Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 251/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragstellern die von diesen ab dem 01.10.2006 abgerechneten vertragsärztlichen Leistungen nach denjenigen Gebührenziffern des EBM-Ä zu vergüten, die für Fachärzte für Herzchirurgie bis zum 30.09.2006 abrechenbar gewesen sind, soweit die übrigen Abrechnungsvoraussetzungen erfüllt sind. Diese Verpflichtung gilt bis zum Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache, wenn bis zum 30.09.2007 Feststellungsklage erhoben worden ist oder bei Gericht eine Mitteilung eingegangen ist, dass Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid I/2007 eingelegt worden ist. Anderenfalls endet die Verpflichtung der Antragsgegnerin aus diesem Beschluss mit diesem Datum. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
Nachdem die Beigeladene zu 9) - L C - zu den vom Gericht gestellten Abrechnungsfragen unter dem 11.05.2007 Stellung genommen hat, konnte die Kammer über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung endgültig entscheiden. Danach ist dem Prozessantrag zu 2) stattzugeben.
Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen nimmt die Kammer Bezug auf die Gründe der Zwischenentscheidung vom 29.01.2007 und geht nur auf solche Gesichtspunkte ein, die sich im Anschluss daran ergeben haben.
Für den Antrag zu 2) fehlt es nicht (mehr) an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragsteller haben inzwischen Abrechnungen für die Quartale I/2006 bis IV/2006 eingereicht, die von der Antragsgegnerin bearbeitet worden sind. Eines Rückgriffs auf den subsidiären Feststellungsantrag zu 3) bedarf es daher nicht mehr. Für den Antrag zu 1) besteht demgegenüber kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 16.11.2006 erklärt hat, die Antragsteller könnten bis einschließlich zum III. Quartal 2006 die an ihrem Praxissitz erbrachten Leistungen - grundsätzlich, bei Vorliegen der übrigen Abrechnungsvoraussetzungen - abrechnen. Insoweit war daher der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Es besteht auch ein Anordnungsanspruch.
Honorarbescheide sind rechtmäßig, wenn die einzelne Kassenärztliche Vereinigung die Vorgaben des Bewertungsausschusses in ihrem HVM bzw. HVV korrekt umsetzt und anwendet. Weiterhin muss der Beschluss des Bewertungsausschusses mit den gesetzlichen Bestimmungen in Einklang stehen. Diese wiederum müssen ihrerseits verfassungskonform sein, sich also insbesondere als zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG erweisen. Nur wenn sich auf allen Prüfungsstufen ergibt, dass Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Regelung nicht bestehen, ist ein Honorarbescheid rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.2004 - B 6 KA 52/03 R -). Bei der im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung ergibt sich hier, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses zum Ausschluss der Herzchirurgen von den Leistungen des Kapitels 7 EBM-Ä ab 01.10.2006 rechtswidrig ist.
Der Bewertungsausschuss ist auf Grund des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes nicht völlig frei. Er darf seine Regelungskompetenz nicht "missbräuchlich", d.h. nicht durch sachgerechte Erwägungen gedeckt, sondern von sachfremden Erwägungen getragen, ausüben (BSGE 83, 205, 208; 84, 235, 237; 79, 239, 245 f.; Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 47/00 R -). Seine Grenzen ergeben sich vorrangig aus den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage, die sich durch Auslegung ermitteln lassen und deren Einhaltung die Gerichte in vollem Umfang überprüfen können (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 34).
Die Aufgaben des Bewertungsausschusses ergeben sich insbesondere aus § 87 Abs. 2 SGB V. Danach bestimmt der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander (Satz 1). Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabschnitten auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen (Satz 2). Im EBM-Ä ist die Bewertung der Leistungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweils betroffenen Arztgruppen auf der Grundlage von sachgerechten Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern auf betriebswirtschaftlicher Basis zu ermitteln (Satz 3). Weitere gesetzliche Vorgaben enthalten die Absätze 2a bis 2c.
