Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 133/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 24.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2006 verpflichtet, an die Kläger aufgrund der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 vom 22.06.2006 die Kosten der Abfallbeseitigung, Niederschlagswasser, Heizungswartung in tatsächlicher Höhe sowie die Kosten für Frischwasser auf Basis eines Verbrauchs von 129,2 Liter pro Person pro Tag abzüglich bereits geleisteter Vorschüsse zu zahlen. 2.Die Beklagte wird unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2006 verpflichtet, über den Widerspruch vom 15.08.2006 gegen den Bescheid vom 31.03.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. 3.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4.Die Beklagte hat die Kosten des Klägers zu 2/3 zu erstatten. 5.Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Übernahme einer Nebenkostennachforderung für das Jahr 2005. Außerdem wenden sie sich gegen die nur teilweise Übernahme der Kosten der Unterkunft seit Mai 2006.
Die Kläger stehen im laufenden Leistungsbezug. Bis Mitte August 2005 bewohnten sie gemeinsam ein 115,5 m² großes Haus, für das eine Kaltmiete (ohne Kosten für eine Garage und Antenne) von 499,02 sowie Nebenkosten in Höhe von 102,26 Euro zu zahlen waren. Die Klägerin zu 3) und der Kläger zu 6) bildeten zwei separate Bedarfsgemeinschaften. Die Beklagte bewilligte an Mietkosten 601,23 EURO und verteilte diese auf die jeweiligen Bedarfsgemeinschaften. Mitte August 2005 zog der Kläger zu 6) aus.
Mit Bescheid vom 15.09.2006 setzte die Beklagte die Leistungen für September und Oktober 2005 aufgrund des Auszugs des Klägers zu 6) neu fest. Dem Bescheid war eine Anlage beigefügt, die eine Belehrung über die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft (KdU) enthielt. Die Beklagte wies darauf hin, ab dem 01.04.2006 nur noch 580,00 EURO an Miete zu zahlen und spätere Nebenkostennachforderungen grundsätzlich nicht mehr zu übernehmen.
Mit Bescheid vom 02.01.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern zu 1), zu 2) und zu 4) Leistungen für die Zeit von Januar bis Juni 2006 in Höhe von 1.079,03 EURO. Hierbei wurden für jeden Monat KdU in Höhe von 404,03 EURO (134,67 EURO pro Person bei drei Personen) bewilligt. Dies entspricht den bislang übernommenen und auf drei Personen heruntergerechneten Mietkosten in voller Höhe zzgl. Heizkosten.
Mit Änderungsbescheid vom 31.03.2006 setzte die Beklagte die Leistungen für Mai und Juni 2006 auf 1.066,30 EURO fest. Die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden nur noch auf Basis einer Gesamtmiete von 580,00 EURO zzgl. 72,16 EURO Heizung bzw. 391,30 EURO für drei Personen festgesetzt. Unter "Folgende Änderungen sind eingetreten" heißt es: Die Kosten der Unterkunft und Heizung wurde auf die angemessene Höhe abgesenkt gem. Hinweis vom 15.09.2006."
Mit Bescheid vom 16.06.2006 wurden Leistungen für Juli bis Dezember 2006 bewilligt. Als Basis der Mietkosten wurden weiterhin insgesamt 580,00 EURO bzw. 130,44 EURO pro Person angesetzt. Hiergegen wurde kein Widerspruch eingelegt.
Mitte Juli 2006 beantragte der Kläger zu 1) bei der Beklagten die Übernahme der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 in Höhe von 1.216,78 EURO. Laut Nebenkostenabrechnung werden Kosten für Grundsteuer, Müllabfuhr, Niederschlagswasser, Versicherung, Heizungswartung, Wassergeld, Frischwasser, Schmutzwasser (Kanalgebühren) und Umlageausfallwagnis in Ansatz gebracht.
Im Mietvertrag ist zu Nebenkosten und Heizung Folgendes geregelt:
"Außerdem hat der Mieter folgende Nebenkosten zu tragen: Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schornsteinfeger, Bewässerung/Entwässerung, Stromversorung, Schnee- und Eisbeseitigung." ... "Bei Vorhandensein einer Gas- oder Ölfeuerungsanlage ist der ;Mieter verpflichtet, Wartung und Instandhaltung auf seine Kosten durchführen zu lassen."
