L 5 KA 6011/06 W-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 5088/06 W-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 6011/06 W-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig war in dem vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) abgeschlossenen Verfahren S 11 KA 5087/05 der Umfang der Ermächtigung des Beigeladenen zu 1); umstritten war insbesondere die Rechtmäßigkeit einer Fallhöchstzahl von 350 pro Quartal.

Der Beigeladene zu 1) ist Chefarzt der Medizinischen Klinik für Atemwegserkrankungen und Allergien an der Fachklinik W. und seit langem zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Mit Bescheid vom 17.12.2004 erteilte der Zulassungsausschuss ihm für die Zeit vom 1.4.2005 bis 31.3.2006 folgende Ermächtigung:

1. Auf Überweisung durch die anderen ermächtigten Chefärzte der Fachklinik W. für taggleiche internistische und lungenärztliche Untersuchungen und Behandlungen.

2. Auf Überweisung durch niedergelassene Vertragsärzte mit Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde zur konsiliarischen Beratung und Behandlung im Gebiet der Lungen- und Bronchialheilkunde

3. Auf Überweisung durch niedergelassene Vertragsärzte mit Zusatzbezeichnung Allergologie zur Durchführung allergologischer Differenzialdiagnostik und Hyposensibilisierungsbehandlung.

4. Auf Überweisung durch an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte zur

a) Beratung bei Mukoviszidose-Patienten b) Einstellung und Durchführung der Heimbeatmung.

Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 1) änderte der Berufungsausschuss Punkt 2 dahingehend ab, dass der Beigeladene zu 1) auf Überweisung durch niedergelassene Vertragsärzte zur konsiliarischen Beratung in schwierigen Fällen im Gebiet der Lungen- und Bronchialheilkunde ermächtigt wird, jedoch beschränkt auf 350 Überweisungsfälle pro Quartal. Diese Ermächtigung wurde bis 31.12.2006 befristet (vgl. Beschluss des Beklagten vom 28.4.2005 - Bescheid vom 6.7.2005).

Mit ihrer am 11.8.2005 erhobenen, auf Neubescheidung gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, die Ermächtigung hätte nicht mit einer Fallhöchstzahl verbunden werden dürfen. Die Wahl einer solchen Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt der Ermächtigung sei rechtlich nicht zulässig. Die Festlegung eines Fallzahlenkontingents sei auch in der Sache nicht geeignet, dem konkret anfallenden Versorgungsbedarf gerecht zu werden, was besonders dann deutlich werde, wenn das Fallzahlenkontingent frühzeitig erschöpft sei. Dies habe zur Folge, dass der dann weiter anfallende Bedarf nicht mehr abgedeckt werden könne. Gelange der Beklagte bei seiner erneuten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass tatsächlich ein Bedarf an konsiliarischer Beratung in schwierigen Fällen im Gebiet der Lungen- und Bronchialheilkunde bestehe, werde er zu prüfen haben, wie dieser Bedarf gedeckt werden könne. Dies könne jedoch nicht mit der Nebenbestimmung der Festlegung eines Fallzahlenkontingents erfolgen.

Der Rechtsstreit endete durch gerichtlichen Vergleich, nachdem auf Vorschlag des Gerichts die Beteiligten sich auf einen umfangreichen Katalog von Indikationen zur Überweisung an den Beigeladenen zu 1) geeinigt hatten.

Zum Streitwert vertrat die Klägerin die Auffassung, dieser könne nicht beziffert werden, da eine Ermächtigung in der vom Beklagten ursprünglich vorgesehenen Form bisher in der Bezirksdirektion R. nicht erfolgt sei. Es werde deshalb vorgeschlagen, den Regelstreitwert zu Grunde zu legen. Demgegenüber wies der Beigeladene zu 1) darauf hin, dass er im letzten Quartal 2004 ein Honorar in Höhe von 59.900 EUR bei 553 Fällen erwirtschaftet habe, was einen Fallwert von 108,32 EUR ergebe. Unter Zugrundelegung von 350 Fällen folge daraus ein Betrag von 37.912 EUR. Ausgehend von acht Quartalen betrage nach Abzug von Betriebskosten in Höhe von 50 % der Streitwert 151.648 EUR.

Mit Beschluss vom 6.10.2006 setzte das SG den Streitwert auf 15.000 EUR fest. Es lasse sich nicht feststellen, ob und ggf. in welcher Höhe der Beigeladene zu 1) durch diese Fassung der Ermächtigung Umsatzeinbußen hätte hinnehmen müssen. Auf den Gesamtumsatz könne nicht abgestellt werden, da lediglich der Umfang der Ermächtigung im Streit gewesen sei. Im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtsstreites halte die Kammer es für angemessen, den Streitwert auf das dreifache des Regelwertes festzusetzen, da das wirtschaftliche Interesse des Krankenhausarztes nicht mehr quantifizierbar sei (Hinweis auf Hessisches LSG, Beschluss vom 19.11.2003 - L 7 B 86/99 KA).

Mit seiner hiergegen am 21.11.2006 erhobenen Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (Verfügung vom 29.11.2006) hat der Beigeladene zu 1) sein Begehren weiter verfolgt. Gerade weil der Umfang der Ermächtigung im Streit gewesen sei, müsse auf den Gesamtumsatz abgestellt werden. Es gehe nicht an, nur 10 % des Umsatzes als Streitwert anzunehmen.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2006 abzuändern und den Streitwert des Verfahrens S 11 KA 5087/05 auf 151.648 EUR festzusetzen.

Die Klägerin und der Beklagte beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten die Entscheidung des SG für zutreffend.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1) ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§§ 68,63 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -) eingereicht worden. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Streitwertbeschluss des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Da weder die Klägerin noch der Beklagte noch die Beigeladenen Leistungsempfänger oder Behinderte sind, werden gemäß § 197 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGB) in der seit 2. Januar 2002 gültigen Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (Sechstes SGGÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl. I, 2144) Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben. Nach §§ 52 Abs. 1, 40 Abs. 1 GKG bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen, die den Rechtszug einleiten. Es ist also auf das wirtschaftliche Interesse an der angestrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen abzustellen. Erstrecken sich die Auswirkungen auf eine längere Zeit, ist dies gebührend zu berücksichtigen (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6; SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 jeweils noch zur alten Rechtslage bei entsprechender Anwendung des § 13 GKG a.F).

Bei der Würdigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin ist zu beachten, dass es ihr nicht darum ging, die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) einzuschränken oder - wie hier - in einem gewissen Umfang zu erweitern. Ziel ihrer Klage war, die Nebenbestimmung zu Fall zu bringen, soweit sie eine bestimmte Höchstfallzahl pro Quartal vorsah, weil sie eine Ermächtigung mit dieser Auflage nicht für geeignet hielt, Versorgungslücken dauerhaft und zuverlässig zu schließen. Nur darauf kam es der Klägerin an. Sie wollte verhindern, dass in der Zeit zwischen dem Erreichen der Fallhöchstzahl von 350 und dem Quartalsende, in der der Beigeladene zu 1) Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung nicht hätte behandeln dürfen, gleichwohl eine Versorgung von Patienten durch den Beigeladenen zu 1) erfolgen kann.

Für dieses Rechtsschutzziel lässt sich ein wirtschaftlich messbarer Betrag nicht ermitteln. Denn unklar bleibt, wie viele Patienten wegen der Fallhöchstzahl hätten abgewiesen werden müssen. Die vom Kläger vorgetragene Zahl von 533 Fällen im Quartal 4/2004 ist dem gegenüber nicht aussagekräftig, weil sie nicht nur die nach Nummer 2 der Ermächtigung behandelten Patienten umfasst, sondern auch diejenigen, die auf der Grundlage der hier unstreitigen Nummern 1 und 3 versorgt wurden. Der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 1) verkennt auch, dass es der Klägerin nicht darum ging, die Zahl der vom Beigeladenen zu 1) aufgrund der Ermächtigung zu behandelnden Patienten zu reduzieren, sondern durch geeignete Neuformulierung der Ziffer 2 sicherzustellen, dass alle Patienten, die der Hilfe des Beigeladenen zu 1) bedürfen, von ihm auch tatsächlich behandelt werden können.

Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, wenn das SG im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtsstreites es für angemessen gehalten hat, den Streitwert auf das dreifache des Regelwertes festzusetzen.

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1) kann deswegen kein Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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