L 4 KR 4062/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 4018/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4062/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Die Klage wegen des Bescheids vom 27. März 2006 wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Widerspruchsbescheid vom 29. September 2006 aufgehoben wird.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger von der Beklagten eine stationäre medizinische Rehabilitationsleistung beanspruchen kann.

Der am 1941 geborene verheiratete Kläger ist bei der Beklagten im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Bis zum 31. März 1998 war er als Arbeiter (Gabelstaplerfahrer) bei der B. Drucksysteme GmbH beschäftigt. Die frühere Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg - DRVBW) gewährte dem Kläger im Rahmen eines im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg S 4 RJ 797/96 wegen der bescheidmäßigen Ablehnung eines Rentenantrags abgegebenen Vergleichsangebots vom 26. Mai 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 01. März bis 31. Mai 2000 und - nachdem eine auf den Namen des Klägers angemeldete Gaststätte auf dessen Sohn übertragen worden war - ab 01. Juni 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Inzwischen bezieht der Kläger von der DRVBW Altersrente. Insoweit hatte das SG im Rahmen jenes Rentenstreitverfahrens zuletzt ein psychiatrisches Sachverständigengutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie und Oberarztes der Universitätsklinik für Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Freiburg Privatdozent Dr. E. vom 29. Dezember 1998 eingeholt. Bei der DRVBW gestellte Anträge auf medizinische Rehabilitationsleistungen waren zuletzt mit Bescheiden vom 28. Oktober 2002 und 10. Januar 2005 abgelehnt worden.

Am 14. Juli 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rehabilitationsleistungen. In der dazu vorgelegten Stellungnahme gab Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. unter dem 07. Juli 2004 als Diagnosen an: Ausgeprägte Lebersteatose mit Verdacht auf beginnende Lebercirrhose (atypische Fettleber), chronischer Äthylismus, Linkshypertrophie bei arterieller Hypertonie, Aorteninsuffizienz, chronisch venöse Insuffizienz mit Zustand nach Thrombose der Venus Poplitea beidseits, Zustand nach akutem Nierenversagen bei Urosepsis, Zustand nach Erysipel Unterschenkel beidseits, rezidivierendes Nasenbluten. Aufgrund der sozialen Umstände (Patient habe eine Gaststätte) und des Allgemeinzustandes scheide eine ambulante Maßnahme aus, sodass eine stationäre Maßnahme befürwortet werde, eventuell in der Z.-Klinik in S. B ... Dazu erhob die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. Ke. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in O. vom 22. Juli 2004, in der ausgeführt wurde, dass ambulante Behandlungen nicht ausgeschöpft seien. Bezüglich der internistischen Erkrankungen sei fachinternistische Behandlung möglich. Es lägen keine aktuellen technischen Befunde vor. Hinweise zur bisherigen und aktuell laufenden Therapie fehlten. Bezüglich der Alkoholerkrankung solle gegebenenfalls zunächst eine soziale Beratung durch die Krankenkasse mit dem Ziel erfolgen, die Kontaktaufnahme zu einer psychosozialen Beratungsstelle anzubahnen. Mit Bescheid vom 23. Juli 2004 lehnte die Beklagte im Hinblick auf diese Stellungnahme die Leistungsgewährung ab, weil ambulante Behandlungsmaßnahmen am Wohnort nicht ausgeschöpft seien. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er einen Kurzbericht des Klinikums O. (Unfall- und Handchirurgie) vom 28. Juli 2004 über eine stationäre Behandlung dort vom 23. bis 28. Juli 2004 wegen Arthritis urica einreichte. Die Beklagte forderte vom Kläger die Vorlage weiterer medizinischer Befundberichte sowie Krankenhausentlassungsberichte. Dr. C. vom MDK in O. äußerte sich unter dem 12. August 2004 dahin, dass die Akutsymptomatik bei Arthritis urica im Rahmen des stationären Aufenthalts behandelt worden sei. Bei dem komplexen internistischen Krankheitsbild bestehe kein positives Rehapotential für die Durchführung einer stationären Rehamaßnahme. Zusätzlich sei eine einseitige Gynäkomastie weiter abklärungsbedürftig. Bei der Alkoholerkrankung sei eine Anbindung des Klägers an eine psychosoziale Beratungsstelle empfehlenswert. Auch nach den nun vorgelegten Befunden sei eine stationäre Rehamaßnahme medizinisch nicht begründet. Davon wurde der Kläger unterrichtet. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2004).

