S 12 KA 75/07 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 75/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 30/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Geht der Berufungsausschuss in zutreffender weise von der gleichen Eignung zweier Bewerber um die Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4 SGB V aus, so ist nicht zu beanstanden, wenn er die wirtschaftlichen Interessen des Praxisabgebers bzw. den Umstand, dass der eine Bewerber sich bereits mit dem Praxisabgeber über die Vertragsgestaltung geeinigt hat, als ausschlaggebendes Kriterium wertet. Ein Ermessensfehler ist hierin nicht zu sehen.
1. Es wird die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Beklagten vom 08.11.2006 angeordnet.

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gilt bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Hauptsacheverfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 50/07.

3. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 08.03.2007 zurückgewiesen.

4. Die Gerichtskosten und die notwendigen Kosten des Antragstellers hat der Antragsgegner und der Beigeladene zu 10) jeweils zur Hälfte zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

5. Der Streitwert wird auf 41.281,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Entscheidung des Antragsgegners über die Zulassung des Antragstellers als Praxisnachfolger des Beigeladenen zu 9), wogegen der Beigeladene zu 10) Klage vor der Kammer erhoben hat.

Der Antragsteller und der Beigeladene zu 10) sind Fachärzte für Diagnostische Radiologie, der Beigeladene zu 9) ist Facharzt für Radiologie.

Der Beigeladene zu 9) beantragte am 02.12.2005 bei der Beigeladenen zu 10) die anonyme Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes und erklärte den Verzicht seiner Zulassung bis zum 31.03.2006 unter dem Vorbehalt, dass er bis zu diesem Zeitpunkt einen Nachfolger für seine Praxis gefunden habe. Die Beigeladene zu 1) schrieb den Praxissitz im Planungsbereich A-Stadt im Hessischen Ärzteblatt, Heft 2/2006 aus. Der Ausschreibung beigefügt war die Mitteilung, Bewerbungen würden binnen eines Monats nach Erscheinen dieser Ausgabe erbeten werden. Innerhalb dieser Ausschreibungsfrist meldeten sich der Beigeladene zu 10) und Herr Dr. med. F. X ... Der Antragsteller reichte seine Bewerbung unter Datum vom 25.04.2006, bei der Beigeladenen zu 1) am 02.05.2006 eingegangen, ein. Am 30.05.2006 erklärte der Beigeladene zu 9) gegenüber dem Zulassungsausschuss, er verzichte auf seine Kassenzulassung zum 01.07.2006 unter dem Vorbehalt, dass der Antragsteller die Kassenzulassung erhalte. Der Antragsteller legte u. a. einen Kooperationsvertrag mit dem Klinikum A-Stadt GmbH, A-Straße, A-Stadt, ohne Datum sowie einen Mietvertrag zwischen ihm und dem Klinikum A-Stadt GmbH, ebenfalls ohne Datum vor.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ mit Beschluss vom 13.06.2006 den Antragsteller zur Übernahme des gemäß § 103 Abs. 4 SGB V ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes als Radiologie für A-Stadt, A-Straße, zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu. Die Zulassung erfolgte unter der Bedingung, dass der Antragsteller sein Beschäftigungsverhältnis am Klinikum A-Stadt, Zentralinstitut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, spätestens drei Monate nach Bestandskraft des Beschlusses beende und diese Beendigung nachweise. Die Anträge der Antragsteller Dr. X. und des Beigeladenen zu 10) lehnte er ab. In der Begründung führte er aus, alle Bewerber hätten die Eintragungen in ein Arztregister nachgewiesen, sodass die persönlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, an der der Antragsteller persönlich teilgenommen habe, sowie den vorliegenden Zulassungs- und Arztregisterunterlagen sei der Antragsteller zuzulassen. Unter Hinweis auf den jeweiligen beruflichen Werdegang gelangte der Zulassungsausschuss zu dem Ergebnis, dass die berufliche Eignung der Bewerber uneingeschränkt zu bejahen sei. Das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit seien zugunsten des Antragstellers zu werten. Der Eintrag in die Warteliste sei für den Beigeladenen zu 10) zu berücksichtigen. Die Gesamtbewertung der beruflichen Qualifikation lasse aufgrund der entsprechend längeren beruflichen Tätigkeit einen Vorsprung des Antragstellers gegenüber den beiden Mitbewerbern erkennen. Auch der Wille des ausscheidenden Vertragsarztes sei eine zu berücksichtigende Tatsache, wenn die Praxis ausschließlich einem bestimmten Bewerber übertragen werden solle. Der Beigeladene zu 9) habe sich ausdrücklich für den Antragsteller als Nachfolger ausgesprochen.

Hiergegen legte der Beigeladene zu 10) am 24.08.2006 Widerspruch ein. Er trug vor, die Verlängerung der Bewerbungsfrist hätte erneut im Hessischen Ärzteblatt ausgeschrieben werden müssen. Die Warteliste sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die beiden Mitbewerber würden nicht auf der Warteliste stehen. Der Antragsteller habe seine Facharztanerkennung erst am 28.04.2006, also nach Bewerbung erworben. Er hätte zum Verfahren gar nicht zugelassen werden dürfen. Der Beschluss sei durch einen Sachbearbeiter unterschrieben worden, nicht durch den Vorsitzenden und je einen Vertreter der Ärzte und Krankenkassen. Die Bewertung der höheren Qualifikation des Antragstellers sei für ihn nicht nachvollziehbar. Der Antragsteller habe zwölf Jahre bis zur Erlangung seines Facharzttitels benötigt. Dies lasse ihn erheblich an der beruflichen Eignung zweifeln. Sowohl Herr X. als auch er seien beide als Oberärzte in einem großen Klinikum tätig gewesen, er sei zudem ein Jahr als Vertragsarzt in I. und S. zugelassen gewesen. Der Bescheid erwähne nicht einmal, dass er schon 1996 mit seiner radiologischen Ausbildung begonnen habe, während darin eine Hospitation, wie sie der Antragsteller von 1994 bis 1996 absolviert habe, angeführt werde und dessen beruflicher Werdegang fast vollständig dargestellt werde. Eine Hospitation dürfe nicht als höhere Qualifikation gewertet werden, da sie eine ärztliche Tätigkeit im engeren Sinne ausschließe und auf die Anrechnung der Weiterbildungszeit zum Facharzt auch keine Anwendung finde. § 103 Abs. 4 SGB V erwähne mit keinem Wort, dass der Praxisinhaber in der Zulassungssache mitentscheiden dürfe. Das Zulassungsverfahren sei insgesamt sehr intransparent, da ein Bewerber zu keinem Zeitpunkt gewusst habe, um welchen Vertragsarztsitz es sich handele und sich somit auch nicht an den den Vertragsarztsitz abgebenden Kollegen habe wenden können, um Verhandlungen über eine Praxisübernahme mit ihm zu beginnen. Unter Datum vom 19.10.2006 erklärte er weiter, dass er sich zwischenzeitlich bemüht habe, mit dem Beigeladenen zu 9) in Kontakt zu treten. Hierzu reichte er sein Schreiben vom 11.09.2006 an den Beigeladenen zu 9) zur Verwaltungsakte. Hierzu erklärte er weiter, der Beigeladene zu 9) habe bisher auf seine Bemühungen nicht reagiert. Er habe den Beigeladenen zu 9) ausdrücklich zugesichert, dass er bereit sei, den aktuellen Verkehrswert der Praxis in jedem Fall zu zahlen. Den Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass der Beigeladene zu 9) explizit im Antrag vom 02.12.2005 einen speziellen Wunschnachfolger angegeben habe. Es sei ihm auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Verhandlungstermin vom März 2006 verlegt worden sei. Er sei seinerzeit der einzige Bewerber gewesen, der sämtliche Zulassungsvoraussetzungen erfüllt hätte.

Der Antragsteller trug vor, bei der Bewerbungsfrist handele es sich um eine Mindestfrist, nicht jedoch um eine Ausschlussfrist. Die Heranziehung der Warteliste sei ein Kriterium, nicht jedoch das Ausschließliche. Für die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen sei der Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses maßgebend, sodass eine Bewerbung möglich sei, wenn auch noch nicht alle Voraussetzungen erfüllt seien. Für den Beschluss sei die Beschlussfassung maßgebend, auf den schriftlichen Bescheid komme es nicht an. Es gebe keine Vorschrift, die besage, in welcher Zeit eine Facharztausbildung zu absolvieren sei. Gerade die über 12-jährige Tätigkeit spreche für seine jahrelange Erfahrung. Er könne ebenso wie der Beigeladene zu 9) eine Tätigkeit im Krankenhaus vorweisen, sodass sich allein aus der Tätigkeit des Widerspruchführers im Klinikum keine höhere Qualifikation ergebe. Der Zulassungsausschuss habe in rechtmäßiger Weise die wirtschaftlichen Interessen des Beigeladenen zu 9) berücksichtigt. Der Beigeladene zu 9) habe mit ihm einen rechtswirksamen Kaufvertrag geschlossen, der den aktuellen Verkehrswert der Praxis berücksichtige. Dabei sei zu berücksichtigen, dass für den Beigeladenen zu 9) ein anderer Vertragspartner weder in Betracht gekommen sei, noch zukünftig kommen werde. Es bestehe zwischen dem Beigeladenen zu 9) und dem Klinikum A-Stadt eine Kooperation, in die der Antragsteller eingebunden werden solle. Auch hier habe der abgebende Arzt darauf achten müssen, dass nur ein fachlich und persönlich geeigneter Nachfolger diese Kooperation festsetze. Der Beigeladene zu 9) habe auch ein Interesse daran, dass der Antragsteller seine bisherigen Patienten weiter betreue. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Er beantrage ferner die Anordnung der sofortigen Vollziehung, damit der Patientenstamm nicht vernichtet werde. Es sei auch eine Gefährdung der Patientenversorgung zu befürchten.

Der Beigeladene zu 9) schloss sich den Ausführungen des Antragstellers an und führte ergänzend aus, er sei nicht bereit, seine Praxis an den Beigeladenen zu 10) zu veräußern. Der Zulassungsausschuss habe nach seiner Feststellung, die Bewerber seien gleich geeignet, zu Recht weitere Kriterien herangezogen. In dieser Situation sei auch der Wille des ausscheidenden Vertragsarztes zu berücksichtigen. Zulassungsfähig sei nur ein Bewerber im Rahmen der Auswahlkriterien, der die ausgeschiedene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wolle. Der Beigeladene zu 10) habe zu keinem Zeitpunkt sich bereit erklärt, seine Praxis zu übernehmen.

Mit Beschluss vom 08.11.2006, ausgefertigt am 09.01.2007, hat der Antragsgegner den Widerspruch des Beigeladenen zu 10) zurückgewiesen. Den Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs wies er ebenfalls zurück.

Zur Begründung führte er aus, bei den vorhandenen Bewerbern sei von einer grundsätzlichen Eignung zur Übernahme eines Vertragsarztsitzes auszugehen. Keiner der Bewerber scheide grundsätzlich für eine Übernahme aus. Für alle Bewerber könne die berufliche Eignung uneingeschränkt bejaht werden. Bei der Bewerbungsfrist handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist, sodass es unerheblich sei, dass der Antragsteller sich nach Ablauf der Bewerbungsfrist erst beworben habe. Unbeachtlich sei auch, dass der Antragsteller die Facharztqualifikation erst nach Einreichung der Bewerbung erworben habe, da die Qualifikation im Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses auf jeden Fall vorgelegen habe. Der Stellenwert der Warteliste erscheine bereits daher als bescheiden, weil der Beigeladene zu 10) sich zu einem Zeitpunkt auf die Warteliste habe eintragen lassen, als er noch im Besitz einer kassenärztlichen Zulassung gewesen sei. Dieser Aspekt habe keine entscheidende Bedeutung. Die Tatsache, dass der Antragsteller erst nach Ablauf von zwölf Jahren die Qualifikation als Facharzt erworben habe, könne nicht zu dessen Nachteil ausgelegt werden, da er zum Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses über diese verfügt habe. Zudem verfüge er insgesamt über die längere Berufserfahrung. Insgesamt sei damit von einer Gleichwertigkeit der Bewerber in beruflicher Hinsicht auszugehen. In einer derartigen Situation komme dem Votum des ausscheidenden und die Praxis übergebenden Arztes ein entscheidendes Gewicht zu, wie der Zulassungsausschuss zu Recht festgestellt habe. Zwar habe der Gesetzgeber selbst eine Gewichtung nicht vorgenommen. Es könne jedoch nicht übersehen werden, dass § 103 Abs. 4 SGB V in erster Linie dazu bestimmt sei, in einem überversorgten Gebiet dem abgebenden Arzt das Recht einzuräumen, seine Praxis an einen Nachfolger zu übertragen und somit eine Verwertung der Praxis in wirtschaftlicher Hinsicht vornehmen zu können. Hiernach müsse dem Willen des Praxisinhabers eine erhebliche Gewichtung zugestanden werden, weil es zuletzt um die Übertragung seines Eigentums gehe, das gemäß Artikel 14 GG grundrechtlichen Schutz genieße. § 103 SGB V ersetze die zivilrechtlichen Übertragungsvorgänge nicht, sodass selbst im Falle einer solchen Zulassung der Praxisabgeber nicht gezwungen werden könne, dem Übernehmer im Rahmen des Zivilrechtseigentums – oder Mietrecht an seiner Praxis einzuräumen. Der Praxis abgebende Arzt könne noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung seinen Übertragungsantrag zurücknehmen. Jedenfalls bei Gleichwertigkeit der Bewerber komme daher dem Votum des abgebenden Arztes entscheidendes Gewicht zu. Hier liege ein klares Votum des Beigeladenen zu 9) zugunsten des Antragstellers vor.

Hiergegen hat der Beigeladene zu 10) am 09.02.2007 die Klage erhoben. Er hat bisher vorgetragen, die Auswahlentscheidung des Antragsgegners entspreche nicht pflichtgemäßem Ermessen. Wäre dieses richtig ausgeübt worden, so hätte er die Zulassung erhalten müssen. Der Gesetzgeber habe die in § 103 SGB V genannten Kriterien nicht gewichtet. Danach seien die Auswahlkriterien zunächst gleich gewichtet. Das vom Antragsgegner mit besonderer Gewichtung herausgestellte Auswahlkriterium sehe das Gesetz nicht vor. Die Berücksichtigung eines Wunschnachfolgers nenne das Gesetz nicht. Er habe mit dem Praxisabgeber schriftlichen Kontakt aufgenommen, persönliche Gespräche angeboten und sich verbindlich festgelegt, mit dem Praxisabgeber einen zivilrechtlichen Übertragungsvertrag zu schließen und ihm entsprechenden Kaufpreis dafür zu zahlen. Der Beigeladene zu 9) habe hierauf nicht reagiert. Für den Antragsteller habe sich der Beigeladene zu 9), nachdem er zunächst Herrn Dr. X. als Wunschkandidat angegeben habe, erst kurz vor der Sitzung des Zulassungsausschusses entschieden. Es handele sich nicht um eine der übrigen Kriterien, nach der eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit oder Vertretung oder besondere Vertrauenstatbestände für eine Nachfolge gesprochen hätten. Es bleibe dann nur noch das wirtschaftliche Interesse. Dieses wäre aber durch die Zulassung des Klägers in gleicher Weise geschützt gewesen. Nur er verfüge über eine nachgewiesene vertragsärztliche Erfahrung. Die stationäre Tätigkeit sei mit der ambulanten Tätigkeit nicht vergleichbar. Wegen seiner Erfahrung müsse ihm der Vorzug gegeben werden. Er sei fachlich darüber hinaus durch Weiterbildung und erworbene Qualifikationen auch in der interventionellen Radiologie besonders qualifiziert. Der Antragsteller verfüge demgegenüber weder über eine vertragsärztliche Erfahrung noch über eine Erfahrung als Facharzt. Aber bei gleicher Eignung hätte die Eintragung in die Warteliste den Ausschlag geben müssen.