Mit Schreiben vom 24.07.2006 teilte die Beklagte mit, bereits mit Bescheid vom 15.09.2005 erklärt zu haben, ab dem 01.04.2006 nur noch die angemessene Miete zu zahlen. Die Übernahme von Nebenkosten scheide daher aus. Am 27.07.2006 erklärte der Kläger zu 1) im Rahmen einer persönlichen Vorsprache, keinen Bescheid vom 15.09.2005 erhalten zu haben. Die Nebenkosten müssten aber ohnehin noch übernommen werden, da die volle Übernahme der Kosten der Unterkunft bis zum 31.03.2006 garantiert gewesen sei.
Am 15.08.2006 legte der Kläger zu 1) außerdem im Rahmen einer weiteren Vorsprache Widerspruch gegen die Herabsetzung der KdU ab 01.05.2006 ein und teilte mit, auch hierüber keinen Bescheid erhalten zu haben.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 01.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Ablehnung der Übernahme der Nebenkostenabrechnung als unbegründet und gegen die Absenkung der KdU ab Mai 2006 als unzulässig zurück.
Die Kläger haben am 05.10.2006 Klage erhoben.
Die Kläger zu 1) bis 6) beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2006 zu verpflichten, aufgrund der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 weitere 1.216,78 EURO zu zahlen.
Die Kläger zu 1) bis 5) beantragen außerdem,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2006 zu verpflichten, für die Monate Mai und Juni 2006 Kosten der Unterkunft ohne Absenkung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die angegriffenen Bescheide sind teilweise rechtswidrig und die Kläger daher in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt.
1. Die Kläger haben dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Betriebskostennachforderung für das Jahr 2005.
Gemäß § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Im Jahr 2005 hat die Beklagte die vollen Kosten der Unterkunft der Kläger übernommen. Mit Bescheid vom 15.09.2005, dessen Zugang streitig ist, hat die Beklagte auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen und seit Mai 2006 auch nicht mehr die tatsächlichen Kosten der Unterkunft übernommen. Entgegen der Ansicht der Beklagten spielt dies für die Übernahme der Betriebskostennachforderung für das Jahr 2005 jedoch keine Rolle.
Die in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 aufgeführten Kosten wurden zwar erst nach der Absenkung der Kosten der Unterkunft auf deren angemessene Höhe zur Zahlung fällig. Der diesen Kosten zu Grunde liegende Bedarf wurde jedoch im Jahr 2005 erfüllt und somit zu einer Zeit, als die Beklagte noch die vollen Kosten der Unterkunft zu tragen hatte. Stellte man allein darauf ab, wann die Betriebskostenabrechnung erstellt wird, würde dies dazu führen, dass die volle Übernahme der Kosten allein davon abhinge, ob der Vermieter einen zu hohen oder zu niedrigen monatlichen Abschlag auf die Betriebskostenabrechung einfordert. Auch der genaue Zeitpunkt der Betriebskostenabrechnung wäre relevant, da im vorliegenden Fall beispielsweise die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 nach der Argumentation der Beklagten hätte übernommen werden müssen, wenn sie im Februar 2006 erstellt worden wäre. Die Übernahme der Kosten hinge damit von Zufällen ab, die der Hilfebedürftig nicht beeinflussen kann. Zum Zeitpunkt der Mitteilung über die unangemessen hohen Unterkunftskosten waren im Übrigen bereits fast neun Monate des Jahres 2005 verstrichen. Eine Reduzierung der auf diesen Teil entfallenden Kosten war den Klägern somit überhaupt nicht möglich. Für die restlichen Monate des Jahres 2005 hat die Beklagte eine Frist eingeräumt, innerhalb derer die vollen Kosten übernommen werden. Die Kläger hätten den Anfall der über den Abschlag hinaus gehenden Nebenkosten in den Monaten nach Erhalt der Mitteilung nur durch einen sofortigen Umzug verhindern können. Genau dies ist jedoch nicht Sinn und Zweck der in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II geregelten Frist. Diese Frist von bis zu sechs Monaten soll den Hilfebedürftigen einen angemessenen Zeitraum gewähren, innerhalb dessen einen neue Unterkunft gesucht werden kann. Während dieser Frist sollen Hilfebedürftige nicht befürchten müssen, aufgrund von Kosten der Unterkunft auf Teile der Regelleistung verzichten müssen. Dieses Ergebnis würde unterwandert, wenn Hilfebedürftige auf diese Frist vertrauen und selbst bei einem entsprechenden Handeln, also einem Umzug in eine andere Wohnung innerhalb der Frist, mit Kosten aus der Zeit rechnen müssten, in der sie die Kosten der Unterkunft eigentlich nicht aus der Regelleistung hätten zahlen müssen. Aus diesem Grund ist eine Ausnahme des Regelfalls anzunehmen und es sind im Hinblick auf Nebenkostennachforderungen auch nach Ablauf von sechs Monaten unangemessen hohe Kosten der Unterkunft zu übernehmen.
