Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 3995/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3524/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt Anspruch auf höheres Krankengeld.
Der am 1951 geborene Kläger war vom 11. Februar 1995 bis 31. Januar 2005 als selbständiger Handwerker freiwilliges Mitglied der Beklagten. Es bestand Anspruch auf Krankengeld ab der dritten Woche einer Arbeitsunfähigkeit. Im November 2003 wandte sich die Beklagte an den Kläger mit dem Hinweis, die Beiträge orientierten sich an den Einkünften. Er werde gebeten, den letzten Steuerbescheid vorzulegen. Der Kläger antwortete hierauf nicht. Im Oktober 2004 wandte sich die Beklagte erneut an ihn und bat um Aufklärung über sein Einkommen, insbesondere nochmals um Vorlage des letzten Steuerbescheids. Für den Anspruch auf Krankengeld seien präzise Kenntnisse der Einkünfte erforderlich. Auch hierauf antwortete der Kläger nicht. Er entrichtete im Jahr 2004 Beiträge aus einem monatlichen Bruttoeinkommen von EUR 3.487,50 und für Januar 2005 aus EUR 3.525,00, nämlich die jeweiligen Höchstbeiträge.
Am 03. Dezember 2004 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Arzt für Chirurgie Dr. T. bescheinigte wegen Rückenbeschwerden Arbeitsunfähigkeit bis 31. Januar 2005. Sodann legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts Heilbronn vom 05. März 2004 für das Jahr 2003 vor. Aus der ebenfalls vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung ergab sich für das Jahr 2003 ein Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von EUR 755,32. Durch Bescheid vom 31. Januar 2005 bewilligte die Beklagte Krankengeld ab 17. Dezember 2004 in Höhe von täglich EUR 1,47. Dieser Betrag gründete auf einem aus EUR 755,- umgerechneten kalendertäglichen Einkommen in Höhe von EUR 2,10, hiervon Krankengeld 70 vom Hundert (v.H.). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe Höchstbeiträge für die freiwillige Versicherung entrichtet. Demgemäß müsse sich nach dieser Berechnungsgrundlage auch das Krankengeld bemessen. Im Übrigen enthalte die Gewinn- und Verlustrechnung auch Zinsaufwendungen, die als Einkommen gewertet werden müssten. Belege über die Einkommenssituation im Jahr 2004 legte der Kläger trotz nochmaliger Aufforderung der Beklagten (vom 07. Juli 2005) nicht vor. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 02. November 2005. Zur Begründung war dargelegt, das durch Krankengeld zu ersetzende Arbeitseinkommen bemesse sich nach dem steuerrechtlichen Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit. Weitere Positionen könnten nicht berücksichtigt werden. Inzwischen habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 30. März 2004 - B 1 KR 32/02 R - (= BSGE 92, 260 ff) entschieden, dass sich das Krankengeld eines freiwillig Versicherten hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen nach dem erzielten Arbeitseinkommen bemesse und nicht nach dem für die Beitragsbemessung maßgebenden Einkommen. Über diese Rechtsprechung sei der Kläger noch im Oktober 2004 umfassend informiert und eine weitergehende Beratung angeboten worden. Nachdem eine weitere Bemessungsgrundlage als die im Jahr 2003 erzielten EUR 755,32 nicht mehr bekannt geworden sei, sei das Krankengeld richtig berechnet.
