S 7 AS 12/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AS 12/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen dem Grunde nach zu 1/4.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).

Die am 02.02.1963 geborene arbeitslose Klägerin zu 1) war zwei Mal verheiratet und wurde zwei Mal geschieden. Aus der ersten Ehe gingen die am 26.11.1990 geborene Klägerin zu 2) und die am 22.10.1995 geborene Klägerin zu 3) hervor. Sowohl die Klägerin zu 2) als auch die Klägerin zu 3) befinden sich noch in der Schulausbildung. Beide wohnen mit der Klägerin zu 1) in einem gemeinsamen Haushalt. Seit Juni 2005 beliefen sich die Kosten für die von den Klägerinnen bewohnte 3 1/2-Zimmer-Mietwohnung auf 376,79 EUR (210,51 EUR Grundmiete, 100,28 EUR Nebenkosten, 65,00 EUR Heizkostenvorauszahlung). Der erste von der Klägerin zu 1) geschiedene Ehemann und Vater der Klägerin zu 2) verstarb im September 2001 und hinterließ der Klägerin zu 2) im Wege der gesetzlichen Erbfolge einen Betrag in Höhe von 22.203,52 EUR (43.426,31 DM), der sich verteilt auf ein Depotkonto, ein Sparkonto, ein Taschengeldkonto, einen Bonussparvertrag und ein Wachstumssparbuch bei der Volksbank Rhein-Ruhr. Im April 2005 belief sich das Guthaben auf den vorgenannten Konten noch auf einen Betrag von über 17.000,00 EUR. Über diese Vermögenswerte wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken vom 02.06.2003 eine Vermögenspflegschaft angeordnet, die von Frau Rechtsanwältin W. in D. ausgeübt wird. Die Klägerin zu 2) erhielt in der Vergangenheit laufend aus dem Vermögen einen monatlichen Betrag von 94,00 EUR, später in Höhe von 200,00 EUR als Unterhaltsbeitrag ausgezahlt. Die Klägerin zu 2) erzielte laufend Einkünfte in Form einer Halbwaisenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Vaters, die sich ab Juni 2005 auf 176,98 EUR monatlich belief. Die Klägerinnen zu 1) und 3) erzielten keine Einkünfte. Die Klägerin zu 1) war jedoch kindergeldberechtigt für die Klägerinnen zu 2) und 3).

In der Vergangenheit bezogen die Klägerinnen vom Oberbürgermeister der Stadt Voerde Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Am 14.10.2004 beantragten sie bei dem Beklagten die Zahlung von Arbeitslosengeld II (ALG II) und Sozialgeld. Diese gewährte daraufhin zunächst mit Bescheiden vom 21.12.2004 bzw. 21.03.2005 nur den Klägerinnen zu 1) und 3) die begehrten Leistungen für den Zeitraum von Januar bis Juni 2005. Die Klägerin zu 2) berücksichtigte sie bei dieser Berechnung nicht. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Am 16.06.2005 erteilte die Beklagte einen weiteren Leistungsbescheid für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 30.09.2005 in dem sie den Klägerinnen zu 1) und 3) Leistungen in Höhe von 536,19 EUR monatlich zuerkannte. Zu den Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 23/24 der Gerichtsakte Bezug genommen. Dagegen legten die Klägerinnen Widerspruch ein. Zur Begründung stellten sie zunächst ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse dar. Im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der Klägerin zu 2) machten sie geltend, dass ihr Vermögen bis zum 18. Lebensjahr nicht angegriffen werden dürfe. Sie sei trotz ihres Vermögens bei der Berechnung des Leistungsanspruches für die Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 27.07.2005 zunächst einen Teilabhilfebescheid, in dem sie den Klägerinnen zu 1) und 3) für den fraglichen Zeitraum einen monatlichen Leistungsanspruch von 649,19 EUR zubilligte. Die Einzelheiten dieser Berechnung ergeben sich aus Bl. 58/59 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Bei der Berechnung fand die Klägerin zu 2) zwar grundsätzlich Berücksichtigung. Im Ergebnis wurde sie aber wegen ihres Einkommens bzw. Vermögens nicht als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft anerkannt. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2005 zurück. Darin wies sie zur Begründung ergänzend darauf hin, dass das für die Klägerin zu 2) bezogene Kindergeld bei der Klägerin zu 1) als Einkommen anzurechnen sei, weil die Klägerin zu 2) sich aus eigenem Einkommen und Vermögen alleine unterhalten könne. Die Berechnung des Leistungsanspruches im Übrigen sei korrekt erfolgt.

