L 10 B 586/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 117 AS 4939/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 586/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. März 2007 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die frist- und formgerechte Beschwerde der Antragsgegnerin (Ag) ist zulässig und begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 20. März 2007, mit der die Ag verpflichtet wurde, der Antragstellerin (Ast) weitere 100,00 EUR als Umzugskosten entsprechend dem Angebot der F-Umzüge vom 19. Februar 2007 zu gewähren und der Ast für die Erstausstattung ihrer neuen Wohnung weitere 786,00 EUR zu gewähren, war aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein Anordnungsanspruch - die materielle Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz; im Beschwerdeverfahren kommt es hiernach auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an.

Soweit es um die Bewilligung eines Betrages von 100,00 EUR im Zusammenhang mit dem Umzug der Ast geht, fehlt es an einer hinreichenden Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes.

Bezüglich der Umzugskosten ist nach Durchführung des Umzuges der vom SG Berlin angenommene Anordnungsgrund (zeitgerechte Ermöglichung des Umzugs) entfallen. Die Ast kann nach Durchführung des Umzuges nur noch einen Kostenerstattungsanspruch geltend machen; der Anordnungsgrund muss sich nunmehr auf diesen Kostenerstattungsanspruch beziehen. Eine finanzielle Notlage im Hinblick auf die anlässlich des Umzuges angefallenen Kosten hat die Ast nicht glaubhaft gemacht. Angesichts der belegten Kosten, die den von der Ag gewährten Betrag nicht übersteigen, ist bereits die Notwendigkeit einer Darlehensaufnahme nicht glaubhaft gemacht. Auch ergibt sich weiter aus dem in Kopie eingereichten "Schuldschein", in dem Frau J E unter dem 28. März 2007 bestätigt, der Ast 150,00 EUR "geborgt" zu haben, nichts für eine unmittelbar drohende Rückforderung. Die Klärung der Frage, ob die von der Ag bewilligten und ausgezahlten Mittel für den Umzug iHv 250,00 EUR den notwendigen Bedarf der Ast nach § 22 Abs. 3 S 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vollständig abdeckt, kann demnach erst im anhängigen Hauptsacheverfahren (S 117 AS 4939/07) erfolgen, ohne dass dadurch wesentliche Nachteile für die Ast entstehen. Hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren für den Erwerb einer Einbauküche geltend gemachten Kosten fehlt es sowohl am Anordnungsanspruch als auch am Anordnungsgrund. Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Neben der Regelleistung nach § 20 SGB II steht dem Hilfebedürftigen in den in § 23 Abs. 3 SGB II abschließend geregelten Fällen ein Anspruch auf Sonderbedarf zu. Nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nicht von der Regelleistung umfasst und werden nach § 23 Abs. 3 S 2 SGB II gesondert erbracht. Die Küche in der neuen Wohnung ist ausweislich der Anlage II zum Mietvertrag mit Herd und Spüle eingerichtet. Der Ag hat für den Erwerb von weiteren Küchenmöbeln 139,00 EUR (214,00 EUR abzüglich 75,00 EUR für den beantragten Kleiderschrank) bewilligt und ausgezahlt. Damit ist der unmittelbar notwendige Bedarf für die Belange des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ausreichend gedeckt. Dass eine neue Einbauküche im Wert von 2.386,00 EUR nicht erforderlich ist für eine geordnete Haushaltsführung, die dem Hilfeberechtigten ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten knapp bemittelter Bevölkerungsschichten orientiertes Wohnen ermöglichen soll, bedarf im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keiner weiteren Begründung. Im Hauptsacheverfahren wird ggf. zu klären sein, ob der von der Ag gewährte Betrag von 139,00 Euro für den Erwerb notwendiger Küchenmöbel (nicht der Elektrogeräte) ausreichend ist. Hinsichtlich der möglichen Übernahme der Kosten für einen Kühlschrank hat die Ast trotz Hinweis im Beschluss des Vorsitzenden vom 27. April 2007 nichts weiter vorgetragen. Da die Ast weiterhin insoweit die Übernahme der Kosten nicht verlangt und nicht versichert hat, dass ein solches Gerät fehlt, war auch unter diesem Gesichtspunkt der angegriffene Beschluss des SG vom 20. März 2007 im Ergebnis nicht (teilweise) aufrechtzuerhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved