L 18 B 387/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 91 AS 17/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 387/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangene Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2007 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit ab 3. Januar 2007 vorläufig bis zum 30. Juni 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 650,- EUR monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im gesamten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsteller, mit der diese bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) ihr erstinstanzlich erhobenes Begehren weiter verfolgen, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verpflichten, ihnen für die Zeit ab 1. Dezember 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 650,- EUR zu gewähren, ist – unter Gewährung von Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist – zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet und war zurückzuweisen. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren durch das Sozialgericht (SG) ist ebenfalls unbegründet.

Gegenstand der Beschwerden sind dabei Anträge nicht nur der Antragstellerin zu 1., sondern auch der Antragsteller zu 2. und 3. Denn die erhobenen Anträge sind zumindest bis zum Ablauf einer Übergangsfrist (bis 30. Juni 2007) danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Anträge hätten stellen müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft gewünschten höheren Leistungen zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – veröffentlicht in juris).

Da eine abschließende Beurteilung der Frage, ob die von den Antragstellern erhobenen individuellen Ansprüche wegen einer fehlenden Hilfebedürftigkeit i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V. mit § 9 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) deshalb zu verneinen sind, weil die Antragsteller mit M S (im Folgenden: S.) in einer Bedarfsgemeinschaft i. S. von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II leben, vor einer umfassenden Beweisaufnahme nicht erfolgen kann und die bisher erfolgten Feststellungen des Antragsgegners insbesondere anlässlich des Hausbesuchs vom 29. Mai 2006 einen solchen Schluss nicht ohne weiteres rechtfertigen, war nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 568/05 = NVwZ 2005, 927) eine Folgenabwägung durchzuführen. Denn eine umfassende Beweisaufnahme ist angesichts der Dringlichkeit der Sache ebenso untunlich wie eine (nur) bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Bedarfsgemeinschaft erforderliche Aufklärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S., die im Übrigen nur durch Durchsetzung der Mitwirkungspflichten des S. gemäß § 60 SGB II erfolgen kann, nicht aber gegenüber der Antragstellerin zu 1.

Danach bestünde im Falle der Ablehnung des Antrags die Gefahr, dass die Existenz der Antragsteller zeitweise nicht gesichert wäre. Dieser Nachteil wiegt aber im Verhältnis zu dem dem Antragsgegner drohenden Ausfallrisiko im Rückforderungsfall ungleich schwerer. Aus diesem Grund war der Antragsgegner zur Erbringung vorläufiger Leistungen ab 3. Januar 2007 (Antragseingang) zu verpflichten. Die Leistungshöhe richtet sich nach der von dem Antragsgegner ohne Berücksichtigung des S. für die Zeit bis zum 30. November 2006 ausgewiesenen Leistungen im Bescheid vom 10. Mai 2006 (= monatlich 724,20 EUR). Die Antragsteller haben insoweit ausdrücklich nur Leistungen in Höhe von 650,- EUR monatlich geltend gemacht, so dass der Antragsgegner entsprechend zu verpflichten war. Der Anordnungsgrund folgt aus dem existenzsichernden Charakter der SGB II-Leistungen.

Für Zeiträume vor dem Antragseingang beim SG ist ein eiliges Regelungsbedürfnis hingegen nicht dargetan. Dies gilt auch für die geltend gemachten Unterkunftskosten für Dezember 2006, weil diesbezüglich ein Verlust der Wohnung nicht zu besorgen ist. Die Beschwerde war daher insoweit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Im PKH-Beschwerdeverfahren hat eine Kostenentscheidung nicht zu ergehen.

Die PKH-Beschwerde war ebenfalls zurückzuweisen. Denn auf Grund der beide Rechtszüge umfassenden Kostengrundentscheidung sind die Antragsteller in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 Zivilprozessordnung).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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