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung der vollständigen in der Betriebskostenabrechnung vom 22.06.2006 ausgewiesenen Summe von 1.216,78 EURO.
Die Beklagte ist gemäß § 22 Abs. 1 SGB II nur zur Übernahme der Kosten verpflichtet, die mietvertraglich geschuldet sind (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.09.2006, L 6 AS 6/06; LSG NRW, Urteil vom 22.08.2006, L 1 AS 4/06).
Nach § 3 Abs. 2 des hier in Rede stehenden Mietvertrags sind an Nebenkosten die Kosten für Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schornsteinfeger, Be- und Entwässerung, Stromversorgung sowie Schnee- und Eisbeseitigung zu zahlen. In § 4 werden dem Mieter außerdem die Kosten der Heizungswartung auferlegt. Ein Verweis auf § 2 der Betriebskostenverordnung oder ähnlich findet sich im Mietvertrag nicht. Aus diesem Grund ist die Aufzählung der vom Mieter zu tragenden Kosten abschließend und eine darüber hinaus gehende Kostenübernahme nicht geschuldet (vgl OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.1995, 10 U 39/94; LG Wuppertal, Urteil vom 05.11.1981, 9 S 15/81). Aus diesem Grund kann der Vermieter die Kosten für Grundsteuer, Versicherungen und Umlageausfallwagnis nicht von den Klägern und diese somit auch nicht von der Beklagten fordern.
Von den im Mietvertrag enthaltenen Betriebskosten sind laut Betriebskostenabrechung vom 22.06.2006 nur für Abfallbeseitigung, Be- und Entwässerung (Frischwasser, Schmutzwasser, Niederschlagswasser) und Heizungswartung Kosten entstanden. Hiervon sind die Kosten der Heizungswartung, des Niederschlagswassers und der Abfallbeseitigung in voller Höhe zu übernehmen. Bei den Kosten für Frischwasser ist zunächst festzuhalten, dass diese Teil der Kosten der Unterkunft sind (SG Lüneburg, Beschluss vom 11.05.2006, S 25 AS 395/06 ER; SG Lüneburg, Beschluss vom 08.11.2006, S 24 AS 1104/06 ER). Die Kammer folgt insoweit nicht der entgegenstehenden Ansicht, derzufolge Kosten für Frischwasser aus der Regelleistung zu bestreiten sind (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31.03.2006, S 24 AS 546/05 ER; SG Aachen, Urteil vom 28.03.2007, S 5 (15) AS 188/06; SG Aachen, Urteil vom 21.12.2006, S 9 AS 127/06). Zwar ist einzuräumen, dass Wasser ausschließlich für Verrichtungen wie beispielsweise Ernährung und Körperpflege benötigt wird, die aus der Regelleistung zu bestreiten sind. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hat der parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres auf die Frage des Abgeordneten Micheal Kretschmer, ob Wasserkosten mit der Umsetzung der Hartz IV-Reform weiterhin Teil der Kostenberechnung für die Unterkunft oder ob sie ab dem 01.01.2005 Bestandteil des Regelsatzes sind, am 01.10.2004 ausdrücklich erklärt, dass die Kosten für Kaltwasser den Nebenkosten im Rahmen des SGB II gesondert zu erbringenden Leistungen für Kosten der Unterkunft zuzuordnen und nicht in der Regelleistung enthalten sind (BT-Drucksache 15/5296 S. 25 (Nr. 42)). Im Übrigen haben Mieter oftmals nicht die Möglichkeit, die Wasserkosten unmittelbar zu steuern, sofern diese nach einem vom Vermieter festgelegten Schlüssel berechnet werden (Wohnfläche und/oder Personenzahl). Auch dieser Umstand legt es nahe, die Wasserkosten den Kosten der Unterkunft zuzuordnen.
