Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 5 VS 141/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 93/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Feststellungs-klage wird abgewiesen Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Überprüfungsverfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Anerkennung einer Dienstbeschädigung aufgrund seines Unfalls vom 05. April 1967 und die Zahlung eines Dienstbeschädigungsausgleiches nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 v. H. ab dem 20. April 1999.
Der 1946 geborene Kläger stellte am 20. April 1999 bei der Beklagten einen "Antrag auf Anerkennung einer Dienstbeschädigung". Zur Begründung gab er an, am 05. April 1967, gegen 17.30 Uhr, als NVA Angehöriger (Gruppenführer) mit einem Krad und Sozius im Standortbereich B eine Hauptverkehrsstraße () befahren zu haben. Durch ein vorher nicht angezeigtes Wendemanöver eines Dienst Kfz der Nationalen Volksarmee sei er auf dieses aufgeprallt und bei diesem Unfall schwer verletzt worden. Der Unfall habe sich nicht im Zusammenhang mit der Dienstausübung ereignet, sondern während des Ausgangs im Standortbereich. Da nicht er den Verkehrsunfall verschuldet habe, sondern ein Fahrzeug der Nationalen Volksarmee (NVA), könne er nicht verstehen, warum ihm keine Dienstbeschädigung zuerkannt worden sei. Der während seines stationären Aufenthaltes im Kreiskrankenhaus B erstellten Dienstbeschädigungsliste der Dienststelle B vom 31. Mai 1967 widerspreche er, da keine Stellungnahme einer übergeordneten Ärztekommission veranlasst worden sei.
Der Kläger hat ein Tauglichkeitszeugnis vom 31. Mai 1967, einen Befund über eine Kernspintomografie des rechten Oberschenkels vom 19. Februar 1999 und eine Ablichtung der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 vom 31. Mai 1967 zum Verwaltungsvorgang gereicht. In der Dienstbeschädigungsliste ist unter Ziffer VI. "Entscheid der zuständigen Ärztekommission" vermerkt: "DB ausgeschlossen. Begründung des Entscheides: Das Leiden steht in keinerlei Zusammenhang mit der Dienstausübung. Gutachterärztekommission des Militärbezirkes V - Nationale Volksarmee, Lazarett P, Postschließfach ". Die Beklagte hat eine Kopie des Sozialversicherungsausweises des Klägers, eine Übersicht über Krankenhausaufenthalte des Klägers im Kreiskrankenhaus B vom 24. Februar 1995, diverse ärztliche Befunde sowie den Wehrpass des Klägers beigezogen. Auf Anforderung der Beklagten hatte die Allianz Versicherung am 16. September 1999 mitgeteilt, dass zu dem Unfall des Klägers am 05. April 1967 keine Unterlagen im Archiv erhalten seien. Eine Fehlmeldung übersandte ebenfalls das Polizeipräsidium Potsdam am 30. August 1999.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach der Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee bzw. auf einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet ab. Mit der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 und dem Tauglichkeitszeugnis Nr. 96 vom 31. Mai 1967 sei durch die Gutachterärztekommission (GÄK) des Militärbezirks V die Anerkennung der Fraktur des rechten Oberschenkels des Klägers als Dienstbeschädigung ausgeschlossen worden. Aufgrund dieser Entscheidung gehöre der Kläger nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Die rechtliche Überprüfung der nach den Regelungen der ehemaligen DDR getroffenen Entscheidung der GÄK habe sich an Art. 19 Sätze 2 und 3 des Einigungsvertrages (EV) zu orientieren. Danach komme eine Aufhebung dieser Entscheidung nicht in Betracht.
Den am 03. November 1999 erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger darauf verwies, dass der Verkehrsunfall nicht von ihm, sondern von einem Fahrzeug der NVA verschuldet worden sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2000 zurück. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, die Behörde sei nicht befugt, die Entscheidung über die Ablehnung als Dienstbeschädigung aufzuheben, da diese bereits vor dem 03. Oktober 1990 getroffen worden und nach Art. 19 Sätze 1 und 3 EV über den 02. Oktober 1990 hinaus wirksam und für die Behörde bindend geblieben sei.
Die vor dem Sozialgericht Potsdam erhobene Klage S 10 RA 274/00 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 10. November 2000 zurückgenommen. In diesem Termin hat der Kläger zugleich erklärt, er sei am Unfalltag "in der Freizeit mit einem Kollegen zu jemandem gefahren"; Anträge bei der NVA oder bei der Staatlichen Versicherung habe er nicht gestellt. Eine weitere Klage vor dem Sozialgericht Potsdam S 10 RA 161/01 , mit der der Kläger Schadensersatzansprüche/Schmerzensgeld aus dem Verkehrsunfall vom 05. April 1967 gegen die Beklagte geltend gemacht hatte, nahm er am 31. Mai 2001 zurück, nachdem er einen Antrag auf Überprüfung der bestandskräftigen Bescheide gestellt hatte.
Mit Bescheid vom 18. Juni 2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 12. Oktober 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2000 ab. Bei Erlass der genannten Bescheide sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Die Entscheidung über die Ablehnung der bei dem Unfall vom 05. April 1967 erlittenen Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung sei mit der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 vom 31. Mai 1967 getroffen worden. Die Rücknahme der zu überprüfenden Bescheide scheitere somit an Art. 19 Sätze 1 und 3 des EV. Im Übrigen scheitere der Anspruch auch an den tatsächlichen Voraussetzungen, da der Kläger auf Befragen der Vorsitzenden in der nichtöffentlichen Sitzung der 10. Kammer des Sozialgerichts Potsdam am 10. November 2000 angegeben habe, er sei in der Freizeit mit einem Kollegen zu jemandem gefahren.
