L 23 B 27/06 AY PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 AY 44/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 27/06 AY PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Berlin ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat der Klage, die auf Übernahme der Kosten einer stationären Behandlung in der Zeit vom 18. April bis 06. August 2004 gerichtet ist, im Ergebnis zu Recht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beigemessen (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz SGG , § 114 Zivilprozessordnung ZPO ).

Dem Kläger sind Kosten einer stationären Behandlung schon nicht entstanden. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Übernahme der Kosten für seine Behandlung im W-Klinikum in der Zeit vom 18. April bis zum 06. August 2004 gemäß §§ 4 oder 6 Asylbewerberleistungsgesetz AsylbLG besteht nicht. Sowohl die Leistungen nach § 4 AsylbLG (Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen) als auch die Leistungen nach § 6 AsylbLG (Leistungen bei chronischer Erkrankung, soweit sie zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind), sind Sachleistungen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG, § 6 Abs. 2 AsylbLG), die der Beklagte nach Abschluss der Behandlung nicht mehr erbringen kann. Die Behandlung ist erfolgt, ein zu befriedigender Bedarf besteht nicht mehr.

Die Übernahme von Kosten für den Behandlungszeitraum bis zur Kenntniserlangung der Beklagten vom Hilfebedarf ist ausgeschlossen. Die ärztliche Behandlung ist erfolgt, der diesbezügliche Bedarf gedeckt. Das Klinikum kann sich in analoger Anwendung des im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden § 121 Bundessozialhilfegesetz – BSHG –(jetzt: § 25 SGB XII) bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen mit seinem eigenen Anspruch an den Hilfeträger wenden (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Rz. 2 zu § 4 AsylbLG).

Für den Behandlungszeitraum ab Kenntniserlangung durch den Beklagten ist ein Kostenübernahmeanspruch des Klägers ebenfalls ausgeschlossen, wobei dahingestellt bleiben kann, ob zu diesem Zeitpunkt noch ein fortbestehender Bedarf beim Kläger anzunehmen ist, seine Behandlung also nicht als unteilbar anzusehen ist, sondern von abtrennbaren Behandlungsabschnitten ausgegangen werden müsste. Auch dieser Zeitraum gehörte zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Beklagte am 01. März 2005 bereits der Vergangenheit an, auch insoweit greift der auch im AsylbLG als materiellem Sozialrecht (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Einl. zum AsylbLG Rz. 3) geltende Grundsatz "Keine Hilfe für die Vergangenheit" (Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Einl. Rz. 129). Nur wenn der Kläger den Hilfebedarf in diesem Zeitraum, weil ihm ein Abwarten auf die Entscheidung nicht zumutbar gewesen wäre, durch Einsatz eigener Mittel selbst gedeckt hätte, stände ihm aus Gründen der Effektivität der Gewährung des Anspruchs auf Hilfe ein Aufwendungsersatzanspruch zu (vgl. Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Einl. Rz. 130 f.).

Kosten sind dem Kläger durch seine Behandlung im W Klinikum jedoch weder nach seinem eigenen Vorbringen noch nach Lage der Akten entstanden. Vielmehr ist der Träger des Krankenhauses davon ausgegangen, einen Vergütungsanspruch nicht gegen den erkennbar mittellosen Kläger, sondern nur gegen den Beklagten als Träger der Leistungen nach dem AsylbLG zu haben. Dem entspricht es, dass sich die V GmbH als Krankenhausträgerin unmittelbar mit einem Antrag auf Kostenübernahme an den Beklagten gewandt hat (KÜ Antrag vom 22. April 2004, VV Bl. 371). Der Kläger ist auch nach Aktenlage und seinem eigenen Vorbringen keine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem behandelnden Krankenhaus eingegangen. Dies ergibt sich bereits aus dem an den Beklagten gerichteten Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28./29. April 2004, in dem der Beklagte gebeten wird, sich mit dem Krankenhaus in Verbindung zu setzen und dort eine Kostenvereinbarung zu treffen. Eine Zahlungsverpflichtung des Klägers, die einen Freistellungsanspruch begründen könnte, ist unter diesen Umständen nicht zu erkennen. Insbesondere ist ein bürgerlich-rechtlicher Vertrag (Behandlungsvertrag, Krankenhausaufnahmevertrag), in dem der Kläger sich verpflichtet hätte, für die Kosten der benötigten Behandlung ggf. selbst aufzukommen, mit dem W Klinikum oder der V GmbH nicht geschlossen worden. Dass der Kläger dahingehende mündliche oder schriftliche Erklärungen abgegeben hat, ist nicht vorgetragen worden. Auch ein Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten scheidet aus. Das Krankenhaus ist vielmehr davon ausgegangen, dass dem Kläger eine Behandlung zu Lasten der Beklagten gewährt werde, und hat mit der Übernahme der Behandlung gerade kein auf eine Entgeltverpflichtung des Klägers gerichtetes Vertragsangebot unterbreitet, das dieser durch Entgegennahme der gewährten Leistungen hätte annehmen können.

Der Kläger schuldet der V GmbH als Trägerin des behandelnden Krankenhauses auch weder eine Vergütung aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 Bürgerliches Gesetzbuch BGB ) noch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB). Eine Behandlung als Privatpatient mit der Verpflichtung, die entstehenden Kosten selbst zu zahlen, entsprach weder dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Klägers noch seinem Interesse. Damit haben die Voraussetzungen des § 683 Satz 1 BGB nicht vorgelegen (vgl. zur Behandlung von Asylbewerbern: OLG Köln, Urteil vom 22. August 1994 5 U 145/94 , VersR 1995, 1102).

Ein Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) scheitert daran, dass zwischen dem Kläger und dem WKlinikum in Bezug auf die in Rede stehende Behandlung kein Leistungsverhältnis bestand. Leistender wäre vorliegend der Beklagte, denn das Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen der §§ 4 oder 6 AsylbLG unterstellt – hätte dieser dem Kläger die von den Krankenhausärzten für erforderlich gehaltene Behandlung als Sachleistung gewährt. Auch ein etwaiger Bereicherungsausgleich müsste sich deshalb nicht zwischen Krankenhaus und Kläger, sondern zwischen Krankenhaus und Beklagtem vollziehen (vgl. BSG, Urteil vom 09. Oktober 2001 B 1 KR 6/01 R , BSGE 89, 39 ff. m. w. N.).

Ob der Krankenhausträger ggf. einen Anspruch auf Kostenübernahme gegen den Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. OLG Köln, a. a. O.) oder hinsichtlich des Zeitraums vom 18. April 2004 bis zur Bekanntgabe des Behandlungsbeginns bei dem Beklagten (22. April 2004) als Nothelfer gemäß § 121 BSHG analog (vgl. OVG Berlin, Urteil v. 25.11.2004 – 6 B 17.02 – FEVS 56, 425) hat, ist nicht Gegenstand der Klage vor dem Sozialgericht.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved