Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AS 2753/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 6514/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes - Arbeitslosengeld (Alg) II -.
Der 1961 geborene und seit 1999 geschiedene Kläger wohnt in K.-M ... Sein 1990 geborener Sohn O. lebt im Haushalt der geschiedenen Ehefrau des Klägers in H. Mit Urteil des Amtsgerichts H. - Familiengericht - vom 17. August 2004 wurde der Kläger verurteilt, an seinen Sohn O. ab 1. September 2002 305,00 EUR monatlich an Kindesunterhalt und ab 1. Juli 2003 327,00 EUR monatlich an Kindesunterhalt zu zahlen. Auf Antrag des Klägers vom 8. Februar 2006 bewilligte ihm die Arbeitsgemeinschaft Arbeitslosengeld II zwischen Agentur für Arbeit L. und Landkreis L., (ARGE Arbeitslosengeld II Landkreis L.; Beklagte) mit Bescheid vom 17. Februar 2006 Alg II und Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 8. Februar 2006 bis 31. August 2006 in Höhe von monatlich 566,28 EUR für Februar 2006, 704,97 EUR für März bis Mai 2006 und schließlich 808,97 EUR für Juni bis August 2006; neben der Regelleistung von 345,00 EUR berücksichtigte die Beklagte Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 324,78 EUR für Februar 2006 und 463,97 EUR ab März 2006. Durch spätere Bescheide vom 6. Juni 2006, 20. Juni 2006 und 8. August 2006 wurde die Bewilligung der Höhe nach modifiziert. Mit weiterem Bescheid vom 2. August 2006 bewilligte die Beklagte auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 1. August 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und Kosten für Unterkunft und Heizung für September 2006 in Höhe von 688,31 EUR und für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 28. Februar 2007 in Höhe von 723,31 EUR; auch hierbei war die Regelleistung von 345,00 EUR monatlich berücksichtigt. Mit Bescheiden vom 16. August 2006 und 5. Dezember 2006 wurde die Höhe des dem Kläger bewilligten Alg II modifiziert.
Am 2. Mai 2006 mündlich und am 19. Mai 2005 schriftlich beantragte der Kläger bei der Beklagten ab 1. Juli 2005, spätestens ab Beginn des Alg II-Bezugs eine Erhöhung um 327,00 EUR, da er durch Urteil des Amtsgerichts H. dazu verpflichtet sei, an seinen Sohn monatlich 327,00 EUR an Kindesunterhalt zu zahlen. Mit Bescheid vom 22. Mai 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme des monatlichen Kindesunterhaltes in Höhe von 327,00 EUR ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 16. Juni 2006 zurück.
Am 26. Juli 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er könne keinen Kindesunterhalt zahlen, da er durch Staat (Justiz) und die Kindesmutter in die Arbeitslosigkeit gedrängt worden sei. Da er durch den Staat trotz seiner Zahlungsunfähigkeit dazu verpflichtet worden sei, Kindesunterhalt zu leisten, verlange er die Kostenübernahme. Zwar sei ihm von der Beklagten mitgeteilt worden, dass Unterhaltszahlungen an den Kindeshaushalt gewährt werden könnten. Da das Kind jedoch bei der Mutter lebe, komme somit ausschließlich die Mutter in den Genuss dieser öffentlichen Kostenübernahme des Kindesunterhalts; aus Gründen der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung fordere er die Übernahme der Kosten. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 28. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt führe weder zu einem höheren Bedarf noch zu einem höheren Anspruch. Es fehle an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage für die begehrte Übernahme des Kindesunterhalts.
Gegen den ihm mittels Postzustellungsurkunde am 30. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. Dezember 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt, mit der er seinen Anspruch auf Übernahme des Kindesunterhalts durch die Beklagte wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. November 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2006 zu verurteilen, ihm unter teilweiser Zurücknahme des Bescheids vom 17. Februar 2006 vom 8. Februar 2006 bis 31. August 2006 um 327,00 EUR monatlich höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG (1 AS 2753/06) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AS 6514/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers konnte keinen Erfolg haben.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2006, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger auf seinen Antrag vom 2. Mai/19. Mai 2006 ein um 327,- EUR monatlich höheres Alg II zu gewähren. Zu prüfen ist dieses Begehren des Klägers für den Zeitraum 8. Februar bis 31. August 2006, denn der Antrag des Klägers war in der Sache gerichtet auf die Überprüfung des Bescheids vom 17. Februar 2006, mit welchem dem Kläger Alg II und Kosten für Unterkunft und Heizung für diesen Zeitraum bewilligt wurden. Der Kläger hat auch den Beginn (8. Februar 2006), welchen das Sozialgericht Heilbronn angenommen hat, im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2006 sowie der Bescheid vom 20. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. August 2006, mit welchem die Beklagte eine Absenkung der monatlichen Regelleistung um 10 % (= 35,- EUR monatlich) für den Zeitraum 1. Juli bis 30. September 2006 vorgenommen hat. Beide Bescheide sind vom Kläger gesondert - der Bescheid vom 17. Februar 2006 bzgl. des Beginns des Alg II, der Bescheid vom 20. Juni 2006 bzgl. der Absenkung - in dem beim SG Heilbronn anhängigen Klageverfahren S 1 AS 318/06 bzw. S 1 AS 3524/06 angefochten. Diese Bescheide enthalten in Bezug auf die negative Zugunstenentscheidung die der Kläger angreift und mit der er unter Zurücknahme der Bewilligung vom 17. Februar 2006 ein um 327,- EUR monatlich höheres Alg II begehrt, weder eine Abänderung noch eine Ersetzung im Sinn von § 96 Abs. 1 SGG.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt und statthaft (vgl. § 143 SGG), da die in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGG aufgeführten Berufungsbeschränkungen nicht eingreifen.
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Der angegriffene Bescheid vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Bewilligung vom 17. Februar 2006 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger ein um 327,- EUR monatlich höheres Alg II zu gewähren. Hierauf hat der Kläger keinen Anspruch. Die Bewilligung von Alg II erweist sich der Höhe nach als rechtmäßig, so dass der Kläger schon deshalb keinen Anspruch auf eine Zugunstenentscheidung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), welcher nach § 40 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) grundsätzlich anzuwenden ist (vgl. zur Anwendung von § 44 SGB X bei der Bewilligung von Alg II, Beschluss des Senats vom 28. Juni 2006 - L 13 AS 2297/06 ER-B -, veröffentlicht in Juris), hat; auch bei Nichtanwendbarkeit von § 44 Abs. 1 SGB X würde sich der angegriffene Bescheid als rechtmäßig erweisen. Für das Begehren des Klägers, im Rahmen des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ihm zusätzlich Leistungen in Höhe von 327,00 EUR zu gewähren, die er gemäß dem Urteil des Amtsgerichts H. vom 17. August 2004 als Kindesunterhalt an seinen Sohn O. zu zahlen hat, fehlt es an der gesetzlichen Anspruchsgrundlage.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (1.), erwerbsfähig sind (2.), hilfebedürftig sind (3.) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (4.; erwerbsfähige Hilfebedürftige). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft zählen neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen u.a. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die monatliche Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, beträgt 345,00 EUR (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Da der Sohn O. des Klägers nicht im Haushalt des Klägers, sondern im Haushalt der Mutter lebt, bildet er keine Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB III), weshalb für die Bemessung der Höhe des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausschließlich auf die Person des Klägers abzustellen ist. Die Beklagte ist bei der Bemessung der Höhe der Leistungen im Bescheid vom 17. Februar 2006 und in den - die Höhe der Leistung modifizierenden - Folgebescheid vom 6. Juni 2006 - vorbehaltlich gemäß § 31 SGB II durchgeführten Absenkungen des Arbeitslosengelds II - vom vollen Regelsatz in Höhe von 345,00 EUR ausgegangen (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Mit Bescheid vom 17. Februar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg II und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 566,28 EUR für den Zeitraum 8. bis 28. Februar 2006, 704,97 EUR für März bis Mai 2006 und 808,97 EUR für Juni