Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 255/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5859/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die 1950 geborene Klägerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war von 1965 bis zur Aufgabe des sie beschäftigenden Betriebes Anfang 2000 als Näherin versicherungspflichtig tätig. Im Jahr 2000 arbeitete sie einige Wochen als Küchenhilfe. Seit dem 3. Januar 2001 ist sie arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos.
Ihren am 17. Februar 2001 gestellten ersten Rentenantrag begründete sie mit Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden.
Die Beklagte gewährte ihr daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der S.klinik B. B. vom 21.08.2001 bis 11.09.2001. In dem Entlassungsbericht wurden die Diagnosen einer depressiven Episode, einer Somatisierungsstörung und einer chronischen Cervikalgie bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule diagnostiziert. Allein aus orthopädischer Sicht bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegungen von Lasten und ohne häufige Überkopfarbeiten. Die krankheitsreaktive depressive Symptomatik, die diagnostisch aufgrund der mangelnden Mitarbeit nicht eruierbar gewesen wäre, begründe jedoch sowohl derzeitige Arbeitsunfähigkeit wie auch ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden. Zur Veränderung des Gesamtzustandes müsse eine suffiziente antidepressive medikamentöse Einstellung erfolgen. Diese könne innerhalb der Frist von sechs Monaten sicher wirksam werden, wobei dann wieder vollschichtige Leistungsfähigkeit vorliegen werde. Die Einsicht der Klägerin in die Zusammenhänge der Psychogenese der Erkrankung sei bei deutlichem Rentenbegehren ebenso gering ausgeprägt wie ihr Veränderungswille.
Nachdem die Prüfärztin Dr. W. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme eine gesundheitliche Besserung des Leistungsvermögens bis 31. März 2002 prognostizierte, bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Zeitrente wegen Erwerbsminderung vom 1. August 2001 bis 31. März 2002 unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles vom 3. Januar 2001 (Bescheid vom 19. November 2001).
In der Folge wurde die Zeitrente bis zum 31. März 2003 (Bescheid vom 2. Mai 2002) und bis zum 31. März 2004 (Bescheid vom 8. Januar 2003) weitergewährt.
Am 14. November 2003 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung der Rente. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Der Orthopäde Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass die Weitergewährung der Zeitrente nicht gerechtfertigt sei. Er beschrieb einen deutlichen Hals- und beginnenden Lendenwirbelsäulenverschleiß, eine mäßige Rundrückenbildung, eine Rumpfmuskelsdysbalance ohne Anhalt für das Vorliegen von wesentlichen Nervenwurzelreizzeichen sowie ein Übergewicht. Zum Begutachtungszeitpunkt habe er wesentliche depressive Verstimmungen nicht feststellen können. Die Klägerin nehme lediglich ein muskelentspannendes Medikament und keine weiteren Schmerzmittel ein. Eine regelmäßige ambulante Therapie finde zweimal wöchentlich statt. Die Klägerin habe glauben machen wollen, die Muskelkraft ihrer Arme sei abgeschwächt, es fehle jedoch lediglich an ihrer Mitmachwilligkeit. Unter leichten Ablenkungsmanövern hätten sich unterschiedliche Muskelkraftgrade im Bereich beider Arme hervorrufen lassen. Die Beweglichkeit beider Schultergelenke sei vollständig frei. Die Klägerin könne daher noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung diverser Funktionseinschränkungen (ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne die Notwendigkeit häufiger Überkopfarbeiten beidseits, ohne Tätigkeiten mit der Notwendigkeit der häufigen Armvorhalte) vollschichtig verrichten. Die sozialmedizinisch relevanten Gehstrecken zum Erreichen eines Arbeitsplatzes seien ihr problemlos zuzumuten.
Mit Bescheid vom 1. März 2004 lehnte die Beklagte daraufhin die Weitergewährung der Zeitrente ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden, so dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert bzw. berufsunfähig sei.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihre schlechte psychische Gesamtverfassung sei nicht berücksichtigt worden. Zur Stützung ihres Begehrens legte sie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Juni 2004 vor, wonach das multiple Beschwerdebild von Seiten der Wirbelsäule und einiger Gelenke auf degenerative Veränderungen derselben zurückzuführen sei (chronisch rezidivierendes Zervikobrachialsyndrom, degenerative Veränderungen der HWS mit Spinalkanalstenose C5 bis 7, chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylarthrose der unteren Segmente, rezidivierende Finger- sowie OSG-Arthralgien, anhaltende reaktive Depression, Übergewicht). Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liege vor.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine nervenärztliche Begutachtung. Die Psychiaterin und Psychotherapeutin R. beschrieb rezidivierende Episoden einer neuro-reaktiven Depression bei hypochondrisch-histrionischer Persönlichkeitsstruktur, eine somatoforme Schmerzstörung und ein chronisches HWS-Syndrom bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der HWS. Der depressiven Symptomatik liege eine schwere Kindheit und Jugend, eine gefühllose Ehe und jahrelange Überbelastung in der Familie zugrunde. Die Vernachlässigung, die Stresserfahrungen, die ständigen Erschöpfungszustände, die narzisstische Krise mit depressiv-ängstlicher hypondrischer Verarbeitung des Konflikts und die massiven psychovegetativen Symptome hätten in Verbindung mit organischen Veränderungen zu dauerhaften Schmerzsymptomen geführt. Deswegen sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin gemindert und sie derzeit nur noch unter drei Stunden belastbar. Sie stehe nicht in nervenfachärztlicher Behandlung, auch eine auf die psychische Erkrankung ausgerichtete Pharmakotherapie werde nicht durchgeführt. Eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik sei daher erforderlich. Auf Nachfrage seitens des Prüfarztes ergänzte sie, dass das Leistungsvermögen unter ambulanten Bedingungen nur schwer einzuschätzen sei und deswegen die Belastungserprobung unter stationären Bedingungen empfohlen werde.
Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin ein weiteres Heilverfahren in der psychosomatischen Abteilung der S.klinik B. B. vom 6. September 2004 bis 4. Oktober 2004. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig mit den Diagnosen: 1. Dysthymia mit rezidivierenden depressiven Episoden, derzeit leichtgradig, 2. Schmerzfehlverarbeitung, 3. beginnende degenerative Foramenstenose bei dorsaler Bandscheibenprotrusion C5/6 und C6/7, 4. relative degenerative Foramenstenose C4/5 beidseits sowie 5. LWS-Syndrom entlassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Einsatz der Arme in Vorhaltefunktion sowie überwiegend einseitiger Körperhaltung. Im Kontakt sei die Klägerin klagsam, die Stimmung sei zum depressiven Pol verschoben, eine emotionale Schwingungsfähigkeit sei jedoch vorhanden. Es fänden sich keine Antriebs- und Psychomotorikstörungen. Sie habe sich überwiegend zurückgezogen und auf ein somatisches Krankheitskonzept fixiert. Es bestehe auch sekundärer Krankheitsgewinn mit Verdeutlichungs- bzw. Aggravationstendenzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, sie könne wieder mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, so dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung über das bisherige Rentenende hinaus nicht bestehe.
Zur Begründung ihrer dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage legte die Klägerin ein Attest der sie seit August 2004 behandelnden Nervenärztin R. vor, wonach sie regelmäßige psychiatrische Behandlung bzw. stützende Gespräche und Psychopharmaka benötige und deswegen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur unter drei Stunden einsetzbar sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt und die Klägerin anschließend orthopädisch und nervenärztlich begutachten lassen.
Der behandelnde Hausarzt Dr. B. gab an, dass sich die Beschwerden der Klägerin in den letzten Jahren kontinuierlich verschlimmert hätten. Die zumindest mittelschwere Depression sei Folge permanent starker Schmerzen, eine Schmerzfehlverarbeitung bestehe seines Erachtens aber nicht. Die Klägerin sei auch für leichte Tätigkeiten nur unter vier Stunden einsetzbar. Die Orthopädin S. teilte mit, dass sie sich im wesentlichen den Befunden aus dem Reha-Entlassungsbericht anschließe. Es sei aber zu einer Verschlimmerung der Beschwerden gekommen, so dass sie die Klägerin nur noch für drei bis sechs Stunden arbeitsfähig erachte.
Der orthopädische Sachverständige Dr. B. beschrieb eine anlagebedingte Wirbelsäulenfehlstatik und geringgradige Senk-Spreizfußdeformität sowie verschleißbedingte Gesundheitsstörungen im Bereich der Haltungs- und Bewegungsorgane. Diese wirkten sich nachteilig hinsichtlich der körperlichen Belastbarkeit aus. Die klinische Symptomatik und das Maß der funktionellen Einschränkungen sei trotz deutlich werdenden Aggravationstendenzen als gering zu bezeichnen. Persistierende höhergradige neurologische Störungen fehlten. Eine Beschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes resultiere daraus nicht. In qualitativer Hinsicht seien Arbeiten in Rückneigungshaltung des Kopfes (Überkopfarbeiten), häufige oder längere Zwangshaltungen des Kopfes, Exposition von Nässe/Kälte/Zugluft, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und verbunden mit häufigem Gehen und Stehen zu vermeiden. Gleiches gelte für Anmarschwege von über drei Kilometern. Er rege die Einholung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens an.
Die Neurologin und Psychiaterin Dr. K.-H. begutachtete eine Schmerzfehlverarbeitung im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, eine chronische depressive Entwicklung im Sinne einer Dysthymia sowie ein Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen, derzeit ohne neurologische Ausfälle. Die Gesundheitsstörungen seien nicht so ausgeprägt, dass von einem gänzlich aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Die psychischen Basisfähigkeiten seien noch weitgehend in Takt und die Klägerin könne ihren Alltag hinreichend aktiv gestalten. Deswegen seien ihr Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Verantwortung und ohne psychische Belastung noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Auch die Umstellungsfähigkeit sei erhalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 30. Oktober 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechsstündig werktäglich verrichten und sei damit nicht erwerbsgemindert. Dies ergebe sich insbesondere aus den Gerichtsgutachten von Dr. B. und Dr. K.-H., die jeweils dem Gericht als erfahren bekannt seien und unter Berücksichtigung der Vorbefunde zu dem nachvollziehbaren Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens gelangt seien. Dr. B. habe Funktionsprüfungen und Beweglichkeitsmessungen der Wirbelsäule und der Extremitäten vorgenommen, die Klägerin anatomisch genau inspiziert und vermessen sowie aktuelle Röntgenbilder herangezogen. Dr. K.-H. habe ein - bei der nervenärztlichen Begutachtung besonders wichtiges - ausführliches Explorationsgespräch geführt, wobei sich die Anamnese auf die Entwicklung, das Ausmaß und die Behandlung der aktuellen Beschwerden erstreckt und über eine vegetative Anamnese zur Eigenanamnese mit Familienanamnese, Biographie- und Sozialanamnese geführt habe. Deswegen habe sich die Sachverständige ein verlässliches Bild von der Erlebnisweise und den psychischen Abläufen, insbesondere dem Denken und Fühlen der Klägerin verschafft. Das SG habe daher keinen Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln. Die Gutachten stimmten überdies mit den Befunden und der Leistungseinschränkung des Verwaltungsgutachtens von Dr. K. und dem letzten Reha-Entlassungsbericht der S.klinik B. B. überein. Das auf nervenärztlichem Gebiet entgegenstehende Gutachten von der Ärztin R. überzeuge das Gericht nicht. Es könne nicht von einer schwerwiegenden und schicksalhaft verlaufenden depressiven Erkrankung ausgegangen werden. Für Dr. K.-H. habe sich der begründete Eindruck einer lebenstüchtigen Frau ergeben, die ihren jetzigen Tagesablauf bewältigen könne. Frau R. habe im übrigen ihre gutachterliche Leistungseinschätzung gegenüber dem Beratungsarzt Dr. R. selbst relativiert. Durch die nur kurz begründete Einschätzung der Orthopädin S. werde auch das nachfolgende Gutachten von Dr. B. nicht widerlegt. Die Auskunft von Dr. B. sei mangels jeglicher Befundangaben nicht nachvollziehbar. Auch das von der Klägerin vorgelegte MDK-Gutachten könne nicht überzeugen, da darin nur von einer erheblichen Gefährdung, nicht aber von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgegangen werde. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig. Sie habe keinen Beruf erlernt. Die zuletzt ausgeübten Berufstätigkeiten als Näherin bzw. Küchenhilfe seien den ungelernten bzw. kurzfristig angelernten Tätigkeiten zuzuordnen. Die Klägerin sei daher breit auf den allgemeinen Arbeitmarkt verweisbar, so dass ihr eine Verweisungstätigkeit konkret nicht zu benennen sei.
Mit ihrer dagegen am 22. November 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, die Ärztin R. und Dr. K.-H. wichen in ihrer Leistungsbeurteilung so massiv voneinander ab, dass sie von Amts wegen oberbegutachtet werden müsse. Dr. B. solle noch einmal zu der beratungsärztlichen Stellungnahme gehört werden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 1. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. März 2004 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sich aus der Berufungsbegründung keine neuen Gesichtspunkte ergäben, die eine Änderung des bisherigen Standpunktes zuließen. Sie hat eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes F. vorgelegt.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat noch ergänzend den die Klägerin seit 08.02.2007 behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. B. als sachverständigen Zeugen befragt.
