S 19 AS 764/05

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Leipzig (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 19 AS 764/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der kommunale Träger der Grund-sicherung für Arbeitsuchende ist jedenfalls
berechtigt, aus Gründen der Gleich-behandlung zur Selbstbindung
Verwaltungsvorschriften zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung zu erlassen, Anschluß an Sächsisches Landessozialgericht, Beschluß vom 24.
Oktober 2006 - L 3 B 158/06 AS-ER.
2. Die Frist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) kann verkürzt und verlängert werden.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:
I.

Die Beteiligten streiten um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Kläger begehrt Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen.

Der 1957 geborene Kläger ist geschieden. Seit 2000 wohnt er in einem Einfamilienhaus. Das Reihenhaus verfügt über ein Unter-, Erd- und Obergeschoß. Hinsichtlich der Raum-aufteilung wird auf die vom Kläger vorgelegten Skizzen verwiesen (Blatt 74ff der Gerichtsakte). Mieterin des Hauses ist ... (Zeugin). Mit Datum vom 1. Mai 2003 unterzeichne-ten der Kläger und die Zeugin einen (Einheits-) Mietvertrag. Auf dessen Inhalt wird verwiesen (Blatt 6ff der Verwaltungsakte).

Seit Januar 2005 erbringt die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhalts. Mit Bescheid vom 9. Mai 2005 bewilligte sie ihm 772,82 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Juni bis 31. August 2005 und 610,57 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Septem-ber bis 30. November 2005. An Kosten für Unterkunft und Heizung seien ab September 2005 monatlich 287,75 EUR, abzüglich 8,18 EUR Kosten für die Warmwasserzubereitung, zu berücksichtigen.

Dagegen erhob der Kläger am 16. Juni 2005 Widerspruch. Seine tatsächlichen Kosten sei-en höher. Es handele sich um eine möblierte Wohnung. Auf den Mietvertrag werde ver-wiesen. Eine Kündigung zum 1. September 2005 sei nicht möglich.

Mit Bescheid vom 26. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie habe dem Kläger bereits acht Monate die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung er-bracht. Ab September 2005 seien nur die angemessenen Kosten zu übernehmen. Die gel-tende Verwaltungsvorschrift sehe für einen Alleinstehenden einen Höchstbetrag vor. Die-ser werde geleistet.

Dagegen richtet sich die Klage vom 29. September 2005.

Am 4. September 2006 erhob der Kläger eine weitere Klage, Aktenzeichen: S 19 AS 1444/06. Streitgegenstand ist ein Bescheid vom 8. November 2005 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 31. Juli 2006. Damit wurden dem Kläger für Dezember 2005 bis Mai 2006 ebenso 610,57 EUR monatlich bewilligt.

Für Juni bis November 2006 erbrachte die Beklagte auch 610,57 EUR monatlich (Bescheid vom 11. Mai 2006) und für Dezember 2006 bis Mai 2007 624,57 EUR monatlich (Bescheid vom 7. November 2006). Widerspruch wurde dagegen jeweils nicht erhoben.

Mit Beschluss vom 4. Januar 2007 eröffnete das Amtsgericht Leipzig das Insolvenzverfah-ren über das Vermögen des Klägers.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Zeugin vernommen. Auf den Inhalt der Vernehmung wird verwiesen (Blatt 157ff der Gerichtsakte).

Der Kläger trägt u.a. vor, er kenne die Zeugin seit ca. 10 Jahren. Zur Zeit des Einzuges in das Einfamilienhaus seien sie "ein Paar" gewesen. 2003 sei eine Trennung erfolgt. Danach habe er das Zimmer im Untergeschoß des Hauses bezogen. Über eigene Möbel verfüge er nicht. Die Räume im Erdgeschoß sowie das Bad und die Toilette des Hauses im Oberge-schoß benutze er mit der Zeugin gemeinsam. Die vereinbarte Miete sei ortsangemessen. Er habe sie zwar regelmäßig, aber nicht in voller Höhe gezahlt. Seine Mietschulden bei der Zeugin könne er nicht beziffern. Auf die Wirksamkeit des Mietvertrages komme es nicht an. Denn die Beklagte habe die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Dies gelte bei deren Ungemessenheit auch für sechs Monate nach eigener Kenntnis hiervon.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2005 zu verpflichten, ihm für September bis November 2006 insgesamt 772,82 EUR monatlich zu erbringen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die angefochtenen Entscheidungen seien rechtmäßig. Der Mietvertrag zwischen dem Klä-ger und der Zeugin sei ein Scheingeschäft und sittenwidrig. Dies gelte insbesondere, falls zwischen beiden noch eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Hierfür spreche einiges. Auf die Erkenntnisse ihres Außendienstes bei den Hausbesuchen am 14. November 2005 und 23. August 2006 werde verwiesen (Blatt 43f und 87f der Verwaltungsakte). Die ge-setzlich vorgesehene Frist von sechs Monate sei eine Höchstfrist. Sie könne verkürzt wer-den. Dabei sei auch das vereinbarte und besonders unangemessene Preis-Leistungs-Verhältnis zu berücksichtigen.