bis August 2006. Mit Bescheid vom 6. Juni 2006 bewilligte die Beklagte 709,31 EUR für Mai 2006 und 813,31 EUR für Juni bis August 2006. Die Höhe der Leistung setzte sich dabei zusammen aus dem vollen Regelsatz in Höhe von 345,- EUR (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) und den tatsächlich angefallenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 463,97 EUR für den Zeitraum 8. Februar bis 30. April 2006 und 468,31 EUR (zuzüglich 4,31 EUR monatlich Müllgebühren 2006) für den Zeitraum Mai bis August 2006. Die Beklagte hat damit dem in dieser Höhe hilfebedürftigen Kläger, der weder über berücksichtigungsfähiges Einkommen oder Vermögen verfügt, Alg II und Kosten der Unterkunft und Heizung zutreffend bewilligt. Eine Erhöhung des Regelsatzes aufgrund eines beim Kläger bestehenden "Bedarfs" Verpflichtung zur Leistung von Kindesunterhalt in Höhe von 327,00 EUR monatlich entsprechend dem Urteil des Amtsgerichts H. vom 17. August 2004 ist nach dem Konzept des SGB II ausgeschlossen. Bereits im Gesetzentwurf zum Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt hat der Gesetzeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II die Hilfe zum Lebensunterhalt im Rahmen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) ausschließt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R - veröffentlicht in Juris). Klargestellt hat dies der Gesetzgeber ausdrücklich in § 3 Abs. 3 Satz 1 Zweiter Halbsatz SGB II, wonach die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen decken und eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ausgeschlossen ist (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Dem liegt die Konzeption des SGB II zugrunde, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft und der Heizung grundsätzlich in pauschalierter Form erbracht werden. Sie decken den allgemeinen Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, abschließend. Leistungen für weitergehende Bedarfe werden durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende grundsätzlich nicht erbracht. Im Übrigen führen Unterhaltspflichten auch nicht zu einem Mehrbedarf beim Lebensunterhalt, für den gemäß§ 21 SGB II über die Regelleistung hinaus Leistungen erbracht werden. Daran ändert sich auch nichts durch § 11 Abs.2 Nr. 7 SGB II, wonach vom Einkommen Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrag abzusetzen sind. Diese Vorschrift legt fest, dass Unterhaltsverpflichtungen der vorgenannten Art vom Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 SGB II abzusetzen sind; da der Kläger jedoch kein Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II erzielt, kommt § 11 Abs. 2 Nr. 7 - der mit Wirkung vom 1. August 2006 durch Gesetz vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706) eingefügt wurde - nicht zur Anwendung. Im Übrigen kann die Unterhaltsverpflichtung des Klägers als "Abzugsposten" vom Einkommen nicht zu einer Erhöhung seines Bedarfs führen.
Ob die Unterhaltsverpflichtung des Klägers in der Höhe, wie sie das Amtsgericht H. in seinem Urteil vom 17. August 2004 angenommen hat, zu Recht besteht, hat der Senat nicht zu prüfen. Diesbezüglich sieht er von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt der Begründung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 28. November 2006 (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes - Arbeitslosengeld (Alg) II -.
Der 1961 geborene und seit 1999 geschiedene Kläger wohnt in K.-M ... Sein 1990 geborener Sohn O. lebt im Haushalt der geschiedenen Ehefrau des Klägers in H. Mit Urteil des Amtsgerichts H. - Familiengericht - vom 17. August 2004 wurde der Kläger verurteilt, an seinen Sohn O. ab 1. September 2002 305,00 EUR monatlich an Kindesunterhalt und ab 1. Juli 2003 327,00 EUR monatlich an Kindesunterhalt zu zahlen. Auf Antrag des Klägers vom 8. Februar 2006 bewilligte ihm die Arbeitsgemeinschaft Arbeitslosengeld II zwischen Agentur für Arbeit L. und Landkreis L., (ARGE Arbeitslosengeld II Landkreis L.; Beklagte) mit Bescheid vom 17. Februar 2006 Alg II und Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 8. Februar 2006 bis 31. August 2006 in Höhe von monatlich 566,28 EUR für Februar 2006, 704,97 EUR für März bis Mai 2006 und schließlich 808,97 EUR für Juni bis August 2006; neben der Regelleistung von 345,00 EUR berücksichtigte die Beklagte Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 324,78 EUR für Februar 2006 und 463,97 EUR ab März 2006. Durch spätere Bescheide vom 6. Juni 2006, 20. Juni 2006 und 8. August 2006 wurde die Bewilligung der Höhe nach modifiziert. Mit weiterem Bescheid vom 2. August 2006 bewilligte die Beklagte auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 1. August 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und Kosten für Unterkunft und Heizung für September 2006 in Höhe von 688,31 EUR und für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 28. Februar 2007 in Höhe von 723,31 EUR; auch hierbei war die Regelleistung von 345,00 EUR monatlich berücksichtigt. Mit Bescheiden vom 16. August 2006 und 5. Dezember 2006 wurde die Höhe des dem Kläger bewilligten Alg II modifiziert.