Dieses gesetzliche Normprogramm weist dem Bewertungsausschuss die Aufgabe zu, für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztgruppen abrechnungsfähige Leistungen zu definieren und zu bewerten und damit im Rahmen der insgesamt zu regelnden vertragsärztlichen Versorgung auch dazu beizutragen, dass die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden (§ 72 Abs. 2 SGB V).
Wie aus der Stellungnahme der Beigeladenen zu 9) vom 11.05.2007 hervorgeht, lagen dem Änderungsbeschluss des Bewertungsausschusses zum 01.10.2006 jedoch Gesichtspunkte zugrunde, die nicht dessen gesetzlicher Kompetenz unterfallen. Die Beigeladene zu 9) geht davon aus, dass wesentliche Leistungen auf dem Gebiet der Herzchirurgie nicht ambulant erbringbar seien und der Herzchirurg deshalb für sein Fachgebiet als Vertragsarzt nicht zulassungsfähig sei. Die wenigen für die vertragsärztliche Versorgung in Betracht kommenden Leistungen, insbesondere die sehr hoch bewerteten EBM-Leistungen 31211 bis 31218, würden typischerweise durch Ärzte anderer Fachgebiete - überwiegend Kardiologen und Allgemeinchirurgen - erbracht, so dass sich zudem ergebe, dass die ambulante Tätigkeit des Herzchirurgen nicht den Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis erreichen könne.
Mit diesen Erwägungen verkennt der Bewertungsausschuss seine gesetzliche Zuständigkeit. Ihm steht nicht die Befugnis zu, über die Zulassungsfähigkeit einzelner Facharztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung eigenmächtig zu befinden und durch Streichung von Gebührenordnungspositionen im EBM-Ä einer ablehnenden Entscheidung Ausdruck zu verleihen. Welche Facharztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden, ergibt sich aus berufsrechtlichem Weiterbildungs- und vertragsärztlichem Zulassungsrecht. Hieran ist der Bewertungsausschuss gebunden.
Ebenso wenig obliegt es dem Bewertungsausschuss, durch Streichung von Leistungspositionen im EBM-Ä Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die außerhalb von dessen Zuständigkeit liegen, durchzusetzen. Wie die Beigeladene zu 9) weiter mitgeteilt hat, halte nämlich auch der G-BA die Fachärzte für Herzchirurgie für nicht zulassungsfähig und habe sie deshalb aus der Arztgruppe der Chirurgen im Sinne der Bedarfsplanung ausgeklammert. Das bedeute nicht, dass Herzchirurgen wie andere zulassungsfähige Arztgruppen lediglich nicht der Bedarfsplanung unterlägen, sondern sei Konsequenz der Tatsache, dass Herzchirurgen zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen werden könnten. Auch die Kammer geht insofern davon aus, dass der Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 19.07.2005 nicht lediglich rein bedarfsplanerische Motive zugrunde gelegen haben. Wie die Begründung des G-BA zu diesem Beschluss unter Nummer 1 a ausführt, habe der Ausschuss zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt, dass Herzchirurgen nicht in der vertragsärztlichen Versorgung niederlassungsfähig seien, da Leistungen aus diesem Fachgebiet nicht ambulant erbracht werden könnten. Soweit damit auch der G-BA die Ansicht vertritt, Herzchirurgen seien im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung nicht zulassungsfähig, bewegt sich dies außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Die Zuständigkeiten des G-BA folgen aus § 92 SGB V. Die Frage, ob und inwieweit eine Arztgruppe zulassungsfähig ist, rechnet hierzu nicht (LSG NRW, Beschluss vom 04.09.2006 - L 10 B 2/06 KA ER -).
Liegt es damit außerhalb des Kompetenzbereichs sowohl des Bewertungsausschusses als auch des G-BA, über die Zulassungsfähigkeit der Herzchirurgen zur vertragsärztlichen Versorgung zu befinden, so stellt sich die Streichung der Herzchirurgen aus der Facharztliste des Kapitels 7 EBM-Ä ab dem 01.10.2006 als von sachfremden Erwägungen getragen und damit als rechtswidrig dar. Folge ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes; die Antragsteller sind damit weiterhin berechtigt, diejenigen Leistungen des EBM-Ä zu erbringen und abzurechnen, die bis zum 30.09.2006 für die Fachgruppe der Herzchirurgen erbringbar und abrechnungsfähig gewesen sind. Die Antragsgegnerin ist demgemäß verpflichtet, entsprechende Abrechnungen der Antragsteller entgegenzunehmen und durchzuführen.
Da es sich vorliegend um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, welches die Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, bedarf es einer endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage im Hauptsacheverfahren. Sofern die Antragsgegnerin die Leistungen der Antragsteller ab dem 01.10.2006 entsprechend dem Tenor dieses Beschlusses vergütet, scheidet eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (nach durchgeführtem Widerspruchsverfahren) mangels Beschwer aus. Für diesen Fall wird den Antragstellern aufgegeben, Feststellungsklage zu erheben (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 21/95 -). Im Falle einer Beschwer haben sie nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu erheben. Die Obliegenheit zur Klageerhebung beginnt mit dem nächsten auf diesen Beschluss folgenden Abrechnungsbescheid, d.h. für das Quartal I/2007. Angesichts der üblichen Fristen für die Bearbeitung der Abrechnung von ca. 5 Monaten sieht die Kammer dem Eingang einer Feststellungsklage oder der Mitteilung, dass Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid I/2007 eingelegt worden ist, bis zum 30.09.2007 entgegen. Für diesen Fall gilt die tenorierte Verpflichtung der Antragsgegnerin bis zum Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung. Wird bis zum 30.09.2007 weder Feststellungsklage erhoben noch die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Abrechnungsbescheid I/2007 angezeigt, endet die Verpflichtung der Antragsgegnerin aus diesem Beschluss mit diesem Datum.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1 Satz 2, 162 Abs. 1 VwGO. Da es sich vorliegend um eine Abrechnungsfrage handelt, die längerfristig in die Zukunft wirkt, hat die Kammer trotz des geringfügigen Unterliegens der Antragsteller für die Zeit bis zum 30.09.2006 der Antragsgegnerin die Kosten ganz auferlegt.
Gründe:
Nachdem die Beigeladene zu 9) - L C - zu den vom Gericht gestellten Abrechnungsfragen unter dem 11.05.2007 Stellung genommen hat, konnte die Kammer über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung endgültig entscheiden. Danach ist dem Prozessantrag zu 2) stattzugeben.
Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen nimmt die Kammer Bezug auf die Gründe der Zwischenentscheidung vom 29.01.2007 und geht nur auf solche Gesichtspunkte ein, die sich im Anschluss daran ergeben haben.
Für den Antrag zu 2) fehlt es nicht (mehr) an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragsteller haben inzwischen Abrechnungen für die Quartale I/2006 bis IV/2006 eingereicht, die von der Antragsgegnerin bearbeitet worden sind. Eines Rückgriffs auf den subsidiären Feststellungsantrag zu 3) bedarf es daher nicht mehr. Für den Antrag zu 1) besteht demgegenüber kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 16.11.2006 erklärt hat, die Antragsteller könnten bis einschließlich zum III. Quartal 2006 die an ihrem Praxissitz erbrachten Leistungen - grundsätzlich, bei Vorliegen der übrigen Abrechnungsvoraussetzungen - abrechnen. Insoweit war daher der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Es besteht auch ein Anordnungsanspruch.
Honorarbescheide sind rechtmäßig, wenn die einzelne Kassenärztliche Vereinigung die Vorgaben des Bewertungsausschusses in ihrem HVM bzw. HVV korrekt umsetzt und anwendet. Weiterhin muss der Beschluss des Bewertungsausschusses mit den gesetzlichen Bestimmungen in Einklang stehen. Diese wiederum müssen ihrerseits verfassungskonform sein, sich also insbesondere als zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG erweisen. Nur wenn sich auf allen Prüfungsstufen ergibt, dass Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Regelung nicht bestehen, ist ein Honorarbescheid rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.2004 - B 6 KA 52/03 R -). Bei der im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung ergibt sich hier, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses zum Ausschluss der Herzchirurgen von den Leistungen des Kapitels 7 EBM-Ä ab 01.10.2006 rechtswidrig ist.
Der Bewertungsausschuss ist auf Grund des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes nicht völlig frei. Er darf seine Regelungskompetenz nicht "missbräuchlich", d.h. nicht durch sachgerechte Erwägungen gedeckt, sondern von sachfremden Erwägungen getragen, ausüben (BSGE 83, 205, 208; 84, 235, 237; 79, 239, 245 f.; Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 47/00 R -). Seine Grenzen ergeben sich vorrangig aus den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage, die sich durch Auslegung ermitteln lassen und deren Einhaltung die Gerichte in vollem Umfang überprüfen können (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 34).
Die Aufgaben des Bewertungsausschusses ergeben sich insbesondere aus § 87 Abs. 2 SGB V. Danach bestimmt der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander (Satz 1). Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabschnitten auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen (Satz 2). Im EBM-Ä ist die Bewertung der Leistungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweils betroffenen Arztgruppen auf der Grundlage von sachgerechten Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern auf betriebswirtschaftlicher Basis zu ermitteln (Satz 3). Weitere gesetzliche Vorgaben enthalten die Absätze 2a bis 2c.
Dieses gesetzliche Normprogramm weist dem Bewertungsausschuss die Aufgabe zu, für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztgruppen abrechnungsfähige Leistungen zu definieren und zu bewerten und damit im Rahmen der insgesamt zu regelnden vertragsärztlichen Versorgung auch dazu beizutragen, dass die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden (§ 72 Abs. 2 SGB V).
Wie aus der Stellungnahme der Beigeladenen zu 9) vom 11.05.2007 hervorgeht, lagen dem Änderungsbeschluss des Bewertungsausschusses zum 01.10.2006 jedoch Gesichtspunkte zugrunde, die nicht dessen gesetzlicher Kompetenz unterfallen. Die Beigeladene zu 9) geht davon aus, dass wesentliche Leistungen auf dem Gebiet der Herzchirurgie nicht ambulant erbringbar seien und der Herzchirurg deshalb für sein Fachgebiet als Vertragsarzt nicht zulassungsfähig sei. Die wenigen für die vertragsärztliche Versorgung in Betracht kommenden Leistungen, insbesondere die sehr hoch bewerteten EBM-Leistungen 31211 bis 31218, würden typischerweise durch Ärzte anderer Fachgebiete - überwiegend Kardiologen und Allgemeinchirurgen - erbracht, so dass sich zudem ergebe, dass die ambulante Tätigkeit des Herzchirurgen nicht den Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis erreichen könne.
Mit diesen Erwägungen verkennt der Bewertungsausschuss seine gesetzliche Zuständigkeit. Ihm steht nicht die Befugnis zu, über die Zulassungsfähigkeit einzelner Facharztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung eigenmächtig zu befinden und durch Streichung von Gebührenordnungspositionen im EBM-Ä einer ablehnenden Entscheidung Ausdruck zu verleihen. Welche Facharztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden, ergibt sich aus berufsrechtlichem Weiterbildungs- und vertragsärztlichem Zulassungsrecht. Hieran ist der Bewertungsausschuss gebunden.
Ebenso wenig obliegt es dem Bewertungsausschuss, durch Streichung von Leistungspositionen im EBM-Ä Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die außerhalb von dessen Zuständigkeit liegen, durchzusetzen. Wie die Beigeladene zu 9) weiter mitgeteilt hat, halte nämlich auch der G-BA die Fachärzte für Herzchirurgie für nicht zulassungsfähig und habe sie deshalb aus der Arztgruppe der Chirurgen im Sinne der Bedarfsplanung ausgeklammert. Das bedeute nicht, dass Herzchirurgen wie andere zulassungsfähige Arztgruppen lediglich nicht der Bedarfsplanung unterlägen, sondern sei Konsequenz der Tatsache, dass Herzchirurgen zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen werden könnten. Auch die Kammer geht insofern davon aus, dass der Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 19.07.2005 nicht lediglich rein bedarfsplanerische Motive zugrunde gelegen haben. Wie die Begründung des G-BA zu diesem Beschluss unter Nummer 1 a ausführt, habe der Ausschuss zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt, dass Herzchirurgen nicht in der vertragsärztlichen Versorgung niederlassungsfähig seien, da Leistungen aus diesem Fachgebiet nicht ambulant erbracht werden könnten. Soweit damit auch der G-BA die Ansicht vertritt, Herzchirurgen seien im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung nicht zulassungsfähig, bewegt sich dies außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Die Zuständigkeiten des G-BA folgen aus § 92 SGB V. Die Frage, ob und inwieweit eine Arztgruppe zulassungsfähig ist, rechnet hierzu nicht (LSG NRW, Beschluss vom 04.09.2006 - L 10 B 2/06 KA ER -).
Liegt es damit außerhalb des Kompetenzbereichs sowohl des Bewertungsausschusses als auch des G-BA, über die Zulassungsfähigkeit der Herzchirurgen zur vertragsärztlichen Versorgung zu befinden, so stellt sich die Streichung der Herzchirurgen aus der Facharztliste des Kapitels 7 EBM-Ä ab dem 01.10.2006 als von sachfremden Erwägungen getragen und damit als rechtswidrig dar. Folge ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes; die Antragsteller sind damit weiterhin berechtigt, diejenigen Leistungen des EBM-Ä zu erbringen und abzurechnen, die bis zum 30.09.2006 für die Fachgruppe der Herzchirurgen erbringbar und abrechnungsfähig gewesen sind. Die Antragsgegnerin ist demgemäß verpflichtet, entsprechende Abrechnungen der Antragsteller entgegenzunehmen und durchzuführen.
Da es sich vorliegend um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, welches die Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, bedarf es einer endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage im Hauptsacheverfahren. Sofern die Antragsgegnerin die Leistungen der Antragsteller ab dem 01.10.2006 entsprechend dem Tenor dieses Beschlusses vergütet, scheidet eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (nach durchgeführtem Widerspruchsverfahren) mangels Beschwer aus. Für diesen Fall wird den Antragstellern aufgegeben, Feststellungsklage zu erheben (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 21/95 -). Im Falle einer Beschwer haben sie nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu erheben. Die Obliegenheit zur Klageerhebung beginnt mit dem nächsten auf diesen Beschluss folgenden Abrechnungsbescheid, d.h. für das Quartal I/2007. Angesichts der üblichen Fristen für die Bearbeitung der Abrechnung von ca. 5 Monaten sieht die Kammer dem Eingang einer Feststellungsklage oder der Mitteilung, dass Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid I/2007 eingelegt worden ist, bis zum 30.09.2007 entgegen. Für diesen Fall gilt die tenorierte Verpflichtung der Antragsgegnerin bis zum Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung. Wird bis zum 30.09.2007 weder Feststellungsklage erhoben noch die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Abrechnungsbescheid I/2007 angezeigt, endet die Verpflichtung der Antragsgegnerin aus diesem Beschluss mit diesem Datum.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1 Satz 2, 162 Abs. 1 VwGO. Da es sich vorliegend um eine Abrechnungsfrage handelt, die längerfristig in die Zukunft wirkt, hat die Kammer trotz des geringfügigen Unterliegens der Antragsteller für die Zeit bis zum 30.09.2006 der Antragsgegnerin die Kosten ganz auferlegt.
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