Das Gericht hat eine Stellungnahme der Beklagten vom 12. März 2007 im Verfahren S 19 AS 218/05 nebst Anlagen hierzu beigezogen. Auf deren Inhalt wird verwiesen (Blatt 163f der Gerichtsakte).

II.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrach das Verfahren nicht nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit (iVm) § 240 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Denn die Insolvenzmasse ist nicht betroffen. Hierzu gehört nur das pfändbare Vermögen, vgl. §§ 35, 36 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) und zB Greger in: Zöller, ZPO, Kommen-tar, 26. Auflage 2007, § 240 Rn 8. Das streitige Recht des Klägers ist nicht pfändbar. Denn Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die zur Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können nur gepfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen gel-tenden unpfändbaren Betrag übersteigen, vgl. §§ 54 Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I), 850 Abs. 1, 850cff, 851 Abs. 1 ZPO (iVm § 53 Abs. 3 SGB I). Diese Pfändungs-freigrenze wird nicht überschritten. Auf das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs (§ 194 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) kommt es somit nicht an, vgl. hierzu zB Andres in: Nerlich / Römermann, InsO, Kommentar, Stand: April 2006, § 35 Rn 43 ("An-sprüche ... des Berechtigten").

Entscheidungsgründe:
III.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Denn der Kläger hat für die Zeit vom 1. September 2005 bis 30. November 2005 kein Recht auf Erbringung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

1. Die persönliche Geltung (§ 7 Abs. 1 Satz 1) des SGB Zweites Buch (II) und eine eigene Bedarfsgemeinschaft des Klägers (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) werden in diesem Verfahren unterstellt. Denn die Beklagte hat mit Bescheid vom 9. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2005 u.a. entschieden, der Kläger sei Berechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, erhalte "Leistungen nach diesem Buch" und bilde allein eine Bedarfsgemeinschaft. Trotz danach auftretender Zweifel hat sie daran festgehal-ten, vgl. die o.g. Bescheide für die Zeit ab Dezember 2005. Eine Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB Zehntes Buch - X) zur Rücknahme (§ 45 SGB X) der vorgenannten Entscheidungen erfolgte bisher nicht.

Die Kammer hat insoweit Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen und ggf. sogar an dem Bestand eines (Rechts-) Verhältnisses der Grundsicherung für Arbeitsuchende zwischen den Beteiligten. Denn Hinweistatsachen sprechen nicht nur für das Zu-sammenwirken zur Erlangung rechtswidriger Vorteile, sondern auch für den Fortbestand einer sog. eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Kläger und der (erwerbsfähigen und -tätigen) Zeugin, vgl. hierzu insbesondere §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 7 Abs. 3 Nr. 3b (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) SGB II.

Einer gerichtlichen Entscheidung hierzu bedurfte es jedoch nicht. Denn das Gericht darf die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten grundsätzlich nicht zum Nachteil des Klägers ändern, vgl. zB Meyer-Ladewig in: ders. / Keller / Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage 2005, § 123 Rn 5 mwN. Ausnahmen hiervon sind nicht gegeben. Unter Berück-sichtigung dessen, der im allgemeinen und besonderen schwierig(er) zu beurteilenden Fra-ge nach dem Bestehen einer o.g. Gemeinschaft und des Fehlens einer originären Entschei-dung der Beklagten hierzu sieht das Gericht in diesem Verfahren (ausnahmsweise) inso-weit von Entscheidungen und Erörterungen ab. Dies konnte nur erfolgen, da der Kläger selbst bei unterstellter Geltung des SGB II und eigener Bedarfsgemeinschaft kein Recht auf Erbringung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat.