Mit der am (Montag) 05. Dezember 2005 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er verblieb dabei, es sei höchst ungerecht, wenn sich das Krankengeld nicht nach den gezahlten Höchstbeiträgen berechne. Es treffe zu, dass er im Jahr 2003 und 2004 immer mehr in Vermögensverfall geraten sei, sodass er den selbständigen Betrieb schließlich zum 31. Januar 2005 aufgegeben habe. Wäre er über die Rechtslage zutreffend und vollständig informiert worden, hätte er seine Beiträge anderweitig einsetzen können. Die von der Beklagten angewandte gesetzliche Regelung sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Jedenfalls seien die zuviel geleisteten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Durch Urteil vom 13. Juni 2006 wies das SG die Klage ab. Es nahm auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug und wies ebenfalls darauf hin, das BSG (Urteil vom 07. Dezember 2004 - B 1 KR 17/04 R -) habe erneut entschieden, dass sich die Höhe des Krankengelds bei selbständig Erwerbstätigen nur nach dem tatsächlich erzielten Einkommen richte. Werde im maßgeblichen Zeitraum kein positives Arbeitseinkommen erzielt, so scheide ein Anspruch auf Krankengeld gänzlich aus.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 13. Juli 2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er verbleibt dabei, dass er unangemessen benachteiligt worden sei und die gesetzliche Regelung gegen höherrangiges Recht verstoße. Er sei auch nicht ausreichend und mit dem nötigen Nachdruck auf die neue Rechtsprechung hingewiesen worden, weshalb die Beklagte ihn so zu stellen habe, dass er die seiner Beitragspflicht entsprechenden Leistungen erhalte. Er bestreite, die Schreiben vom November 2003 und Oktober 2004 erhalten zu haben. Sonst hätte er mit Sicherheit nicht den Höchstbeitrag bezahlt. Vielmehr hätte er eine Versicherung gewählt, bei der die Leistung in Abhängigkeit vom Beitrag feststehe. Auch eine Betriebsunterbrechungsversicherung wäre in Betracht gekommen. Ebenfalls sei die Äquivalenz von Beitrag und Leistung in höchstem Maße gestört. Er habe auch nicht voraussehen können, welche Einkünfte er laufend erzielen werde. Dies hänge von vielen Zufällen ab. Dies bedinge auch eine unangemessene Benachteiligung gegenüber Pflichtmitgliedern. Auch sei es unangemessen, wenn eine nachträgliche Korrekturmöglichkeit nicht bestehe. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger sein Begehren auf ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 42,00 beziffert und angegeben, im Jahre 2004 hätten seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit ungefähr gleich hoch wie im Jahr 2003 gelegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 17. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 in Höhe von kalendertäglich EUR 42,00 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, es sei zuvor nie bestritten worden, dass der Kläger die Schreiben vom November 2003 und vom Oktober 2004 erhalten habe. Im Übrigen sei jedes Mal eine Erinnerung erfolgt. Der Kläger habe bewusst nie auf Anfragen reagiert. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung sei deshalb der Beitrag aus der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen gewesen. Im Faltblatt vom Oktober 2004 sei deutlich dargestellt gewesen, auf welcher Grundlage die Berechnung künftig erfolgen werde. Ein Beratungsfehler liege demgemäß nicht vor. Im Übrigen habe das BSG entschieden, dass auch eine Pflichtverletzung keine höheren Leistungsansprüche begründen würde. Während des Bezugs von Krankengeld sei die Mitgliedschaft beitragsfrei weitergeführt worden. Eine zu beseitigende Äquivalenzstörung liege nicht vor. Eine Berechnung des Krankengeldes aus dem der Beitragsberechnung zugrundeliegenden Einkommen würde eine Bereicherung darstellen. Auch verfassungsrechtliche Bedenken wegen einer Unangemessenheit der Regelung bestünden nicht. Die Einstufung in die höchste Beitragsklasse ab 01. Januar 2003 sei erfolgt, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt einen Einkommensnachweis nicht geführt gehabt habe.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist allein darüber zu entscheiden, ob der Kläger für Zeit vom 17. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 Anspruch auf höheres Krankengeld hat. Nicht zu entscheiden ist darüber, ob der Kläger Anspruch auf Verminderung seiner in der Vergangenheit gezahlten Beiträge und damit möglicherweise Anspruch auf eine Rückerstattung zuviel gezahlter Beiträge hat. Hierüber hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 31. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 nicht entschieden.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert von EUR 500,- (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist überschritten. Der Kläger begehrt ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 42,00 statt des gezahlten kalendertäglichen Krankengelds von EUR 1,47, mithin ein weiteres kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 40,53. Für den 46 Kalendertage umfassenden streitigen Zeitraum ergibt sich dann ein weiterer Betrag von EUR 1.864,38.