Der Antragsgegner hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat bisher vorgetragen, er habe bei seiner Auswahlentscheidung zunächst die vergleichbaren, im Gesetz ausdrücklich genannten Parameter nebeneinander gestellt. Im Gesetz werde nicht von der Dauer der Facharztanerkennung gesprochen. Von daher habe er es als nachrangig angesehen, dass der Antragsteller erst kurz vor der Sitzung des Zulassungsausschusses die Facharztqualifikation erworben habe. Er habe eine Gewichtung im Rahmen seines Beurteilungsspielraums vorgenommen. Im Gesetz werde nicht vorgesehen, dass bei Gleichrangigkeit der Warteliste der Vorrang einzuräumen ist. Würde man der Warteliste den Vorrang immer einräumen, dann müssten die Ärzte "auf Vorrat" Eintragungen in die Warteliste vornehmen. Wegen der Gleichrangigkeit habe er im Ergebnis dann auf das Votum des abgebenden Arztes abgestellt. Der Gesetzgeber habe dem Aspekt eine hohe Bedeutung beigemessen. Das Abstellen auf den Verkehrswert solle lediglich einen Handel mit Zulassungen vermeiden.

Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, sie beabsichtige nicht, zur Klage Stellung zu nehmen.

Der Antragsteller hat ebf. die Klageabweisung beantragt, was er mit Schriftsatz v. 10.03.2007 begründet hat, worauf im Einzelnen vewiesen wird. Die übrigen Beteiligten haben sich im Hauptsacheverfahren bisher nicht geäußert.

Am 08.03.2007 hat der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, ein Anordnungsanspruch bestehe, da ohne den Sofortvollzug durch die einstweilige Reglung die Gefahr bestehe, dass sein Anspruch zur Übernahme der Vertragsarztpraxis vereitelt werde. Durch die Klage und die damit einhergehende aufschiebende Wirkung werde die Wirksamkeit des Bescheides des Antragsgegners vorläufig gehemmt, er könne von seiner Zulassung keinen Gebrauch machen. Die bisher gewonnenen Überweiser würden verloren gehen, er stehe nach Abschluss des Verfahrens vor dem wirtschaftlichen Nichts. Der Ertragswert der Praxis wäre vernichtet. Er könne in der Zwischenzeit die Leistungen nicht mit der Beigeladenen zu 1) abrechnen. Wegen der Zulassung habe er sein mit dem Klinikum A-Stadt geschlossenes Arbeitsverhältnis aufgelöst. Er habe aufgrund des Beschlusses des Zulassungsausschusses dieses Angestelltenverhältnis aufgeben müssen. Seinem Antrag auf gleichzeitige Tätigkeit auf der Basis von 13 Stunden habe der Zulassungsausschuss abgelehnt. Er habe zum Erwerb des Praxissitzes ein Darlehen in Höhe von 80.000,00 EUR aufgenommen, welches er mit einem Zinssatz in Höhe von 5 % p. a. verzinsen müsse. Diese Darlehen müsse er in monatlichen Raten abzahlen, ohne dass ihm gleichzeitig eine Refinanzierung aus den Praxiserlösen zufließe. Ein Anordnungsgrund liege vor, weil der Antragsgegner im Rahmen seiner Entscheidung mit dem Sofortvollzug sein ihm zustehendes Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt habe und zum anderen die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben werde. Die Nichtanordnung des Sofortvollzuges würde sein Grundrecht in seiner Eigenschaft als Praxisübernehmer gemäß Artikel 14 GG und die Ausübung seines Berufs als Vertragsarzt gemäß Artikel 12 GG schwerwiegend verletzen. Die Argumentation des Antragsgegners, mangels Patientenstamm gebe es keine schutzwürdige Rechtsposition, weil eine radiologische Praxis keinen Patientenstamm unterhalte, sondern von zuweisenden Arztpraxen lebe, gehe im Ergebnis fehl. Bei einer radiologischen Praxis sei der die Praxis innehabende Arzt in besonderem Maße auf eine Vertrauensbeziehung zu niedergelassenen Kollegen angewiesen. Er müsse diese von seiner fachlichen Kompetenz überzeugen und eine vertrauensvolle Beziehung zu diesen aufbauen, zumal die Konkurrenzsituation im Stadtgebiet A-Stadt durch eine große bestehende radiologische Praxis besonders angespannt sei. Er habe mit Kontaktaufnahmen bereits begonnen. Könne er von der Zulassung keinen Gebrauch machen, dann werde seine Zuverlässigkeit und Erreichbarkeit bei den Zuweisern in Frage gestellt, sodass diese zukünftig keine Zuweisungen mehr zu seiner Praxis aufnehmen würden, sondern vielmehr der Konkurrenz zuweisen würden. Er könne seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten und den aufgenommenen Kredit zurückzahlen. Der Antragsgegner habe von seinem Ermessen zutreffend Gebrauch gemacht. Der Beigeladene zu 10) verkenne, dass er über das längere Approbationsalter verfüge und schon vier Jahre länger approbiert sei. In die Warteliste könne man sich auch "auf Vorrat" eintragen lassen. Der Beigeladene zu 10) sei bereits tätig gewesen. Dies zeige, dass er nicht Interesse an einem bestimmten Vertragsarztsitz habe. Schützenswert seien auch die Interessen des Beigeladenen zu 9). Der Beigeladene zu 9) wäre in keinem Fall bereit, mit dem Beigeladenen zu 10) einen entsprechenden Praxiskaufvertrag abzuschließen und ihm die Praxis zu übergeben.