Dieser teilte mit, bei der Klägerin stehe eine völlig chronifizierte, agiert depressive Symptomatik mit nachhaltigen Schlafstörungen im Vordergrund. Nervenärztlicherseits handele es sich neben der chronischen Schmerzstörung um eine dysthyme Anpassungsstörung mit psychophysischer Erschöpfung. Aufgrund ihrer Persönlichkeitsänderung sei sie nicht mehr fähig, sich auf einen therapeutischen Prozess einzulassen. Die Klägerin könne ihr Leben nicht mehr genießen, für ihn sei das Gutachten von Dr. K.-H. nicht überzeugend. Er erachte die Klägerin für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in versicherungsrelevantem Umfang nicht mehr für belastbar.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. März 2004 hinaus.
Der Senat folgt den vorliegenden Gutachten mit der Argumentation vom SG und der Beklagten, wonach die Klägerin noch leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten kann und deswegen nicht erwerbsgemindert ist.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Zwar hat sie die allgemeine Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt. Indessen fehlt es an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im erforderlichen Umfang.
Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Vermeidung von Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung (besonderer Zeitdruck sowie Verantwortung), Bewegen von Lasten über 10 kg, gebückter Körperhaltung, in Zwangshaltung, in häufiger Exposition von Nässe, Kälte und Zugluft, auf Leitern und Gerüsten und mit häufigen Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Dadurch wird weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung begründet, so dass eine bestimmte Verweisungstätigkeit nicht benannt werden muss (BSGE 80, 24). Dies folgt auch zur Überzeugung des Senats aus den vom SG eingeholten Gutachten von Dr. B. und Dr. K.-H. sowie den im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. K. und nicht zuletzt dem Entlassungsbericht der S.klinik B. B ...
Danach steht im Vordergrund der Leistungseinschränkungen der nervenärztliche Befund einer chronifizierten depressiven Entwicklung im Sinne einer Dysthymia mit Anhedonie und Stimmungsminderung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit psychogener Überlagerung und Fixierung von im somatischen Kern auf degenerativen Beschwerden des Bewegungsapparates beruhenden Schmerzsymptomen. Dieser Befund ist letztlich auch unter Berücksichtigung der Ausführungen von Dr. B. zwischen den Beteiligten unstreitig, lediglich das Ausmaß der hieraus resultierenden Leistungseinschränkungen wie die Ausprägung der Depression sind umstritten. Daher bedurfte es einer weiteren Stellungnahme von Dr. B. zum Inhalt der beratungsärztlichen Stellungnahme nicht. Für die Richtigkeit der Leistungseinschätzung von Dr. K.-H. spricht indessen, wie das SG zutreffend herausgearbeitet hat, dass die Klägerin zwar ihr Schmerzerleben mittlerweile in den Mittelpunkt ihrer Daseinsgestaltung gestellt hat, allerdings nach wie vor noch zu psychischen Basisfähigkeiten sowie einer hinreichend strukturierten Alltagsgestaltung in der Lage ist, wenngleich unter Mithilfe ihrer Familienangehörigen. So kann sie ihren Haushalt alleine bewältigen, Kontakte im Familienkreis pflegen, mit der Nachbarin dem Nordic-Walking nachgehen sowie lesen und fernsehen. Demgegenüber konnte die abweichende Beurteilung von der Ärztin R., an der diese selbst bereits im Widerspruchsverfahren in dieser Form nicht mehr festgehalten hat, nicht überzeugen. Die Richtigkeit ihrer Befundung wird auch durch den Rehabilitationsbericht widerlegt, dem eine immerhin vierwöchige Beobachtung der Klägerin zugrunde lag. Dies gilt auch für die in sich wenig stimmige Einschätzung von Dr. B., der trotz Durchführung einer mehrjährigen Behandlung bei der Ärztin R. und zweimaliger Konsultation durch die Klägerin von einer Unfähigkeit ausgeht, sich auf einen therapeutischen Prozess einzulassen. Demgegenüber hat die gerichtliche Sachverständige zutreffend darauf abgestellt, dass maßgebend für die Leistungsbeurteilung allein ist, inwieweit sich aufgrund der subjektiv erlebten Schmerzen eine tatsächliche Beeinträchtigung ergibt. Dies entspricht auch der ständigen Rechtssprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 17.04.2007 L 11 R 4066/06). Der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen wird daher aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen.
Aus dem orthopädischen Befund resultieren ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin leidet hier im wesentlichen an verschleißbedingt erworbenen Veränderungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule. Eine Limitierung der zumutbaren Wegestrecke resultiert hieraus nicht.
Nach alledem ist die Klägerin daher noch in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, wobei sie angesichts ihres beruflichen Werdeganges zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann und damit auch nicht berufsunfähig ist.