III.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Krankengeld. Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V -). Der Kläger war vom 03. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig erkrankt, was auch ärztlich festgestellt war. Der Kläger hatte somit Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach, wobei der Krankengeldanspruch ab der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit entstand. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 vH des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV -). Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind - wie der Kläger im streitigen Zeitraum -, gilt als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war (§ 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Dies war beim Kläger im Jahr 2004 ein monatliches Bruttoeinkommen von EUR 3.487,50. Hieraus ergäbe sich ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 81,38 (EUR 3.487,50: 30 x 70 vH). In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger sein Begehren auf ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 42,00, das sich - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist - aus dem Mindestbeitrag ergäbe, begrenzt.
Im Regelfall bemisst sich das Krankengeld nach dem schon für die Beitragsbemessung maßgebend gewesenen Arbeitseinkommen. Es handelt sich um eine widerlegbare Vermutung. Hiervon kann ausnahmsweise nur dann abgewichen und die Vermutung widerlegt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspricht, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich geringer war. Von diesen Ausnahmefällen abgesehen, kann als Regelentgelt ohne weitere Tatsachenermittlungen auf die zuletzt maßgeblich gewesene Beitragsbemessungsgrundlage abgestellt werden. (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 11/06 R -). Dies folgt aus dem Zweck des Krankengelds. Das Krankengeld soll seiner Funktion nach als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hat und die wegen der Erkrankung entfallen. Bei der Frage, welches Arbeitseinkommen der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zuletzt erzielt und damit seine Einkommenssituation geprägt hat, muss berücksichtigt werden, dass der Versicherte typischerweise zur Sicherung seines Lebensunterhalts auf das Krankengeld angewiesen ist und die Bewilligung rasch erfolgen muss, weshalb Gesichtspunkte der Praktikabilität und Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens Selbstständiger nicht außer Betracht bleiben (BSG aaO). Die gesetzliche Regelung, aus der unterschiedliche Höhe des Beitrags und des Krankengelds folgen, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (BSGE 92, 260, 266).
Im vorliegenden Fall ist ein solcher Ausnahmefall gegeben. Der Betrag, der der Beitragsbemessung im Jahre 2004 zugrunde lag, und auch der Betrag, der sich aus der Beitragsbemessung nach dem Mindestbeitrag ergäben hätte, entsprachen nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers im Zeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 03.Dezember 2004. Zwar legte der Kläger lediglich den Einkommensteuerbescheid vom 05. März 2004 und die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003 vor, die für das Jahr 2003 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bzw. einen Gewinn von EUR 755,32 ausweisen. Ein Einkommensteuerbescheid oder andere Unterlagen für das Jahr 2004 liegen demgegenüber nicht vor. Allerdings gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung des Senats auf ausdrückliche Frage an, dass seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit im Jahr 2004 ungefähr gleich hoch wie im Jahr 2003 lagen. Dies steht in Übereinstimmung mit dem zuvor im Rechtsstreit erfolgten eigenen Vorbringen des Klägers, dass sowohl im Jahre 2003 und 2004 seine Gewinne aus seiner selbstständiger Tätigkeit drastisch zurückgingen, was letztlich dazu führte, dass er den Betrieb zum 31. Januar 2005 aufgab. Die sich hieraus ergebende wirtschaftliche Situation für das Jahr 2003 lässt sich deshalb auf diejenigen des Jahres 2004 übertragen. Der Kläger legte der Beklagten auch nach entsprechender Aufforderung keine Unterlagen vor, aus denen sich Abweichendes ergibt. Ausgehend von dem Jahres-Arbeitseinkommen von EUR 755,32 berechnete die Beklagte zutreffend das kalendertägliche Krankengelds von EUR 1,47.
