L 3 AL 342/04

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 9 AL 444/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 342/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11a AL 41/06 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. März 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt (zusätzlich) Insolvenzgeld in Höhe von 500,00 Euro wegen einer vom Arbeitgeber nicht gezahlten Treueprämie.

Der im Februar 1963 geborene Kläger ist vom Beruf Schlosser. Er war seit dem 1. Oktober 1990 in diesem Beruf bei der P. H. AG beschäftigt. Zwischen den Parteien galt der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 in der Fassung vom 15. Mai 2001(im Folgenden: BRTV).

Ausweislich einer Gesamtbetriebsvereinbarung über die Treueprämien und Jubiläumsgaben der P. H. Aktiengesellschaft vom 20. November 1998 (im Folgenden: GBV Prämien-alt) zwischen der P. H. AG und dem Gesamtbetriebsrat erhielten Mitarbeiter unter anderem nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit eine freiwillig gewährte Treueprämie. Mit Gesamtbetriebsvereinbarung vom 6. April 2000 zwischen der P. H. AG und dem Gesamtbetriebsrat, bezeichnet als "Gesamtbetriebsvereinbarung über die Aussetzung der Zahlung von Treueprämien und Jubiläumsgaben" (im Folgenden: GBV Prämien-Aussetzung) heißt es wörtlich: "Auf Grund der existenzbedrohenden wirtschaftlichen Krise des P. H. Konzerns und zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens ist eine Restrukturierung der P. H. AG erforderlich, zu der auch die Arbeitnehmer einen Beitrag leisten müssen. Gegenstand des Arbeitnehmerbeitrages ist auch der Wegfall betrieblicher sozialer Sonderleistungen. Vor diesem Hindergrund sind sich die Betriebsparteien darüber einig, dass die Zahlung von Treueprämien und Jubiläumsgaben auf Grund der Betriebsvereinbarung vom 20. November 1998 (.) mit Wirkung vom 1. Mai 2000 an über einen Zeitraum von zwei Jahren, also bis zum 30. April 2002 ausgesetzt wird. Somit entstehen für Jubiläen, die in der Zeit vom 1. Mai 2000 bis zum 30. April 2002 anfallen, keine Ansprüche auf Zahlung einer Treueprämie oder Jubiläumsgabe auf der Grundlage der vorgenannten Vereinbarung. Die Betriebsparteien sind sich ferner darüber einig, dass die vorgenannte Betriebsvereinbarung vom 20. November 1998 (.) mit Wirkung vom 1. Mai 2002 an wieder in Kraft tritt und erstmals zum 30. April 2004 kündbar ist. Für eine Kündigung zum 30. April 2004 ist eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende einzuhalten, im Übrigen gilt die Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende. Die vorgenannten Betriebsvereinbarungen entfalten keine Nachwirkung. Spätestens zwei Monate vor Ablauf des vereinbarten Aussetzungszeitraumes werden sich die Betriebsparteien im Rahmen von Verhandlungen über die Bedingungen und die Ausgestaltung eines Ausgleichs für diejenigen Mitarbeiter verständigen, die in dem vereinbarten Aussetzungszeitraum ein Jubiläum verwirklicht haben".

Am 10. Oktober 2000 war der Kläger bei der P. H. AG zehn Jahre beschäftigt.

Am 20. Dezember 2001 schlossen die P. H. AG und der Gesamtbetriebsrat eine "Gesamtbetriebsvereinbarung über die nachträgliche Zahlung von Treueprämien und Jubiläumsgaben für Jubiläen im Aussetzungszeitraum (1. Mai 2000 bis 30. April 2002; im Folgenden: GBV Prämien-nachträgliche Zahlung). Darin heißt es: "Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallenden Mitarbeiter, die im Aussetzungszeitraum ein Betriebsjubiläum verwirklicht und die auf Grund der Gesamtbetriebsvereinbarung über die Aussetzung der Zahlung von Treueprämien und Jubiläumsgaben vom 6. April 2002 keinen Anspruch auf eine derartige betriebliche Sonderleistung hatten, nachträgliche eine Treueprämie bzw. Jubiläumsgabe nach Maßgabe der neu abgeschlossenen Betriebsvereinbarung über Treueprämien und Jubiläumsgaben vom 20. Dezember 2001 (im Folgenden: GBV Prämien-neu) erhalten. Dementsprechend haben diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Anspruch auf eine Treueprämie bzw. Jubiläumsgabe in folgender Höhe: 1. nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit beträgt die Treueprämie 500 Euro ( ). Die Auszahlung der Treueprämie bzw. Jubiläumsgabe erfolgt zusammen mit der Lohn- bzw. Gehaltszahlung für den Monat Mai 2002. Diese Betriebsvereinbarung tritt am 1. Mai 2002 in Kraft".

Am 1. Juni 2002 wurde über das Vermögen der P. H. AG ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Am 27. März 2002 stellte der Kläger einen formlosen Insolvenzantrag. In einer Anlage zum Antrag auf Insolvenzgeld vom 31. Juli 2002 machte der Kläger für Mai 2002 ein (ausgefallenes) Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 500 Euro geltend. Es habe sich um eine Jubiläumsgabe für sein zehnjähriges Betriebsjubiläum gehandelt. Dieses sei im Mai 2002 fällig und damit mit der Abrechnung Mai 2002 als Insolvenzgeld zahlbar.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Zeitraum, für den Insolvenzgeld zu zahlen sei, umfasse die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem 1. Juni 2002, im Falle des Klägers also die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2002. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt im genannten Zeitraum sei bereits im Rahmen einer Vorfinanzierung an die Frankfurter Sparkasse abgetreten und durch diese ausgezahlt worden. Mit seinem Antrag begehre er die Zahlung einer Treueprämie anlässlich seiner zehnjährigen Betriebszugehörigkeit am 1. Oktober 2000. Der Anspruch auf die Treueprämie sei tatsächlich am 1. Oktober 2000 entstanden. Da der Zeitpunkt des Jubiläums nicht im Insolvenzgeldzeitraum liege, sei eine Zahlung im Rahmen der Gewährung von Insolvenzgeld nicht möglich.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2003 zurückwies.

Die beim Sozialgericht Nordhausen dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 16. März 2004 abgewiesen. Die dem Kläger zustehende Treueprämie in Höhe von 500 Euro sei zumindest nicht dem Monat Mai 2002 und damit nicht dem Insolvenzgeldzeitraum zuzuordnen. Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen.

Diese hat der Kläger am 22. April 2004 eingelegt.

Er ist im Wesentlichen der Auffassung, dass auf Grund der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. Dezember 2001 vereinbart worden sei, dass die Treueprämie im Mai 2002 fällig werde und damit in den Insolvenzgeldzeitraum falle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. März 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn Insolvenzgeld in Höhe von 500 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Akte über den Insolvenzgeldantrag lag vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld in Höhe von 500 Euro für die ausgefallene Treueprämie.

Anspruch auf Insolvenzgeld haben nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) Arbeitnehmer, wenn sie bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Nach § 183 Abs. 1 Satz 3 SGB III gehören zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.

Nicht zweifelhaft ist, dass es sich bei der Treue- bzw. Jubiläumsprämie grundsätzlich um Arbeitsentgelt im Sinne des § 183 Abs. 1 SGB III handelt. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass die Treueprämie als Insolvenzgeld zu zahlen ist, denn die Zahlung ist weder dem Insolvenzgeldzeitraum zeitanteilig zuzurechnen, noch ist sie den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Insolvenzereignisses (vollständig) zuzuordnen.

Als Anspruchsgrundlage für die streitige Zahlung der Treueprämie gegen den Arbeitgeber, die insolvenzgeldfähig hätte sein können, kommt allein die GBV Prämien-nachträgliche Zahlung in Betracht. Ihre Regelungen gelten nach § 77 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetzt (BetrVG) unmittelbar und zwingend und begründen für den von ihr begünstigten Kläger einen Anspruch auf Gewährung der in ihr vorgesehenen Leistungen. Sie verstoßen weder gegen die Schranken des § 77 Abs. 3 BetrVG noch gegen den Gesetzes- und Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz BetrVG.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hätte der Kläger gegen seinen Arbeitgeber hingegen keinen Anspruch auf Zahlung der Treueprämie aus der GBV Prämie-alt geltend machen können, weil diese bereits abgelöst worden war. Die Regelungen der GBV Prämien-Aussetzung und der GBV Prämien-nachträgliche Zahlung erschöpfen sich insbesondere nicht in einer Stundung des Prämienanspruchs nach Maßgabe der (angeblich noch fortbestehenden) GBV Prämien-alt. Die Betriebspartner setzten mit der GBV Prämien-Aussetzung vielmehr die Regelungen der GBV Prämien-alt als bisherige Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Treueprämie vollständig außer Kraft. Zwar könnte der Wortlaut in ihrer Ziffer 2 Abs. 2 Satz 1, wonach die Zahlung von Treueprämien auf der Grundlage der GBV Prämien-alt "( ) mit Wirkung vom 01.05.2000 an über einen Zeitraum von 2 Jahren, also bis zum 30.04.2002 ausgesetzt wird" für ein Hinausschieben des Fälligkeitstermins zwischenzeitlich gleichwohl entstehender Ansprüche sprechen. Ziffer 2 Abs. 2 Satz 2 GBV Prämien-Aussetzung stellt aber ausdrücklich klar, dass "somit ( ) für Jubiläen, die in der Zeit vom 01.05.2000 bis zum 30.04.2002 anfallen, keine Ansprüche auf Zahlung einer Treueprämie ( ) auf der Grundlage der vorgenannten Betriebsvereinbarung" entstehen. Der mit der GBV Prämien-Aussetzung verfolgte Sanierungsbeitrag der Belegschaft besteht daher erkennbar in dem Verzicht auf Zahlung einer Treueprämie für alle Arbeitnehmer, die in diesen zwei Jahren ihre Treuezeit verwirklichen. Als mögliche Anspruchsgrundlage für Zahlungsansprüche tritt die GBV Prämien-alt erst wieder zum 1. Mai 2002 in Kraft (Ziffer 3 Abs. 1 Satz 1 GBV Prämien-Aussetzung). Ob und wie die von der Aufhebung der GBV Prämien-alt zwischenzeitlich betroffenen Arbeitnehmer einen Ausgleich erhalten, bleibt als Ergebnis geplanter späterer Verhandlungen der Betriebspartner ausdrücklich offen. Um jedem Zweifel vorzubeugen, stellt Ziffer 3 Abs. 1 Satz 3 GBV Prämien-Aussetzung klar, dass während der Sanierungszeit Ansprüche auf Treueprämien auch nicht im Wege einer Nachwirkung der GBV Prämien-alt nach § 77 Abs. 6 BetrVG entstehen können. Damit lösen die Aufhebungsvorschriften der GBV Prämien-Aussetzung für den zweijährigen Sanierungszeitraum die Regelungen der GBV Prämien-alt ab und ersetzen diese vollständig.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der ablösenden Wirkung bestehen nicht. Eine neue Betriebsvereinbarung über denselben Regelungsgegenstand löst die Regelungen einer älteren Betriebsvereinbarung auch dann ab, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger waren. Es gilt das Ablösungsprinzip, nicht das Günstigkeitsprinzip (BAG 28. April 2005 – 1 AZR 213/04 – AP § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung Nr. 25). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn durch eine ablösende verschlechternde Betriebsvereinbarung in bereits entstandene Besitzstände eingegriffen wird. Das ist vorliegend nicht der Fall. Insbesondere hat der Kläger nicht mit Beginn seiner Beschäftigung bei der Insolvenzschuldnerin ratierlich über die Jahre hinweg (Teil-) Ansprüche auf Auszahlung der Treueprämie mit Erreichen der zehnjährigen Betriebstreue erworben. Dies folgt aus der Auslegung der GBV Prämien-alt. Dass sich die Arbeitnehmer mit jedem Jahr der Betriebstreue eine rechtlich geschützte, anteilige Anwartschaft erdienen, ist dem Wortlauf der GBV Prämien-alt nicht zu entnehmen. Der mit der Treueprämie verfolgte Zweck spricht gleichfalls gegen die Annahme eines anteilig erworbenen Anspruchs. Dieser ergibt sich aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG 21. Mai 2003 – 10 AZR 408/02 – EzA-SD 2003 Nr. 16). Voraussetzung für die Zahlung der Treueprämie des Klägers ist das Absolvieren einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Scheidet der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus, bevor er diese Voraussetzungen erfüllt, sieht die GBV Prämien-alt keine Zahlung einer Teilprämie vor. Die Festlegung einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis bestimmt daher nicht den Fälligkeitstermin zur Auszahlung ratierlich erworbener (Teil-) Ansprüche. Sie normiert vielmehr die Voraussetzungen eines erst mit dem Erreichen der zehnjährigen Betriebszugehörigkeit in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis entstehenden (Gesamt-) Prämienanspruchs. Der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs und dessen Fälligkeit zur Auszahlung fällt zusammen.

Die hiernach zulässigen ablösenden Regelungen der GBV Prämien-Aussetzung wurden ihrerseits durch die zeitlich nachfolgenden Regelungen der GBV Prämien-nachträgliche Zahlung abgelöst, nach der der Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer Treueprämie in Höhe von 500,00 Euro erwarb. Entsprechend Ziffer 3 Abs. 2 der GBV Prämien-Aussetzung verhandelten die Betriebspartner über einen Ausgleich für diejenigen Arbeitnehmer, die während der Zeit vom 1. Mai 2000 bis zum 30. April 2002 zwar die erforderliche Betriebszugehörigkeit absolvierten, infolge der Aufhebung der GBV Prämien-alt aber keinen Anspruch auf Treueprämie erwarben. Zwar fordert die GBV Prämien-nachträgliche Zahlung nunmehr ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis nicht nur zum Zeitpunkt der zehnjährigen Betriebszugehörigkeit, sondern auch noch nach Ablauf des Aussetzungszeitraums. Sie folgt im Übrigen jedoch der Grundstruktur der GBV Prämien-alt. Auch sie gewährt keine ratierlich erworbenen Anwartschaften auf eine später auszuzahlende Treueprämie, sondern einen einheitlichen Anspruch, der mit Erfüllen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen entsteht und zum vorgesehenen Fälligkeitstermin auszuzahlen ist. Die Treueprämie lässt sich damit nicht einzelnen Monaten zuordnen.