Deswegen erhob der Kläger am 15. November 2004 Klage beim SG Freiburg.

Im Verlaufe des Klageverfahrens beantragte der Kläger am 16. März 2006 bei der Beklagten erneut eine Rehabilitationsbehandlung. Dazu legte er eine Verordnung von medizinischer Rehabilitation des Facharztes für Innere Medizin Dr. Sc. vom 16. März 2006, in der dieser als Beschwerden des Klägers migräneartige Kopfschmerzen, Leistungsschwäche, Müdigkeit (depressiv, grübelnd, freudlos), generalisierten Juckreiz ohne äußerliche Hautveränderungen, von der Wirbelsäule in die Beine ausstrahlende Schmerzen sowie anale Schmerzen nannte. Rehabilitationsrelevante und weitere Diagnosen seien ein depressives Syndrom, Polyarthrose, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Migräne, Herzinsuffizienz und labile Hypertonie. Die Rehabilitationsbedürftigkeit gründe sich auf einen ausgeprägten Erschöpfungszustand mit zunehmender depressiver Neigung; daraus ergebe sich eine deutliche Minderung des körperlichen Leistungsvermögens. Als bisherige ärztliche Behandlungen nannte er psychiatrische gesprächsunterstützende Mitbehandlung sowie Bewegungsübungen. Die letzte Rehamaßnahme sei 1995 mit einem guten, lang anhaltenden Erfolg durchgeführt worden. Im Hinblick auf die depressive Symptomatik werde eine erneute Behandlung in der Z.-Klinik in S. B. empfohlen. Dazu äußerte sich Dr. R. vom MDK in O. unter dem 24. März 2006 dahin, dass beim Kläger nicht eine einfache Depression vorliege, sondern eine schwere Alkoholkrankheit mit entsprechenden Folgen. Eine allgemeine Rehabilitation sei medizinisch nicht begründet. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2006 die Leistung erneut ab. Zu dem dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers erhob die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des Dr. D. vom MDK in O. vom 13. April 2006. Der Arzt führte aus, ein allgemeines Heilverfahren sei bei dem alkoholkranken Patienten nicht angezeigt. In einer allgemeinen Rehabilitation könnten die besonderen Bedürfnisse von alkoholkranken Patienten nicht berücksichtigt werden. Nach wie vor sei beim Kläger die Vorstellung in einer Beratungsstelle für Alkoholabhängige erforderlich. Dort könne in der Vorbereitung festgestellt werden, ob ambulante Therapiemöglichkeiten ausreichten oder ob eine kurz- oder langfristige Entwöhnungsbehandlung erforderlich sei. Eine unspezifische Kurmaßnahme sei medizinisch nicht begründet. Dieser Widerspruch blieb ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. September 2006).