Den am 16. Juli 2001 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2001 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09. November 2001 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben. Zur Begründung hat er u. a. ausgeführt, bei dem am 05. April 1967 erlittenen Verkehrsunfall habe es sich um einen Dienstunfall, nämlich einen Wegeunfall, gehandelt. Er sei zur damaligen Zeit Unteroffizier bei der NVA in der Kaserne B gewesen und habe den Unfall beim abendlichen Ausgang von seinem Truppenstandort zu seinem damaligen Wohnort RStraße in R erlitten. Als Unteroffizier habe er nachts zu Hause schlafen dürfen. In der Verhandlung vor dem Sozialgericht am 10. November 2000 habe er gesagt, er sei zu "jemandem" gefahren, weil er das nicht so wichtig genommen habe, da er eigentlich bis heute davon ausgehe, dass ihm der Anspruch deswegen zustehe, weil ein Fahrzeug der Nationalen Volksarmee beteiligt gewesen sei. Bei der Eintragung in die Dienstbeschädigungsliste habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 19 EV gehandelt. Die in der Rechtslehre an einen Verwaltungsakt gestellten formalen Mindesterfordernisse seien nicht erfüllt. Es müsse sich um eine Entscheidung einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen handeln, Voraussetzung für die Außenwirkung sei, dass der Betroffene von der Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Die von der Beklagten angeführte Dienstbeschädigungsliste sei ein rein interner Vorgang und entfalte keine Außenwirkung. Infolge der bei dem Unfall erlittenen Oberschenkelfraktur habe sich bei ihm im Laufe der Jahre eine chronische Osteomyelitis entwickelt. Deswegen sei mit Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Potsdam vom 24. Juli 2000 eine MdE/ein GdB von 50 festgestellt worden. Der Kläger hat ferner eine Erklärung seiner Mutter, Frau H S, vom 06. Juli 2001 zur Akte gereicht, in der diese erklärt, "dass sich mein Sohn B S am 5. April 1967 auf dem Heimweg zu einem Kurzbesuch zu mir befand". Der Kläger hat ferner die bereits zum Verwaltungsverfahren eingereichten Unterlagen zur Akte gereicht und in der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2003 erklärt, es sei für ihn damals nicht von Bedeutung gewesen zu sagen, "dass ich auf dem Weg zu meiner Mutter zum Wäschetausch war. Es war so, dass man als Unteroffizier ab ca. 18 Uhr in den Ausgang nach Dienstschluss gehen konnte. Einzige Bedingung war, dass man sich um 6 Uhr wieder zurückmelden musste". Für ihn sei "Ausgang gleichbedeutend in dem Sinne, dass es nicht unüblich war, nach Dienstschluss eine Gaststätte aufzusuchen oder auch zur Mutter zu fahren. Die Kaserne durfte man nach Dienstschluss verlassen."
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 zu verurteilen, den Bescheid vom 12. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2000 aufzuheben und das Unfallereignis vom 05. April 1967 als Dienstunfall anzuerkennen und dafür ab 20. April 1999 Dienstbeschädigtenleistungen nach einer MdE von mindestens 50 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei der in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung verblieben und hat ergänzend ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die in der Dienstbeschädigungsliste getroffene Entscheidung dem Kläger bekannt gegeben worden sei. Die vorgenommene Verfahrensweise in Bezug auf die Dienstbeschädigungsliste habe der gängigen Verwaltungspraxis der DDR entsprochen. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass es sich um einen Wegeunfall gehandelt habe. Während des Ausgangs habe man sich grundsätzlich nur im Standortbereich aufhalten dürfen, der Kläger müsse demnach beweisen, dass sich R im Standortbereich der Kaserne B befunden habe. Ferner sei nicht nachgewiesen, dass die chronische Eiterung des Oberschenkels des Klägers eine Folge des Unfalls vom 05. April 1967 sei. Die Beklagte hat ferner die Urlaubsordnung der Nationalen Volksarmee DV 10/14, die Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee vom 06. Juli 1956 nebst Erster Durchführungsbestimmung zur Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee sowie einen Auszug aus der "Richtlinie R 250/8/001 von 1981 Organisation des Dienstes in der Kompanie/Batterie mit Verweis auf DV 10/7 Nr. 29 Abs. 1" zur Akte gereicht, wegen deren Inhalts auf Bl. 113 ff., 120 ff und 124 ff der Gerichtsakte verwiesen wird.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen T, M und R. Bezüglich der Ergebnisse der Beweisaufnahmen wird auf die Anlagen zu den Sitzungsniederschriften vom 27. Oktober 2003 (Zeuge T), vom 19. Juli 2004 (Zeuge M) und vom 22. November 2004 (Zeuge R) verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, ausweislich der Dienstbeschädigungsliste vom 31. Mai 1967 sei eine ablehnende Entscheidung getroffen worden, die nach Art. 19 Satz 1 und 3 des EV über den 02. Oktober 1990 hinaus wirksam sei. Es komme nicht darauf an, ob diese Entscheidung rechtmäßig sei oder auch dem damaligen DDR Recht widerspreche, denn eine Aufhebung komme nur dann in Betracht, wenn die Bescheide mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regeln des EV unvereinbar seien. Derartige Verstöße seien nicht erkennbar. Im Übrigen habe sich der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls am 05. Mai 1967 nicht auf einem versicherten Weg befunden. Der vom Kläger angetretene Weg nach R habe nicht mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang gestanden. Der Kläger habe sich eigenen Angaben zufolge anlässlich eines Ausganges auf dem Weg zu seiner Mutter nach R befunden. Nach der Urlaubsordnung der Nationalen Volksarmee sei der Ausgang nur innerhalb des Standortbereiches gestattet gewesen. Dies hätten auch die Zeugen bekräftigt. R gehöre jedoch nicht zum Standortbereich der Kaserne B. Somit habe der vom Kläger angetretene Weg nach R an diesem Tag nicht mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang gestanden. Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, dass sein bis heute eingetretener Gesundheitsschaden als Dienstbeschädigung anzuerkennen und zu entschädigen sei, weil ein Lkw der ehemaligen Nationalen Volksarmee an dem ursächlichen Unfall beteiligt gewesen sei, könne dem nicht gefolgt werden. Für die Anerkennung und Entschädigung einer Dienstbeschädigung sei nur darauf abzustellen, ob und inwieweit der betroffene Armeeangehörige die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt habe.