Am 2. Mai 2006 mündlich und am 19. Mai 2005 schriftlich beantragte der Kläger bei der Beklagten ab 1. Juli 2005, spätestens ab Beginn des Alg II-Bezugs eine Erhöhung um 327,00 EUR, da er durch Urteil des Amtsgerichts H. dazu verpflichtet sei, an seinen Sohn monatlich 327,00 EUR an Kindesunterhalt zu zahlen. Mit Bescheid vom 22. Mai 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme des monatlichen Kindesunterhaltes in Höhe von 327,00 EUR ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 16. Juni 2006 zurück.
Am 26. Juli 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er könne keinen Kindesunterhalt zahlen, da er durch Staat (Justiz) und die Kindesmutter in die Arbeitslosigkeit gedrängt worden sei. Da er durch den Staat trotz seiner Zahlungsunfähigkeit dazu verpflichtet worden sei, Kindesunterhalt zu leisten, verlange er die Kostenübernahme. Zwar sei ihm von der Beklagten mitgeteilt worden, dass Unterhaltszahlungen an den Kindeshaushalt gewährt werden könnten. Da das Kind jedoch bei der Mutter lebe, komme somit ausschließlich die Mutter in den Genuss dieser öffentlichen Kostenübernahme des Kindesunterhalts; aus Gründen der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung fordere er die Übernahme der Kosten. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 28. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt führe weder zu einem höheren Bedarf noch zu einem höheren Anspruch. Es fehle an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage für die begehrte Übernahme des Kindesunterhalts.
Gegen den ihm mittels Postzustellungsurkunde am 30. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. Dezember 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt, mit der er seinen Anspruch auf Übernahme des Kindesunterhalts durch die Beklagte wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. November 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2006 zu verurteilen, ihm unter teilweiser Zurücknahme des Bescheids vom 17. Februar 2006 vom 8. Februar 2006 bis 31. August 2006 um 327,00 EUR monatlich höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG (1 AS 2753/06) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AS 6514/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers konnte keinen Erfolg haben.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2006, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger auf seinen Antrag vom 2. Mai/19. Mai 2006 ein um 327,- EUR monatlich höheres Alg II zu gewähren. Zu prüfen ist dieses Begehren des Klägers für den Zeitraum 8. Februar bis 31. August 2006, denn der Antrag des Klägers war in der Sache gerichtet auf die Überprüfung des Bescheids vom 17. Februar 2006, mit welchem dem Kläger Alg II und Kosten für Unterkunft und Heizung für diesen Zeitraum bewilligt wurden. Der Kläger hat auch den Beginn (8. Februar 2006), welchen das Sozialgericht Heilbronn angenommen hat, im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2006 sowie der Bescheid vom 20. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. August 2006, mit welchem die Beklagte eine Absenkung der monatlichen Regelleistung um 10 % (= 35,- EUR monatlich) für den Zeitraum 1. Juli bis 30. September 2006 vorgenommen hat. Beide Bescheide sind vom Kläger gesondert - der Bescheid vom 17. Februar 2006 bzgl. des Beginns des Alg II, der Bescheid vom 20. Juni 2006 bzgl. der Absenkung - in dem beim SG Heilbronn anhängigen Klageverfahren S 1 AS 318/06 bzw. S 1 AS 3524/06 angefochten. Diese Bescheide enthalten in Bezug auf die negative Zugunstenentscheidung die der Kläger angreift und mit der er unter Zurücknahme der Bewilligung vom 17. Februar 2006 ein um 327,- EUR monatlich höheres Alg II begehrt, weder eine Abänderung noch eine Ersetzung im Sinn von § 96 Abs. 1 SGG.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt und statthaft (vgl. § 143 SGG), da die in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGG aufgeführten Berufungsbeschränkungen nicht eingreifen.