Mit der Klage machte der Kläger geltend, die Leistungsablehnung sei nicht gerechtfertigt, zumal sich sämtliche Ärzte, die ihn untersucht hätten, sowie auch die Krankenhäuser dafür aussprechen würden. Bei der letzten von der Beklagten genehmigten Kur hätten die Chefärzte des Sanatoriums eine weitere Kur ausdrücklich angeraten. Dieses gelte auch für die früheren Werksärzte der BASF. Der vom SG herangezogene Sachverständige Dr. Su. habe zahlreiche Messungen durchgeführt; auf die eigentlichen Probleme, die bei ihm existierten, wie den seelischer Zustand, die Beeinträchtigungen seiner Beine sowie die Erhaltung seiner Arbeitskraft, sei der gerichtliche Sachverständige nicht eingegangen. Der Kläger benannte auch die ihn behandelnden Ärzte und reichte ein Attest des Arztes für Psychiatrie Dr. Sch. vom 24. Juni 2005 ein. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und eines sozialmedizinischen Gutachtens des Dr. C. vom MDK in O. vom 06. Juni 2005 entgegen. Dr. C. führte aus, das beim Kläger vorliegende internistische Krankheitsbild sei unter ambulanter internistischer Mitbehandlung ausreichend therapiert. Ein positives Rehabilitationspotential sei unverändert nicht ersichtlich. Aktuell werde noch die Verdachtsdiagnose einer Polyneuropathie gestellt. Hierzu sei zunächst die differenzialdiagnostische neurologische Abklärung vorrangig. Eine stationäre Rehabilitation sei dadurch nicht indiziert. Auch aus den von den behandelnden Ärzten eingereichten weiteren Unterlagen ergäben sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte. Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Dr. Sc. (17. Februar 2005), des Dr. K. (14. März 2005) und des Arztes für Innere Medizin Dr. So. vom 24. August 2005, der weitere Arztbriefe einreichte. Ferner erstattete im Auftrag des SG Internist Dr. Su. am 30. Januar 2006 ein Gutachten, nachdem er den Kläger am 17. Januar 2006 untersucht hatte. Der Sachverständige erhob als Erkrankungen beim Kläger ein postthrombotisches Syndrom, eine Hypertonie, eine nutritiv-toxische Fettleber, eine Polyneuropathie, überhöhten Alkoholkonsum sowie eine Überhöhung der Harnsäure und Triglyzeride im Blutserum. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft. Dies gelte bezüglich des Bluthochdruckleidens, da aktuelle Behandlungen nicht durchgeführt würden. Ebenso wenig werde zurzeit eine Behandlung des postthrombotischen Syndroms vorgenommen, die klinisch auch nicht erforderlich sei. Die Notwendigkeit einer stationären medizinischen Leistung zur Rehabilitation bestehe nicht. Mit Gerichtsbescheid vom 14. Juli 2006, der an den Kläger zwecks Zustellung mit Übergabe-Einschreiben am 19. Juli 2006 zur Post gegeben wurde, wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung stationärer medizinischer Leistungen zur Rehabilitation bestünden nicht. Der Sachverständige Dr. Su. sehe, für die Kammer überzeugend, derzeit keine Erforderlichkeit für ein stationäres Heilverfahren.

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. August 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Ärzte des MDK würden ihn nicht kennen. Er sei von diesen Ärzten nicht persönlich untersucht worden. Es werde auch nicht berücksichtigt, dass ihm durch den MDK seinerzeit, als er noch im Beruf gestanden habe, eine Kur genehmigt worden sei. Zu Unrecht gehe man davon aus, dass bei ihm eine Alkoholkrankheit bestehe. Wenn die Beklagte bereit wäre, insoweit eine Kur zu gewähren, wäre er damit einverstanden. Während solcher stationären Behandlungen wäre es dann jedoch unbedingt erforderlich, dass auch seine Fußprobleme, seine Thrombosen mitbehandelt würden; deswegen sei er in letzter Zeit immer wieder, auch durch den Notarzt, behandelt worden. Zu Unrecht gingen die Ärzte des MDK davon aus, dass ambulante Behandlungsmaßnahmen am Wohnort bei ihm noch nicht vollkommen ausgeschöpft seien. Die Annahme des Sachverständigen Dr. Su., dass bei ihm ein Bluthochdruckleiden bestehe, treffe nicht zu. Vier behandelnde Ärzte hätten bei ihm vielmehr zu niedrigen Blutdruck festgestellt. 1995 habe ihm die Beklagte eine Kur in der Z.-Klinik in S. B. bewilligt gehabt. Weitere Kuren habe es früher nicht gegeben, auch nicht vom Rentenversicherungsträger. Ziel eines Heilverfahrens sei es, dass seine Beine wieder in Ordnung kämen, um möglichst wieder voll arbeiten zu können. Im Übrigen würden derzeit weitere Untersuchungen durch Fachärzte durchgeführt. Dazu reichte der Kläger Arztbriefe der Radiologen Dres. Schu., K. und R. vom 10. Oktober 2006 und 05. März 2007, einen Bericht des Chefarztes der Klinik für Visceral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie des Klinikums L.-E. Dr. L. vom 26. Dezember 2006 und einen Arztbrief des Facharztes für Gefäßchirurgie/Phlebologie Dr. B. vom 12. März 2007 ein.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2004 sowie des weiteren Bescheids vom 27. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2006 zu verurteilen, ihm eine stationäre medizinische Rehabilitationsleistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie seine Klage wegen des Bescheids vom 27. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2006 abzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Auch der ebenfalls zu überprüfende Ablehnungsbescheid vom 27. März 2006 erweise sich als rechtmäßig.