Die Berufung der Klägerin konnte hiernach keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die 1950 geborene Klägerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war von 1965 bis zur Aufgabe des sie beschäftigenden Betriebes Anfang 2000 als Näherin versicherungspflichtig tätig. Im Jahr 2000 arbeitete sie einige Wochen als Küchenhilfe. Seit dem 3. Januar 2001 ist sie arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos.
Ihren am 17. Februar 2001 gestellten ersten Rentenantrag begründete sie mit Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden.
Die Beklagte gewährte ihr daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der S.klinik B. B. vom 21.08.2001 bis 11.09.2001. In dem Entlassungsbericht wurden die Diagnosen einer depressiven Episode, einer Somatisierungsstörung und einer chronischen Cervikalgie bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule diagnostiziert. Allein aus orthopädischer Sicht bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegungen von Lasten und ohne häufige Überkopfarbeiten. Die krankheitsreaktive depressive Symptomatik, die diagnostisch aufgrund der mangelnden Mitarbeit nicht eruierbar gewesen wäre, begründe jedoch sowohl derzeitige Arbeitsunfähigkeit wie auch ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden. Zur Veränderung des Gesamtzustandes müsse eine suffiziente antidepressive medikamentöse Einstellung erfolgen. Diese könne innerhalb der Frist von sechs Monaten sicher wirksam werden, wobei dann wieder vollschichtige Leistungsfähigkeit vorliegen werde. Die Einsicht der Klägerin in die Zusammenhänge der Psychogenese der Erkrankung sei bei deutlichem Rentenbegehren ebenso gering ausgeprägt wie ihr Veränderungswille.
Nachdem die Prüfärztin Dr. W. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme eine gesundheitliche Besserung des Leistungsvermögens bis 31. März 2002 prognostizierte, bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Zeitrente wegen Erwerbsminderung vom 1. August 2001 bis 31. März 2002 unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles vom 3. Januar 2001 (Bescheid vom 19. November 2001).
In der Folge wurde die Zeitrente bis zum 31. März 2003 (Bescheid vom 2. Mai 2002) und bis zum 31. März 2004 (Bescheid vom 8. Januar 2003) weitergewährt.
Am 14. November 2003 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung der Rente. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Der Orthopäde Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass die Weitergewährung der Zeitrente nicht gerechtfertigt sei. Er beschrieb einen deutlichen Hals- und beginnenden Lendenwirbelsäulenverschleiß, eine mäßige Rundrückenbildung, eine Rumpfmuskelsdysbalance ohne Anhalt für das Vorliegen von wesentlichen Nervenwurzelreizzeichen sowie ein Übergewicht. Zum Begutachtungszeitpunkt habe er wesentliche depressive Verstimmungen nicht feststellen können. Die Klägerin nehme lediglich ein muskelentspannendes Medikament und keine weiteren Schmerzmittel ein. Eine regelmäßige ambulante Therapie finde zweimal wöchentlich statt. Die Klägerin habe glauben machen wollen, die Muskelkraft ihrer Arme sei abgeschwächt, es fehle jedoch lediglich an ihrer Mitmachwilligkeit. Unter leichten Ablenkungsmanövern hätten sich unterschiedliche Muskelkraftgrade im Bereich beider Arme hervorrufen lassen. Die Beweglichkeit beider Schultergelenke sei vollständig frei. Die Klägerin könne daher noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung diverser Funktionseinschränkungen (ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne die Notwendigkeit häufiger Überkopfarbeiten beidseits, ohne Tätigkeiten mit der Notwendigkeit der häufigen Armvorhalte) vollschichtig verrichten. Die sozialmedizinisch relevanten Gehstrecken zum Erreichen eines Arbeitsplatzes seien ihr problemlos zuzumuten.