Der Antragsteller beantragt,
den sofortigen Vollzug des Beschlusses des Antragsgegners, soweit er seine Zulassung betrifft, anzuordnen.

Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt und sich zum Verfahren nicht geäußert.

Die Beigeladene zu 1) hat mitgeteilt, sie beabsichtige nicht, eine Stellungnahme abzugeben.

Die Beigeladenen zu 2) bis 9) haben keinen Antrag gestellt und sich zum Verfahren nicht geäußert.

Der Beigeladene zu 10) beantragt,
den Antrag auf sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners abzuweisen.

Er ist ergänzend zu seinen bisherigen Ausführungen der Auffassung, dass der Antragsteller bereits durch den Zulassungsausschuss darauf hingewiesen wurde, dass ein Widerspruch aufschiebende Wirkung habe. Soweit er vor Bestandskraft seine Tätigkeit aufgenommen habe, sei dies auf eigenes Risiko geschehen. Er sei auch selbst verantwortlich für evtl. weitere Schäden. Die Praxis des Beigeladenen zu 9) sei im gesamten Jahr 2004 nicht betrieben worden. Sie sei dann zum Zweck der Übernahme an das Stadtkrankenhaus verlegt worden. Der Antragsteller habe die Perspektive einer MVZ-Gründung. Das Krankenhaus trage das Risiko der Verfahrenskosten. Die Geschäftsgrundlage mit dem Krankenhaus entfalle nicht wegen der gerichtlichen Auseinandersetzungen, weshalb der Ertragswert, der sich aus Werten der Vergangenheit und wesentlich aus den Ertragsmöglichkeiten der Zukunft ergebe, nicht schrumpfe. Ein Anordnungsgrund bestehe nicht. Ein öffentliches Interesse sei aufgrund der Überversorgung nicht gegeben. Der Antragsteller habe Zeit gehabt, die Bestandskraft abzuwarten. Seine Interessen seien nicht schützenswert, da er sich ohne Not zuvor niedergelassen habe. Sein Interesse an Zuweisern sei nicht schützenswert. Der Antragsgegner habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und fehlerhaft bewertet. Die wissenschaftliche Tätigkeit sei keine ärztliche Tätigkeit. Auch bei der Hospitation handele es sich nicht um ärztliche Tätigkeiten. Die Zeiten würden für die Weiterbildung nicht angerechnet werden. Die Weigerung des Beigeladenen zu 9), die Praxis an ihn zu verkaufen, könne ihm nicht angelastet werden.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 09.03.2007 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage eine aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Klage des Beigeladenen zu 10) hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet.

Nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen kursorischen Prüfung ist der Beschluss des Zulassungsausschusses rechtmäßig und ist dem Antragsteller daher nicht zuzumuten, von seiner Zulassung erst nach Abschluss des Widerspruchverfahrens Gebrauch zu machen. Auch soweit der Antragsgegner nach Erfahrung der Kammer zügig terminiert, steht damit nicht zwingend fest, dass eine Entscheidung ergehen wird.

Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Dem Zulassungsausschuss sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs. 4 Satz 1-3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i. d. F. des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 – SGB V).

Für die Ermessensausübung zu Bewerberauswahl macht das Gesetz an verschiedenen Stellen Vorgaben vor, die verfassungsgemäß sind (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.2005 - B 6 KA 81/03 R - MedR 2005, 666 = GesR 2005, 450., zitiert nach juris Rdnr. 35). So sind bei der Auswahl der Bewerber die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der Bewerber ein Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde (§ 103 Abs. 4 Satz 4). Auch ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen (§ 103 Abs. 5 Satz 3). Ebenso sind die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte angemessen zu berücksichtigen. Bei einer Gemeinschaftspraxis im Rahmen des sog. Job-Sharings ist die gemeinschaftliche Praxisausübung aber erst nach fünfjähriger Tätigkeit von Bedeutung (§ 101 Abs. 3 Satz 4). Die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt (§ 103 Abs. 4 Satz 6). Ab Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig nur Allgemeinärzte zu berücksichtigen (§ 103 Abs. 4 Satz 5).

