L 11 R 885/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 4868/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 885/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger über den 31.05.2005 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren ist.

Der im März 1946 geborene und aus Italien stammende Kläger hat seinen Angaben zufolge keinen Beruf erlernt und nach seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland zwischen 1962 und Juli 1976 als Hilfsarbeiter, Helfer, Bauhelfer, Hilfsschweißer und E-Schweißer gearbeitet. Nach selbständiger Tätigkeit als Gastwirt war er ab April 1991 - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - u.a. als Tellerwäscher, Bäckereigehilfe und Helfer in einem Imbissladen sowie zuletzt nach einem Schweißlehrgang (Juni bis September 1997) und einer Tätigkeit vom 14.06. bis 24.09.1999 vom 27.09.1999 bis 15.01.2000 als Schweißer in einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt. Seither ist er entweder arbeitsunfähig krank oder arbeitslos.

Am 09.04.2003 beantragte der Kläger wegen eines Wirbelsäulenleidens, Kopfschmerzen und Schwindel Rente wegen Erwerbsminderung bei der LVA Baden-Württemberg, die den Antrag an die Beklagte weiterleitete. Es erfolgte eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers in der Ärztlichen Dienststelle R ... Dr. S., Ärztin für Anästhesie und Sozialmedizin, gelangte in ihrem Gutachten unter Berücksichtigung weiterer Arztunterlagen (Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik B.-B. über die stationäre Behandlung des Klägers im Januar 2001, Computertomographiebefund der HWS vom Dezember 2001, Arztbrief des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dr. B. vom Januar 2002, Arztbriefe des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom März und April 2003) zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden chronisch rezidivierende Zervikozephalgien und Zervikobrachialgien bei degenerativen Veränderungen der unteren HWS, chronisch rezidivierende Lumboischialgien links bei degenerativen Veränderungen der unteren LWS, ein Nikotinabusus und eine rezidivierende Epicondylitis humeri radialis links. Der Kläger sei weiterhin in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne häufige Überkopfarbeiten, einseitige Körperhaltungen, häufiges Bücken sowie häufiges Stehen und Steigen auf Leitern und Gerüsten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schweißer sei dem Kläger auf Dauer nicht mehr zuzumuten.

Mit Bescheid vom 01.08.2003 lehnte die Beklagte hierauf den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege.

Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren, in dem der Kläger u.a. den Befundbericht des Dr. Dr. B. vom September 2003 vorlegte, zog die Beklagte den ausführlichen Abschlussbericht der Stadtklinik B.-B. über die stationäre Behandlung des Klägers vom 05.09. bis 09.09.2003, ferner Befundunterlagen des behandelnden Arztes Dr. F., u.a. den Befundbericht über die im März 2004 durchgeführte Kernspintomographie der HWS, sowie den Entlassungsbericht des Krankenhauses B. über die stationäre Behandlung vom 16.05. bis 21.05.2004 (ventrale Diskektomie C5/C6 und C6/C7, Korrektur der Geometrie in Lordose unter Einsatz von Cage und Plattenverschraubung am 17.05.2004) bei.

In der Zeit vom 08.06. bis 29.06.2004 wurde für den Kläger eine Anschlussheilbehandlung in den Kliniken für Rehabilitation W.-D.-B. H., Klinik F., durchgeführt, aus dem er arbeitsunfähig entlassen wurde (Diagnose: Z.n. ventraler Diskektomie C5/6 und C6/7, Einsatz von Cage- und Plattenverschraubung vom 17.05.2004 bei Bandscheibenschäden C5/6 und C6/7). In der sozialmedizinischen Epikrise des Entlassungsberichts wurde eine Verbesserung des Allgemeinbefindens und der Beweglichkeit der HWS sowie eine Schmerzreduktion beschrieben und festgehalten, dass der Kläger nach Beendigung der Heilungsphase für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrythmus von Gehen, Stehen und Sitzen unter Vermeidung von Zwangshaltungen und Vibrationsbelastung der Wirbelsäule und vermehrter HWS-Rotation über 60° sowie HWS-Reklination auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Aluminiumschweißer sei nurmehr unter drei Stunden zumutbar (Bl. 47 - 52 SG-Akte).