Die Kosten für Frischwasser und damit korrelierend die Kosten für Abwasser sind im vorliegenden Fall aber unangemessen hoch und daher von der Beklagten nur teilweise zu übernehmen. Dabei kann dahinstehen, ob der hohe Wasserverbrauch auf ein Fehlverhalten der Kläger zurückzuführen ist oder – wie der Kläger zu 1) vorträgt – daraus resultiert, dass der Vermieter verschiedene Wartungsarbeiten trotz entsprechender Aufforderung nicht durchgeführt hat und aus diesem Grund erhebliche Mengen Wasser durch einen durchlaufenden Spülkasten und eine zu regelmäßig nachzufüllende Heizung verbraucht wurden. Denn die hierauf entfallenden Kosten sind entweder von den Klägern oder von deren Vermieter, nicht jedoch von der Beklagten zu tragen.
Laut den zuletzt veröffentlichten statistischen Angaben für den durchschnittlichen Wasserverbrauch (Stand 2004) wurden im Kreis Heinsberg durchschnittlich 129,2 Liter Wasser pro Person pro Tag verbraucht (http://www.lds.nrw.de/presse/pressemitteilungen/2006/pdf/19 06.pdf). Auf Basis dieses Werts ist die Beklagte verpflichtet, die Kosten für Frischwasser und Abwasser zu tragen. Den Klägern ist hier – anders als bei den übrigen Kosten der Unterkunft – keine Frist einzuräumen, innerhalb derer sie die Kosten auf ein angemessenes Maß senken können. Denn die Kosten für Frischwasser sind zwar Teil der Kosten der Unterkunft mit der Folge, dass man der Ansicht sein könnte, dass auch diesbezüglich eine Frist gilt, innerhalb der die vollen Kosten übernommen werden müssen. Wasserkosten stellen aber insoweit eine Besonderheit dar, als sie zumindest im konkreten Fall, wo ein Haus von einer Familie bewohnt wird und keine Außenstehenden am Wasserverbrauch beteiligt sind, mit Ausnahme der eher geringen Grundgebühr allein durch das Verbrauchsverhalten des Einzelnen unmittelbar gesteuert werden können. Es kommt dabei nicht auf die jeweilige Wohnung an, die bewohnt wird. Insoweit besteht ein Unterschied zu den Kosten der Heizung, bei denen vielfach eine Frist zur Kostensenkung gefordert wird, da die Heizkosten nicht unwesentlich von den baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Wohnung abhängen und eine unmittelbare Steuerung daher nicht ausschließlich in der Hand des Hilfebedürftigen liegt. Aus diesem Grund ist es Beziehern von Alg II, soweit die Kosten des Wasserverbrauchs konkret anhand des eigenen Verbrauchs abgerechnet werden, zuzumuten, den Wasserverbrauch und somit die Kosten für Frischwasser sowie die damit korrelierenden Kosten für Abwasser von Beginn an auf angemessenem Niveau zu halten (vgl. auch SG Lüneburg, Beschluss vom 08.11.2006, S 24 AS 1104/06 ER).
2. Der Widerspruchsbescheid vom 01.09.2006 zum Widerspruch vom 15.08.2006 gegen den Bescheid vom 31.03.2006 war aufzuheben, da er rechtswidrig war.
Der Widerspruch des Klägers war nicht unzulässig. Der Kläger zu 1) hat glaubhaft mitgeteilt, den Bescheid vom 31.03.2006 nicht erhalten zu haben. Es gibt keinen Nachweis für den Zugang des Bescheids. Die Kammer ist daher davon augsgegangen, dass der Bescheid nicht zugegangen ist. Aus diesem Grund greift die 3-Tages-Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nicht und die Frist zur Einlegung des Widerspruchs war am 15.08.2006 daher noch nicht abgelaufen. Die Beklagte hätte daher in der Sache entscheiden müssen.
Der Bescheid vom 31.03.2006 hatte eine Änderung für die Zukunft nach § 45 Abs. 1 SGB X zum Gegenstand. Die hierbei zu treffende Ermessensentscheidung wird nicht durch § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zu einer gebundenen Entscheidung, da § 330 Abs. 2 SGB II eine solche nur bei einer Rücknahme für die Vergangenheit anordnet. Aus diesem Grund konnte die Kammer nicht in der Sache selbst entscheiden. Die Beklagte hat vielmehr über den Widerspruch neu zu entscheiden und dabei von der Zulässigkeit des Widerspruchs auszugehen.