Der Kläger hat gegen das ihm am 26. Januar 2005 zugestellte Urteil am 14. Februar 2005 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung macht er geltend, die Eintragung in der Dienstbeschädigungsliste sei kein von Art. 19 des EV umfasster Verwaltungsakt, weil für die Definition eines Verwaltungsaktes erforderlich sei, dass dieser dem Kläger irgendwann einmal bekannt gemacht worden sei. Der Kläger habe aber erst im Laufe des Verfahrens gegen die Beklagte von der Dienstbeschädigungsliste und deren Inhalt erfahren. Er habe sich an dem fraglichen Tag auch auf einem versicherten Weg befunden. Der Unfall habe sich auf dem Weg zu seiner Mutter, der er u. a. Wäsche zum Waschen bringen wollte, ereignet. Er habe damals ein Zimmer bei seiner Mutter gehabt und sei dort auch polizeilich gemeldet gewesen. Bei der Wohnung seiner Mutter habe es sich um seine "Wohnung" gehandelt. Er sei zwar in der Kaserne untergebracht gewesen, habe aber die Kaserne verlassen dürfen. Am Unfalltag habe er einen Urlaubsschein gehabt. Selbst wenn er keine Urlaubserlaubnis gehabt hätte, müsse der Weg zu seinem Wohnort als versicherter Weg angesehen werden. Denn die zitierte Urlaubsordnung und auch die Ausgangsordnung der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik seien rechtswidrig. Die mit der rigiden Einschränkung von Ausgang und Urlaub verfolgten Ziele der Gefechtsbereitschaft mit einer Mindestsollstärke von 70 v. H. seien deswegen rechtswidrig, weil sie zur Vorbereitung eines Angriffskrieges dienten. Eine Herstellung der Gefechtsbereitschaft sei auch im Jahr 1967 nicht notwendig gewesen, weil eine aktuelle Bedrohung durch andere Staaten nicht bestanden habe. Im Übrigen bestehe eine Ungleichbehandlung zu Soldaten der Bundeswehr hinsichtlich des Ausganges im weiteren Sinne. Der Kläger hat eine Meldeauskunft vom 30. Januar 2007 sowie seinen Wehrpass zur Akte gereicht, aus denen sich ergibt, dass er 1967 in R, RStraße , polizeilich gemeldet war.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 12. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2000 aufzuheben und das Unfallereignis vom 05. April 1967 als Dienstunfall anzuerkennen und ihm, dem Kläger, einen Dienstbeschädigungsausgleich auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v. H. ab 20. April 1999 zu gewähren
sowie festzustellen, dass es sich bei der Eintragung in die Dienstbeschädigungsliste vom 31. Mai 1967 nicht um einen bestandskräftigen Verwaltungsakt handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und hat ferner ausgeführt, dass es sich bei "Wohnung" im Sinne der Durchführungsbestimmung zur Versorgungsordnung bei kasernierten Soldaten um die Kaserne und nicht um ihren polizeilichen Wohnsitz gehandelt habe. Hierzu hat sie die Dienstvorschrift DV 10/3 (Innendienstvorschrift der Nationalen Volksarmee) vom 26. November 1962 zur Akte gereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakten des Sozialgericht Potsdam S 10 RA 274/00 und S 10 RA 161/01 sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: ) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Klage mit dem Antrag festzustellen, dass es sich bei der Eintragung in die Dienstbeschädigungsliste vom 31. Mai 1967 nicht um einen bestandskräftigen Verwaltungsakt handelt, ist unzulässig. Es fehlt bereits an der instanziellen Zuständigkeit des Senats. Die Klageänderung in der Berufungsinstanz ist auch nicht nach § 99 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG zulässig. Weder hat die Beklagte in die Klageänderung eingewilligt noch ist diese sachdienlich, denn die Feststellungsklage wäre auch im Übrigen unzulässig.
Abgesehen davon, dass die begehrte Feststellung nicht zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGG sein kann, fehlt es dem Kläger insoweit an dem nach § 55 Abs. 1 SGG erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse. Er kann seine Rechte mit der Gestaltungs- oder Leistungsklage – hier mit der vorliegenden kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage – verfolgen.
Die statthafte und frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der die Rücknahme des Bescheides vom 12. Oktober 1999 nach § 44 SGB X ablehnende Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Beklagte hat vielmehr mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs hat.
Nach § 1 Gesetz über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet vom 11. November 1996 (BGBl. I Seite 1674, 1676 DBAG ) haben Anspruch auf einen Dienstbeschädigungsausgleich vom 01. Januar 1997 an Personen, die am 31. Dezember 1996 Ansprüche auf Dienstbeschädigungsvoll- oder teilrenten (Dienstbeschädigungsrenten) aus einem der Sonderversorgungssysteme nach Anlage 2 Nr. 1 bis 3 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG - nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht hatten oder nur deshalb nicht hatten, weil diese wegen Zusammentreffens mit anderen Leistungen oder wegen der Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung nicht bestanden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 DBAG). Dienstbeschädigungsausgleich wird bei einem Körper- oder Gesundheitsschaden, der nach den Regelungen der Sonderversorgungssysteme zu einem Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsrente geführt hat oder führen würde, in Höhe der für das Beitrittsgebiet geltenden Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet (§ 2 Abs. 1 DBAG).
Die Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nicht vor. Er hatte bis zum 31. Dezember 1996 keinen Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsvoll- oder teilrente. Nach den bis dahin maßgeblichen Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung wurden Dienstbeschädigungsrenten nicht in die Rentenversicherung überführt und als Versorgungsleistungen nach § 9 Abs. 2 AAÜG weitergezahlt. Die Voraussetzungen für etwaige Ansprüche richteten sich bis 31. Dezember 1996 weiter nach den Versorgungsordnungen. Insoweit gelten für den Zeitraum vor dem 3. Oktober 1990 die für NVA-Soldaten der DDR nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 5b des Einigungsvertrages (Bundesgesetzblatt II Nr. 35 vom 28. September 1990, Seite 885) einschlägigen Versorgungsregelungen weiter. Danach war bereits ein Anspruch auf Feststellung einer Dienstbeschädigung aufgrund des Unfalls vom 5. April 1967 nicht gegeben.
Ob sich dies schon aus der in der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 am 31.05.1967 dokumentierten Entscheidung der Gutachterärztekommission des Militärbezirks V, wonach eine DB (Dienstbeschädigung) ausgeschlossen sei, ergibt, weil es sich bei dieser Entscheidung um eine solche im Sinne des Art. 19 EV handelt, deren Bestandskraft eine abweichende Entscheidung der Beklagten ausschließt, kann dahin stehen. Denn der Kläger hat auch unter Anwendung der für ihn maßgeblichen Versorgungsordnung keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung und Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs.
Anwendbar ist die unveröffentlichte Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Versorgungsordnung) vom 1. September 1982 (im Folgenden: VersO-NVA; abgedruckt in Aichberger II Nr. 230). Diese beinhaltet die vom Ministerrat der DDR beschlossene Versorgungsordnung vom 1. Juli 1957 in der Fassung vom 31. Mai 1968, die vom 1. Januar 1983 nicht mehr anzuwenden war.
Nach Teil I Soziale Versorgung Nr. 101 Anerkennung von Dienstbeschädigungen Nr. 1 VersO-NVA sind als Dienstbeschädigung Körper- oder Gesundheitsschäden von Armeeangehörigen anzuerkennen, deren Entstehung oder Verschlimmerung mit der Dienstausübung in der NVA im ursächlichen Zusammenhang steht (Absatz 1). Eine Dienstbeschädigung ist u. a. anzuerkennen bei Wegeunfällen (Absatz 2 Buchst. c), wobei es sich dabei nach Teil I Soziale Versorgung Nr. 101 Anerkennung von Dienstbeschädigungen Nr. 4 Abs. 1 VersO-NVA um Unfälle handelt, die sich auf einem mit der Dienstausübung im ursächlichen Zusammenhang stehenden Weg von der Wohnung des Armeeangehörigen zur Dienststelle oder zu einem befohlenen Dienstort und umgekehrt ereignen. Voraussetzung für die Anerkennung eines Körper- oder Gesundheitsschadens als Dienstbeschädigung ist nach Nr. 10 Abs. 1 die Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs der Entstehung mit der Dienstausübung in der NVA (Satz 1); die Anerkennung hat nur zu erfolgen, wenn der Zusammenhang erwiesen oder zumindest wahrscheinlich ist (Satz 2). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass es sich bei dem von ihm am 05. April 1967 erlittenen Unfall um einen Wegeunfall im Sinne der Versorgungsordnung gehandelt hat (zur Beweislast und zum geforderten Beweisgrad vgl. Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 24. November 2003 L 6 RA 767/01 juris). Zur Überzeugung des Senats steht nicht fest, dass der Kläger die Wohnung seiner Mutter am fraglichen Tag aufsuchen durfte und es sich somit um einen mit der Dienstausübung im ursächlichen Zusammenhang stehenden - geschützten - Weg gehandelt hat.
Zwar handelte es sich bei der vom Kläger aufgesuchten Wohnung in der RStr in R, seinem polizeilichen Wohnsitz, um seine "Wohnung" im Sinne der VSO-NVA. Denn nach Teil I Ziff. 101 Nr. 4 Abs. 2 VersO-NVA galt als Wohnung des Armeeangehörigen im Sinne des Abs. 1 - neben der Unterkunft in Wohnheimen der NVA - auch die Familienwohnung bzw. bei nicht verheirateten Armeeangehörigen - wie dem Kläger - auch der ständige oder vorübergehende Wohnsitz (Ort der polizeilichen Anmeldung).
Nicht jedes ggf. sogar unerlaubte Aufsuchen der so genannten Familienwohnung bzw. Wohnung im oben genannten Sinne während der Zeit der Dienstausübung stellt jedoch schon einen geschützten Weg dar. Erforderlich nach der Versorgungsordnung war vielmehr, dass dieser Weg mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang stand. Dass dies der Fall war, hat der Kläger nicht nachgewiesen.
Mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang stehend ist nur die direkte Familienheimfahrt nach Beendigung des Dienstes bzw. der umgekehrte Weg von der Familienwohnung zum Dienstort nach einer dienstfreien Zeit zum Wiederantritt des Dienstes. Denn das Motiv für den versorgungsrechtlichen Schutz des Weges zwischen Dienst- und Wohnort ist die Tatsache, dass der Soldat gezwungen ist, seinen Wehrdienst an einem vom Ort der Familienwohnung entfernten Ort zu tun. Diese für die Ausübung des Dienstes erforderliche Strecke soll in die Verantwortungssphäre des Dienstherrn einbezogen werden (vgl. BSG SozR 3200 § 81 Nr. 12 zu der entsprechenden Regelung des § 81 Abs. 4 Soldatenversorgungsgesetz - SVG). Dass der Kläger sich am 05. April 1967 auf einem solchen Weg nach Beendigung seines Dienstes befunden hätte, hat er nicht glaubhaft gemacht, geschweige den nachgewiesen. Er hat zunächst seinen Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren, dass er "Heimschläfer" gewesen sei, nicht aufrechterhalten, sondern vorgetragen, dass er seine Familienwohnung aufgesucht habe, um dort u. a. Wäsche zu waschen, im Übrigen sei er kaserniert untergebracht gewesen.
Dass der Kläger, wie er behauptet, einen Urlaubsschein gehabt hatte und sich somit am fraglichen Tag außerhalb seiner Dienstausübung auf dem - geschützten - Heimweg befunden hätte, hat er weder nachgewiesen, noch ist dies nach seinen Einlassungen im Laufe des Verfahrens wahrscheinlich. Der Kläger hat nämlich durchgängig im erstinstanzlichen Verfahren und insbesondere in seiner persönlichen Anhörung vor dem Sozialgericht am 08. Januar 2003 darauf verwiesen, sich an diesem Tage "im Ausgang" befunden zu haben. Nach dem von der Beklagten eingereichten Auszug aus der "Richtlinie R 250/8/001 von 1981 Organisation des Dienstes in der Kompanie/Batterie mit Verweis auf DV 10/7 Nr. 29 Abs. 1" war "Ausgang" eine vom zuständigen Vorgesetzten erteilte Erlaubnis, zeitlich befristet, die Truppenunterkunft zu verlassen. Anhaltspunkte dafür, dass dies 1967 anders gewesen wäre, liegen nicht vor. Nach der von der Beklagten eingereichten Urlaubsordnung der Nationalen Volksarmee, Ministerium für Nationale Verteidigung 1965 VI DV 10/14 , Nr. 46 Abs. 1, war Unteroffizieren, wie dem Kläger, denen Ausgang gewährt wurde, eine für die genehmigte Ausgangszeit ausgestellte Ausgangskarte auszuhändigen. Dies hat auch der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung bestätigt, in der er angegeben hat, sich an eine "Dauerausgangskarte" erinnern zu können. Nach Nr. 46 Abs. 2 der DV 10/14 berechtigte die Ausgangskarte nicht zum Verlassen des Standortbereiches, der Ausgang war - nur - innerhalb des Standortbereiches gestattet. Die vom Sozialgericht vernommenen Zeugen T, M und R haben in ihren Aussagen bestätigt, dass auch in der Praxis entsprechend diesen Richtlinien verfahren wurde und während des Ausganges der Standortbereich nicht verlassen werden durfte. Der Ort R gehörte jedoch nicht mehr zum Standortbereich der Kaserne B. Den Nachweis einer Genehmigung des Dienstvorgesetzten, an diesem Tag den Standortbereich zu verlassen, ggf. durch Erteilung eines Urlaubsscheines, hat der Kläger nicht geführt. Der von dem Kläger am 05. April 1967 angetretene Weg nach R stand somit mit der Dienstausübung nicht in ursächlichem Zusammenhang. Die Folgen des Verkehrsunfalls waren daher, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht als Dienstbeschädigung anzuerkennen und zu entschädigen.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass sein Gesundheitsschaden als Dienstbeschädigung deswegen anzuerkennen sei, weil ein Lkw der ehemaligen Nationalen Volksarmee daran beteiligt war, wird auf die vom Sozialgericht Potsdam zutreffend dargelegten Gründe, denen der Senat folgt (§ 153 Abs. 2 SGG), Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Überprüfungsverfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Anerkennung einer Dienstbeschädigung aufgrund seines Unfalls vom 05. April 1967 und die Zahlung eines Dienstbeschädigungsausgleiches nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 v. H. ab dem 20. April 1999.
