Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 65 AS 1612/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 413/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Februar 2007 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, für die Zeit vom 19. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 den Antragstellern zu 1. und 2. die nach Maßgabe der Darlehensverträge Nr. und Nr. der W B Aktiengesellschaft fälligen Zinskosten sowie die in dem genannten Zeitraum fällige Grundsteuer für 2007 zu erstatten. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Antragsgegner war entsprechend seinem bereits erstinstanzlich abgegebenen Teilanerkenntnis im Schriftsatz vom 19. Januar 2007 im Wege einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, die in der Zeit vom Antragseingang (19. Januar 2007) bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts (31. März 2007) fälligen Zinskosten aus den im Tenor benannten Darlehensverträgen in tatsächlicher Höhe sowie die in diesem Zeitraum fällige Grundsteuer zu erstatten. Einer Prüfung, ob es sich insoweit um angemessene Kosten der Unterkunft im Sinne vom § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) handelt, bedarf es im Hinblick auf die – bindende – Prozesserklärung des Antragsgegners nicht. Der Anordnungsgrund folgt aus der von der W B AG bereits erwirkten vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde.
Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch nicht begründet.
Soweit die Antragsteller, die mit ihrem erstinstanzlich gestellten Antrag vom 19. Januar 2007 "höhere" Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) "fortlaufend" ab 1. Oktober 2006 begehren, bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 SGG) auch Leistungen nach Ablauf des am 31. März 2007 endenden Bewilligungsabschnitts geltend machen, ist der Antrag auf Erlass einer entsprechenden gerichtlichen Regelungsanordnung bereits unzulässig. Denn der Antragsgegner hat für den am 1. April 2007 beginnenden Bewilligungsabschnitt noch gar keine Verwaltungsentscheidung getroffen. In Vornahmesachen ist ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aber regelmäßig erst dann zu bejahen, wenn die zuständige Behörde bereits mit dem Begehren befasst war.
Soweit die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung bereits für Zeiträume vor dem Eingang ihres Rechtsschutzantrages bei dem Sozialgericht (SG), d.h. für Zeiträume vor dem 19. Januar 2007 begehren, ist ein eiliges Regelungsbedürfnis nicht ersichtlich. Für den Zeitraum vor der Antragstellung bei Gericht besteht vor dem Hintergrund, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (nur) "Notfallhilfe" zu gewähren ist, regelmäßig kein Anordnungsgrund. Ein besonderer Nachholbedarf oder eine Fortwirkung der Nichtgewährung von Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart sind nicht dargetan. Sie folgen auch nicht aus der mit der Beschwerdeschrift vorgetragenen Erwägung, der Antragsgegner habe seit Oktober 2006 anrechenbares Einkommen des Antragstellers zu 1. berücksichtigt, das dieser gar nicht erzielt habe. Ausweislich der letzten Änderungsbescheide vom 20. Dezember 2006 und 29. Dezember 2006 hat der Antragsgegner für Oktober 2006 kein Einkommen des Antragstellers zu 1. in die Berechnung eingestellt, für November – bereinigt - 81,28 EUR und ab Dezember 2006 bis März 2007 jeweils - bereinigt - 200,- EUR. Bei Würdigung der Abrechnungen des Antragstellers zu 1. zu den Einkünften aus seiner selbständigen Tätigkeit für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 (1.483,07 EUR bzw. 694,26 EUR) ist insoweit nicht erkennbar, dass der Antragsgegner ein zu hohes Einkommen des Antragstellers zu 1. mit der Folge eines entsprechenden Nachholbedarfs in Ansatz gebracht hätte.