Die Berufung war nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen. Es gibt mittlerweile verschiedene Entscheidungen, die Wasserkosten aus den Kosten der Unterkunft herausrechnen und der Regelleistung zuordnen. Diesbezüglich besteht daher Klärungsbedarf. Entsprechendes gilt für die Frage, wie mit Nebenkostenabrechnungen aus dem Vorjahr zu verfahren ist, wenn zwischenzeitlich keine vollen Kosten der Unterkunft mehr übernommen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Übernahme einer Nebenkostennachforderung für das Jahr 2005. Außerdem wenden sie sich gegen die nur teilweise Übernahme der Kosten der Unterkunft seit Mai 2006.
Die Kläger stehen im laufenden Leistungsbezug. Bis Mitte August 2005 bewohnten sie gemeinsam ein 115,5 m² großes Haus, für das eine Kaltmiete (ohne Kosten für eine Garage und Antenne) von 499,02 sowie Nebenkosten in Höhe von 102,26 Euro zu zahlen waren. Die Klägerin zu 3) und der Kläger zu 6) bildeten zwei separate Bedarfsgemeinschaften. Die Beklagte bewilligte an Mietkosten 601,23 EURO und verteilte diese auf die jeweiligen Bedarfsgemeinschaften. Mitte August 2005 zog der Kläger zu 6) aus.
Mit Bescheid vom 15.09.2006 setzte die Beklagte die Leistungen für September und Oktober 2005 aufgrund des Auszugs des Klägers zu 6) neu fest. Dem Bescheid war eine Anlage beigefügt, die eine Belehrung über die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft (KdU) enthielt. Die Beklagte wies darauf hin, ab dem 01.04.2006 nur noch 580,00 EURO an Miete zu zahlen und spätere Nebenkostennachforderungen grundsätzlich nicht mehr zu übernehmen.
Mit Bescheid vom 02.01.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern zu 1), zu 2) und zu 4) Leistungen für die Zeit von Januar bis Juni 2006 in Höhe von 1.079,03 EURO. Hierbei wurden für jeden Monat KdU in Höhe von 404,03 EURO (134,67 EURO pro Person bei drei Personen) bewilligt. Dies entspricht den bislang übernommenen und auf drei Personen heruntergerechneten Mietkosten in voller Höhe zzgl. Heizkosten.
Mit Änderungsbescheid vom 31.03.2006 setzte die Beklagte die Leistungen für Mai und Juni 2006 auf 1.066,30 EURO fest. Die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden nur noch auf Basis einer Gesamtmiete von 580,00 EURO zzgl. 72,16 EURO Heizung bzw. 391,30 EURO für drei Personen festgesetzt. Unter "Folgende Änderungen sind eingetreten" heißt es: Die Kosten der Unterkunft und Heizung wurde auf die angemessene Höhe abgesenkt gem. Hinweis vom 15.09.2006."
Mit Bescheid vom 16.06.2006 wurden Leistungen für Juli bis Dezember 2006 bewilligt. Als Basis der Mietkosten wurden weiterhin insgesamt 580,00 EURO bzw. 130,44 EURO pro Person angesetzt. Hiergegen wurde kein Widerspruch eingelegt.
Mitte Juli 2006 beantragte der Kläger zu 1) bei der Beklagten die Übernahme der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 in Höhe von 1.216,78 EURO. Laut Nebenkostenabrechnung werden Kosten für Grundsteuer, Müllabfuhr, Niederschlagswasser, Versicherung, Heizungswartung, Wassergeld, Frischwasser, Schmutzwasser (Kanalgebühren) und Umlageausfallwagnis in Ansatz gebracht.
Im Mietvertrag ist zu Nebenkosten und Heizung Folgendes geregelt:
"Außerdem hat der Mieter folgende Nebenkosten zu tragen: Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schornsteinfeger, Bewässerung/Entwässerung, Stromversorung, Schnee- und Eisbeseitigung." ... "Bei Vorhandensein einer Gas- oder Ölfeuerungsanlage ist der ;Mieter verpflichtet, Wartung und Instandhaltung auf seine Kosten durchführen zu lassen."
Mit Schreiben vom 24.07.2006 teilte die Beklagte mit, bereits mit Bescheid vom 15.09.2005 erklärt zu haben, ab dem 01.04.2006 nur noch die angemessene Miete zu zahlen. Die Übernahme von Nebenkosten scheide daher aus. Am 27.07.2006 erklärte der Kläger zu 1) im Rahmen einer persönlichen Vorsprache, keinen Bescheid vom 15.09.2005 erhalten zu haben. Die Nebenkosten müssten aber ohnehin noch übernommen werden, da die volle Übernahme der Kosten der Unterkunft bis zum 31.03.2006 garantiert gewesen sei.