Der beratende Arzt Dr. M. führte aus, unter Würdigung der im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen seien dem Kläger bis 31.05.2005 auch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur drei bis sechs Stunden täglich zumutbar. Es liege noch kein Dauerzustand vor.

Mit Bescheid vom 03.09.2004 gewährte die Beklagte dem Kläger - ausgehend von einem Versicherungsfall am 05.09.2003 - Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.04.2004 befristet bis 31.05.2005 (neu festgestellt mit Bescheid vom 02.08.2005 - Bl. 70 ff. Verw.-Akte).

Nachdem der Kläger mit der zeitlichen Befristung der Rente nicht einverstanden war und geltend machte, er leide bereits seit einem Arbeitsunfall zu Beginn der siebziger Jahre unter den Beschwerden, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2004 zurück.

Deswegen erhob der Kläger unter Vorlage weiterer Arztberichte Klage zum Sozialgericht Karlsruhe mit der Begründung, er leide aufgrund einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes im Jahre 2003 auch psychisch unter den zunehmenden und chronifizierten multiplen Beschwerden und könne keine adäquate Tätigkeit mehr auf dem Arbeitsmarkt verrichten.

Das SG hörte den Facharzt für innere Medizin Dr. F. als sachverständigen Zeugen und zog von Dr. E., Dr. Dr. B., Dr. M., Kreiskrankenhaus B. und den Kliniken für Rehabilitation W.-D.-B. H. die vorliegenden Krankenunterlagen bei (u.a. Entlassungsberichte der Klinik F.vom Juli 2004, des Kreiskrankenhauses B. vom Mai 2004, Operationsbericht vom 17.05.2004, Kernspintomographie der HWS vom März 2004).

Dr. Dr. B. teilte als letzten Behandlungstermin den 15.09.2003 mit.

Dr. F. berichtete über Behandlungen des Klägers seit 2001 und die erhobenen Befunde und Krankheitsäußerungen. Die Beschwerdesymptomatik liege auf orthopädischem Fachgebiet. In dem Zeitraum, in dem er den Kläger betreut habe, sei es zu keiner grundlegenden Änderung der Beschwerden gekommen. Nach den Aufzeichnungen des Praxisvorgängers Dr. E. sei die Schmerzsymptomatik bereits 2000 existent gewesen.

Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete Dr. M. ein fachorthopädisches Gutachten. Dieser diagnostizierte beim Kläger als Gesundheitsstörungen ein unteres Halswirbelsäulensyndrom nach operativer Versteifung der Wirbel C5/6, C6/7 und Ausräumung von Bandscheibenvorfällen, derzeit ohne neurologische Ausfälle der Arme, eine Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf Wurzelreizbefunde und ohne das altersübliche Maß übersteigende Degenerationszeichen im Röntgenbild, ein Brustwirbelsäulensyndrom bei segmentaler reversibler Funktionsstörung D7, D8 und eine Sehnenansatzreizung am großen Rollhügel links (Periarthritis coxae) ohne Funktionsstörung der Hüftgelenke. Dem Kläger könne im Rahmen einer 5-Tage-Woche unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen ein jeweiliger Arbeitstag von sechs Stunden und mehr zugemutet werden. Vermeiden müsse er Überkopfarbeiten oder Tätigkeiten, die eine ständige Rückbeugung des Kopfes erfordern, stereotype Bewegungsabläufe der Schultergürtel-Nacken-Region, das Besteigen von Leitern und Gerüsten, das Heben und Tragen schwerer Lasten, ständige Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie ausschließliche Tätigkeiten in Rumpfbeuge. Bezüglich seines Verdachtes auf eine arterielle Verschlusskrankheit ergäben sich keine Einschränkungen zusätzlich zum orthopädischen Fachgebiet. Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen oder ein besonders gestaltetes Arbeitsgerät seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit sei erhalten; dem Kläger könne täglich viermal ein Fußweg von 500 m in jeweils 15 bis 18 Minuten zugemutet werden. Eine neurologisch-psychiatrische Zusatzuntersuchung halte er aufgrund des gewonnenen Eindrucks nicht für notwendig.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Es bestehe kein Berufsschutz als Schweißer, da der Kläger über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge und in Deutschland mit langen Unterbrechungen durch selbständige Erwerbstätigkeiten zuletzt als Elektroschweißer im Rahmen eines Zeitarbeitnehmerverhältnisses beschäftigt gewesen sei. Er sei unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdeganges bestenfalls dem Kreis der unteren angelernten Arbeitnehmer zuzuordnen und dementsprechend auf alle Arbeiten eines unteren Angelernten sowie des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Konkret seien dies Tätigkeiten als Telefonist, Bote, Drehteilkontrolleur und Pförtner.