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Der angegriffene Bescheid vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Bewilligung vom 17. Februar 2006 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger ein um 327,- EUR monatlich höheres Alg II zu gewähren. Hierauf hat der Kläger keinen Anspruch. Die Bewilligung von Alg II erweist sich der Höhe nach als rechtmäßig, so dass der Kläger schon deshalb keinen Anspruch auf eine Zugunstenentscheidung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), welcher nach § 40 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) grundsätzlich anzuwenden ist (vgl. zur Anwendung von § 44 SGB X bei der Bewilligung von Alg II, Beschluss des Senats vom 28. Juni 2006 - L 13 AS 2297/06 ER-B -, veröffentlicht in Juris), hat; auch bei Nichtanwendbarkeit von § 44 Abs. 1 SGB X würde sich der angegriffene Bescheid als rechtmäßig erweisen. Für das Begehren des Klägers, im Rahmen des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ihm zusätzlich Leistungen in Höhe von 327,00 EUR zu gewähren, die er gemäß dem Urteil des Amtsgerichts H. vom 17. August 2004 als Kindesunterhalt an seinen Sohn O. zu zahlen hat, fehlt es an der gesetzlichen Anspruchsgrundlage.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (1.), erwerbsfähig sind (2.), hilfebedürftig sind (3.) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (4.; erwerbsfähige Hilfebedürftige). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft zählen neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen u.a. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die monatliche Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, beträgt 345,00 EUR (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Da der Sohn O. des Klägers nicht im Haushalt des Klägers, sondern im Haushalt der Mutter lebt, bildet er keine Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB III), weshalb für die Bemessung der Höhe des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausschließlich auf die Person des Klägers abzustellen ist. Die Beklagte ist bei der Bemessung der Höhe der Leistungen im Bescheid vom 17. Februar 2006 und in den - die Höhe der Leistung modifizierenden - Folgebescheid vom 6. Juni 2006 - vorbehaltlich gemäß § 31 SGB II durchgeführten Absenkungen des Arbeitslosengelds II - vom vollen Regelsatz in Höhe von 345,00 EUR ausgegangen (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Mit Bescheid vom 17. Februar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg II und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 566,28 EUR für den Zeitraum 8. bis 28. Februar 2006, 704,97 EUR für März bis Mai 2006 und 808,97 EUR für Juni bis August 2006. Mit Bescheid vom 6. Juni 2006 bewilligte die Beklagte 709,31 EUR für Mai 2006 und 813,31 EUR für Juni bis August 2006. Die Höhe der Leistung setzte sich dabei zusammen aus dem vollen Regelsatz in Höhe von 345,- EUR (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) und den tatsächlich angefallenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 463,97 EUR für den Zeitraum 8. Februar bis 30. April 2006 und 468,31 EUR (zuzüglich 4,31 EUR monatlich Müllgebühren 2006) für den Zeitraum Mai bis August 2006. Die Beklagte hat damit dem in dieser Höhe hilfebedürftigen Kläger, der weder über berücksichtigungsfähiges Einkommen oder Vermögen verfügt, Alg II und Kosten der Unterkunft und Heizung zutreffend bewilligt. Eine Erhöhung des Regelsatzes aufgrund eines beim Kläger bestehenden "Bedarfs" Verpflichtung zur Leistung von Kindesunterhalt in Höhe von 327,00 EUR monatlich entsprechend dem Urteil des Amtsgerichts H. vom 17. August 2004 ist nach dem Konzept des SGB II ausgeschlossen. Bereits im Gesetzentwurf zum Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt hat der Gesetzeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II die Hilfe zum Lebensunterhalt im Rahmen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) ausschließt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R - veröffentlicht in Juris). Klargestellt hat dies der Gesetzgeber ausdrücklich in § 3 Abs. 3 Satz 1 Zweiter Halbsatz SGB II, wonach die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen decken und eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ausgeschlossen ist (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Dem liegt die Konzeption des SGB II zugrunde, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft und der Heizung grundsätzlich in pauschalierter Form erbracht werden. Sie decken den allgemeinen Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, abschließend. Leistungen für weitergehende Bedarfe werden durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende grundsätzlich nicht erbracht. Im Übrigen führen Unterhaltspflichten auch nicht zu einem Mehrbedarf beim Lebensunterhalt, für den gemäß§ 21 SGB II über die Regelleistung hinaus Leistungen erbracht werden. Daran ändert sich auch nichts durch § 11 Abs.2 Nr. 7 SGB II, wonach vom Einkommen Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrag abzusetzen sind. Diese Vorschrift legt fest, dass Unterhaltsverpflichtungen der vorgenannten Art vom Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 SGB II abzusetzen sind; da der Kläger jedoch kein Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II erzielt, kommt § 11 Abs. 2 Nr. 7 - der mit Wirkung vom 1. August 2006 durch Gesetz vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706) eingefügt wurde - nicht zur Anwendung. Im Übrigen kann die Unterhaltsverpflichtung des Klägers als "Abzugsposten" vom Einkommen nicht zu einer Erhöhung seines Bedarfs führen.
Ob die Unterhaltsverpflichtung des Klägers in der Höhe, wie sie das Amtsgericht H. in seinem Urteil vom 17. August 2004 angenommen hat, zu Recht besteht, hat der Senat nicht zu prüfen. Diesbezüglich sieht er von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt der Begründung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 28. November 2006 (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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