Am 27.09.2005 hat die Klägerin zu 1) Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben, mit dem sie das Begehren auf höhere Leistungen in Form von ALG II gegenüber der Beklagten zunächst alleine weiterverfolgt hat. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1) als gesetzliche Vertreterin der Klägerinnen zu 2) und 3) das Klagebegehren im Einvernehmen mit der Beklagten auch auf die Klägerinnen zu 2) und 3) erstreckt.

Nach Auffassung der Klägerinnen muss die Klägerin zu 2) das von ihrem Vater ererbte Geldvermögen nicht zur Sicherung ihres laufenden Lebensunterhaltes einsetzen, da sie hierzu auch familienrechtlich nicht verpflichtet sei. Man könne allenfalls daran denken, den Zinsgewinn aus dem Vermögen ihrem Einkommen zuzurechnen. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Aurich vom 15.02.2006 (Az.: S 15 AS 107/05) halten sie es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten, die gesetzlichen Freibeträge nicht einzeln bezogen auf die jeweilige Person, die den Anspruch geltend macht, zu beziehen, sondern die Freibeträge der einzelnen Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft in der Summe zu berücksichtigen. Bei einer Addition der Freibeträge der Klägerin zu 2) und der Klägerin zu 1) wäre das Vermögen der Klägerin zu 2) als geschützt anzusehen. Schließlich stelle die Verpflichtung der Klägerin zu 2) zur Verwertung des Vermögens jedenfalls eine besondere Härte im Sinne des Gesetzes dar, weil sie hierdurch möglicherweise später gehindert sein könnte, mit diesem Geld ihre Ausbildung zumindest teilweise zu finanzieren. Es stelle sich auch die Frage, ob ihr das Geld rechtlich zugeordnet werden könne, da hierüber ja derzeit eine Vermögenspflegschaft errichtet sei. Das Kindergeld für die Klägerin zu 2) sei ebenfalls nicht bei der Klägerin zu 1) zu berücksichtigen, sondern bei der Klägerin zu 2). Ihr Bedarf müsse nach familienrechtlichen Grundsätzen und nicht nach den Grundsätzen des SGB II ermittelt werden und belaufe sich damit auf 732,15 EUR. Da das ererbte Vermögen nicht angerechnet werden könne, verbleibe auch kein Betrag des Kindergeldes, das bei der Klägerin zu 1) Berücksichtigung finden könne.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sich der Vertreter der Beklagten bereit erklärt von dem bei der Klägerin zu 1) angerechneten Einkommen zusätzlich einen Betrag in Höhe von 41,89 EUR für die inzwischen nachgewiesenen Aufwendungen für die KFZ-Versicherung abzusetzen und damit den Leistungsanspruch auf monatlich 691,08 EUR für die Klägerin zu 1) und 3) zu erhöhen. Daraufhin haben die Klägerinnen das Verfahren insoweit für erledigt erklärt.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.06.2005 und 27.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2005 und der in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.04.2007 abgegebenen Erklärung zu verurteilen, ihnen höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Aus ihrer Sicht hat sie zutreffend vor der Anrechnung des Kindergeldes das Einkommen und Vermögen der Klägerin zu 2) berücksichtigt. Gegen die Argumentation der Klägerinnen wendet sie ein, dass die Grundsätze der Unterhaltsberechnungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im SGB II keine Anwendung fänden. Aufgrund des anzurechnenden Vermögens sei die Klägerin zu 2) nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Die Anrechnung des Kindergeldes bei der Klägerin zu 1) ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 11 Abs 1 S 3 SGB II.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und den Inhalt der auszugsweise beigezogenen Unterlagen aus der Akte des Amtsgerichts Dinslaken (Az.: 14 VIII 42/03). Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der Höhe der den Klägerinnen zustehenden Leistungen für den Zeitraum von Juli bis September 2005, der durch die angefochtenen Bescheide beschieden worden ist. Die Bewilligungen bezüglich der danach folgenden Zeiträume sind nicht Gegenstand des hiesigen Klageverfahrens nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geworden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift liegen nicht vor, weil durch die Entscheidung über die Folgezeiträume die hier angefochtenen Bescheide weder abgeändert noch ersetzt werden. Eine entsprechende Anwendung der Regelung kommt auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie nicht in Betracht. Da in den Folgezeiträumen gegenüber dem Ausgangsbescheid häufig Änderungen auftreten, die besondere Tat- und Rechtsfragen aufwerfen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: 7 b AS 14/06 R, Rd.-Ziffer 30). Die Klägerinnen zu 2) und 3) konnten durch die Erklärungen ihrer gesetzlichen Vertreterin vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG zur übergangsweisen Handhabung dieser formalen Frage (vgl. Urteil vom 07.11.2006, Az.: 7 b AS 8/06 R, Rd.-Ziffer 11) unproblematisch in das Verfahren einbezogen werden.

Die Klage ist auch fristgerecht erhoben worden und damit insgesamt zulässig, da die Klägerin zu 1) insoweit unwiderlegt vorgetragen hat, den Widerspruchsbescheid erst am 27.08.2005 erhalten zu haben.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Bescheide vom 16.06.2005 und 27.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2005 bzw. in Gestalt der Erklärung des Vertreters der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.04.2007 sind rechtmäßig und die Klägerinnen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs 2 S 1 SGG.

Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zu Recht einen Anspruch der Klägerin zu 2) auf Leistungen nach dem SGB II verneint (dazu unten 1). Die Berechnung des Leistungsanspruches der Klägerinnen zu 1) und 3) im Sinne der angefochtenen Bescheide begegnet im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken (dazu unten 2).

1) Die Antragstellerin zu 2) hatte weder einen Anspruch auf ALG II noch auf Sozialgeld.

ALG II erhalten nur erwerbsfähige Hilfebedürftige. Zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin zu 2) in dem hier fraglichen Zeitraum nicht, da sie das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (vgl. § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II. Selbst wenn man voraussetzt, dass sie mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, nämlich der Klägerin zu 1) in einem Haushalt wohnte und deswegen einen Anspruch auf Sozialgeld im Sinne des § 29 SGB II haben konnte, wäre die Klägerin zu 2) nicht leistungsberechtigt, da auch dieser Anspruch davon abhängig ist, dass sie hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs 1 SGB II wäre. Hilfebedürftig ist danach jedoch nur, wer seinen Unterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann. Die Klägerin zu 2) konnte in dem hier fraglichen Zeitraum ihren Lebensunterhalt aus dem ihr zur Verfügung stehenden Einkommen bzw. Vermögen bestreiten. Der bei der Klägerin zu 2) zu deckende Bedarf belief sich, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, auf einen monatlichen Betrag in Höhe von 401,60 EUR. Er setzt sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 276,00 EUR und den kopfanteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 125,60 EUR (379,79 EUR: 3).

Hierauf war nach § 11 Abs 1 SGB II zunächst das Einkommen in Form der Halbwaisenrente in Höhe von 176,98 EUR voll anzurechnen, da von diesen Renteneinkünften Absetzungen nach § 11 Abs 2 SGB II nicht vorzunehmen sind. Auf den dann noch verbleibenden ungedeckten Bedarfsanteil in Höhe von 224,62 EUR war entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht zunächst das für sie an die Mutter ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR monatlich anzurechnen. Denn nach der eindeutigen Zuordnungsvorschrift des § 11 Abs 1 S 2 und 3 SGB II ist das Kindergeld, das für ein minderjähriges Kind gezahlt wird, nur bei dem minderjährigen Kind anzurechnen, "soweit" es von dem Kind zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt wird. Dies ist aber nur der Fall, wenn - anders als hier - der Lebensunterhalt nicht aus sonstigem Einkommen oder Vermögen gesichert werden kann. Denn nur dann wird das Kindergeld zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Kindes benötigt.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen hat die Beklagte hier zu Recht das von der Klägerin zu 2) ererbte Geldvermögen, welches sich in dem hier fraglichen Zeitraum noch auf einen Betrag um etwa um 19.000,00 EUR belief, als Vermögen berücksichtigt. Grundsätzlich sind insoweit berücksichtigungsfähig alle verwertbaren Vermögensgegenstände (§ 12 Abs 1 SGB II). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das in dem damaligen Zeitraum auf verschiedenen Konten bzw. in einem Depot befindliche Geldvermögen der Klägerin zu 2) nicht sofort verbraucht oder verwertet werden konnte und deswegen möglicherweise Hilfebedürftigkeit nach Maßgabe des § 9 Abs 4 SGB II vorlag. Insbesondere die von dem Amtsgericht Dinslaken angeordnete Vermögenspflegschaft stellt einen solchen Anhaltspunkt nicht dar, weil die Vermögenspflegerin verpflichtet ist, das Geldvermögen insoweit freizugeben, wie dies zwingend zur Deckung des Lebensunterhaltes der Klägerin zu 2) erforderlich gewesen wäre. Dies hat sie, wie sich aus den beigezogenen Akten des Amtsgerichts Dinslaken ergibt, in der Vergangenheit auch getan. Vor diesem Hintergrund bestand auch kein Anlass, die Vermögenspflegerin gemäß § 75 Abs 1 SGG zu dem Verfahren beizuladen. Um eine notwendige Beiladung im Sinne des § 75 Abs 2 SGG hätte es sich ohnehin nicht gehandelt.