Am 15.08.2006 legte der Kläger zu 1) außerdem im Rahmen einer weiteren Vorsprache Widerspruch gegen die Herabsetzung der KdU ab 01.05.2006 ein und teilte mit, auch hierüber keinen Bescheid erhalten zu haben.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 01.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Ablehnung der Übernahme der Nebenkostenabrechnung als unbegründet und gegen die Absenkung der KdU ab Mai 2006 als unzulässig zurück.
Die Kläger haben am 05.10.2006 Klage erhoben.
Die Kläger zu 1) bis 6) beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2006 zu verpflichten, aufgrund der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 weitere 1.216,78 EURO zu zahlen.
Die Kläger zu 1) bis 5) beantragen außerdem,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2006 zu verpflichten, für die Monate Mai und Juni 2006 Kosten der Unterkunft ohne Absenkung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die angegriffenen Bescheide sind teilweise rechtswidrig und die Kläger daher in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt.
1. Die Kläger haben dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Betriebskostennachforderung für das Jahr 2005.
Gemäß § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Im Jahr 2005 hat die Beklagte die vollen Kosten der Unterkunft der Kläger übernommen. Mit Bescheid vom 15.09.2005, dessen Zugang streitig ist, hat die Beklagte auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen und seit Mai 2006 auch nicht mehr die tatsächlichen Kosten der Unterkunft übernommen. Entgegen der Ansicht der Beklagten spielt dies für die Übernahme der Betriebskostennachforderung für das Jahr 2005 jedoch keine Rolle.
Die in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 aufgeführten Kosten wurden zwar erst nach der Absenkung der Kosten der Unterkunft auf deren angemessene Höhe zur Zahlung fällig. Der diesen Kosten zu Grunde liegende Bedarf wurde jedoch im Jahr 2005 erfüllt und somit zu einer Zeit, als die Beklagte noch die vollen Kosten der Unterkunft zu tragen hatte. Stellte man allein darauf ab, wann die Betriebskostenabrechnung erstellt wird, würde dies dazu führen, dass die volle Übernahme der Kosten allein davon abhinge, ob der Vermieter einen zu hohen oder zu niedrigen monatlichen Abschlag auf die Betriebskostenabrechung einfordert. Auch der genaue Zeitpunkt der Betriebskostenabrechnung wäre relevant, da im vorliegenden Fall beispielsweise die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 nach der Argumentation der Beklagten hätte übernommen werden müssen, wenn sie im Februar 2006 erstellt worden wäre. Die Übernahme der Kosten hinge damit von Zufällen ab, die der Hilfebedürftig nicht beeinflussen kann. Zum Zeitpunkt der Mitteilung über die unangemessen hohen Unterkunftskosten waren im Übrigen bereits fast neun Monate des Jahres 2005 verstrichen. Eine Reduzierung der auf diesen Teil entfallenden Kosten war den Klägern somit überhaupt nicht möglich. Für die restlichen Monate des Jahres 2005 hat die Beklagte eine Frist eingeräumt, innerhalb derer die vollen Kosten übernommen werden. Die Kläger hätten den Anfall der über den Abschlag hinaus gehenden Nebenkosten in den Monaten nach Erhalt der Mitteilung nur durch einen sofortigen Umzug verhindern können. Genau dies ist jedoch nicht Sinn und Zweck der in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II geregelten Frist. Diese Frist von bis zu sechs Monaten soll den Hilfebedürftigen einen angemessenen Zeitraum gewähren, innerhalb dessen einen neue Unterkunft gesucht werden kann. Während dieser Frist sollen Hilfebedürftige nicht befürchten müssen, aufgrund von Kosten der Unterkunft auf Teile der Regelleistung verzichten müssen. Dieses Ergebnis würde unterwandert, wenn Hilfebedürftige auf diese Frist vertrauen und selbst bei einem entsprechenden Handeln, also einem Umzug in eine andere Wohnung innerhalb der Frist, mit Kosten aus der Zeit rechnen müssten, in der sie die Kosten der Unterkunft eigentlich nicht aus der Regelleistung hätten zahlen müssen. Aus diesem Grund ist eine Ausnahme des Regelfalls anzunehmen und es sind im Hinblick auf Nebenkostennachforderungen auch nach Ablauf von sechs Monaten unangemessen hohe Kosten der Unterkunft zu übernehmen.