Die berufliche Eignung (§ 103 Abs. 4 Satz 4) ist zunächst aufgrund der Qualifikation des Bewerbers nach der Weiterbildungsordnung zu beurteilen, ob neben der Gebietsbezeichnung noch ein Recht zum Führen eines der Praxis entsprechenden Schwerpunktes erworben wurde. Hat der Praxisvorgänger über spezifische Qualifikationen verfügt für Leistungen, die erst nach einer Genehmigung erbracht werden dürfen, und damit u. U. der Praxis eine bestimmte Ausrichtung gegeben (z. B. Betrieb eines Großgerätes), ist die berufliche Eignung auch hieran zu beurteilen. Auch der bisherige berufliche Werdegang, eine wissenschaftliche Tätigkeit, Veröffentlichungen können bestimmte Eignungsmerkmale begründen. Das Approbationsalter (§ 103 Abs. 4 Satz 4) ist der Zeitraum seit Erteilung der Approbation. Das Alter des Bewerbers zum Zeitpunkt der Approbation ist unerheblich. Ein länger zurückliegender Approbationszeitpunkt ist vorteilhafter. Im Regelfall wird dann auch eine längere Dauer der ärztlichen Tätigkeit vorliegen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit ist die Summe aller Zeiträume, in denen der Bewerber bisher ärztlich tätig war, also seinen Beruf ausgeübt hat. Er muss als approbierter Arzt heilkundlich bzw. als Arzt wissenschaftlich tätig gewesen sein. Die Dauer der Eintragung in die Warteliste kann wie das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit genau bestimmt werden. Die Wartezeit ist allerdings unter Versorgungsaspekten ohne Bedeutung. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, also grundsätzlich die fachlichen Voraussetzungen erfüllen (vgl. § 95 Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB V), aufgenommen (§ 103 Abs. 5 Satz 2). Eine Mehrfacheintragung für verschiedene Planungsbereiche ist zulässig und darf nicht nachteilig berücksichtigt werden. Soweit der Warteliste Härtefallgesichtspunkte anhaften, ist dies nicht zwingend, da die Eintragung in die Warteliste auch dann erfolgen kann, wenn anderen Orts eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung erteilt wurde. Bewerbern auf der Warteliste wird man aber im Regelfall ein besonderes Interesse an der Versorgungsregion zumessen können.

Die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben hat der Gesetzgeber auf die Höhe des Verkehrswertes der Praxis begrenzt. Das Gesetz geht von einer Unterscheidung zwischen dem – öffentlich-rechtlichen - Vertragsarztsitz und der – zivilrechtlich verkehrsfähigen - ärztlichen Praxis aus, wobei eine Kassenpraxis nur verkauft werden kann, wenn der Käufer auch eine Zulassung erhält. Mit der Beschränkung auf die wirtschaftlichen Interessen will der Gesetzgeber aber verhindern, dass ein Aufschlag für die Zulassung bezahlt werden muss. Von daher macht das Gesetz die Nachfolgezulassung nicht von einer vorherigen oder nachträglichen vertraglichen Einigung zwischen Nachfolger und dem früheren Praxisinhaber bzw. seiner Erben abhängig. Das BSG hat bisher lediglich in einem obiter dictum klargestellt, dass die Zulassungsentscheidung nicht unter der Bedingung erteilt werden darf, dass tatsächlich ein Vertrag über die Praxisübernahme - unter der Voraussetzung der Erteilung einer Zulassung an den Bewerber - abgeschlossen worden ist oder wird, und der Bewerber lediglich Interesse an einer Praxisfortführung und Verhandlungsbereitschaft zeigen muss (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5, juris Rdnr. 41). Andererseits hat die Entscheidung des Zulassungsausschusses über den Nachfolger nur zum Inhalt, dass ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wird. Der Nachfolger wird nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setzt vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw. seinen Erben voraus (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R – aaO., juris Rdnr. 39). Die Zulassung erfolgt ausschließlich für den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz. Es handelt sich nicht um eine Nebenbestimmung (§ 32 SGB X), sondern die Verpflichtung zur Fortführung der Praxis ist Teil der Zulassung selbst im Sinne einer Inhaltsbestimmung. Kommt es nicht zur Übergabe der Praxis, kann der zugelassene Bewerber von der Zulassung keinen Gebrauch machen und ist die Zulassung erledigt. Soweit für diesen Fall die Auffassung vertreten wird, es bestehe die Möglichkeit einer Verlegung des Praxissitzes (§ 24 Abs. 4 Ärzte-ZV) (vgl. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung, Rn. 333), ist dem nicht zu folgen, da der zugelassene Bewerber noch keine Praxis hat, weil die abgegebene Praxis nicht übernommen wurde. Es käme in diesem Fall auch zu einer Vergabe des Vertragsarztsitzes trotz Überversorgung, ohne dass der abgebende Arzt seine Kassenpraxis – abgesehen von den Sachmitteln – noch veräußern könnte.