Die Verwertung des Vermögens war auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich gewesen wäre oder für die Klägerin zu 2) eine besondere Härte bedeutet hätte (§ 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II). Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung liegt deswegen nicht vor, weil es sich hierbei um Geldvermögen handelt, welches grundsätzlich frei verfügbar war und bei sachgerechter Inanspruchnahme auch ohne Vorfälligkeitsentschädigungen o. ä. hätte verwertet werden können. Eine Situation, wie bei aufzulösenden Lebensversicherungen oder sonstigen Anlageformen, bei denen eine Auflösung vor Vertragsablauf deutliche wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen kann, liegt hier nicht vor. Nach Auffassung der Kammer hätte die Verwertung des Vermögens für die Klägerin zu 2) auch keine besondere Härte im Sinne des Gesetzes dargestellt. Eine besondere Härte kann in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn diese über den bloßen Vermögensverlust, der durch die Verwertung des Vermögens eintritt, hinausgeht. Dabei ist es aus Sicht der Kammer zunächst so, dass die Verwertung nicht schon deswegen eine besondere Härte darstellen kann, weil es sich um ererbtes Vermögen handelt. Allein die Tatsache, dass ein Vermögensgegenstand ererbt wurde, macht dessen Verwertung noch nicht unzumutbar. Bei Erbschaften dürfte dies lediglich der Fall sein, wenn es sich bei dem ererbten Gegenstand um einen solchen von besonders hohem affektiven Interesse für den Erbenden handelt (vgl. Brühl in LPK-SGB II 2. Auflage 2006 § 12 Rd.-Ziffer 56 m.w.N.). Ein solches besonderes Interesse liegt hier nicht vor, weil es sich um reines Geldvermögen handelte. An eine Unzumutbarkeit der Verwertung des ererbten Vermögens wäre auch zu denken, wenn der Erblasser das Vermögen mit einer bestimmten Zweckbestimmung verbunden hätte. Dies ist hier ebenfalls nicht der Fall, weil die Klägerin zu 2) das ererbte Vermögen im Wege der gesetzlichen Erbfolge erhalten hat. Aus Sicht der Kammer kann allein die Tatsache, dass das Geld möglicherweise später für ihre Berufsausbildung Verwendung finden könnte und sie dies nach ihren Angaben auch beabsichtigt, die Verwertung nicht unzumutbar machen. Denn mit dieser Zweckbestimmung war das Geld ihr nicht zugewendet worden. Zudem könnte ansonsten jegliches Vermögen im Falle einer Bedürftigkeit der Verwertung mit der Argumentation entzogen werden, dass es später möglicherweise für sinnvolle Zwecke eingesetzt werden soll und dadurch gegebenenfalls staatliche Leistungen ersetzen könnte. Insofern sind jedenfalls hier die Ausbildungsabsichten bzw. der Finanzbedarf für die Ausbildung der Klägerin zu 2) noch eindeutig zu unkonkret gewesen, um hieraus eine besondere Härte im Hinblick auf die zugemutete Verwertung anzunehmen.