Für den verbleibenden Leistungszeitraum vom 19. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 ist ein Anordnungsanspruch über den tenorierten Umfang hinaus nicht ersichtlich. Der Senat weist zu der von dem Antragsteller zu 1. eingereichten Aufstellung zum "Finanzstatus" der aus den vier Antragstellern bestehenden Bedarfsgemeinschaft darauf hin, dass die dort bezeichneten "Privatverbindlichkeiten" mit Ausnahme der als Kosten der Unterkunft zu übernehmenden Zinskosten, Heizungskosten, Wasser- und Entwässerungsgebühren, Müllabfuhrgebühren, Grundsteuer- und Gebäudeversicherungskosten sowie Schornsteinfegerkosten (vgl. die Aufstellung im Schriftsatz des Antragsgegners vom 19. Januar 2007) von den Regelleistungen der §§ 20, 28 SGB II umfasst sind (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II). Dies gilt bspw. für die im Einzelnen aufgeführten Ausgaben bzw. Verbindlichkeiten "Telekom, Hort, Handy, Musikschule, VISA-Karte, Salvator-Schule, Strom, Klassenreise, Ausgaben für Versicherungen". Soweit Versicherungsbeiträge von einem erzielten Einkommen abzusetzen sind (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung), begründet dies keine Pflicht des SGB II-Leistungsträgers, diese Beiträge zu
übernehmen. Ebenso wenig existiert eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme von "Privat-Verbindlichkeiten", deren Rechts- und Entstehungsgrund ohnehin nicht abschließend feststellbar ist. Aus dem SGB II lassen sich weder ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen herleiten, bei denen es sich nicht um tatsächliche aktuelle Bedarfe handelt, noch ein Anspruch auf Übernahme von Schuldtilgungsleistungen, soweit diese der Vermögensbildung dienen würden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – veröffentlicht in juris). Im Übrigen erhielt der Antragsteller auch für die Zeit ab 1. Januar 2007 einen Zuschuss gemäß § 26 Abs. 2 SGB II zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 113,05 EUR bzw. 14,45 EUR monatlich, obwohl er seit dem 1. Januar 2007 bei der BKK A.T.U. familienversichert ist. Soweit der Antragsgegner somit in den Monaten Januar 2007 bis März 2007 mit den monatlich angesetzten 200,- EUR ein bereinigtes Einkommen des Antragstellers zu 1. berücksichtigt haben sollte, das sich im Hinblick auf die von dem Antragsteller zu 1. geltend gemachten Aufwendungen für seine selbständige Tätigkeit als zu hoch darstellen würde, ergäbe sich im Ergebnis ebenfalls kein höherer Leistungsanspruch.
Die Bedarfsberechnung des Antragsgegners ist mit Ausnahme der im tenorierten Umfang noch zu übernehmenden Unterkunftskosten für die Zeit vom 19. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 somit nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt, dass es die Antragsteller in der Hand hatten, durch eine raschere Vorlage von Bescheinigungen der W AG, aus denen die Schuldzinsanteile ersichtlich sind, eine entsprechende Zinskostenübernahme des Antragsgegners herbeizuführen. Der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes hätte es insoweit nicht bedurft.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Antragsgegner war entsprechend seinem bereits erstinstanzlich abgegebenen Teilanerkenntnis im Schriftsatz vom 19. Januar 2007 im Wege einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, die in der Zeit vom Antragseingang (19. Januar 2007) bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts (31. März 2007) fälligen Zinskosten aus den im Tenor benannten Darlehensverträgen in tatsächlicher Höhe sowie die in diesem Zeitraum fällige Grundsteuer zu erstatten. Einer Prüfung, ob es sich insoweit um angemessene Kosten der Unterkunft im Sinne vom § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) handelt, bedarf es im Hinblick auf die – bindende – Prozesserklärung des Antragsgegners nicht. Der Anordnungsgrund folgt aus der von der W B AG bereits erwirkten vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde.
Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch nicht begründet.
Soweit die Antragsteller, die mit ihrem erstinstanzlich gestellten Antrag vom 19. Januar 2007 "höhere" Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) "fortlaufend" ab 1. Oktober 2006 begehren, bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 SGG) auch Leistungen nach Ablauf des am 31. März 2007 endenden Bewilligungsabschnitts geltend machen, ist der Antrag auf Erlass einer entsprechenden gerichtlichen Regelungsanordnung bereits unzulässig. Denn der Antragsgegner hat für den am 1. April 2007 beginnenden Bewilligungsabschnitt noch gar keine Verwaltungsentscheidung getroffen. In Vornahmesachen ist ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz aber regelmäßig erst dann zu bejahen, wenn die zuständige Behörde bereits mit dem Begehren befasst war.