Der Berichterstatter des Senats hat die Renten- und Reha-Akte der DRVBW, den Kläger betreffend, beigezogen sowie eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Arztes für Orthopädie Dr. Kü. vom 27. Dezember 2006 eingeholt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer stationären medizinischen Rehabilitationsleistung, wie auch das SG zutreffend entschieden hat, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2004 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Dies gilt auch für den vom SG übergangenen Bescheid vom 27. März 2006, mit dem die Beklagte den erneut gestellten Antrag des Klägers ebenfalls abgelehnt hat. Dieser Bescheid ist als solcher nach § 96 SGG hier kraft Klage zu überprüfen. Die Klage wegen dieses Zweitbescheids vom 27. März 2006 ist ebenfalls abzuweisen, allerdings mit der Maßgabe, dass der Widerspruchsbescheid vom 29. September 2006, der im Hinblick auf die Anwendung des § 96 SGG nicht hätte ergehen dürfen, aus formellen Gründen aufzuheben ist.

Maßgebendes Recht, nachdem der hier aufgrund der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Anspruch auf eine noch nicht durchgeführte stationäre Rehabilitationsleistung zu beurteilen ist, ist das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Recht, nicht etwa dasjenige, das zum Zeitpunkt des Leistungsantrags oder der letzten Verwaltungsentscheidung gegolten hat. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, die notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 6 der Vorschrift umfasst der Anspruch auf Krankenbehandlung auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen. Zur medizinischen Rehabilitation bestimmt § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der ab 01. April 2007 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele, wonach Versicherte auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen haben, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern (Satz1), zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, durch wohnortnahe Einrichtungen. Reicht die ambulante Leistung nach Abs. 1 nicht aus, erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift). Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 SGB V vom 16. März 2004, geändert durch Beschluss vom 18. Januar 2005 ab 25. März 2005 (RehaRL), führen hierzu in § 7 Abs. 1 weiter aus, dass Voraussetzung für die Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation das Vorliegen der medizinischen Indikation ist (Satz 1). Dazu sind im Sinne eines vorläufigen rehabilitationsmedizinischen Assessements abzuklären die Rehabilitationsbedürftigkeit, die Rehabilitationsfähigkeit und eine positive Prognose auf der Grundlage realistischer, für den Versicherten alltagsrelevanter Rehabilitationsziele (Satz 2). Nach § 7 Abs. 2 RehaRL können Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nur verordnet werden, wenn das innerhalb der Krankenbehandlung angestrebte Rehabilitationsziel voraussichtlich nicht durch Leistungen der kurativen Versorgung oder deren Kombination bzw. durch Leistungen der medizinischen Vorsorge nach §§ 23 und 24 SGB V erreicht werden kann, die Leistung zur medizinischen Rehabilitation dafür jedoch eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Rehabilitationsbedürftigkeit besteht nach § 8 Satz 1 RehaRL, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Schädigung voraussichtlich nicht nur vorübergehende alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Aktivität vorliegen, durch die in absehbarer Zeit eine Beeinträchtigung der Teilhabe bereits besteht und über die kurative Versorgung hinaus der mehrdimensionale und interdisziplinäre Ansatz der medizinischen Rehabilitation erforderlich ist.

Im Hinblick auf die von dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. Su. festgestellten Erkrankungen, nämlich ein postthrombotisches Syndrom, eine Hypertonie, eine nutritiv-toxische Fettleber, eine Polyneuropathie, ein überhöhter Alkoholkonsum sowie eine Überhöhung der Harnsäure und Triglyzeride im Blutserum, vermag der Senat nicht festzustellen, dass Rehabilitationsbedürftigkeit im Sinne der Durchführung einer stationären Rehabilitation besteht, weil eine ambulante Krankenbehandlung bereits ausgeschöpft ist. Insoweit überzeugt den Senat die Beurteilung des Dr. Su. im Sachverständigengutachten vom 30. Januar 2006, dass beim Kläger über ambulante Krankenbehandlung hinausgehende, insbesondere stationäre Rehabilitation medizinisch nicht geboten ist. Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob die von Dr. Su. in der sozialen Anamnese aufgeführte Angabe, dass der Kläger seit Aufgabe seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung eine Gaststätte betreibe und 18 Stunden am Tag arbeite, zutrifft. Zwar lässt sich einerseits der beigezogenen Rentenakte der DRVBW entnehmen, dass beim Kläger im Jahre 2000 eine Gewerbeumschreibung auf seinen Sohn erfolgt sein soll, weshalb dem Kläger ab 01. Juni 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt wurde. Auch hat der Kläger selbst im Schreiben vom 19. September 2006 angegeben, dass er keine Gaststätte betreibe, sondern sein Sohn. Andererseits hatte jedoch bereits Dr. K. am 7. Juli 2004 angegeben, dass der Kläger eine Gaststätte betreibe, weshalb ambulante Maßnahmen ausscheiden würden. Darauf, ob der Kläger tatsächlich noch in der Gaststätte arbeitet, wobei er im Klageverfahren angegeben hatte, es gehe ihm auch um die Erhaltung seiner Arbeitskraft, kommt es hier nicht an.