Das nach alledem also dem Grunde nach zu berücksichtigende Bar- bzw. Geldvermögen der Klägerin zu 2) übersteigt auch die maßgebende Vermögensfreigrenze des § 12 Abs 2 Nr. 1a SGB II. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Auffassung der Klägerinnen, dass auch die Freibeträge der übrigen Familienangehörigen zu berücksichtigen wären, teilt die Kammer nicht. Denn diese Auffassung würde den Regelungen des zweiten Kapitels des SGB II zugrunde liegenden Prinzips der Einzelanspruchsberechtigung nicht entsprechen. Insoweit sind die Voraussetzungen der Bedürftigkeit jedes einzelnen Mitgliedes einer Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft getrennt zu prüfen und dementsprechend auch für jede Person gesondert die entsprechenden Freigrenzen zu ermitteln und zu berücksichtigen. Hieran ändert aus Sicht der Kammer auch die Entscheidung des Sozialgerichts Aurich vom 15.02.2006 (Az.: S 15 AS 107/05) nichts. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Fall handelt, der eine andere Fallkonstellation zum Gegenstand hatte. Denn dort ging es um die Übertragung eines bei dem Kind überschießenden Freibetrages auf die Eltern und nicht wie hier um die Übertragung eines Freibetrages der Mutter auf das Kind. Dies ist aus Sicht der Kammer deswegen von Bedeutung, weil § 9 Abs 2 S 2 die übertragende Anrechnung von Einkommen und Vermögen nur von Eltern auf ihre Kinder anordnet und nicht von Kindern auf ihre Eltern. Auch das Argument, es sei letztlich zufällig, bei welchem Mitglied der Familie bzw. der Bedarfsgemeinschaft Vermögenswerte vorhanden seien, greift aus Sicht der Kammer nicht durch. Denn es ist wie oben bereits erwähnt gerade Inhalt der Regelungen, nur solche Personen in den Genuss von Leistungen nach dem SGB II kommen zu lassen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sicherstellen können. Insofern kann also eine entsprechende Entscheidung des Gerichts auch die zivilrechtliche Zuordnung des Vermögens zu einer bestimmten Person nicht außer Acht lassen. Der Einwand, dass die Klägerin zu 2) möglicherweise unter Zugrundelegung familienrechtlicher Maßstäbe das von ihrem Vater ererbte Vermögen nicht einzusetzen gehabt hätte, ist für den vorliegenden Fall - wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat - nicht relevant, weil die familienrechtlichen Grundsätze zur Unterhaltsberechnung im Bereich des SGB II keine Rolle spielen. Dies gilt auch für die oben vorgenommene Bedarfsberechnung der Klägerin zu 2).

Da die Klägerin zu 2) ihren Lebensunterhalt hier in dem fraglichen Zeitraum aus eigenem Einkommen und Vermögen sichern konnte, war sie also nicht hilfebedürftig, so dass ihr die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht keine Leistungen zuerkannt hat. Sie gehörte aufgrunddessen auch nicht zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerinnen zu 1) und 3) (vgl. § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II).

2) Die Berechnung des Leistungsanspruches der Klägerinnen zu 1) und 3) begegnet im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Der Leistungsanspruch der Klägerin zu 3) beläuft sich auf 178,60 EUR. Er ergibt sich aus einem Betrag für die Regelleistung nach § 20 SGB II in Höhe von 207,00 EUR zuzüglich des kopfanteilen Bedarfs für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 125,60 EUR (=332,60 EUR) hiervon war der Betrag des für die Klägerin zu 3) gezahlten Kindergeldes in Höhe von 154,00 EUR abzusetzen, woraus sich der oben eingangs genannte Betrag ergibt. Dies war zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Bedarf der Klägerin zu 1) ergibt sich aus der Regelleistung nach § 20 SGB II in Höhe von 345,00 EUR zuzüglich des Mehrbedarfszuschlages für Alleinerziehende nach § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II in Höhe von 124,00 EUR. Dazu kommt noch der kopfanteilige Betrag für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 125,59 EUR (= 594,59 EUR). Aufgrund der vorstehend unter 2) bereits dargestellten Regelungen des § 11 Abs 1 S 2 und 3 SGB II war das Kindergeld, welches nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes bei der Klägerin zu 2) benötigt wurde, entsprechend der allgemeinen Regelungen des § 11 Abs 1 S 1 SGB II bei der Klägerin zu 1) zu berücksichtigen. Hiervon war allerdings nach § 11 Abs 2 Nr 3 i. V. m. § 3 Abs 2 Nr 2a der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung (ALG II-V) die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR abzusetzen sowie der von der Klägerin zu 1) zwischenzeitlich nachgewiesene Beitrag zur KFZ-Versicherung in Höhe von 41,89 EUR. Die Berücksichtigung des zuletzt genannten Betrages hat der Vertreter der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung auch anerkannt. Es verbleibt damit ein Restanspruch für die Klägerin zu 1) monatlich in Höhe von 512,48 EUR. Zuzüglich des oben für die Klägerin zu 3) berechneten Betrages in Höhe von 178,60 EUR ergibt sich ein Gesamtanspruch monatlich für die Klägerin zu 1) und 3) in Höhe von 691,08 EUR. Dies entspricht in Ergebnis dem Betrag, den die Beklagte sich im Termin zur mündlichen Verhandlung verpflichtet hat, zu zahlen.

Nach den vorstehenden Ausführungen kommt die Zahlung eines darüber hinaus gehenden Betrages nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kostenbeteiligung der Beklagten entspricht in etwa dem wertmäßigen Anteil des an der gesamten Klageforderung, die sich ,wenn man die Rechtsauffassung der Klägerinnen zugrundelegt, auf einen monatlichen Leistungsbetrag in Höhe von etwa 843,81 EUR beläuft.
Rechtskraft
Aus
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