Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 123 AS 6144/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 672/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2007 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2007 wird angeordnet. Der Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab 1. Juni 2007 wird abgewiesen. Der Antragsgegner trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im gesamten Verfahren.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsteller ist begründet.
Mit der Beschwerde verfolgen die Antragsteller bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ihr Begehren weiter, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 12. März 2007 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2007 über die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 01. März 2007 anzuordnen. Der Antragsgegner hat den in einer Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) lebenden Antragstellern (Mutter und zwei minderjährige Kinder) für die Zeit vom 01. Januar 2007 bis 31. Mai 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 819,86 EUR gewährt (Bescheid vom 16. November 2006). Noch im Januar 2007 ist den Antragstellern als Erben des verstorbenen H D ein Betrag in Höhe von 15.000 EUR aus einem Vergleich mit der A VAG vom 18. Januar 2007 (Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Verstorbenen gegen die B K B GmbH B & Co. KG) zugeflossen. Zugleich verfolgen die Antragsteller im Rahmen ihrer Beschwerde bei verständiger Würdigung ihr erstinstanzlich geltend gemachtes Begehren weiter, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch für die Zeit ab 01. Juni 2007 zu gewähren. Denn der Antragsgegner hat im Bescheid vom 20. Februar 2007 durch den handschriftlichen Zusatz "Eine Zahlung der Leistungen nach dem SGB II kann erst ab dem 01.02.08 wieder erfolgen" eine Verfügung über die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. Juni 2007 bis 31. Januar 2008 getroffen. Soweit die Antragsteller die Gewährung von Leistungen für diesen Zeitraum im Wege einer Regelungsanordnung begehren, kann der Senat hierüber in zulässiger Weise - erstinstanzlich - nicht entscheiden (§ 29 SGG). Denn das Sozialgericht (SG) hat im angefochtenen Beschluss nur über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs entschieden. Für eine Umdeutung der Beschwerde in einen Antrag auf Ergänzung des Beschlusses nach § 140 SGG (analog), über den das SG dann zu entscheiden hätte, besteht schon deshalb keine Veranlassung, weil die Antragsteller rechtskundig vertreten sind.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) gegen den Bescheid vom 20. Februar 2007 hat dagegen Erfolg. Die im einstweiligen Rechtsschutz über die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen sind auch in den Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges - wie hier nach § 39 Nr. 1 SGB II - stets das Ergebnis einer Folgenabwägung. Dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller ist gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 20. Februar 2007 Vorrang zu gewähren; denn bei summarischer Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20. Februar 2007. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Vollziehung für die Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (Rechtsgedanke des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG). Anspruchsinhaber der mit Bescheid vom 16. November 2006 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§§ 19 ff SGB II) war nicht die Bedarfsgemeinschaft als solche, sondern die Ansprüche standen den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zu (vgl. BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7b AS 8/06 R, veröffentlicht in juris, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), also den drei Antragstellern. Der im Bescheid vom 20. Februar 2007 verlautbarte Verwaltungsakt über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) wegen der Erzielung von Einkommen mit Wirkung vom 01. März 2007 ist jedoch nur an die Antragstellerin zu 1) adressiert und nur ihr gegenüber iS des § 37 Abs. 1 SGB X bekannt gegeben worden. Bereits aus diesem Grund unterliegt der Bescheid vom 20. Februar 2007 der Aufhebung. Die Bestimmung des § 38 Satz 1 SGB II über die Vertretung der Bedarfsgemeinschaft bei der Beantragung und Entgegennahme von Leistungen, die der Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG vergleichbar ist, normiert zwar bei der Beantragung von Leistungen eine Vermutung für eine bestehende Bevollmächtigung; diese Vermutung gilt aber nicht für die Aufhebung und Erstattung bewilligter Leistungen. Denn für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bestehen nach den Vorschriften des SGB II Einzelansprüche (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, aaO) und deshalb unterliegen auch nur die im Verhältnis zwischen dem Träger und dem jeweiligen Leistungsempfänger erbrachten Leistungen der Aufhebung und Erstattung nach den §§ 45, 48, 50 SGB X (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2006, L 18 B 667/06 AS ER, unter Bezugnahme auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. August 2006, L 5 B 549/06 AS ER, veröffentlicht in www.sozial¬gerichtsbarkeit.de).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsteller ist begründet.