Der Kläger, der übermäßigen Alkoholgenuss und auch das Vorliegen eines Bluthochdrucks bestreitet, macht geltend, die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsbehandlung ergebe sich im Hinblick auf seinen seelischen Zustand und die Problematik der Beine. Er verlangt, dass durch die stationäre Rehabilitationsbehandlung seine Beine und Füße in Ordnung kommen müssten. Nach dem Gutachten des Privatdozenten Dr. E. vom 21. Dezember 1998 bestand damals beim Kläger eine paranoide Persönlichkeitsstörung, die zur Rentengewährung führte. Dr. Sch. hat in seinem Attest vom 24. Juni 2005 Behandlungen wegen depressiver Zustände angegeben. Auch Dr. K. erwähnt beim Kläger eine ausgeprägte depressive Symptomatik und spricht von einer psychiatrischen gesprächsunterstützenden Mitbehandlung. Der Senat vermag jedoch nicht festzustellen, dass wegen der depressiven Symptomatik bzw. des depressiven Zustands eine stationäre Rehabilitationsbehandlung erforderlich ist, die insoweit nach der Einschätzung des Dr. K. zu einer Stimmungsaufhellung führen soll. Die Notwendigkeit einer entsprechenden stationären Rehabilitationsbehandlung ergibt sich auch nicht daraus, dass nach dem Vorbringen des Klägers im Jahre 1995, als der Kläger noch erwerbstätig war, eine solche stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Z.-Klinik in S. B. durchgeführt wurde, die nach der Beurteilung des Dr. K. zu einem lang anhaltenden Erfolg geführt habe.

Soweit der Kläger auf eine bei ihm zu bessernde Problematik der Beine hinweist, entnimmt der Senat den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen (Arztbriefe der Dres. Schu., K. und R. vom 10. Oktober 2006 und 5. März 2007, des Dr. L. vom 26. Dezember 2006 und des Dr. B. vom 12. März 2007) und der Auskunft des Dr. K. vom 27. Dezember 2006, dass insoweit beim Kläger ambulante Untersuchungen und Behandlungen wegen Schmerzen im Bereich beider Waden und Füße durchgeführt worden sind. Insoweit hat Dr. L. eine arterielle Verschlusskrankheit ausgeschlossen. Er hat bei durchgemachter Unterschenkelvenenthrombose mit ausgeprägter Ödembildung im Bereich beider Unterschenkel das konsequente Tragen von Kompressionsstrümpfen der Klasse II empfohlen. Auch Dr. B. hat eine konservative Kompressionstherapie angeraten. Ferner hat Dr. L. die Abklärung einer rheumatologischen Ursache empfohlen. Schließlich hat Dr. K.l beim Kläger eine aktivierte Fußwurzelarthrose bds. festgestellt und deswegen ein Rezept für orthopädische Schuhe ausgestellt. Aus den genannten Unterlagen ergibt sich nicht, dass beim Kläger insoweit die ambulanten Behandlungen ausgeschöpft sind, wobei in diesem Verfahren nicht darüber zu entscheiden ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Kostenübernahme für ein Paar orthopädischer Straßenschuhe hat. Der Senat vermag ebenfalls nicht festzustellen, dass über die kurative Versorgung hinaus der mehrdimensionale und interdisziplinäre Ansatz der stationären medizinischen Rehabilitation erforderlich ist.

Danach war die Berufung zurückzuweisen und die Klage mit der eingangs genannten Maßgabe abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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