Die vom Kläger behauptete fehlerhafte Beratung durch die Beklagte vermag einen Anspruch auf höheres Krankengeld nicht zu begründen. Selbst wenn die Beklagte Beratungspflichten verletzt hätte, kann eine höhere Leistung nicht gefordert werden (vgl. BSGE 92, 260, 265 f.). Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann als Rechtsfolge einen Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist (z.B. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - 13 RJ 16/03 R - m.w.N.). Es ist deshalb unerheblich, ob die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung des Klägers, er habe insbesondere das Schreiben der Beklagten vom Oktober 2004 nicht erhalten, zutrifft. Ungeachtet dessen musste es sich dem Kläger bei zunehmendem offensichtlichen Einkommensverfall aufdrängen, dass es mit der Pflicht zur Entrichtung von Höchstbeiträgen keine Richtigkeit haben konnte.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt Anspruch auf höheres Krankengeld.
Der am 1951 geborene Kläger war vom 11. Februar 1995 bis 31. Januar 2005 als selbständiger Handwerker freiwilliges Mitglied der Beklagten. Es bestand Anspruch auf Krankengeld ab der dritten Woche einer Arbeitsunfähigkeit. Im November 2003 wandte sich die Beklagte an den Kläger mit dem Hinweis, die Beiträge orientierten sich an den Einkünften. Er werde gebeten, den letzten Steuerbescheid vorzulegen. Der Kläger antwortete hierauf nicht. Im Oktober 2004 wandte sich die Beklagte erneut an ihn und bat um Aufklärung über sein Einkommen, insbesondere nochmals um Vorlage des letzten Steuerbescheids. Für den Anspruch auf Krankengeld seien präzise Kenntnisse der Einkünfte erforderlich. Auch hierauf antwortete der Kläger nicht. Er entrichtete im Jahr 2004 Beiträge aus einem monatlichen Bruttoeinkommen von EUR 3.487,50 und für Januar 2005 aus EUR 3.525,00, nämlich die jeweiligen Höchstbeiträge.
Am 03. Dezember 2004 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Arzt für Chirurgie Dr. T. bescheinigte wegen Rückenbeschwerden Arbeitsunfähigkeit bis 31. Januar 2005. Sodann legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts Heilbronn vom 05. März 2004 für das Jahr 2003 vor. Aus der ebenfalls vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung ergab sich für das Jahr 2003 ein Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von EUR 755,32. Durch Bescheid vom 31. Januar 2005 bewilligte die Beklagte Krankengeld ab 17. Dezember 2004 in Höhe von täglich EUR 1,47. Dieser Betrag gründete auf einem aus EUR 755,- umgerechneten kalendertäglichen Einkommen in Höhe von EUR 2,10, hiervon Krankengeld 70 vom Hundert (v.H.). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe Höchstbeiträge für die freiwillige Versicherung entrichtet. Demgemäß müsse sich nach dieser Berechnungsgrundlage auch das Krankengeld bemessen. Im Übrigen enthalte die Gewinn- und Verlustrechnung auch Zinsaufwendungen, die als Einkommen gewertet werden müssten. Belege über die Einkommenssituation im Jahr 2004 legte der Kläger trotz nochmaliger Aufforderung der Beklagten (vom 07. Juli 2005) nicht vor. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 02. November 2005. Zur Begründung war dargelegt, das durch Krankengeld zu ersetzende Arbeitseinkommen bemesse sich nach dem steuerrechtlichen Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit. Weitere Positionen könnten nicht berücksichtigt werden. Inzwischen habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 30. März 2004 - B 1 KR 32/02 R - (= BSGE 92, 260 ff) entschieden, dass sich das Krankengeld eines freiwillig Versicherten hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen nach dem erzielten Arbeitseinkommen bemesse und nicht nach dem für die Beitragsbemessung maßgebenden Einkommen. Über diese Rechtsprechung sei der Kläger noch im Oktober 2004 umfassend informiert und eine weitergehende Beratung angeboten worden. Nachdem eine weitere Bemessungsgrundlage als die im Jahr 2003 erzielten EUR 755,32 nicht mehr bekannt geworden sei, sei das Krankengeld richtig berechnet.