Mit der Beschwerde verfolgen die Antragsteller bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ihr Begehren weiter, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 12. März 2007 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2007 über die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 01. März 2007 anzuordnen. Der Antragsgegner hat den in einer Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) lebenden Antragstellern (Mutter und zwei minderjährige Kinder) für die Zeit vom 01. Januar 2007 bis 31. Mai 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 819,86 EUR gewährt (Bescheid vom 16. November 2006). Noch im Januar 2007 ist den Antragstellern als Erben des verstorbenen H D ein Betrag in Höhe von 15.000 EUR aus einem Vergleich mit der A VAG vom 18. Januar 2007 (Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Verstorbenen gegen die B K B GmbH B & Co. KG) zugeflossen. Zugleich verfolgen die Antragsteller im Rahmen ihrer Beschwerde bei verständiger Würdigung ihr erstinstanzlich geltend gemachtes Begehren weiter, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch für die Zeit ab 01. Juni 2007 zu gewähren. Denn der Antragsgegner hat im Bescheid vom 20. Februar 2007 durch den handschriftlichen Zusatz "Eine Zahlung der Leistungen nach dem SGB II kann erst ab dem 01.02.08 wieder erfolgen" eine Verfügung über die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. Juni 2007 bis 31. Januar 2008 getroffen. Soweit die Antragsteller die Gewährung von Leistungen für diesen Zeitraum im Wege einer Regelungsanordnung begehren, kann der Senat hierüber in zulässiger Weise - erstinstanzlich - nicht entscheiden (§ 29 SGG). Denn das Sozialgericht (SG) hat im angefochtenen Beschluss nur über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs entschieden. Für eine Umdeutung der Beschwerde in einen Antrag auf Ergänzung des Beschlusses nach § 140 SGG (analog), über den das SG dann zu entscheiden hätte, besteht schon deshalb keine Veranlassung, weil die Antragsteller rechtskundig vertreten sind.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) gegen den Bescheid vom 20. Februar 2007 hat dagegen Erfolg. Die im einstweiligen Rechtsschutz über die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen sind auch in den Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges - wie hier nach § 39 Nr. 1 SGB II - stets das Ergebnis einer Folgenabwägung. Dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller ist gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 20. Februar 2007 Vorrang zu gewähren; denn bei summarischer Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20. Februar 2007. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Vollziehung für die Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (Rechtsgedanke des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG). Anspruchsinhaber der mit Bescheid vom 16. November 2006 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§§ 19 ff SGB II) war nicht die Bedarfsgemeinschaft als solche, sondern die Ansprüche standen den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zu (vgl. BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7b AS 8/06 R, veröffentlicht in juris, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), also den drei Antragstellern. Der im Bescheid vom 20. Februar 2007 verlautbarte Verwaltungsakt über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) wegen der Erzielung von Einkommen mit Wirkung vom 01. März 2007 ist jedoch nur an die Antragstellerin zu 1) adressiert und nur ihr gegenüber iS des § 37 Abs. 1 SGB X bekannt gegeben worden. Bereits aus diesem Grund unterliegt der Bescheid vom 20. Februar 2007 der Aufhebung. Die Bestimmung des § 38 Satz 1 SGB II über die Vertretung der Bedarfsgemeinschaft bei der Beantragung und Entgegennahme von Leistungen, die der Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG vergleichbar ist, normiert zwar bei der Beantragung von Leistungen eine Vermutung für eine bestehende Bevollmächtigung; diese Vermutung gilt aber nicht für die Aufhebung und Erstattung bewilligter Leistungen. Denn für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bestehen nach den Vorschriften des SGB II Einzelansprüche (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, aaO) und deshalb unterliegen auch nur die im Verhältnis zwischen dem Träger und dem jeweiligen Leistungsempfänger erbrachten Leistungen der Aufhebung und Erstattung nach den §§ 45, 48, 50 SGB X (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2006, L 18 B 667/06 AS ER, unter Bezugnahme auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. August 2006, L 5 B 549/06 AS ER, veröffentlicht in www.sozial¬gerichtsbarkeit.de).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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