Das SG holte sodann noch eine Auskunft des letzten Arbeitgebers des Klägers, der Firma D.- und W., M. GmbH ein. Diese teilte mit, der Kläger sei vom 27.09.1999 bis 15.01.2000 als Schweißer beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei aufgrund mangelhafter Arbeit gekündigt worden. Bei der Tätigkeit habe es sich um die eines Facharbeiters gehandelt. Der Kläger habe in dem Beschäftigungszeitraum ein Bruttoeinkommen in Höhe von 14.840,04 DM bezogen.

Mit Urteil vom 26.01.2006, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 15.02.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, aufgrund seines beruflichen Werdeganges und der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigung als Schweißer sei der Kläger als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs im Sinne des Mehrstufenschemas anzusehen. Facharbeiterstatus komme ihm in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Schweißer nicht zu, da der Kläger keine Berufsausbildung absolviert und den Beruf des Schweißers lediglich in einem von 1962 bis 1963 dauernden Lehrgang erlernt und daneben im Jahr 1997 einen weiteren Schweißlehrgang absolviert habe. Bereits hieraus lasse sich ableiten, dass der Kläger in der Tätigkeit des Schweißers keine Kenntnisse erlangt habe, die denen einer dreijährigen Ausbildung entsprächen. Als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs könne der Kläger sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden, da es sich hierbei nicht um Tätigkeiten von sehr geringem qualitativen Wert handle. Diese Tätigkeit könne er aufgrund des in dem orthopädischen Fachgutachten festgestellten Leistungsbildes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Hiergegen richtet sich die am 22.02.2006 eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt zur Begründung vor, er habe einen Anspruch auf Rente über den 31.05.2005 hinaus, da zumindest eine teilweise Erwerbsminderung vorliege. Er habe Berufsschutz als Schweißer, denn er habe nach seiner Zuwanderung Anfang 1962 eine Ausbildung zum Schweißer absolviert und dann zunächst sieben Jahre als Schweißer gearbeitet. In den Jahren 1979 bis 1993 sei er selbständiger Gastwirt gewesen. Nach Auffrischungskursen von Juli bis September 1997 sei er Ende 1997 bis 2000 als Schweißer tätig gewesen. Unstreitig könne er den Beruf als Schweißer nicht mehr ausüben. Als Facharbeiter bzw. oberer angelernter Arbeiter könne er auf die vom Gericht vorgeschlagene Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte nicht verwiesen werden. Ungeachtet dessen habe Dr. M. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, dass er aufgrund der damals festgestellten Beeinträchtigung nur drei bis sechs Stunden arbeiten könne. Seit dieser Stellungnahme habe sich sein Gesundheitszustand trotz der Bandscheibenoperation nicht verbessert. Deshalb könne das Gutachten von Dr. M. nicht nachvollzogen werden, der nunmehr überraschenderweise eine bessere Gesundheit festgestellt habe.

Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2006 sowie die Bescheide vom 01. August 2003 und 03. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2004 und den Bescheid vom 02. August 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Mai 2005 hinaus zu gewähren, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. Juni 2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Bezüglich der Frage, ob der Kläger einen Facharbeiterstatus für sich geltend machen könne, werde auf die Meldung zur Sozialversicherung vom 10.04.2000 hingewiesen, welche im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt worden sei. Aus dieser Meldung könne unter "Angaben zur Tätigkeit" Feld A die genaue Berufsbezeichnung entnommen werden. Die Schlüsselzahl 470 entspreche jedoch der Berufsbezeichnung Maurer/Handlanger. Nach den Schlüsselzahlen in der linken und rechten Hälfte des Feldes B sei der Kläger bei seinem Arbeitgeber im Jahr 1999/2000 als Arbeiter ohne Berufsausbildung, der nicht als Facharbeiter tätig sei, geführt worden.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehe und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig sind. Hierüber konnte der Senat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im Bescheid vom 01.08.2003 und im Urteil des SG zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Vorliegend vermochte sich auch der Senat weder davon zu überzeugen, dass beim Kläger der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit eingetreten ist, noch dass ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.05.2005 hinaus auf Dauer zusteht.

Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169). Wurden mehrere Berufe ausgeübt, ist der Hauptberuf zu ermitteln, bei dessen Bestimmung von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen ist, wenn diese zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 61). Der bisherige Beruf und seine besonderen Anforderungen i.S. des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, also sein qualitativer Wert, ist von entscheidender Bedeutung für die Bestimmung des Kreises der Tätigkeiten, auf die der Versicherte unter Verneinung von Berufsunfähigkeit zumutbar verwiesen werden kann. Hierzu hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der der Senat folgt, ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, verschiedene Gruppen gebildet, die durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert sind (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 138, 140; SozR 4 - 2600 § 43 Nrn. 1, 4; SozR 4 - 2600 § 44 Nr. 1). Dabei zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG die Gruppe der angelernten Arbeiter in einen oberen und einen unteren Bereich, wobei entsprechend der Struktur der Anlerntätigkeiten im unteren Bereich dieser Stufe alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und im oberen Bereich die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten zuzuordnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 27.02.1997 - 13 RJ 9/96 -). Grundsätzlich darf der Versicherte auf Tätigkeiten der jeweils niedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 50; BSG SozR 4 - 2600 § 43 Nr. 4; SozR 4 - 2600 § 44 Nr. 1). Denn das Gesetz sieht den Versicherten nicht schon dann als berufsunfähig an, wenn er den bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, sondern verlangt, ausgehend von diesem Beruf, einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf zu nehmen (BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 49). Ein Versicherter, der zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann demnach auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden.

In Ansehung dieser Grundsätze ist der bisherige Beruf die vom Kläger zuletzt bei der Firma D.- und W., M. GmbH, ausgeübte Tätigkeit als Schweißer, die ihm nach den übereinstimmenden medizinischen Feststellungen, insbesondere dem aufgezeigten Leistungsbild, nicht mehr zumutbar ist.