Mit Bescheid vom 1. März 2004 lehnte die Beklagte daraufhin die Weitergewährung der Zeitrente ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden, so dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert bzw. berufsunfähig sei.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihre schlechte psychische Gesamtverfassung sei nicht berücksichtigt worden. Zur Stützung ihres Begehrens legte sie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Juni 2004 vor, wonach das multiple Beschwerdebild von Seiten der Wirbelsäule und einiger Gelenke auf degenerative Veränderungen derselben zurückzuführen sei (chronisch rezidivierendes Zervikobrachialsyndrom, degenerative Veränderungen der HWS mit Spinalkanalstenose C5 bis 7, chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylarthrose der unteren Segmente, rezidivierende Finger- sowie OSG-Arthralgien, anhaltende reaktive Depression, Übergewicht). Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liege vor.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine nervenärztliche Begutachtung. Die Psychiaterin und Psychotherapeutin R. beschrieb rezidivierende Episoden einer neuro-reaktiven Depression bei hypochondrisch-histrionischer Persönlichkeitsstruktur, eine somatoforme Schmerzstörung und ein chronisches HWS-Syndrom bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der HWS. Der depressiven Symptomatik liege eine schwere Kindheit und Jugend, eine gefühllose Ehe und jahrelange Überbelastung in der Familie zugrunde. Die Vernachlässigung, die Stresserfahrungen, die ständigen Erschöpfungszustände, die narzisstische Krise mit depressiv-ängstlicher hypondrischer Verarbeitung des Konflikts und die massiven psychovegetativen Symptome hätten in Verbindung mit organischen Veränderungen zu dauerhaften Schmerzsymptomen geführt. Deswegen sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin gemindert und sie derzeit nur noch unter drei Stunden belastbar. Sie stehe nicht in nervenfachärztlicher Behandlung, auch eine auf die psychische Erkrankung ausgerichtete Pharmakotherapie werde nicht durchgeführt. Eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik sei daher erforderlich. Auf Nachfrage seitens des Prüfarztes ergänzte sie, dass das Leistungsvermögen unter ambulanten Bedingungen nur schwer einzuschätzen sei und deswegen die Belastungserprobung unter stationären Bedingungen empfohlen werde.
Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin ein weiteres Heilverfahren in der psychosomatischen Abteilung der S.klinik B. B. vom 6. September 2004 bis 4. Oktober 2004. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig mit den Diagnosen: 1. Dysthymia mit rezidivierenden depressiven Episoden, derzeit leichtgradig, 2. Schmerzfehlverarbeitung, 3. beginnende degenerative Foramenstenose bei dorsaler Bandscheibenprotrusion C5/6 und C6/7, 4. relative degenerative Foramenstenose C4/5 beidseits sowie 5. LWS-Syndrom entlassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Einsatz der Arme in Vorhaltefunktion sowie überwiegend einseitiger Körperhaltung. Im Kontakt sei die Klägerin klagsam, die Stimmung sei zum depressiven Pol verschoben, eine emotionale Schwingungsfähigkeit sei jedoch vorhanden. Es fänden sich keine Antriebs- und Psychomotorikstörungen. Sie habe sich überwiegend zurückgezogen und auf ein somatisches Krankheitskonzept fixiert. Es bestehe auch sekundärer Krankheitsgewinn mit Verdeutlichungs- bzw. Aggravationstendenzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, sie könne wieder mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, so dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung über das bisherige Rentenende hinaus nicht bestehe.
Zur Begründung ihrer dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage legte die Klägerin ein Attest der sie seit August 2004 behandelnden Nervenärztin R. vor, wonach sie regelmäßige psychiatrische Behandlung bzw. stützende Gespräche und Psychopharmaka benötige und deswegen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur unter drei Stunden einsetzbar sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt und die Klägerin anschließend orthopädisch und nervenärztlich begutachten lassen.
Der behandelnde Hausarzt Dr. B. gab an, dass sich die Beschwerden der Klägerin in den letzten Jahren kontinuierlich verschlimmert hätten. Die zumindest mittelschwere Depression sei Folge permanent starker Schmerzen, eine Schmerzfehlverarbeitung bestehe seines Erachtens aber nicht. Die Klägerin sei auch für leichte Tätigkeiten nur unter vier Stunden einsetzbar. Die Orthopädin S. teilte mit, dass sie sich im wesentlichen den Befunden aus dem Reha-Entlassungsbericht anschließe. Es sei aber zu einer Verschlimmerung der Beschwerden gekommen, so dass sie die Klägerin nur noch für drei bis sechs Stunden arbeitsfähig erachte.
Der orthopädische Sachverständige Dr. B. beschrieb eine anlagebedingte Wirbelsäulenfehlstatik und geringgradige Senk-Spreizfußdeformität sowie verschleißbedingte Gesundheitsstörungen im Bereich der Haltungs- und Bewegungsorgane. Diese wirkten sich nachteilig hinsichtlich der körperlichen Belastbarkeit aus. Die klinische Symptomatik und das Maß der funktionellen Einschränkungen sei trotz deutlich werdenden Aggravationstendenzen als gering zu bezeichnen. Persistierende höhergradige neurologische Störungen fehlten. Eine Beschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes resultiere daraus nicht. In qualitativer Hinsicht seien Arbeiten in Rückneigungshaltung des Kopfes (Überkopfarbeiten), häufige oder längere Zwangshaltungen des Kopfes, Exposition von Nässe/Kälte/Zugluft, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und verbunden mit häufigem Gehen und Stehen zu vermeiden. Gleiches gelte für Anmarschwege von über drei Kilometern. Er rege die Einholung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens an.
Die Neurologin und Psychiaterin Dr. K.-H. begutachtete eine Schmerzfehlverarbeitung im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, eine chronische depressive Entwicklung im Sinne einer Dysthymia sowie ein Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen, derzeit ohne neurologische Ausfälle. Die Gesundheitsstörungen seien nicht so ausgeprägt, dass von einem gänzlich aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Die psychischen Basisfähigkeiten seien noch weitgehend in Takt und die Klägerin könne ihren Alltag hinreichend aktiv gestalten. Deswegen seien ihr Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Verantwortung und ohne psychische Belastung noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Auch die Umstellungsfähigkeit sei erhalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 30. Oktober 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechsstündig werktäglich verrichten und sei damit nicht erwerbsgemindert. Dies ergebe sich insbesondere aus den Gerichtsgutachten von Dr. B. und Dr. K.-H., die jeweils dem Gericht als erfahren bekannt seien und unter Berücksichtigung der Vorbefunde zu dem nachvollziehbaren Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens gelangt seien. Dr. B. habe Funktionsprüfungen und Beweglichkeitsmessungen der Wirbelsäule und der Extremitäten vorgenommen, die Klägerin anatomisch genau inspiziert und vermessen sowie aktuelle Röntgenbilder herangezogen. Dr. K.-H. habe ein - bei der nervenärztlichen Begutachtung besonders wichtiges - ausführliches Explorationsgespräch geführt, wobei sich die Anamnese auf die Entwicklung, das Ausmaß und die Behandlung der aktuellen Beschwerden erstreckt und über eine vegetative Anamnese zur Eigenanamnese mit Familienanamnese, Biographie- und Sozialanamnese geführt habe. Deswegen habe sich die Sachverständige ein verlässliches Bild von der Erlebnisweise und den psychischen Abläufen, insbesondere dem Denken und Fühlen der Klägerin verschafft. Das SG habe daher keinen Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln. Die Gutachten stimmten überdies mit den Befunden und der Leistungseinschränkung des Verwaltungsgutachtens von Dr. K. und dem letzten Reha-Entlassungsbericht der S.klinik B. B. überein. Das auf nervenärztlichem Gebiet entgegenstehende Gutachten von der Ärztin R. überzeuge das Gericht nicht. Es könne nicht von einer schwerwiegenden und schicksalhaft verlaufenden depressiven Erkrankung ausgegangen werden. Für Dr. K.-H. habe sich der begründete Eindruck einer lebenstüchtigen Frau ergeben, die ihren jetzigen Tagesablauf bewältigen könne. Frau R. habe im übrigen ihre gutachterliche Leistungseinschätzung gegenüber dem Beratungsarzt Dr. R. selbst relativiert. Durch die nur kurz begründete Einschätzung der Orthopädin S. werde auch das nachfolgende Gutachten von Dr. B. nicht widerlegt. Die Auskunft von Dr. B. sei mangels jeglicher Befundangaben nicht nachvollziehbar. Auch das von der Klägerin vorgelegte MDK-Gutachten könne nicht überzeugen, da darin nur von einer erheblichen Gefährdung, nicht aber von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgegangen werde. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig. Sie habe keinen Beruf erlernt. Die zuletzt ausgeübten Berufstätigkeiten als Näherin bzw. Küchenhilfe seien den ungelernten bzw. kurzfristig angelernten Tätigkeiten zuzuordnen. Die Klägerin sei daher breit auf den allgemeinen Arbeitmarkt verweisbar, so dass ihr eine Verweisungstätigkeit konkret nicht zu benennen sei.
Mit ihrer dagegen am 22. November 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, die Ärztin R. und Dr. K.-H. wichen in ihrer Leistungsbeurteilung so massiv voneinander ab, dass sie von Amts wegen oberbegutachtet werden müsse. Dr. B. solle noch einmal zu der beratungsärztlichen Stellungnahme gehört werden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 1. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. März 2004 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sich aus der Berufungsbegründung keine neuen Gesichtspunkte ergäben, die eine Änderung des bisherigen Standpunktes zuließen. Sie hat eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes F. vorgelegt.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat noch ergänzend den die Klägerin seit 08.02.2007 behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. B. als sachverständigen Zeugen befragt.
Dieser teilte mit, bei der Klägerin stehe eine völlig chronifizierte, agiert depressive Symptomatik mit nachhaltigen Schlafstörungen im Vordergrund. Nervenärztlicherseits handele es sich neben der chronischen Schmerzstörung um eine dysthyme Anpassungsstörung mit psychophysischer Erschöpfung. Aufgrund ihrer Persönlichkeitsänderung sei sie nicht mehr fähig, sich auf einen therapeutischen Prozess einzulassen. Die Klägerin könne ihr Leben nicht mehr genießen, für ihn sei das Gutachten von Dr. K.-H. nicht überzeugend. Er erachte die Klägerin für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in versicherungsrelevantem Umfang nicht mehr für belastbar.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. März 2004 hinaus.
Der Senat folgt den vorliegenden Gutachten mit der Argumentation vom SG und der Beklagten, wonach die Klägerin noch leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten kann und deswegen nicht erwerbsgemindert ist.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Zwar hat sie die allgemeine Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt. Indessen fehlt es an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im erforderlichen Umfang.
Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Vermeidung von Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung (besonderer Zeitdruck sowie Verantwortung), Bewegen von Lasten über 10 kg, gebückter Körperhaltung, in Zwangshaltung, in häufiger Exposition von Nässe, Kälte und Zugluft, auf Leitern und Gerüsten und mit häufigen Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Dadurch wird weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung begründet, so dass eine bestimmte Verweisungstätigkeit nicht benannt werden muss (BSGE 80, 24). Dies folgt auch zur Überzeugung des Senats aus den vom SG eingeholten Gutachten von Dr. B. und Dr. K.-H. sowie den im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. K. und nicht zuletzt dem Entlassungsbericht der S.klinik B. B ...
Danach steht im Vordergrund der Leistungseinschränkungen der nervenärztliche Befund einer chronifizierten depressiven Entwicklung im Sinne einer Dysthymia mit Anhedonie und Stimmungsminderung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit psychogener Überlagerung und Fixierung von im somatischen Kern auf degenerativen Beschwerden des Bewegungsapparates beruhenden Schmerzsymptomen. Dieser Befund ist letztlich auch unter Berücksichtigung der Ausführungen von Dr. B. zwischen den Beteiligten unstreitig, lediglich das Ausmaß der hieraus resultierenden Leistungseinschränkungen wie die Ausprägung der Depression sind umstritten. Daher bedurfte es einer weiteren Stellungnahme von Dr. B. zum Inhalt der beratungsärztlichen Stellungnahme nicht. Für die Richtigkeit der Leistungseinschätzung von Dr. K.-H. spricht indessen, wie das SG zutreffend herausgearbeitet hat, dass die Klägerin zwar ihr Schmerzerleben mittlerweile in den Mittelpunkt ihrer Daseinsgestaltung gestellt hat, allerdings nach wie vor noch zu psychischen Basisfähigkeiten sowie einer hinreichend strukturierten Alltagsgestaltung in der Lage ist, wenngleich unter Mithilfe ihrer Familienangehörigen. So kann sie ihren Haushalt alleine bewältigen, Kontakte im Familienkreis pflegen, mit der Nachbarin dem Nordic-Walking nachgehen sowie lesen und fernsehen. Demgegenüber konnte die abweichende Beurteilung von der Ärztin R., an der diese selbst bereits im Widerspruchsverfahren in dieser Form nicht mehr festgehalten hat, nicht überzeugen. Die Richtigkeit ihrer Befundung wird auch durch den Rehabilitationsbericht widerlegt, dem eine immerhin vierwöchige Beobachtung der Klägerin zugrunde lag. Dies gilt auch für die in sich wenig stimmige Einschätzung von Dr. B., der trotz Durchführung einer mehrjährigen Behandlung bei der Ärztin R. und zweimaliger Konsultation durch die Klägerin von einer Unfähigkeit ausgeht, sich auf einen therapeutischen Prozess einzulassen. Demgegenüber hat die gerichtliche Sachverständige zutreffend darauf abgestellt, dass maßgebend für die Leistungsbeurteilung allein ist, inwieweit sich aufgrund der subjektiv erlebten Schmerzen eine tatsächliche Beeinträchtigung ergibt. Dies entspricht auch der ständigen Rechtssprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 17.04.2007 L 11 R 4066/06). Der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen wird daher aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen.
Aus dem orthopädischen Befund resultieren ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin leidet hier im wesentlichen an verschleißbedingt erworbenen Veränderungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule. Eine Limitierung der zumutbaren Wegestrecke resultiert hieraus nicht.
Nach alledem ist die Klägerin daher noch in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, wobei sie angesichts ihres beruflichen Werdeganges zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann und damit auch nicht berufsunfähig ist.
Die Berufung der Klägerin konnte hiernach keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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