L 7 B 110/07 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 17/07 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 110/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 25. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf) wendet sich dagegen, dass sie das Sozialgericht Regensburg (SG) verpflichtet hat, der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Bg) eine Heizkostenbeihilfe in Höhe von 358,68 EUR zu leisten.

Die Bg bezieht von der Bf Arbeitslosengeld II (Alg II). Am 17.10.2006 ließ sie ihren Heizöltank mit 1007 Litern Heizöl auffüllen. Ihr wurden dafür vom Lieferanten 673,35 EUR in Rechnung gestellt. Am 17.11.2006 stellte die Bg bei der Bf einen Antrag auf Heizkostenbeihilfe für die Heizperiode 2006/2007. Mit Bescheid vom 28.11.2006 bewilligte ihr die Bf eine pauschalierte Heizkostenbeihilfe für die Zeit vom 01.10.2006 bis 30.04.2007 in Höhe von 720,52 EUR.

Mit ihrem Widerspruch vom 21.12.2006 machte die Bg geltend, die Heizkostenpauschale sei zu niedrig bemessen und werde nicht für die gesamte Heizperiode reichen. Nach dem Schreiben der Bg vom 13.02.2007 ist zwischenzeitlich das Klageverfahren anhängig. Am 10.01.2007 beantragte die Bg beim Sozialgericht Regensburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren, die Bf zu verpflichten, ihr weitere 500 EUR Heizkostenbeihilfe zu gewähren. Sie heize ihre Wohnung ausschließlich mit Ölöfen. Ende September 2006 habe sie etwa 1000 Liter Heizöl nachfüllen lassen. Trotz sparsamster Beheizung sei der Öltank inzwischen nahezu leer, die restlichen ca. 200 Liter würden voraussichtlich für die nächsten 10 Tage reichen. Die bewilligte Heizkostenbeihilfe habe sie verwendet, um einer Bekannten ein Darlehen zurückzuzahlen, mit dem sie die Rechnung für die letzte Tankfüllung finanziert habe. Bis zum Ende der Heizperiode werde sie ca. 800 Liter Heizöl benötigen. Bei einem Preis von 0,60 EUR pro Liter und Anfahrtskosten in Höhe von etwa 10,00 EUR ergebe sich ein Bedarf in Höhe von etwa 500 EUR.

Die Bf trug demgegenüber vor, die gewährte Heizkostenbeihilfe sei ausreichend und angemessen gewesen. Nach ihren pauschalierten Vorgaben bestehe bei einem Zwei-Personen-Haushalt mit einer zuzugestehenden Wohnfläche von 60 qm ein Heizkostenbedarf von 13,- EUR pro Quadratmeter. Da die Bg den Heizkostenantrag erst mit dem Antrag auf Alg II am 17.10.2006 gestellt habe, sei für die Zeit vom 01. bis 16.10.2006 vom Gesamtbetrag ein entsprechender Abschlag abzuziehen gewesen. Bei einem Außendienst sei festgestellt worden, dass die Bg das Wohnzimmerfenster gekippt gehabt habe, obwohl dort eingeheizt gewesen sei. Es sei also von unwirtschaftlichem Heizverhalten auszugehen. Zu beachten sei außerdem, dass der Winter sehr mild gewesen sei. Der Bg könne wegen der Heizkosten gegebenenfalls ein Darlehen gewährt werden.

Das SG hat die Bf mit Beschluss vom 25.01.2007 verpflichtet, der Bg Heizkosten in Höhe von 358,68 EUR zu leisten. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, da der Heizöltank nahezu leer gewesen sei, gehe es um die Verhinderung existentieller Gefahren. Selbst in einem milden Winter könne man ohne Heizung nicht auskommen. Da aufgrund der wechselnden und unklaren Ein-kommensverhältnisse der Bg eine abschließende Prüfung der Er-folgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich sei, sei eine Güter- und Folgenabwägung durchzuführen, bei der der körperlichen Unversehrtheit und Menschenwürde ein besonders starkes Gewicht zukomme. Auf ein mögliches unwirtschaftliches Heizverhal-ten könne die Bg nicht verwiesen werden, auch nicht auf die bereits bewilligte Heizkostenpauschale; denn gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) würden Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Da keine Pauschalierungsverordnung nach § 27 Nr. 1 SGB II existiere, sei es nicht zulässig, dass die Leistungsträger Pauschalierungen vornehmen, ohne die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Bg in der Hauptsache obsiegen werde. Sie müsse sich aber anrechnen lassen, dass sie von der ausbezahlten Heizkostenpauschale von 720,25 EUR für die Tankfüllung vom 17.10.2006 erst einen Betrag von 673,35 EUR verbraucht habe. Es sei daher ein Betrag von 47,17 EUR abzuziehen, sodass die Bf 358,68 EUR zu leisten habe. Einer Teilabweisung des Antrags habe es nicht bedurft, da die beantragten 500 EUR bei sachgerechter Auslegung als Schätzwert zu sehen seien, nicht als exakte Bezifferung einer Forderung.