Mit der Entscheidung des Zulassungsausschusses ist der Bewerber daher zur Fortführung der Praxis zu verpflichten bzw. ist sie als Praxisnachfolge auszusprechen. Lehnen der Vorgänger bzw. seine Erben einen Vertragsschluss in Höhe des Verkehrswertes ab, so kommt eine Praxisnachfolge nicht zustande. Das Ausschreibungsverfahren kann in diesem Fall nicht wiederholt werden, da die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben hinreichend geschützt sind. Ihr Recht auf Wiederholung der Ausschreibung geht dann verloren, wenn feststeht, dass der Praxisabgeber die Übergabe im ersten Verfahren aus Gründen, die vom Gesetz ausdrücklich nicht geschützt werden, hat scheitern lassen (vgl. BSG, Urt. v. 05.11.2003 - B 6 KA 11/03 R - BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 1, juris Rdnr. 32). Es ist Ausfluss ihrer Vertragsfreiheit und Verfügungsbefugnis über das Eigentum an der Praxis, die Praxis nicht an einen zugelassenen Bewerber zu übergeben. Damit erlischt allerdings ihr Verwertungsinteresse. Ist andererseits ein Bewerber nicht bereit, den den Verkehrswert nicht übersteigenden Kaufpreis zu zahlen, so kommt er bei der Auswahlentscheidung nicht in Betracht (vgl. SG Dortmund, Urt. v. 30.05.2001 – S 9 Ka 60/01MedR 2002, 100, 102; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung, Rn. 282).

Der einzelne Bewerber hat nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Eine Gewichtung der Auswahlkriterien untereinander sieht das Gesetz nicht vor (anders Schöbener/Schöbener, SGb 1994, S. 215). Deshalb ist es Aufgabe der Zulassungsinstanzen, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen (vgl. LSG Thüringen, Urt. v. 13.06.2000 - L 4 KA 29/97 - juris Rdnr. 21; SG Münster, Urt. v. 05.10.1995 – S 2 Ka 55/95MedR 1996, 144, 145 f.). Eine generelle Bevorzugung der Bewerber, die sich mit dem Praxisübergeber geeinigt haben, sieht das Gesetz nicht vor. Aufgrund der Beschränkung der Interessen der Praxisübergeber folgt auch aus dem Normzweck keine stärkere Gewichtung dieser Umstände, wenn auch aus Sicht der Verwaltungspraxis mit Blick auf ein reibungsloses Zulassungsverfahren eine solche Gewichtung empfohlen wird (vgl. Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV). Medizinische Versorgungszentren. Psychotherapeuten, 4. Aufl., Sankt Augustin 2004, Rdnr. 311; Hencke in: Peters, Hb., Krankenversicherung, § 103, Rdnr. 12; Bartels, MedR 1995, S. 233).

Ausgehend hiervon ist bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen kursorischen Prüfung ein Ermessensfehler des Antragsgegners nicht festzustellen. Zutreffend geht der Antragsgegner davon aus, dass der Antragsteller und der Beigeladene zu 10) gleichermaßen geeignet sind. Der Antragsteller und der Beigeladene zu 10) sind beide Fachärzte für Diagnostische Radiologie. Von ihrer Fachkunde sind sie dabei gleichermaßen geeignet. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, wann diese Fachkunde erworben wurde. Insofern sind die Bestimmungen eindeutig, als allein das Approbationsalter, nicht aber die Dauer der Fachkunde erwähnt wird. Gleichermaßen unerheblich ist auch der Umstand, in welchem Zeitrahmen die Weiterbildung absolviert wurde. Das Gesetz geht davon aus, dass mit dem entsprechenden Abschlüssen, also der Approbation und der Weiterbildung die Eignung feststeht und nicht danach, worauf zum Teil im allgemeinen Wirtschaftsleben abgestellt wird, danach zu differenzieren ist, in welchem Zeitrahmen die Abschlüsse erreicht wurden. Indirekt ist dies nur für das "Approbationsalter" von Bedeutung, als derjenige, der sein Studium in kürzeren Zeiten absolviert, in der Regel ein älteres Approbationsalter hat bzw. eine längere berufliche Erfahrung nachweisen kann. Für die berufliche Eignung steht der Antragsgegner zutreffend auf die Berufserfahrung ab. Soweit der Antragsgegner dem berücksichtigungsfähigen Kriterium der Innehabung einer Oberarztstelle bzw. der Tätigkeit als niedergelassener Arzt gegenüber der längeren Berufserfahrung des Antragstellers keine überragende Bedeutung zumisst, hält sich diese Auffassung noch im Rahmen des Ermessensspielraums. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner der Eintragung in die Warteliste eine geringere Bedeutung zumisst auch unter Hinweis darauf, dass trotz Zulassung des Beigeladenen zu 10) dieser sich noch in die Warteliste hat eintragen lassen. Eine besondere räumliche Nähe zum Ort der Niederlassung gegenüber dem Antragsteller hat der Beigeladene zu 10) nicht vorgetragen. Die Kammer folgt insofern der Auffassung des LSG Schleswig-Holstein, wonach die Dauer der Eintragung in die Warteliste gegenüber den übrigen Kriterien als nachrangig anzusehen ist (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 – L 4 B 269/06 KA ER – www.Sozialgerichtsbarkeit.de = NZS 2007, 108, juris Rdnr. 3). Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 10) handelt es sich auch bei der wissenschaftlichen Tätigkeit des Antragstellers um eine ärztliche Tätigkeit, da er diese in einer Abteilung für Radiologische Diagnostik verbracht hat. Auch bei der Hospitation handelte es sich um ärztliche Tätigkeiten. Auf die Anrechnung für die Weiterbildung kommt es hierbei nicht an. Soweit der Antragsgegner damit zutreffend von der gleichen Eignung des Antragstellers und des Beigeladenen zu 10) ausgeht, so ist es von der Kammer nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die wirtschaftlichen Interessen des Beigeladenen zu 9) bzw. den Umstand, dass der Antragsteller sich bereits mit dem Beigeladenen zu 9) über die Vertragsgestaltung geeinigt hat, als ausschlaggebendes Kriterium gewertet hat. Damit wird den Interessen des Beigeladenen zu 9) kein Vorrang eingeräumt. Der Antragsgegner hat lediglich den Umstand der vertraglichen Einigung als letztes Kriterium herangezogen bei im Übrigen gleicher Einigung des Antragstellers und des Beigeladenen zu 10). Ein Ermessensfehler vermag die Kammer hierin nicht zu sehen.