Auf die Beantwortung der höchstrichterlich noch nicht einheitlich entschiedene Rechtsfra-ge nach der Zulässigkeit einer Begrenzung des Streitgegenstandes, vgl. einerseits Bundes-sozialgericht (BSG), Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R (Rn 18ff), und andererseits zB BSG, Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 3/06 R und B 11b AS 9/06 R (jeweils Rn 17), kommt es dabei nicht an. Denn auch eine derartige Beschränkung setzt grundsätzlich die Prüfung der "Anspruchsvoraussetzungen" (Überschrift des 2. Kapitels des SGB II) für die "Leistungen nach diesem Buch" (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) voraus, vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, aaO (Rn 21). Eine Ausnahme hiervon wurde angenommen. Ein Präjudiz für zukünftige Entscheidungen ist darin nicht zu sehen.

2. Der Kläger hat für September bis November 2005 kein Recht auf höhere als ihm bewilligte und erbrachte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dies gilt insbesondere für die Leistungen für Unterkunft und Heizung.

a) Nach § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) als Arbeitslosengeld II (Geldleis-tung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsäch-lichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Das Gesetz bestimmt nicht, was unter Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu verstehen sein soll. Jedenfalls sind höchstens die "tatsächlichen" Aufwendungen zu erbringen.

b) Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, welche "tatsächlichen Aufwendungen" der Kläger für o.g. Zeit hatte bzw. ggf. noch hat. Dem Vertrag vom 1. Mai 2003 entsprechend sei er verpflichtet, monatlich insgesamt 450,- EUR zu zahlen. Danach setzt sich dieser Betrag wie folgt zusammen: Mietzins 250,- EUR, "Nebenabgaben" 100,- EUR, "Kosten Vollmöblierung / Nutzung" 70,- EUR und "Waschmaschine, Kühlschrank / Nutzung" 30,- EUR, vgl. §§ 1 Nr. 1f, 4 Nr. 2 des o.g. Vertrages. Der Bevollmächtigte des Klägers behauptet, dieser habe 420,- EUR monatlich aufzuwenden (Schreiben vom 29. September 2005, Seite 2). Der Kläger zahlte weder den einen noch den anderen Betrag an die Zeugin. Dies gilt mindestens für die Zeit ab Januar 2004 (vgl. Bescheinigung der Zeugin vom 27. Juli 2004). Für die Zeit ab Januar 2005 konnte der Kläger weder mitteilen, wann er welchen Betrag an die Zeugin leistete, noch wie hoch seine Mietschulden bei ihr sind. Die Zahlungen seien in bar erfolgt. Unterlagen jeglicher Art gebe es darüber nicht. Die Zeugin behauptet, der Kläger habe für 2005 noch ca. 1000,- EUR Mietschulden. Näheren Angaben hierzu entzog sie sich ("kann ich nicht näher konkretisieren"). Einkünfte aus Vermietung (vgl. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz) teilte sie dem Finanzamt erst in Folge eines Amtshil-feersuchens der Beklagten (allgemein) mit, vgl. Schreiben vom 5. April 2006. Danach trete sie "hier nur treuhänderisch auf" und seien diese Einkünfte nicht "steuerrelevant". Dies ist weder tatsächlich noch rechtlich nachvollziehbar. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist zwar die "Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" nicht bestimmbar, aber eine der Hinweistatsachen für ein Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 BGB) zwischen dem Kläger und der Zeugin benannt.

c) Dessen ungeachtet hat die Klage auch aus anderen Gründen kein Erfolg. Denn die Be-klagte erbrachte ab September 2005 im Ergebnis zu Recht nur 279,57 EUR statt 441,82 EUR monatlich als Leistungen für Unterkunft und Heizung. Denn dieser Betrag ist höchstens angemessen für den Kläger.

aa) Der Rechtsbegriff der "Angemessenheit" ist ebenso nicht gesetzlich bestimmt. Eine Rechtsverordnung nach § 27 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) wurde nicht erlassen. Unter diesen Voraussetzungen ist der kommunale Träger der Beklagten (§§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 44b Abs. 1 Satz 1 [in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung] SGB II, vgl. zu Organisationsform der Arbeitsgemeinschaften zB BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R [Rn 13f]) jedenfalls berechtigt, aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) zur Selbstbindung Verwaltungsvorschriften zu erlassen, im Ergebnis ebenso zB Sächsisches (Sächs.) Landessozialgericht (LSG), Be-schluß vom 24. Oktober 2006 - L 3 B 158/06 AS-ER (Rn 33).