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung der vollständigen in der Betriebskostenabrechnung vom 22.06.2006 ausgewiesenen Summe von 1.216,78 EURO.
Die Beklagte ist gemäß § 22 Abs. 1 SGB II nur zur Übernahme der Kosten verpflichtet, die mietvertraglich geschuldet sind (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.09.2006, L 6 AS 6/06; LSG NRW, Urteil vom 22.08.2006, L 1 AS 4/06).
Nach § 3 Abs. 2 des hier in Rede stehenden Mietvertrags sind an Nebenkosten die Kosten für Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schornsteinfeger, Be- und Entwässerung, Stromversorgung sowie Schnee- und Eisbeseitigung zu zahlen. In § 4 werden dem Mieter außerdem die Kosten der Heizungswartung auferlegt. Ein Verweis auf § 2 der Betriebskostenverordnung oder ähnlich findet sich im Mietvertrag nicht. Aus diesem Grund ist die Aufzählung der vom Mieter zu tragenden Kosten abschließend und eine darüber hinaus gehende Kostenübernahme nicht geschuldet (vgl OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.1995, 10 U 39/94; LG Wuppertal, Urteil vom 05.11.1981, 9 S 15/81). Aus diesem Grund kann der Vermieter die Kosten für Grundsteuer, Versicherungen und Umlageausfallwagnis nicht von den Klägern und diese somit auch nicht von der Beklagten fordern.
Von den im Mietvertrag enthaltenen Betriebskosten sind laut Betriebskostenabrechung vom 22.06.2006 nur für Abfallbeseitigung, Be- und Entwässerung (Frischwasser, Schmutzwasser, Niederschlagswasser) und Heizungswartung Kosten entstanden. Hiervon sind die Kosten der Heizungswartung, des Niederschlagswassers und der Abfallbeseitigung in voller Höhe zu übernehmen. Bei den Kosten für Frischwasser ist zunächst festzuhalten, dass diese Teil der Kosten der Unterkunft sind (SG Lüneburg, Beschluss vom 11.05.2006, S 25 AS 395/06 ER; SG Lüneburg, Beschluss vom 08.11.2006, S 24 AS 1104/06 ER). Die Kammer folgt insoweit nicht der entgegenstehenden Ansicht, derzufolge Kosten für Frischwasser aus der Regelleistung zu bestreiten sind (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31.03.2006, S 24 AS 546/05 ER; SG Aachen, Urteil vom 28.03.2007, S 5 (15) AS 188/06; SG Aachen, Urteil vom 21.12.2006, S 9 AS 127/06). Zwar ist einzuräumen, dass Wasser ausschließlich für Verrichtungen wie beispielsweise Ernährung und Körperpflege benötigt wird, die aus der Regelleistung zu bestreiten sind. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hat der parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres auf die Frage des Abgeordneten Micheal Kretschmer, ob Wasserkosten mit der Umsetzung der Hartz IV-Reform weiterhin Teil der Kostenberechnung für die Unterkunft oder ob sie ab dem 01.01.2005 Bestandteil des Regelsatzes sind, am 01.10.2004 ausdrücklich erklärt, dass die Kosten für Kaltwasser den Nebenkosten im Rahmen des SGB II gesondert zu erbringenden Leistungen für Kosten der Unterkunft zuzuordnen und nicht in der Regelleistung enthalten sind (BT-Drucksache 15/5296 S. 25 (Nr. 42)). Im Übrigen haben Mieter oftmals nicht die Möglichkeit, die Wasserkosten unmittelbar zu steuern, sofern diese nach einem vom Vermieter festgelegten Schlüssel berechnet werden (Wohnfläche und/oder Personenzahl). Auch dieser Umstand legt es nahe, die Wasserkosten den Kosten der Unterkunft zuzuordnen.
Die Kosten für Frischwasser und damit korrelierend die Kosten für Abwasser sind im vorliegenden Fall aber unangemessen hoch und daher von der Beklagten nur teilweise zu übernehmen. Dabei kann dahinstehen, ob der hohe Wasserverbrauch auf ein Fehlverhalten der Kläger zurückzuführen ist oder – wie der Kläger zu 1) vorträgt – daraus resultiert, dass der Vermieter verschiedene Wartungsarbeiten trotz entsprechender Aufforderung nicht durchgeführt hat und aus diesem Grund erhebliche Mengen Wasser durch einen durchlaufenden Spülkasten und eine zu regelmäßig nachzufüllende Heizung verbraucht wurden. Denn die hierauf entfallenden Kosten sind entweder von den Klägern oder von deren Vermieter, nicht jedoch von der Beklagten zu tragen.