Soweit die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung bereits für Zeiträume vor dem Eingang ihres Rechtsschutzantrages bei dem Sozialgericht (SG), d.h. für Zeiträume vor dem 19. Januar 2007 begehren, ist ein eiliges Regelungsbedürfnis nicht ersichtlich. Für den Zeitraum vor der Antragstellung bei Gericht besteht vor dem Hintergrund, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (nur) "Notfallhilfe" zu gewähren ist, regelmäßig kein Anordnungsgrund. Ein besonderer Nachholbedarf oder eine Fortwirkung der Nichtgewährung von Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart sind nicht dargetan. Sie folgen auch nicht aus der mit der Beschwerdeschrift vorgetragenen Erwägung, der Antragsgegner habe seit Oktober 2006 anrechenbares Einkommen des Antragstellers zu 1. berücksichtigt, das dieser gar nicht erzielt habe. Ausweislich der letzten Änderungsbescheide vom 20. Dezember 2006 und 29. Dezember 2006 hat der Antragsgegner für Oktober 2006 kein Einkommen des Antragstellers zu 1. in die Berechnung eingestellt, für November – bereinigt - 81,28 EUR und ab Dezember 2006 bis März 2007 jeweils - bereinigt - 200,- EUR. Bei Würdigung der Abrechnungen des Antragstellers zu 1. zu den Einkünften aus seiner selbständigen Tätigkeit für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 (1.483,07 EUR bzw. 694,26 EUR) ist insoweit nicht erkennbar, dass der Antragsgegner ein zu hohes Einkommen des Antragstellers zu 1. mit der Folge eines entsprechenden Nachholbedarfs in Ansatz gebracht hätte.
Für den verbleibenden Leistungszeitraum vom 19. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 ist ein Anordnungsanspruch über den tenorierten Umfang hinaus nicht ersichtlich. Der Senat weist zu der von dem Antragsteller zu 1. eingereichten Aufstellung zum "Finanzstatus" der aus den vier Antragstellern bestehenden Bedarfsgemeinschaft darauf hin, dass die dort bezeichneten "Privatverbindlichkeiten" mit Ausnahme der als Kosten der Unterkunft zu übernehmenden Zinskosten, Heizungskosten, Wasser- und Entwässerungsgebühren, Müllabfuhrgebühren, Grundsteuer- und Gebäudeversicherungskosten sowie Schornsteinfegerkosten (vgl. die Aufstellung im Schriftsatz des Antragsgegners vom 19. Januar 2007) von den Regelleistungen der §§ 20, 28 SGB II umfasst sind (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II). Dies gilt bspw. für die im Einzelnen aufgeführten Ausgaben bzw. Verbindlichkeiten "Telekom, Hort, Handy, Musikschule, VISA-Karte, Salvator-Schule, Strom, Klassenreise, Ausgaben für Versicherungen". Soweit Versicherungsbeiträge von einem erzielten Einkommen abzusetzen sind (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung), begründet dies keine Pflicht des SGB II-Leistungsträgers, diese Beiträge zu
übernehmen. Ebenso wenig existiert eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme von "Privat-Verbindlichkeiten", deren Rechts- und Entstehungsgrund ohnehin nicht abschließend feststellbar ist. Aus dem SGB II lassen sich weder ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen herleiten, bei denen es sich nicht um tatsächliche aktuelle Bedarfe handelt, noch ein Anspruch auf Übernahme von Schuldtilgungsleistungen, soweit diese der Vermögensbildung dienen würden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – veröffentlicht in juris). Im Übrigen erhielt der Antragsteller auch für die Zeit ab 1. Januar 2007 einen Zuschuss gemäß § 26 Abs. 2 SGB II zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 113,05 EUR bzw. 14,45 EUR monatlich, obwohl er seit dem 1. Januar 2007 bei der BKK A.T.U. familienversichert ist. Soweit der Antragsgegner somit in den Monaten Januar 2007 bis März 2007 mit den monatlich angesetzten 200,- EUR ein bereinigtes Einkommen des Antragstellers zu 1. berücksichtigt haben sollte, das sich im Hinblick auf die von dem Antragsteller zu 1. geltend gemachten Aufwendungen für seine selbständige Tätigkeit als zu hoch darstellen würde, ergäbe sich im Ergebnis ebenfalls kein höherer Leistungsanspruch.
Die Bedarfsberechnung des Antragsgegners ist mit Ausnahme der im tenorierten Umfang noch zu übernehmenden Unterkunftskosten für die Zeit vom 19. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 somit nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt, dass es die Antragsteller in der Hand hatten, durch eine raschere Vorlage von Bescheinigungen der W AG, aus denen die Schuldzinsanteile ersichtlich sind, eine entsprechende Zinskostenübernahme des Antragsgegners herbeizuführen. Der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes hätte es insoweit nicht bedurft.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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