Die für die Beklagte geltende Verwaltungsvorschrift wurde am 22. September 2004 vom Sozialausschuß des Landkreises Delitzsch beschlossen, vgl. Verwaltungsvorschrift zur Pauschalisierung von Unterkunfts- und Heizkosten gemäß § 29 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) und § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Sozialverwaltung des Landkreises Delitzsch (VwV-KdU-05). Seitdem wurde sie nicht geändert, vgl. Schreiben der Beklagten vom 12. März 2007.

bb) Die VwV-KdU-05 sowie die darauf beruhenden und angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind für die streitige Zeit im Ergebnis mit dem geltenden Recht vereinbar.

Zwar wurde bei den Höchstbeträgen nach § 3 Abs. 1 VwV-KdU-05 entgegen der gesetzlichen Vorgaben nicht ausdrücklich zwischen den Leistungen für Unterkunft und Heizung unterschieden, vgl. zB § 22 Abs. 1 Satz 1 ("Leistungen für Unterkunft und Heizung"), Satz 2 (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung: "Aufwendungen für die Unterkunft"), vgl. hierzu auch zB Sächs. LSG, Beschluss vom 24. Oktober 2006, aaO (Rn 57f). Der jeweilige Höchstbetrag ergibt sich nur mittelbar u.a. aus dem Verweis in § 2 VwV-KdU-05 auf § 8 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) und § 6 Wohngeldverordnung. Die Tabellenwerte in § 8 WoGG stellen aber grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessen-heit der Kosten der Unterkunft dar, so nunmehr ebenso BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R (Rn 24) und B 7b AS 18/06 R (Rn 17f). Nichts anderes gilt für die Leistungen für Heizung. Jedoch sind die sich aus §§ 2f VwV-KdU-05 ergebenden Höchstbeträge für einen "Alleinstehenden" (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R) im Sinne der Tabelle des § 3 Abs. 1 VwV-KdU-05 zumindest für o.g. Zeit im Ergebnis "angemessen" im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Nach § 3 Abs. 1 VwV-KdU-05 ergibt sich für den Kläger eine "KdU-Pauschale" von 287,75 EUR als Höchstbetrag. Unter "KdU" versteht die VwV-KdU-05 "Leistungen für Unterkunft und Heizung", vgl. §§ 1 Abs. 2, 3 (Überschrift) VwV-KdU-05. Unter Berücksich-tigung des o.g. Verweises und der Wohnflächenhöchstgrenze von 45 m² für einen "Alleinstehenden" nach § 6 Abs. 2 VwV-KdU-05 setzt sich dieser "Höchstbetrag" wie folgt zusammen: 245 EUR für "(kalte Miet- und Betriebskosten)" (§ 2 Satz 1 VwV-KdU-05) sowie 36,- EUR für "Heizkosten" und 6,75 EUR für "Warmwasserbereitung" (§ 2 Satz 2 VwV-KdU-05: insgesamt 42,75 EUR). Unter Würdigung der nunmehr auch höchstrichterlich geklärten Vor-gaben sind diese Werte im Ergebnis (mathematisch: Produkt) angemessen.

Entscheidende (wertbildende) Faktoren sind dabei die Wohngröße (-fläche), der Wohnstandard und die örtlichen Verhältnisse, vgl. ausführlicher nunmehr BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R (Rn 24ff) und B 7b AS 18/06 R (Rn 19ff) sowie hierzu zB Berlit, Anmerkung (zu B 7b AS 18/06 R), jurisPR-SozR 5/2007, Anm. 1; Link, Hartz IV vor dem BSG: Schutz von Eigentum und Mietwohnraum, Sozialrecht aktuell, 1/2007, 8, 10ff und Wenner, Erste BSG-Urteile zu Hartz IV stärken teilweise Rechte der Betroffenen, SozSich 11/2006, 391, 395. Dabei ist die Wohnungsgröße anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu bestimmen. In Sachsen ist mangels geltender Bestimmungen weiterhin die bis zum 31. März 2004 gel-tende Verwaltungsvorschrift des Sächs. Staatsministeriums des Innern zum Sächs. Bele-gungsrechtsgesetz (VwV-SächsBelG) vom 22. April 1999 (Sächsisches Amtsblatt, 478ff) anzuwenden, ebenso zB Sächs. LSG, Beschluss vom 24. Oktober 2006, aaO (Rn 38ff). Nach 5.12 VwV-SächsBelG gelten für Alleinstehende eine Wohngröße von 45 m² Wohnfläche oder 1 ½ Wohnräume als Wohnflächenhöchstgrenze. Als Wohnstandard steht den Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad zu. Die Wohnung muß in Ausstattung, Bausubstanz und Lage einfachen und grundle-genden Bedürfnissen genügen und darf keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Als örtlicher bzw. räumlicher Vergleichsmaßstab ist regelmäßig bzw. in erster Linie der Wohnort maßgebend. Dies muß sich nicht strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Beg-riff der "Gemeinde" orientieren.