Ein Anordnungsgrund liegt vor. Soweit die Kammer im Rahmen der kursorischen Überprüfung von der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Antragsgegners ausgeht, so sind für den Anordnungsgrund nur geringe Anforderungen zu stellen. Ein unmittelbares öffentliches Interesse ist, da es sich um einen überversorgten Planungsbereich handelt, nicht zu erkennen. Zu berücksichtigen war aber das Interesse des Antragstellers. Soweit der Antragsteller auf die Kündigung seiner Angestelltentätigkeit hinweist, so hat er dies allerdings in Kenntnis der fehlenden Bestandskraft der Zulassungsentscheidung getan. Hieraus alleine kann kein schützenswertes Interesse erfolgen. Zu berücksichtigen ist aber, dass es für den Antragsteller um eine Existenzgründung geht und er zu Recht darauf hingewiesen hat, dass der Betrieb der Praxis erschwert wird, wenn der Kontakt mit den überweisenden Ärzten aufgrund des Umstandes, dass er für einen Zeitraum von der Zulassung keinen Gebrauch machen kann, wesentlich erschwert wird. Hinzu kommt das Interesse des Beigeladenen zu 9), der möglichst reibungslos einen Praxisnachfolger zur Verwertung seiner Praxis haben möchte. Ihm droht bei Unterbrechung der Praxistätigkeit, dass der Patientenstamm schwindet bis hin zu der Möglichkeit, dass keine Praxis mehr vorhanden ist. Ferner hat er ein Interesse an der Aufgabe der Tätigkeit, weshalb er die Praxis zur Praxisnachfolge ausgeschrieben hat. Dem gegenüber ist das Interesse des Beigeladenen zu 10) als geringer einzustufen. Dieser hat lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Selbst im Falle einer Beanstandung der Entscheidung des Antragsgegners im Hauptsacheverfahren würden für ihn keine Nachteile entstehen. Der Umstand, dass der Antragsteller in der Zwischenzeit die Praxis tatsächlich fortgeführt hätte, wäre bei einer Neubescheidung nicht zu berücksichtigen.

Nach alledem war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wesentlichen stattzugeben. Der Antrag war im Übrigen abzuweisen, da er unbefristet gestellt wurde. Die Entscheidung der Kammer kann aber längstens bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergehen. Der Antrag war daher im Übrigen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Einem Beigeladenen können Kosten auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat (§ 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 3 VwGO). Der Beigeladene zu 10) hat den Antrag auf Zurückweisung des Antrags des Antragstellers gestellt. Der Antrag des Antragstellers wurde im Übrigen nur notwendig durch die Klageerhebung des Beigeladenen zu 10). Er war daher mit Kosten zu belasten. Der Antragsgegner war mit Kosten zu belasten, da er den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der sofortigen Vollziehung abgelehnt hat und nur unzureichend dessen Interessen und die Interessen des Beigeladenen zu 9) berücksichtigt hat.

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 197a SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO). Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2004, § 197a, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist, ob der Beigeladene sich während des Verfahrens geäußert und auch Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R - SozR 3-5795 § 10d Nr. 1, zitiert nach juris Rdnr. 44).

Der Beigeladene zu 9) hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Er hat keinen Antrag gestellt und sich zum Verfahren nicht geäußert.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.

Für das Klageverfahren gilt das Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718). Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, was hier der Fall ist, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Auszugehen war von der Wertberechnung im Hauptsacheverfahren (247.684,80 Euro). Hiervon war für die voraussichtliche Dauer bis zu einer Entscheidung von sechs Monaten ein anteiliger Wert, also 1/6 zu nehmen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
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