Laut den zuletzt veröffentlichten statistischen Angaben für den durchschnittlichen Wasserverbrauch (Stand 2004) wurden im Kreis Heinsberg durchschnittlich 129,2 Liter Wasser pro Person pro Tag verbraucht (http://www.lds.nrw.de/presse/pressemitteilungen/2006/pdf/19 06.pdf). Auf Basis dieses Werts ist die Beklagte verpflichtet, die Kosten für Frischwasser und Abwasser zu tragen. Den Klägern ist hier – anders als bei den übrigen Kosten der Unterkunft – keine Frist einzuräumen, innerhalb derer sie die Kosten auf ein angemessenes Maß senken können. Denn die Kosten für Frischwasser sind zwar Teil der Kosten der Unterkunft mit der Folge, dass man der Ansicht sein könnte, dass auch diesbezüglich eine Frist gilt, innerhalb der die vollen Kosten übernommen werden müssen. Wasserkosten stellen aber insoweit eine Besonderheit dar, als sie zumindest im konkreten Fall, wo ein Haus von einer Familie bewohnt wird und keine Außenstehenden am Wasserverbrauch beteiligt sind, mit Ausnahme der eher geringen Grundgebühr allein durch das Verbrauchsverhalten des Einzelnen unmittelbar gesteuert werden können. Es kommt dabei nicht auf die jeweilige Wohnung an, die bewohnt wird. Insoweit besteht ein Unterschied zu den Kosten der Heizung, bei denen vielfach eine Frist zur Kostensenkung gefordert wird, da die Heizkosten nicht unwesentlich von den baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Wohnung abhängen und eine unmittelbare Steuerung daher nicht ausschließlich in der Hand des Hilfebedürftigen liegt. Aus diesem Grund ist es Beziehern von Alg II, soweit die Kosten des Wasserverbrauchs konkret anhand des eigenen Verbrauchs abgerechnet werden, zuzumuten, den Wasserverbrauch und somit die Kosten für Frischwasser sowie die damit korrelierenden Kosten für Abwasser von Beginn an auf angemessenem Niveau zu halten (vgl. auch SG Lüneburg, Beschluss vom 08.11.2006, S 24 AS 1104/06 ER).
2. Der Widerspruchsbescheid vom 01.09.2006 zum Widerspruch vom 15.08.2006 gegen den Bescheid vom 31.03.2006 war aufzuheben, da er rechtswidrig war.
Der Widerspruch des Klägers war nicht unzulässig. Der Kläger zu 1) hat glaubhaft mitgeteilt, den Bescheid vom 31.03.2006 nicht erhalten zu haben. Es gibt keinen Nachweis für den Zugang des Bescheids. Die Kammer ist daher davon augsgegangen, dass der Bescheid nicht zugegangen ist. Aus diesem Grund greift die 3-Tages-Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nicht und die Frist zur Einlegung des Widerspruchs war am 15.08.2006 daher noch nicht abgelaufen. Die Beklagte hätte daher in der Sache entscheiden müssen.
Der Bescheid vom 31.03.2006 hatte eine Änderung für die Zukunft nach § 45 Abs. 1 SGB X zum Gegenstand. Die hierbei zu treffende Ermessensentscheidung wird nicht durch § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zu einer gebundenen Entscheidung, da § 330 Abs. 2 SGB II eine solche nur bei einer Rücknahme für die Vergangenheit anordnet. Aus diesem Grund konnte die Kammer nicht in der Sache selbst entscheiden. Die Beklagte hat vielmehr über den Widerspruch neu zu entscheiden und dabei von der Zulässigkeit des Widerspruchs auszugehen.
Die Berufung war nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen. Es gibt mittlerweile verschiedene Entscheidungen, die Wasserkosten aus den Kosten der Unterkunft herausrechnen und der Regelleistung zuordnen. Diesbezüglich besteht daher Klärungsbedarf. Entsprechendes gilt für die Frage, wie mit Nebenkostenabrechnungen aus dem Vorjahr zu verfahren ist, wenn zwischenzeitlich keine vollen Kosten der Unterkunft mehr übernommen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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