Der o.g. Höchstbetrag nach § 3 Abs. 1 VWV-KdU-05 entspricht im Ergebnis den o.g. Kriterien. Denn als Wohnflächenhöchstgrenze (§ 6 Abs. 2 VWV-KdU-05) wurden zutreffend 45 m² berücksichtigt. Weiterhin ist dieser Betrag noch mit den konkreten örtlichen Gege-benheiten vereinbar. Mangels bestehender Mietspiegel (§§ 538c f BGB) oder Mietdatenbanken (§ 558e BGB) für den Zuständigkeitsbereich der Beklagten konnte sich die Kam-mer dabei auf "grundsicherungsrelevante - Mietspiegel oder Tabellen" der Beklagten stützen, vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R (Rn 23). Um eine solche Erkenntnisquelle handelt es bei dem Ergebnis eines Erfahrungsaustausches und einer statistischen Erfassung im November 2005, vgl. Schreiben der Beklagten vom 12. März 2007 nebst Anlage 2. Unter Würdigung dieser Erkenntnisse liegen die o.g. Höchstbeträge nach der VwV-KdU-05 sowohl im Gesamtbetrag als auch in den Einzelbeträgen für eine Woh-nung in Delitzsch mit einer Wohnfläche bis 45 m² mindestens innerhalb der Durch-schnittswerte. Nichts anderes gilt für die hier streitige Zeit unter Würdigung des durch-schnittlichen Mietniveaus der kommunalen Wohnungsunternehmen Sachsens im Dezember 2005, vgl. hierzu http://www.sachsentreuhand.de ) Archiv ) Erfahrungsaustausch zur Umsetzung von Hartz IV ) Vortrag "Zum Problem der Kosten der Unterkunft", Seite 7. Danach bestand im Landkreis Delitzsch eine durchschnittliche "Bruttowarmmiete" von 6,50 EUR / m², mithin von 292,50 EUR bei einer Wohnfläche von 45 m² (entsprechend der Auf-teilung in der VwV-KdU-05: 247,50 EUR + 45,- EUR).

Auf der Basis der beiden vorgenannten "Erkenntnismöglichkeiten im lokalen Bereich" (vgl. BSG, aaO) bestehen im Ergebnis keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Festset-zung des o.g. Gesamtbetrages und der o.g. Teilbeträge in der VwV-KdU-05. Die geringfügige Abweichung insbesondere zwischen den Werten der VwV-KdU-05 (245 EUR + 42,75 EUR = 287,75 EUR) und der Sachsentreuhand (247,50 EUR + 45,- EUR = 292,50 EUR) steht dem nicht entgegen. Denn die Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind (bereits) ange-messen, wenn das Produkt aus Wohnfläche und "unteren" Standard den örtlichen Verhält-nissen entspricht. Eine "durchschnittliche" Betrachtung (insbesondere des Standards, der sich als ein wertbildender Faktor "in der Wohnungsmiete niederschlägt") ist dabei nicht erforderlich. Daher bedarf es in diesem Verfahren auch keiner weiteren Erörterungen, ob der Abzug des sog. Warmwasseranteils in Höhe von 8,18 EUR monatlich vom o.g. Höchstbe-trag der VwV-KdU-05 (287,75 EUR) angesichts des darin enthaltenen Teilbetrages von 6,75 EUR für die "Warmwasserbereitung" tatsächlich nachvollziehbar und mit dem Gesetz vereinbar ist, vgl. hierzu nunmehr Sächs. LSG, Urteil vom 29. März 2007 - L 3 AS 101/06. Denn auch der Höchstbetrag von 279,57 EUR entspricht mindestens dem o.g. Durchschnitt der örtlichen Gegebenheiten und ist somit angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

cc) Die (unterstellten) Aufwendungen des Klägers für seine Unterkunft sind unter Berücksichtigung der o.g. Kriterien unangemessen. Nach Angaben des Klägers (vgl. zB die o.g. und kommentierten Skizzen) und der Zeugin (vgl. zB Mitteilung vom 27. Juli 2004) benutzt er tatsächlich ca. 50 m² des Hauses. Dieser Wert (Faktor) übersteigt die o.g. Wohnflächengrenze für eine Person. Die Überschreitung wird im Ergebnis (Produkt) nicht durch geringe Aufwendungen ausgeglichen. Im Gegenteil. Dabei kommt es auf den geltend gemachten Gesamtbetrag in Höhe von 450,- EUR an. Denn Ausgaben für die Nutzung von Einrichtungsgegenständen können tatsächliche Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sein, ebenso zB Berlit, Wohnung und Hartz IV, Ausgewählte Probleme der Kosten für Unterkunft nach dem SGB II, NDV 1/2006, 5, 14f. Das dadurch bewirkte "Gerechtigkeits- und Gleichheitsproblem" (vgl. hierzu zB Berlit, aaO) kann in diesem Verfahren durch die Verkürzung der Regelhöchstfrist des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung; seit dem: Satz 3) gelöst werden (vgl. hierzu III. 2. d). Weiterhin ist die Vereinbarung der Zahlung einer Betriebskostenpauschale zulässig, vgl. § 556 Abs. 2 Satz 1 BGB. Angesichts dessen scheidet die Unterscheidung zwischen Aufwendungen für die Unterkunft einerseits und Heizung andererseits aus.

d) Schließlich hat die Beklagte dem Kläger zu Recht nur für eine (weitere) Übergangszeit von drei Monaten dessen (angenommene) Aufwendungen in tatsächlicher Höhe erbracht. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheiten des Einzelfalles an-gemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach § 22 Abs. 1 Satz 2 (3) SGB II als Bedarf u.a. des allein stehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dem Kläger ist die Senkung seiner Aufwendungen (subjektiv) möglich und (objektiv) zuzumuten (aa). Des weiteren hat er kein Recht auf Ausschöpfung der Frist von sechs Monaten (bb).

aa) Es gibt weder tatsächliche noch rechtliche Gründe, die der Senkung der Aufwendungen des Klägers entgegenstehen könnten. Dies gilt selbst bei Annahme eines "Wohnungswech-sels". Bereits die zwischen dem Kläger und der Zeugin vereinbarten Zahlungen stehen in keinem ausgewogenen Verhältnis. Vielmehr spricht einiges für den Versuch, gemeinsam weiterhin eigene Aufwendungen zu Lasten der (steuerzahlenden) Allgemeinheit zu min-dern. Denn die Zeugin zahlt eigenen Angaben zufolge selbst nur 499,71 EUR für die Miete des gesamten Hauses. Im streitigen Zeitraum wohnten ebenso eigenen Angaben zufolge drei Personen in diesem Haus (Kläger, Zeugin und deren Tochter). Die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigenden Gesamtaufwendungen sind daher nach "Kopfzahl" aufzutei-len, vgl. nunmehr ebenso BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R (Rn 28f). Selbst unter Annahme weiterer "Nebenkosten" der Zeugin (insbesondere für die Hei-zung) ist der mit dem Kläger vereinbarte Betrag (450,- EUR) somit in jeglicher Hinsicht un-verhältnismäßig. Vor diesem Hintergrund kann zwar die behauptete Kulanz der Zeugin gegenüber dem sich angeblich stets im Zahlungsverzug befindlichen Kläger nachvollzogen werden. Aus welchen Gründen die (unverzügliche) Senkung der Aufwendungen des Klä-gers jedoch ausgeschlossen sein soll, ist weder vorgetragen noch erkennbar.