Deswegen ist der Kläger aber noch nicht berufsunfähig. Vielmehr stellt sich die Frage der Verweisbarkeit des Klägers auf geeignete Tätigkeiten, wobei es für die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit - wie oben dargestellt - entscheidend auf die Wertigkeit (Qualität) des bisherigen Berufs ankommt. Entgegen der Auffassung des Klägers hat er keinen Berufsschutz als Facharbeiter. Er besitzt keinen Ausbildungsabschluss als Facharbeiter und hat nach seinen Angaben im Rentenantrag auch keine Anlernzeit absolviert. Zwar ist ein Versicherter der Gruppe der Facharbeiter auch dann zuzuordnen, wenn er, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, einen anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt hat und entsprechend entlohnt worden ist (BSG, Urteil vom 08.10.1992 - 13 RJ 49/91; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 53, 68, 129, 150, 168). Der Kläger hat jedoch auf diese Weise nicht die Qualifikation eines Facharbeiters erlangt. In Betracht kommt hier der frühere Beruf des "Schmelzschweißers", an dessen Stelle ab 1996 die neuen Berufe des Konstruktionsmechanikers bzw. des Anlagenmechanikers der Fachrichtung Schweißtechnik traten. Die Ausbildungsdauer von 3 Jahren beim Schmelzschweißer, in deren Verlauf Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf verschiedene Schweißverfahren und andere Techniken bei der Verarbeitung verschiedener Werkstoffe vermittelt wurden, wurde auf dreieinhalb Jahre erhöht und damit an die übliche Ausbildungsdauer der übrigen bereits 1987 neu geordneten industriellen Metallberufe angepasst. Im Falle des Klägers ist eine Ausbildung als Schweißer nach seiner Zuwanderung Anfang 1962 nicht belegt. Den aktenkundigen Mitgliedsauszügen der Krankenkassen ist zu entnehmen, dass er zwischen März 1962 und April 1964, von November 1965 bis Januar 1966 und von Mai 1966 bis Mai 1968 als Arbeiter, Hilfsarbeiter, Helfer, Bauhelfer und angelernter Arbeiter beschäftigt war. Lediglich von Juni 1964 bis November 1965 und von Juni 1968 bis Juni 1969 sowie im Juni 1973 finden sich unter der Beschäftigungsart die Eintragungen Hilfsschweißer, Schweißer und E.-Schweißer. Zwischen 1976 und Juni 1997 sind Tätigkeiten des Klägers als Schweißer nicht ersichtlich. Nach einem Schweißlehrgang vom 30.06. bis 05.09.1997 war der Kläger ausweislich seines Versicherungsverlaufs bis Juni 1999 erneut arbeitslos. Versicherungspflichtige Beschäftigungen ergeben sich danach nur noch bis Januar 2000, wobei eine Tätigkeit als Schweißer nur vom 27.09.1999 bis 15.01.2000 nachgewiesen ist. Es kann mithin keine Rede davon sein, dass der Beruf des Schweißers seit Sommer 1997 fast 4 Jahre ausgeübt wurde. Bereits der berufliche Werdegang steht einem Facharbeiterstatus des Klägers eindeutig entgegen. Hinzu kommt, dass keine Hinweise dafür bestehen, dass der Kläger über Kenntnisse und Erfahrungen in mehreren Schweißverfahren verfügt. Die wichtigsten sind die des Gasschweißens, des Lichtbogen- (bzw. Elektro-) Schweißens, des Wolfram-Schutzgas-Schweißens (WIG-Schweißen) und des Metallschutzgasschweißens (MIG- und MAG-Schweißen) und das Punktschweißen. Es fehlen jegliche Nachweise über abgelegte Schweißprüfungen (Prüfungsbescheinigungen). Der Kläger hat insoweit nicht einmal vorgetragen, die Befähigung in Bezug auf verschiedene Schweißverfahren zu haben. Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten ist der Kläger entgegen dem SG auch nicht der Berufsgruppe der oberen Angelernten (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten), sondern der mit dem Leitbild des angelernten Arbeiters im unteren Bereich zuzuordnen. Auch wenn die Firma D.- und W. M. GmbH die vom Kläger verrichtete Tätigkeit als Schweißer als solche eines Facharbeiters bezeichnet, führt dies zu keiner höherwertigen Einstufung in das Mehrstufenschema, insbesondere auch nicht in die Berufsgruppe des oberen Angelernten, denn nach der Auskunft des letzten Arbeitgebers erfolgte die Kündigung bereits nach dreieinhalb Monaten aufgrund mangelhafter Arbeit. Weiterer Beweiserhebungen bedurfte es insoweit nicht, denn die nur dreieinhalb Monate währende Tätigkeit ist keinesfalls geeignet, einen Status des Klägers als oberer Angelernter oder gar als Facharbeiter zu begründen. Ungeachtet dessen spricht - worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - die Meldung des Arbeitgebers zur Sozialversicherung gegen eine höhere Wertigkeit des bisherigen Berufs, denn aus den der Meldung zu entnehmenden Schlüsselzahlen ergibt sich, dass der Kläger als Arbeiter ohne Berufsausbildung geführt wurde mit der Berufsbezeichnung Maurerhandlanger. Der Kläger muss sich deshalb auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, soweit sie seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten entsprechen. Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet mithin vorliegend bereits von vornherein aus.

Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine unbefristete Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit, denn er ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens wieder in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich und regelmäßig auszuüben. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis.

Der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung des Klägers ist im Anschluss an Dr. M. mit der Zunahme des Beschwerdebildes von Seiten der Halswirbelsäule und der stationären Aufnahme in der Stadtklinik B.-B. ab 05.09.2003 eingetreten. Im Mai 2004 erfolgte im Kreiskrankenhaus B. die operative Behandlung der Bandscheibenschäden C5/C6 und C6/C7, weshalb Dr. M. zu Recht prä- und postoperativ eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf 3 bis unter 6 Stunden attestierte, und zwar bis 31.05.2005 unter Hinweis darauf, dass noch kein Dauerzustand vorlag. Auch die Ärzte der Kliniken für Rehabilitation W.-D.-B. H. prognostizierten nach der Anschlussheilbehandlung, dass der Kläger nach Beendigung der Heilungsphase für leichte Tätigkeiten wieder zur Verfügung steht. Nach dem ab 01.01.2001 geltenden Rentenrecht ist die Gewährung einer Dauerrente der Ausnahmefall. Regelmäßig ist nur eine Rente auf Zeit zu gewähren. Eine Ausnahme gilt lediglich unter den Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI. Danach werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Von einer Unwahrscheinlichkeit ist danach auszugehen, wenn aus ärztlicher Sicht bei Betrachtung des Krankheitsverlaufs und unter Berücksichtigung der vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten von einem Dauerzustand auszugehen ist. Die Beklagte hat mithin zu Recht die Rente befristet. Daraus folgt zugleich, dass die Rentenzahlung erst am 01.04.2004 beginnt (§ 101 Abs. 1 SGB VI).

Über den 31.05.2005 hinaus steht dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung nicht mehr zu. Dies ergibt sich für den Senat insbesondere aus dem Gutachten von Dr. M ... Danach ist die prognostizierte Stabilisierung des Gesundheitszustandes des Klägers eingetreten. Er kann jedenfalls leichte Tätigkeiten wieder 6 Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen (keine Überkopfarbeiten oder Tätigkeiten, die eine ständige Rückbeugung des Kopfes erfordern, keine stereotypen Bewegungsabläufe der Schultergürtel-Nacken-Region, kein Besteigen von Leitern und Gerüsten, Heben und Tragen schwerer Lasten, keine ständigen Wirbelsäulenzwangshaltungen und keine ausschließliche Tätigkeit in der Rumpfbeuge.). Dr. M. hat für den Senat überzeugend herausgearbeitet, dass sich objektiv nach der Halswirbelsäulenoperation eine Besserung eingestellt hat. Es ergab sich nur eine mäßiggradige Funktionsstörung der Halswirbelsäule bei gleichzeitigem Fehlen von Nervenwurzelkompressionserscheinungen. Was die Bewegungsprüfung der LWS angeht, weist Dr. M. auf eine nur eingeschränkte Verwertbarkeit hin. Der Kläger konnte aber den Langsitz problemlos einnehmen und diese sitzende Position während mehrerer Minuten der Untersuchung einhalten, ohne dass dabei verbale oder gestische Schmerzbekundungen erkennbar waren. Daraus ergibt sich ein de fakto "Fingerspitzen-Boden-Abstand" von etwa 10 cm. Die Nervendehnzeichen nach Lasègue waren bis zu 90 Grad Hüftbeugung negativ, motorische Ausfälle konnten durch Prüfung des Zehen- und Hackengangs ausgeschlossen werden. Hinweise für eine Einengung des lumbalen Spinalkanals, die die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden im linken Bein erklären könnten, fanden sich nicht. Auch die im Bereich der Brustwirbelsäule und der linken Hüfte erhobenen Befunde bedingen keine quantitative Leistungseinengung. Der von Dr. M. geäußerte Verdacht auf eine arterielle Verschlusskrankheit des linken Beines führt ebenfalls zu keiner weiteren Einschränkung des Leistungsvermögens. Wenn das Gutachten von Dr. M. auch über eineinhalb Jahre zurückliegt, so ergeben sich doch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass der Gesundheitszustand des Klägers sich inzwischen wesentliche verschlechtert hat, die Leistungsbeurteilung überholt und somit weitere medizinische Ermittlungen geboten sein könnten. Insbesondere hat der Kläger keine Verschlimmerung geltend gemacht, sondern lediglich vorgetragen, dass sich sein Gesundheitszustand trotz der Bandscheibenoperation nicht gebessert hat. Ungeachtet dessen, dass ein Besserungsnachweis bei einer Zeitrentengewährung nicht erforderlich ist und das Leistungsvermögen des Klägers ab 01.06.2005 unabhängig von der Bewertung durch Dr. M. zu beurteilen ist, ergibt sich sowohl aus dem Reha-Entlassungsbericht als insbesondere auch aus dem Gutachten des Dr. M. eine Befundstabilisierung, weshalb der Kläger nach Ablauf der Zeitrente nicht mehr gehindert war und ist, 6 Stunden und mehr täglich leichte Tätigkeiten auszuführen.

Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht dem Kläger keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern. Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen des Klägers erlaubt ihm noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.

Schließlich ist dem Kläger auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn der Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von seiner Wohnung nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach den Entscheidungen des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 abschließend. Im Falle des Klägers ist keiner dieser Fälle gegeben.

Die Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 1/95 -). Das Risiko, dass der Kläger keinen für ihn geeigneten Arbeitsplatz findet, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -).

Die Berufung des Klägers konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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