Der 1946 geborene Kläger stellte am 20. April 1999 bei der Beklagten einen "Antrag auf Anerkennung einer Dienstbeschädigung". Zur Begründung gab er an, am 05. April 1967, gegen 17.30 Uhr, als NVA Angehöriger (Gruppenführer) mit einem Krad und Sozius im Standortbereich B eine Hauptverkehrsstraße () befahren zu haben. Durch ein vorher nicht angezeigtes Wendemanöver eines Dienst Kfz der Nationalen Volksarmee sei er auf dieses aufgeprallt und bei diesem Unfall schwer verletzt worden. Der Unfall habe sich nicht im Zusammenhang mit der Dienstausübung ereignet, sondern während des Ausgangs im Standortbereich. Da nicht er den Verkehrsunfall verschuldet habe, sondern ein Fahrzeug der Nationalen Volksarmee (NVA), könne er nicht verstehen, warum ihm keine Dienstbeschädigung zuerkannt worden sei. Der während seines stationären Aufenthaltes im Kreiskrankenhaus B erstellten Dienstbeschädigungsliste der Dienststelle B vom 31. Mai 1967 widerspreche er, da keine Stellungnahme einer übergeordneten Ärztekommission veranlasst worden sei.
Der Kläger hat ein Tauglichkeitszeugnis vom 31. Mai 1967, einen Befund über eine Kernspintomografie des rechten Oberschenkels vom 19. Februar 1999 und eine Ablichtung der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 vom 31. Mai 1967 zum Verwaltungsvorgang gereicht. In der Dienstbeschädigungsliste ist unter Ziffer VI. "Entscheid der zuständigen Ärztekommission" vermerkt: "DB ausgeschlossen. Begründung des Entscheides: Das Leiden steht in keinerlei Zusammenhang mit der Dienstausübung. Gutachterärztekommission des Militärbezirkes V - Nationale Volksarmee, Lazarett P, Postschließfach ". Die Beklagte hat eine Kopie des Sozialversicherungsausweises des Klägers, eine Übersicht über Krankenhausaufenthalte des Klägers im Kreiskrankenhaus B vom 24. Februar 1995, diverse ärztliche Befunde sowie den Wehrpass des Klägers beigezogen. Auf Anforderung der Beklagten hatte die Allianz Versicherung am 16. September 1999 mitgeteilt, dass zu dem Unfall des Klägers am 05. April 1967 keine Unterlagen im Archiv erhalten seien. Eine Fehlmeldung übersandte ebenfalls das Polizeipräsidium Potsdam am 30. August 1999.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach der Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee bzw. auf einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet ab. Mit der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 und dem Tauglichkeitszeugnis Nr. 96 vom 31. Mai 1967 sei durch die Gutachterärztekommission (GÄK) des Militärbezirks V die Anerkennung der Fraktur des rechten Oberschenkels des Klägers als Dienstbeschädigung ausgeschlossen worden. Aufgrund dieser Entscheidung gehöre der Kläger nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Die rechtliche Überprüfung der nach den Regelungen der ehemaligen DDR getroffenen Entscheidung der GÄK habe sich an Art. 19 Sätze 2 und 3 des Einigungsvertrages (EV) zu orientieren. Danach komme eine Aufhebung dieser Entscheidung nicht in Betracht.
Den am 03. November 1999 erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger darauf verwies, dass der Verkehrsunfall nicht von ihm, sondern von einem Fahrzeug der NVA verschuldet worden sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2000 zurück. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, die Behörde sei nicht befugt, die Entscheidung über die Ablehnung als Dienstbeschädigung aufzuheben, da diese bereits vor dem 03. Oktober 1990 getroffen worden und nach Art. 19 Sätze 1 und 3 EV über den 02. Oktober 1990 hinaus wirksam und für die Behörde bindend geblieben sei.
Die vor dem Sozialgericht Potsdam erhobene Klage S 10 RA 274/00 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 10. November 2000 zurückgenommen. In diesem Termin hat der Kläger zugleich erklärt, er sei am Unfalltag "in der Freizeit mit einem Kollegen zu jemandem gefahren"; Anträge bei der NVA oder bei der Staatlichen Versicherung habe er nicht gestellt. Eine weitere Klage vor dem Sozialgericht Potsdam S 10 RA 161/01 , mit der der Kläger Schadensersatzansprüche/Schmerzensgeld aus dem Verkehrsunfall vom 05. April 1967 gegen die Beklagte geltend gemacht hatte, nahm er am 31. Mai 2001 zurück, nachdem er einen Antrag auf Überprüfung der bestandskräftigen Bescheide gestellt hatte.
Mit Bescheid vom 18. Juni 2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 12. Oktober 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2000 ab. Bei Erlass der genannten Bescheide sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Die Entscheidung über die Ablehnung der bei dem Unfall vom 05. April 1967 erlittenen Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung sei mit der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 vom 31. Mai 1967 getroffen worden. Die Rücknahme der zu überprüfenden Bescheide scheitere somit an Art. 19 Sätze 1 und 3 des EV. Im Übrigen scheitere der Anspruch auch an den tatsächlichen Voraussetzungen, da der Kläger auf Befragen der Vorsitzenden in der nichtöffentlichen Sitzung der 10. Kammer des Sozialgerichts Potsdam am 10. November 2000 angegeben habe, er sei in der Freizeit mit einem Kollegen zu jemandem gefahren.
Den am 16. Juli 2001 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2001 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09. November 2001 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben. Zur Begründung hat er u. a. ausgeführt, bei dem am 05. April 1967 erlittenen Verkehrsunfall habe es sich um einen Dienstunfall, nämlich einen Wegeunfall, gehandelt. Er sei zur damaligen Zeit Unteroffizier bei der NVA in der Kaserne B gewesen und habe den Unfall beim abendlichen Ausgang von seinem Truppenstandort zu seinem damaligen Wohnort RStraße in R erlitten. Als Unteroffizier habe er nachts zu Hause schlafen dürfen. In der Verhandlung vor dem Sozialgericht am 10. November 2000 habe er gesagt, er sei zu "jemandem" gefahren, weil er das nicht so wichtig genommen habe, da er eigentlich bis heute davon ausgehe, dass ihm der Anspruch deswegen zustehe, weil ein Fahrzeug der Nationalen Volksarmee beteiligt gewesen sei. Bei der Eintragung in die Dienstbeschädigungsliste habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 19 EV gehandelt. Die in der Rechtslehre an einen Verwaltungsakt gestellten formalen Mindesterfordernisse seien nicht erfüllt. Es müsse sich um eine Entscheidung einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen handeln, Voraussetzung für die Außenwirkung sei, dass der Betroffene von der Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Die von der Beklagten angeführte Dienstbeschädigungsliste sei ein rein interner Vorgang und entfalte keine Außenwirkung. Infolge der bei dem Unfall erlittenen Oberschenkelfraktur habe sich bei ihm im Laufe der Jahre eine chronische Osteomyelitis entwickelt. Deswegen sei mit Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Potsdam vom 24. Juli 2000 eine MdE/ein GdB von 50 festgestellt worden. Der Kläger hat ferner eine Erklärung seiner Mutter, Frau H S, vom 06. Juli 2001 zur Akte gereicht, in der diese erklärt, "dass sich mein Sohn B S am 5. April 1967 auf dem Heimweg zu einem Kurzbesuch zu mir befand". Der Kläger hat ferner die bereits zum Verwaltungsverfahren eingereichten Unterlagen zur Akte gereicht und in der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2003 erklärt, es sei für ihn damals nicht von Bedeutung gewesen zu sagen, "dass ich auf dem Weg zu meiner Mutter zum Wäschetausch war. Es war so, dass man als Unteroffizier ab ca. 18 Uhr in den Ausgang nach Dienstschluss gehen konnte. Einzige Bedingung war, dass man sich um 6 Uhr wieder zurückmelden musste". Für ihn sei "Ausgang gleichbedeutend in dem Sinne, dass es nicht unüblich war, nach Dienstschluss eine Gaststätte aufzusuchen oder auch zur Mutter zu fahren. Die Kaserne durfte man nach Dienstschluss verlassen."
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 zu verurteilen, den Bescheid vom 12. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2000 aufzuheben und das Unfallereignis vom 05. April 1967 als Dienstunfall anzuerkennen und dafür ab 20. April 1999 Dienstbeschädigtenleistungen nach einer MdE von mindestens 50 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei der in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung verblieben und hat ergänzend ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die in der Dienstbeschädigungsliste getroffene Entscheidung dem Kläger bekannt gegeben worden sei. Die vorgenommene Verfahrensweise in Bezug auf die Dienstbeschädigungsliste habe der gängigen Verwaltungspraxis der DDR entsprochen. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass es sich um einen Wegeunfall gehandelt habe. Während des Ausgangs habe man sich grundsätzlich nur im Standortbereich aufhalten dürfen, der Kläger müsse demnach beweisen, dass sich R im Standortbereich der Kaserne B befunden habe. Ferner sei nicht nachgewiesen, dass die chronische Eiterung des Oberschenkels des Klägers eine Folge des Unfalls vom 05. April 1967 sei. Die Beklagte hat ferner die Urlaubsordnung der Nationalen Volksarmee DV 10/14, die Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee vom 06. Juli 1956 nebst Erster Durchführungsbestimmung zur Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee sowie einen Auszug aus der "Richtlinie R 250/8/001 von 1981 Organisation des Dienstes in der Kompanie/Batterie mit Verweis auf DV 10/7 Nr. 29 Abs. 1" zur Akte gereicht, wegen deren Inhalts auf Bl. 113 ff., 120 ff und 124 ff der Gerichtsakte verwiesen wird.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen T, M und R. Bezüglich der Ergebnisse der Beweisaufnahmen wird auf die Anlagen zu den Sitzungsniederschriften vom 27. Oktober 2003 (Zeuge T), vom 19. Juli 2004 (Zeuge M) und vom 22. November 2004 (Zeuge R) verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, ausweislich der Dienstbeschädigungsliste vom 31. Mai 1967 sei eine ablehnende Entscheidung getroffen worden, die nach Art. 19 Satz 1 und 3 des EV über den 02. Oktober 1990 hinaus wirksam sei. Es komme nicht darauf an, ob diese Entscheidung rechtmäßig sei oder auch dem damaligen DDR Recht widerspreche, denn eine Aufhebung komme nur dann in Betracht, wenn die Bescheide mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regeln des EV unvereinbar seien. Derartige Verstöße seien nicht erkennbar. Im Übrigen habe sich der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls am 05. Mai 1967 nicht auf einem versicherten Weg befunden. Der vom Kläger angetretene Weg nach R habe nicht mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang gestanden. Der Kläger habe sich eigenen Angaben zufolge anlässlich eines Ausganges auf dem Weg zu seiner Mutter nach R befunden. Nach der Urlaubsordnung der Nationalen Volksarmee sei der Ausgang nur innerhalb des Standortbereiches gestattet gewesen. Dies hätten auch die Zeugen bekräftigt. R gehöre jedoch nicht zum Standortbereich der Kaserne B. Somit habe der vom Kläger angetretene Weg nach R an diesem Tag nicht mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang gestanden. Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, dass sein bis heute eingetretener Gesundheitsschaden als Dienstbeschädigung anzuerkennen und zu entschädigen sei, weil ein Lkw der ehemaligen Nationalen Volksarmee an dem ursächlichen Unfall beteiligt gewesen sei, könne dem nicht gefolgt werden. Für die Anerkennung und Entschädigung einer Dienstbeschädigung sei nur darauf abzustellen, ob und inwieweit der betroffene Armeeangehörige die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt habe.
Der Kläger hat gegen das ihm am 26. Januar 2005 zugestellte Urteil am 14. Februar 2005 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung macht er geltend, die Eintragung in der Dienstbeschädigungsliste sei kein von Art. 19 des EV umfasster Verwaltungsakt, weil für die Definition eines Verwaltungsaktes erforderlich sei, dass dieser dem Kläger irgendwann einmal bekannt gemacht worden sei. Der Kläger habe aber erst im Laufe des Verfahrens gegen die Beklagte von der Dienstbeschädigungsliste und deren Inhalt erfahren. Er habe sich an dem fraglichen Tag auch auf einem versicherten Weg befunden. Der Unfall habe sich auf dem Weg zu seiner Mutter, der er u. a. Wäsche zum Waschen bringen wollte, ereignet. Er habe damals ein Zimmer bei seiner Mutter gehabt und sei dort auch polizeilich gemeldet gewesen. Bei der Wohnung seiner Mutter habe es sich um seine "Wohnung" gehandelt. Er sei zwar in der Kaserne untergebracht gewesen, habe aber die Kaserne verlassen dürfen. Am Unfalltag habe er einen Urlaubsschein gehabt. Selbst wenn er keine Urlaubserlaubnis gehabt hätte, müsse der Weg zu seinem Wohnort als versicherter Weg angesehen werden. Denn die zitierte Urlaubsordnung und auch die Ausgangsordnung der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik seien rechtswidrig. Die mit der rigiden Einschränkung von Ausgang und Urlaub verfolgten Ziele der Gefechtsbereitschaft mit einer Mindestsollstärke von 70 v. H. seien deswegen rechtswidrig, weil sie zur Vorbereitung eines Angriffskrieges dienten. Eine Herstellung der Gefechtsbereitschaft sei auch im Jahr 1967 nicht notwendig gewesen, weil eine aktuelle Bedrohung durch andere Staaten nicht bestanden habe. Im Übrigen bestehe eine Ungleichbehandlung zu Soldaten der Bundeswehr hinsichtlich des Ausganges im weiteren Sinne. Der Kläger hat eine Meldeauskunft vom 30. Januar 2007 sowie seinen Wehrpass zur Akte gereicht, aus denen sich ergibt, dass er 1967 in R, RStraße , polizeilich gemeldet war.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 12. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2000 aufzuheben und das Unfallereignis vom 05. April 1967 als Dienstunfall anzuerkennen und ihm, dem Kläger, einen Dienstbeschädigungsausgleich auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v. H. ab 20. April 1999 zu gewähren
sowie festzustellen, dass es sich bei der Eintragung in die Dienstbeschädigungsliste vom 31. Mai 1967 nicht um einen bestandskräftigen Verwaltungsakt handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und hat ferner ausgeführt, dass es sich bei "Wohnung" im Sinne der Durchführungsbestimmung zur Versorgungsordnung bei kasernierten Soldaten um die Kaserne und nicht um ihren polizeilichen Wohnsitz gehandelt habe. Hierzu hat sie die Dienstvorschrift DV 10/3 (Innendienstvorschrift der Nationalen Volksarmee) vom 26. November 1962 zur Akte gereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakten des Sozialgericht Potsdam S 10 RA 274/00 und S 10 RA 161/01 sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: ) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Klage mit dem Antrag festzustellen, dass es sich bei der Eintragung in die Dienstbeschädigungsliste vom 31. Mai 1967 nicht um einen bestandskräftigen Verwaltungsakt handelt, ist unzulässig. Es fehlt bereits an der instanziellen Zuständigkeit des Senats. Die Klageänderung in der Berufungsinstanz ist auch nicht nach § 99 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG zulässig. Weder hat die Beklagte in die Klageänderung eingewilligt noch ist diese sachdienlich, denn die Feststellungsklage wäre auch im Übrigen unzulässig.
Abgesehen davon, dass die begehrte Feststellung nicht zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGG sein kann, fehlt es dem Kläger insoweit an dem nach § 55 Abs. 1 SGG erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse. Er kann seine Rechte mit der Gestaltungs- oder Leistungsklage – hier mit der vorliegenden kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage – verfolgen.
Die statthafte und frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der die Rücknahme des Bescheides vom 12. Oktober 1999 nach § 44 SGB X ablehnende Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Beklagte hat vielmehr mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs hat.
Nach § 1 Gesetz über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet vom 11. November 1996 (BGBl. I Seite 1674, 1676 DBAG ) haben Anspruch auf einen Dienstbeschädigungsausgleich vom 01. Januar 1997 an Personen, die am 31. Dezember 1996 Ansprüche auf Dienstbeschädigungsvoll- oder teilrenten (Dienstbeschädigungsrenten) aus einem der Sonderversorgungssysteme nach Anlage 2 Nr. 1 bis 3 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG - nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht hatten oder nur deshalb nicht hatten, weil diese wegen Zusammentreffens mit anderen Leistungen oder wegen der Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung nicht bestanden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 DBAG). Dienstbeschädigungsausgleich wird bei einem Körper- oder Gesundheitsschaden, der nach den Regelungen der Sonderversorgungssysteme zu einem Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsrente geführt hat oder führen würde, in Höhe der für das Beitrittsgebiet geltenden Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet (§ 2 Abs. 1 DBAG).
Die Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nicht vor. Er hatte bis zum 31. Dezember 1996 keinen Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsvoll- oder teilrente. Nach den bis dahin maßgeblichen Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung wurden Dienstbeschädigungsrenten nicht in die Rentenversicherung überführt und als Versorgungsleistungen nach § 9 Abs. 2 AAÜG weitergezahlt. Die Voraussetzungen für etwaige Ansprüche richteten sich bis 31. Dezember 1996 weiter nach den Versorgungsordnungen. Insoweit gelten für den Zeitraum vor dem 3. Oktober 1990 die für NVA-Soldaten der DDR nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 5b des Einigungsvertrages (Bundesgesetzblatt II Nr. 35 vom 28. September 1990, Seite 885) einschlägigen Versorgungsregelungen weiter. Danach war bereits ein Anspruch auf Feststellung einer Dienstbeschädigung aufgrund des Unfalls vom 5. April 1967 nicht gegeben.
Ob sich dies schon aus der in der Dienstbeschädigungsliste Nr. 96 am 31.05.1967 dokumentierten Entscheidung der Gutachterärztekommission des Militärbezirks V, wonach eine DB (Dienstbeschädigung) ausgeschlossen sei, ergibt, weil es sich bei dieser Entscheidung um eine solche im Sinne des Art. 19 EV handelt, deren Bestandskraft eine abweichende Entscheidung der Beklagten ausschließt, kann dahin stehen. Denn der Kläger hat auch unter Anwendung der für ihn maßgeblichen Versorgungsordnung keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung und Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs.
Anwendbar ist die unveröffentlichte Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Versorgungsordnung) vom 1. September 1982 (im Folgenden: VersO-NVA; abgedruckt in Aichberger II Nr. 230). Diese beinhaltet die vom Ministerrat der DDR beschlossene Versorgungsordnung vom 1. Juli 1957 in der Fassung vom 31. Mai 1968, die vom 1. Januar 1983 nicht mehr anzuwenden war.
Nach Teil I Soziale Versorgung Nr. 101 Anerkennung von Dienstbeschädigungen Nr. 1 VersO-NVA sind als Dienstbeschädigung Körper- oder Gesundheitsschäden von Armeeangehörigen anzuerkennen, deren Entstehung oder Verschlimmerung mit der Dienstausübung in der NVA im ursächlichen Zusammenhang steht (Absatz 1). Eine Dienstbeschädigung ist u. a. anzuerkennen bei Wegeunfällen (Absatz 2 Buchst. c), wobei es sich dabei nach Teil I Soziale Versorgung Nr. 101 Anerkennung von Dienstbeschädigungen Nr. 4 Abs. 1 VersO-NVA um Unfälle handelt, die sich auf einem mit der Dienstausübung im ursächlichen Zusammenhang stehenden Weg von der Wohnung des Armeeangehörigen zur Dienststelle oder zu einem befohlenen Dienstort und umgekehrt ereignen. Voraussetzung für die Anerkennung eines Körper- oder Gesundheitsschadens als Dienstbeschädigung ist nach Nr. 10 Abs. 1 die Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs der Entstehung mit der Dienstausübung in der NVA (Satz 1); die Anerkennung hat nur zu erfolgen, wenn der Zusammenhang erwiesen oder zumindest wahrscheinlich ist (Satz 2). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass es sich bei dem von ihm am 05. April 1967 erlittenen Unfall um einen Wegeunfall im Sinne der Versorgungsordnung gehandelt hat (zur Beweislast und zum geforderten Beweisgrad vgl. Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 24. November 2003 L 6 RA 767/01 juris). Zur Überzeugung des Senats steht nicht fest, dass der Kläger die Wohnung seiner Mutter am fraglichen Tag aufsuchen durfte und es sich somit um einen mit der Dienstausübung im ursächlichen Zusammenhang stehenden - geschützten - Weg gehandelt hat.
Zwar handelte es sich bei der vom Kläger aufgesuchten Wohnung in der RStr in R, seinem polizeilichen Wohnsitz, um seine "Wohnung" im Sinne der VSO-NVA. Denn nach Teil I Ziff. 101 Nr. 4 Abs. 2 VersO-NVA galt als Wohnung des Armeeangehörigen im Sinne des Abs. 1 - neben der Unterkunft in Wohnheimen der NVA - auch die Familienwohnung bzw. bei nicht verheirateten Armeeangehörigen - wie dem Kläger - auch der ständige oder vorübergehende Wohnsitz (Ort der polizeilichen Anmeldung).
Nicht jedes ggf. sogar unerlaubte Aufsuchen der so genannten Familienwohnung bzw. Wohnung im oben genannten Sinne während der Zeit der Dienstausübung stellt jedoch schon einen geschützten Weg dar. Erforderlich nach der Versorgungsordnung war vielmehr, dass dieser Weg mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang stand. Dass dies der Fall war, hat der Kläger nicht nachgewiesen.
Mit der Dienstausübung in ursächlichem Zusammenhang stehend ist nur die direkte Familienheimfahrt nach Beendigung des Dienstes bzw. der umgekehrte Weg von der Familienwohnung zum Dienstort nach einer dienstfreien Zeit zum Wiederantritt des Dienstes. Denn das Motiv für den versorgungsrechtlichen Schutz des Weges zwischen Dienst- und Wohnort ist die Tatsache, dass der Soldat gezwungen ist, seinen Wehrdienst an einem vom Ort der Familienwohnung entfernten Ort zu tun. Diese für die Ausübung des Dienstes erforderliche Strecke soll in die Verantwortungssphäre des Dienstherrn einbezogen werden (vgl. BSG SozR 3200 § 81 Nr. 12 zu der entsprechenden Regelung des § 81 Abs. 4 Soldatenversorgungsgesetz - SVG). Dass der Kläger sich am 05. April 1967 auf einem solchen Weg nach Beendigung seines Dienstes befunden hätte, hat er nicht glaubhaft gemacht, geschweige den nachgewiesen. Er hat zunächst seinen Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren, dass er "Heimschläfer" gewesen sei, nicht aufrechterhalten, sondern vorgetragen, dass er seine Familienwohnung aufgesucht habe, um dort u. a. Wäsche zu waschen, im Übrigen sei er kaserniert untergebracht gewesen.
Dass der Kläger, wie er behauptet, einen Urlaubsschein gehabt hatte und sich somit am fraglichen Tag außerhalb seiner Dienstausübung auf dem - geschützten - Heimweg befunden hätte, hat er weder nachgewiesen, noch ist dies nach seinen Einlassungen im Laufe des Verfahrens wahrscheinlich. Der Kläger hat nämlich durchgängig im erstinstanzlichen Verfahren und insbesondere in seiner persönlichen Anhörung vor dem Sozialgericht am 08. Januar 2003 darauf verwiesen, sich an diesem Tage "im Ausgang" befunden zu haben. Nach dem von der Beklagten eingereichten Auszug aus der "Richtlinie R 250/8/001 von 1981 Organisation des Dienstes in der Kompanie/Batterie mit Verweis auf DV 10/7 Nr. 29 Abs. 1" war "Ausgang" eine vom zuständigen Vorgesetzten erteilte Erlaubnis, zeitlich befristet, die Truppenunterkunft zu verlassen. Anhaltspunkte dafür, dass dies 1967 anders gewesen wäre, liegen nicht vor. Nach der von der Beklagten eingereichten Urlaubsordnung der Nationalen Volksarmee, Ministerium für Nationale Verteidigung 1965 VI DV 10/14 , Nr. 46 Abs. 1, war Unteroffizieren, wie dem Kläger, denen Ausgang gewährt wurde, eine für die genehmigte Ausgangszeit ausgestellte Ausgangskarte auszuhändigen. Dies hat auch der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung bestätigt, in der er angegeben hat, sich an eine "Dauerausgangskarte" erinnern zu können. Nach Nr. 46 Abs. 2 der DV 10/14 berechtigte die Ausgangskarte nicht zum Verlassen des Standortbereiches, der Ausgang war - nur - innerhalb des Standortbereiches gestattet. Die vom Sozialgericht vernommenen Zeugen T, M und R haben in ihren Aussagen bestätigt, dass auch in der Praxis entsprechend diesen Richtlinien verfahren wurde und während des Ausganges der Standortbereich nicht verlassen werden durfte. Der Ort R gehörte jedoch nicht mehr zum Standortbereich der Kaserne B. Den Nachweis einer Genehmigung des Dienstvorgesetzten, an diesem Tag den Standortbereich zu verlassen, ggf. durch Erteilung eines Urlaubsscheines, hat der Kläger nicht geführt. Der von dem Kläger am 05. April 1967 angetretene Weg nach R stand somit mit der Dienstausübung nicht in ursächlichem Zusammenhang. Die Folgen des Verkehrsunfalls waren daher, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht als Dienstbeschädigung anzuerkennen und zu entschädigen.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass sein Gesundheitsschaden als Dienstbeschädigung deswegen anzuerkennen sei, weil ein Lkw der ehemaligen Nationalen Volksarmee daran beteiligt war, wird auf die vom Sozialgericht Potsdam zutreffend dargelegten Gründe, denen der Senat folgt (§ 153 Abs. 2 SGG), Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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