Die Unmöglichkeit der Senkung durch Vereinbarung mit der Zeugin unterstellt, ist es dem Kläger jedenfalls möglich und zumutbar (gewesen), dieses Mietverhältnis zu beenden. En-ge persönliche Beziehungen, die für ein gemeinsames Wohnen sprechen könnten, sollen zwischen den Vorgenannten seit 2003 nicht mehr bestehen. Nichts anderes gilt deren Angaben entsprechend für ein gemeinsames Wohnen aus sonstigen Gründen. Demnach leben zwei sich nunmehr mehr oder weniger fremde Personen in einem Haus, gehen sich dabei aber gegenseitig aus dem Weg, soweit sie sich nicht in den gemeinsam benutzten Räumen (zB Bad, Küche, Wohnraum im Erdgeschoß) begegnen. Glaubhaft sind auch diese Aussa-gen nicht ansatzweise.

Das Argument des Klägers, einem "Umzug" stehe der Mangel an eigenen Einrichtungsgegenständen entgegen, ändert am o.g. Ergebnis nicht. Im Gegenteil. Denn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgegenständen gesondert zu erbringen. Auf die für die Beklagte geltende Verwal-tungsvorschrift für Erstausstattung Wohnung (VwV-EAW-05) wird wegen der Einzelheiten hierzu verwiesen. Des weiteren ist ein Wechsel der Unterkunft ohne Mobiliar einfacher möglich und unter geringeren Voraussetzungen zumutbar.

Schließlich bestehen für die streitige Zeit keine Anhaltspunkte für einen Mangel an einer bedarfsgerechten, kostengünstigeren sowie für den Kläger konkret verfügbaren und zugängigen Wohnung. Auf die Anlage 2 des o.g. Schreibens vom 12. März 2007 wird beispielhaft verwiesen.

bb) Die Senkung der Leistungen ab September 2005 ist ebenso mit § 22 Abs. 1 Satz 2 (3) SGB II vereinbar. Insoweit ist bereits fraglich, ob der Kläger angesichts der o.g. tatsächlichen Verhältnisse schutzbedürftig im Sinne dieser Norm ist. Dessen ungeachtet ist die Frist von sechs Monaten bereits dem Wortlaut des Gesetzes entsprechend eine Regelhöchstfrist und "keine strikte Such- und Überlegungsfrist", so zB Berlit in: Münder, SGB II, Lehr- und Praxiskommentar, 2. Auflage 2007, § 22 Rn 61 und ausdrücklich daran anschließend zB LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Mai 2007 - L 20 B 332/06. Sie kann ver-längert (vgl. hierzu zB Sächs. LSG, Beschluss vom 9. Oktober 2006 - L 3 B 138/06 AS-ER) oder verkürzt werden, ebenso zB Rothkegel in: Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Dezem-ber 2005, § 22 Rn 46f und Wieland in: Estelmann, SGB II, Kommentar, Stand Februar 2005, § 22 Rn 34 sowie Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Januar 2007 - L 9 SO 82/06 ER (zum vergleichbaren § 29 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2007 - L 14 B 68/07 AS ER (u.a.). Nichts anderes ergibt sich aus dem Sinn und Zweck dieser "Zumutbarkeitsregelung", vgl. hierzu nunmehr BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R (Rn 29f) und B 7b AS 18/06 R (Rn 24). Die Einräumung von weiteren drei Monaten zur Senkung der Aufwendungen durch den Kläger wird diesen gesetzlichen Anforderungen gerecht. Denn die Beklagte hat den Kläger mit den Hinweisen im Bescheid vom 9. Mai 2005 (Seite 2) im Ergebnis zutreffend (vgl. unter III. 2. c) über die Höchstgrenze der für ihn angemessenen Leistungen für Unterkunft und Hei-zung informiert. Einer weiteren "Aufklärung" (vom BSG, aaO, wohl im tatsächlichen Wortsinne und nicht im Sinne des § 13 SGB I verstanden) und / oder Begründung bedurfte es nicht, vgl. BSG, aaO. Der mit Schreiben des Gerichts vom 13. Oktober 2006 mitgeteilten abweichenden Auffassung wird nicht (mehr) gefolgt. Der Kläger konnte in den drei anschließenden Monaten als letztes Mittel auch seine Vereinbarung mit der Zeugin kündi-gen, vgl. § 2 Nr. 1 Satz 2 des o.g. Vertrages. Gründe für eine Verlängerung der Frist von drei Monaten (zB wegen nachgewiesenen Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Unter-kunftsalternative) sind weder vorgetragen noch erkennbar.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Denn über die Voraussetzungen einer Verkürzung der Frist des § 22 Abs. 1 Satz 2 (3) SGB II hat bisher weder das Sächs. LSG noch das BSG entschieden.
Rechtskraft
Aus
Saved