L 6 B 8/06 AL

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 2 AL 1088/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 B 8/06 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es ist für die Feststellung der Bedürftigkeit im PKH-Verfahren erforderlich, dass der Bedürftige dem Gericht zusätzlich zu den Bescheiden der ARGE die zugrunde liegenden Berechnungsbögen vorlegt.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 2. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 10. Oktober 2003 bewilligte das Sozialgericht Meiningen der Beschwerdeführerin in ihrem Klageverfahren gegen die Bundesanstalt für Arbeit (Az.: S 2 AL 1088/03) Prozesskostenhilfe gegen Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 45,00 Euro und ordnete Rechtsanwalt G. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts bei. Der Rechtsstreit wurde durch gerichtlichen Vergleich am 13. Januar 2005 erledigt.

Nachdem die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren des Rechtsanwalts auf 219,18 Euro festgesetzt hatte, forderte sie die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 8. März 2005 zur Zahlung der Raten ab 1. Mai 2005 auf. In einem Aktenvermerk vom 6. Oktober 2005 wurde festgestellt, dass kein Zahlungseingang vorliege, Der Vorsitzende der 2. Kammer des Sozialgerichts teilte der Beschwerdeführerin mit, es werde geprüft, ob die Bewilligung aufgehoben und der Gesamtbetrag zurückgefordert werde. Bis 15. November 2005 habe sie Gelegenheit zur Stellungnahme; es werde um Darlegung der Einkommensverhältnisse gebeten. Eine Reaktion der Beschwerdeführerin erfolgte nicht.

Mit Beschluss vom 2. Dezember 2005 hat das Sozialgericht den Beschluss vom 10. Oktober 2003 nach § 124 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben, weil die Beschwerdeführerin bisher keine Raten gezahlt habe.

Dagegen hat diese Beschwerde eingelegt und ausgeführt, sie hätte wegen ihrer geringen Verdienste und Verdienstmöglichkeiten einen Engpass und sei nicht in der Lage gewesen, die Raten zu begleichen. Sie werde die laufenden und rückständigen Raten zahlen.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 2. Dezember 2005 aufzuheben.

Die Bezirksrevisorin am Thüringer Landessozialgericht hat für den Beteiligten keinen Antrag gestellt. Er ist der Ansicht, die Aufhebung der Bewilligung sei zu Recht erfolgt. Eine weitergehende Stellungnahme sei vor Eingang der vom Senat angeforderten Unterlagen nicht möglich.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 10. Januar 2006) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zugeleitet.

Der Senatsvorsitzende hat der Beschwerdeführerin unter Fristsetzung (10. Februar 2006) aufgegeben, anhand der am 8. August 2003 eingereichten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die vorgetragene Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen und zu belegen. Diese hat am 8. März 2003 Bescheide der Job-Center Arbeitsgemeinschaft Landkreis S. (im Folgenden: ARGE) vom 9. Februar und 29. Dezember 2005 eingereicht. Der Senatsvorsitzende hat sie mit Verfügung vom 8. Mai 2006 unter Fristsetzung (14. Juni 2006) aufgefordert, die vollständigen Bescheide einschließlich der Berechnungsbögen sowie – falls vorhanden – einen aktuellen Bescheid der ARGE einzureichen und Angaben zu einem evtl. vorhandenen Guthaben und die Höhe der Mietkosten zu machen. Am 24. Mai 2006 hat die Beschwerdeführerin eine Kopie der ersten Seite ihres – zeitlich nicht datierbaren - Mietvertrags sowie nochmals den Bescheid der ARGE vom 19. Dezember 2005 eingereicht und angegeben, einen Berechnungsbogen nicht zu besitzen.

II.

Die nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 124 Nr. 4 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrente oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist. Die Beschwerdeführerin war am 1. Dezember 2005 mehr als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Verzug. Unerheblich ist, dass im Bewilligungsbescheid vom 10. Oktober 2003 kein konkreter Zahlungstermin genannt worden ist, denn in einem solchen Fall sind die Raten von dem Tag an zu zahlen, der im Aufforderungsschreiben genannt wird (hier: 1. Mai 2005) bzw. – wenn dies nicht oder fehlerhaft erfolgt ist - von dem Zeitpunkt an, an dem die Aufforderung der Verwaltung zugeht, Zahlungen auf ein bestimmtes Konto zu leisten (vgl. Senatsbeschluss vom 15. November 2004 – Az.: L 6 B 59/04 SF; OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. März 2000 – Az.: 10 WF 35/99, nach juris; Philippi in Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2005, § 120 Rdnr. 8). Dass das Aufforderungsschreiben im vorliegenden Fall (aus unerfindlichen Gründen) erst 16 Monaten nach der Festsetzung gefertigt worden ist, ist für die Zahlungsverpflichtung ohne rechtliche Bedeutung.

Der Zahlungsrückstand wurde von der Beschwerdeführerin verschuldet (vgl. BGH vom 9. Januar 1997 – Az.: IX ZR 61/94 m.w.N. in: NJW 1997, 1077; Senatsbeschluss vom 15. November 2004, a.a.O.; Kalthoener/Büttner, Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Auflage 2003, Rdnr. 849). Die Feststellungen der Vorinstanz, Gründe für die Abänderung der Bewilligung seien nicht ersichtlich, erwachsen zwar nicht in Rechtskraft. Aber auch unter Berücksichtigung des Vortrags in der Beschwerdeinstanz liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin von Anfang an ungünstiger waren als von dem Sozialgericht ursprünglich angenommen. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie damals (oder später) nicht mehr zahlungsfähig war. Trotz gerichtlicher Aufforderung unter Fristsetzung hat sie ihren Vortrag nicht belegt. Ohne ihre zumutbare Mithilfe kann der Senat diese Feststellungen aber nicht treffen.

Die Beschwerdeführerin hat schon keine vollständige Stellungnahme zum Vergleich ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit denen aus dem Jahre 2003 abgegeben. Trotz ausdrücklicher Aufforderung hat sie zudem keine Angaben zur ihrem Kontoguthaben (2003: 300,00 Euro) gemacht.

Es war zudem nicht ausreichend, dem Senat nur die Kopien mehrerer Bescheide der ARGE vorzulegen. Mit ihnen kann nur die Höhe der jeweiligen Leistung belegt werden. Für die Berechnung der Bedürftigkeit im PKH-Verfahren und die einzelnen Anrechnungsbeträge benötigt das Gericht zumindest die Berechnungsbögen (und ggf. zusätzliche Unterlagen). Nachdem in den ARGE-Bescheiden auf diese "beigefügten Berechnungsbogen" verwiesen wird, kann der Senat nicht nachvollziehen, dass diese der Beschwerdeführerin nicht vorliegen sollen. Selbst wenn dies tatsächlich heute der Fall sein sollte, wäre es der - von einem Rechtsanwalt vertretenen - Beschwerdeführerin möglich und zumutbar gewesen, sie bei der ARGE nachträglich anzufordern und einzureichen. Es ist nicht Aufgabe des Senats, sich wegen dieser Unterlagen selbst im Rahmen der Prüfung des § 124 Nr. 4 ZPO an die ARGE zu wenden.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO, § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved