinträchtigungen genannt habe und solche sich auch aus den ärztlichen Unterlagen ergeben hätten, die auf psychische Störungen hinwiesen. So habe sie Migränekopfschmerzen, Kribbeln, Fallneigungen und Stressinkontinenz angegeben. Aus den ärztlichen Äußerungen von Dipl. Med. K und dem Heilverfahrenentlassungsbericht der Rehabilitationsklinik hätten sich genug Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Teil der von ihr behaupteten Gesundheitsstörungen auf psychischem bzw. neurologischem Gebiet gelegen hätte, die den Beklagten hätten veranlassen müssen, weitere Ermittlungen einzuleiten.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, frist- und formgemäß eingelegte Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht entschieden, dass der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zusteht.
Bei der nach § 193 Absatz 1 2. Halbsatz SGG zu treffenden Kostenentscheidung hat das Gericht nach sachgemäßem Ermessen zu entscheiden und dabei insbesondere auch die Erfolgsaussicht der Klage zu berücksichtigen (BSG § 193 SGG Nr. 3). Jedoch ist nicht nur der tatsächliche oder mutmaßliche Verfahrensausgang von Bedeutung. Darüber hinaus sind die Gründe für die Klageerhebung, also die Frage, ob der Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung gegeben und ob er auf im Laufe des Rechtsstreits eingetretene Veränderungen angemessen reagiert hat, maßgebende Kriterien. Es entspricht sachgemäßem Ermessen, den Beklagten nicht mit Kosten zu belasten, wenn die Klage bei der Einlegung unbegründet war und erst aufgrund einer im Laufe des Rechtsstreits eingetretenen Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ganz oder teilweise Erfolg gehabt hätte, sofern der Beklagte den Klageanspruch sofort anerkannt hat. Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe eine Kostentragung durch den Beklagten nicht gerechtfertigt. Zwar ist die Klägerin mit ihrem Begehren, einen GdB von mehr als 20 zuerkannt zu bekommen, letztendlich erfolgreich gewesen. Eine Orientierung an dem Klageerfolg ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn - wie hier - der Beklagte seinen Ermittlungspflichten im Rahmen des von ihm ermittelten und ihm bekannten Sachverhalts nachgekommen ist und er auf spätere – hier im Klageverfahren – gewonnene Erkenntnisse sofort reagiert hat, wie er dies mit seinem Anerkenntnis vom 14. September 2004 getan hat.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich sowohl aus dem Verwaltungs- wie auch aus dem Widerspruchsverfahren genügend Anhaltspunkte ergeben hätten, die den Beklagten hätten veranlassen müssen, die Ermittlungen auch auf das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet zu erstrecken, kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat weder in dem Antragsvordruck bei der Auflistung der Beschwerden noch bei Benennung der behandelnden Ärzte Angaben über psychische Beeinträchtigungen gemacht, obwohl sie ausweislich des Befundberichtes des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. K bereits ab 27. Februar 2002 – also ca. vier Monate vor Antragstellung – wegen der Beschwerden: Schmerzen der Arme und Gefühlsstörungen, allgemeine Abgeschlagenheit, Lustlosigkeit und Beinschwäche bei ihm in Behandlung gestanden hatte. Entgegen ihrer Auffassung sind weder aus den ärztlichen Befundberichten im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren noch aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht Angaben zu entnehmen, die auf eine behinderungsrelevante psychische Störung schließen lassen könnten. Weder die von ihr aufgeführte Stressharninkontinenz noch die Kribbelparaesthesien zwingen zu der Schlussfolgerung des Vorliegens einer psychischen Störung. Gerade die unter Punkt 2 des HV- Entlassungsberichts von ihr genannten Beschwerden und funktionellen Einschränkungen lassen einen Schluss auf eine psychische Beeinträchtigung der Klägerin nicht zu, sondern korrelieren letztlich mit den orthopädischen Entlassungsdiagnosen des Berichts, die auch Grund für das Heilverfahren waren.
Grundlage für die Zuerkennung eines GdB von 30 waren ausweislich der ärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 07. September 2004 nicht die bereits bekannten und bewerteten Funktionsbehinderungen der WBS mit Nervenwurzelreizerscheinung und Funktionsbehinderung der Hüftgelenke und Knorpelschädigung der Kniegelenke mit einem Einzel-GdB von 20, sondern die psychischen Störungen, die auf der Grundlage des Befundberichtes von Dr. K vom 03. Mai 2004 zu einer Feststellung eines weiteren Einzel-GdB von 20 geführt haben. Der Beklagte hat auf die im Befundbericht von Dr. K erstmals dokumentierte Gesundheitsstörung unverzüglich und angemessen reagiert, indem er mit Schreiben vom 14. September 2004 einen GdB von 30 anerkannt hat.
Es ist daher nicht gerechtfertigt, ihn mit den außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu belasten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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