Sie wäre in voller Höhe daher allenfalls dann beim Insolvenzgeld zu berücksichtigen, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis hätte ausgezahlt werden müssen, anderenfalls überhaupt nicht (vgl. BSG SozR 4100 § 141 b Nr. 42).

Die Treueprämie kann aber nicht dem Insolvenzgeldzeitraum, d.h. dem Zeitraum vom 1. März 2002 bis 31. Mai 2002 zugeordnet werden; der Kläger hat auf Grund dessen keinen Anspruch auf Insolvenzgeld in Höhe der Treueprämie. Zwar waren sämtliche Voraussetzungen für die Treueprämie zum 1. Mai 2002 erfüllt. Die GBV Prämien-nachträgliche Zahlung war zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten (Ziffer 3 GBV Prämien-nachträgliche Zahlung). Der Kläger hatte bereits am 10. Oktober 2000 sein zehnjähriges Dienstjubiläum gefeiert und stand am 1. Mai 2002 noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Der Anspruch war jedoch nicht innerhalb des maßgeblichen Insolvenzgeldzeitraums, d.h. spätestens bis zum 31. Mai 2002 fällig. Nach Ziffer 2 GBV Prämien-nachträgliche Zahlung erfolgt die Auszahlung der Treueprämie zusammen mit der Lohnzahlung für den Monat Mai 2002. Nach § 614 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfolgt die Auszahlung von Monatslohn nach dem Ablauf des jeweiligen Zeitabschnitts. Damit ist die Vergütung für Mai 2002 nach dem 31. Mai 2002 auszuzahlen. Vorliegend finden zudem die für allgemeinverbindlich erklärten Vorschriften des BRTV auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (§ 5 Abs. 4 TVG). Nach der im Verhältnis zu § 614 BGB vorrangigen Vorschrift des § 5.8. BRTV wird der Anspruch auf Lohn regelmäßig zur Mitte des Folgemonats, d.h. zum 15. Juni 2002 fällig und zu diesem Zeitpunkt auszuzahlen.

Für die Zuordnung einer nicht zeitanteilig zuzuordnenden Einmalzahlung kann nur auf deren Fälligkeit abgestellt werden. Bei der Fälligkeit handelt es sich in der Regel um einen eindeutig bestimmten bzw. bestimmbaren Zeitpunkt. Die Fälligkeit von Arbeitsentgeltansprüchen ist für die Parteien eines Arbeitsvertrages von erheblicher Bedeutung und wird in der Regel in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen eindeutig schriftlich festgelegt. Manipulationen werden durch die schriftliche Fixierung erschwert. Auch im Beitragsrecht ist bei Einmalzahlungen der Monat der Auszahlung für die Beitragsansprüche bestimmend (vgl. BSG, Urteil vom 14. 5. 2002, Az: B 12 KR 15/01R). Auch der Sinn der Insolvenzversicherung spricht bei der Frage der Zuordnung für das Argument der Fälligkeit des Anspruchs. Sie soll rückständige Arbeitsentgeltansprüche nur insoweit sichern, als sie dem Insolvenzgeldzeitraum zugeordnet werden können. Diesen Zweck verwirklicht die Insolvenzversicherung dadurch, dass es für die Berücksichtigungsfähigkeit von Arbeitsentgelt regelmäßig auf den Zeitraum ankommt, in dem die Ansprüche erarbeitet worden sind (vgl. BSG 51, 107, 108). Bei der Berechnung des Konkursausfallgeldes (Insolvenzgeldes) ist eine Jahressonderzahlung in voller Höhe nur zu berücksichtigen, wenn der für die Jahressonderzahlung bestimmte Auszahlungstag in die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens (bzw. des Insolvenzereignisses) vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses fällt und sich diese Zahlung nicht einzelnen Monaten zuordnen lässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), weil höchstrichterlich zu klären ist, ob bei der Zuordnung von Einmalzahlungen zu einem Insolvenzgeldzeitraum auf die Fälligkeit der Ansprüche oder die Entstehung des Anspruchs abzustellen ist.
Rechtskraft
Aus
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