Die Bf hat gegen den ihr am 30.01.2007 zugestellten Beschluss am 07.02.2007 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Zur Begründung macht die Bf geltend, alle anderen Arbeitsgemeinschaften im Gerichtsbezirk würden zum Teil erheblich geringere Heizkostenbeihilfen gewähren. Sie habe gerade deshalb die Heizkostenbeihilfe so hoch angesetzt (13 Euro pro angemessene Wohnfläche), um das Kriterium der Angemessenheit in jedem Fall zu erfüllen. Die gewährte Heizkostenbeihilfe sei angemessen gewesen, zumal es ein milder Winter gewesen sei und die von der Bg beheizte Wohnfläche weniger als 60 qm betrage. Die Bg habe aber eine Beihilfe für 60 qm erhalten. Sowohl die Bf als auch ihr Sohn seien öfter in stationärer Behandlung. Während dieser Zeiten sei die Wohnung nicht intensiv zu beheizen. Die Bg habe 2006 Heizöl für 1521,70 EUR gekauft. Umgerechnet auf einen Monat ergebe dies einen Betrag in Höhe von 126,81 Euro. Da sie nur ca. 46 qm der Wohnfläche beheize, ergebe dies Heizkosten in Höhe von 2,76 Euro pro Quadratmeter. Dies sei auch bei schlechter Isolierung nicht mehr als angemessen anzusehen. Es komme nur die Gewährung eines Darlehens in Betracht.

Die Bf beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 25.10.2007 aufzuheben und den Antrag der Bg abzulehnen und zu entscheiden, dass nur ein Darlehen in Höhe von 358,68 EUR in Betracht kommt.

Die Bg beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Haus, das sie bewohne, sei über 100 Jahre alt und nicht isoliert. Sie sei nur fünf Tage im Krankenhaus gewesen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Bg und des SG verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, das Rechtsmittel ist aber sachlich nicht begründet; denn das SG hat die Bf zu Recht verpflichtet, der Bg weitere Heizkosten in Höhe von 358,68 EUR als Zuschuss und nicht nur als Darlehen zu erbringen.

Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Leistungen für (Unterkunft und) Heizung sind daher in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, soweit diese Kosten angemessen sind. Davon, dass die Heizkosten nicht angemessen sind, kann nur ausgegangen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Heizverhalten vorliegen. Derartige Anhaltspunkte werden von der Bf zwar geltend, aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht. So lässt sich etwa aus der Beobachtung, dass die Bg ein Fenster gekippt hatte, nicht ableiten, dass ein unangemessenes Heizverhalten vorliegt; denn auch im Winter muss eine Wohnung gelegentlich gelüftet werden. Zudem ist das Haus nach den Angaben der Bg 100 Jahre alt und nicht isoliert, sodass es durchaus sein kann, dass die geltend gemachten Heizkosten auch dann anfallen, wenn nicht unwirtschaftlich geheizt wird.

Wie das SG bereits zutreffend festgestellt hat, ist es nicht zulässig, dass die Leistungsträger Pauschalierungen vornehmen, ohne die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Mit Richtwerten, die auf Quadratmeter der (angemessenen) Wohnung bezogen sind, kann die Angemessenheit der Heizkosten nicht hinreichend bestimmt werden. Die Höhe der Heizkosten hängt nämlich von zahlreichen Faktoren ab, wie z.B. Lage und Bauzustand der Wohnung, Geschosshöhe, Wärmeisolierung, Heizungsanlage und meteorologische Daten. Es kann für einen bestimmten Personenkreis auch ein erhöhter Heizbedarf bestehen, z.B. für ältere Personen, für Kleinkinder oder bei Behinderungen. Daraus ergibt sich, dass der Wärmebedarf von verschiedenen Faktoren abhängig ist und allein die Überschreitung von Durchschnittswerten die Unangemessenheit der Heizkosten nicht ohne weiteres begründen kann (vgl. dazu Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 RdNr 67).

Die häufig nicht ohne weitere Ermittlungen zu treffende Feststellung, ob Heizkosten unangemessen sind, ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes oft abschließend nicht möglich und muss im Hauptsacheverfahren u.U. durch Einholung eines Sachver-ständigengutachtens geklärt werden.

Soweit die Bf geltend macht, das SG hätte die Heizkosten nur als Darlehen zusprechen dürfen, ist dem nicht zu folgen; denn die Kosten für Unterkunft und Heizung sind nach § 22 Abs. 1 SGB II nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss zu erbringen. Zudem setzt § 22 Abs. 5 SGB II für die Gewährung eines Darlehens vor-aus, dass Schulden vorliegen, die übernommen werden können. Die Bg hat aber nicht geltend gemacht, dass sie Schulden hat, die die Bf übernehmen soll. Wenn Mittel für die Kosten des Heizens fehlen, liegen keine Schulden vor, die übernommen werden können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Heizkosten vom Mieter nicht an den Vermieter zu zahlen sind und Schulden aufgelaufen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Saved