Mit der am (Montag) 05. Dezember 2005 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er verblieb dabei, es sei höchst ungerecht, wenn sich das Krankengeld nicht nach den gezahlten Höchstbeiträgen berechne. Es treffe zu, dass er im Jahr 2003 und 2004 immer mehr in Vermögensverfall geraten sei, sodass er den selbständigen Betrieb schließlich zum 31. Januar 2005 aufgegeben habe. Wäre er über die Rechtslage zutreffend und vollständig informiert worden, hätte er seine Beiträge anderweitig einsetzen können. Die von der Beklagten angewandte gesetzliche Regelung sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Jedenfalls seien die zuviel geleisteten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Durch Urteil vom 13. Juni 2006 wies das SG die Klage ab. Es nahm auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug und wies ebenfalls darauf hin, das BSG (Urteil vom 07. Dezember 2004 - B 1 KR 17/04 R -) habe erneut entschieden, dass sich die Höhe des Krankengelds bei selbständig Erwerbstätigen nur nach dem tatsächlich erzielten Einkommen richte. Werde im maßgeblichen Zeitraum kein positives Arbeitseinkommen erzielt, so scheide ein Anspruch auf Krankengeld gänzlich aus.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 13. Juli 2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er verbleibt dabei, dass er unangemessen benachteiligt worden sei und die gesetzliche Regelung gegen höherrangiges Recht verstoße. Er sei auch nicht ausreichend und mit dem nötigen Nachdruck auf die neue Rechtsprechung hingewiesen worden, weshalb die Beklagte ihn so zu stellen habe, dass er die seiner Beitragspflicht entsprechenden Leistungen erhalte. Er bestreite, die Schreiben vom November 2003 und Oktober 2004 erhalten zu haben. Sonst hätte er mit Sicherheit nicht den Höchstbeitrag bezahlt. Vielmehr hätte er eine Versicherung gewählt, bei der die Leistung in Abhängigkeit vom Beitrag feststehe. Auch eine Betriebsunterbrechungsversicherung wäre in Betracht gekommen. Ebenfalls sei die Äquivalenz von Beitrag und Leistung in höchstem Maße gestört. Er habe auch nicht voraussehen können, welche Einkünfte er laufend erzielen werde. Dies hänge von vielen Zufällen ab. Dies bedinge auch eine unangemessene Benachteiligung gegenüber Pflichtmitgliedern. Auch sei es unangemessen, wenn eine nachträgliche Korrekturmöglichkeit nicht bestehe. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger sein Begehren auf ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 42,00 beziffert und angegeben, im Jahre 2004 hätten seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit ungefähr gleich hoch wie im Jahr 2003 gelegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 17. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 in Höhe von kalendertäglich EUR 42,00 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, es sei zuvor nie bestritten worden, dass der Kläger die Schreiben vom November 2003 und vom Oktober 2004 erhalten habe. Im Übrigen sei jedes Mal eine Erinnerung erfolgt. Der Kläger habe bewusst nie auf Anfragen reagiert. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung sei deshalb der Beitrag aus der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen gewesen. Im Faltblatt vom Oktober 2004 sei deutlich dargestellt gewesen, auf welcher Grundlage die Berechnung künftig erfolgen werde. Ein Beratungsfehler liege demgemäß nicht vor. Im Übrigen habe das BSG entschieden, dass auch eine Pflichtverletzung keine höheren Leistungsansprüche begründen würde. Während des Bezugs von Krankengeld sei die Mitgliedschaft beitragsfrei weitergeführt worden. Eine zu beseitigende Äquivalenzstörung liege nicht vor. Eine Berechnung des Krankengeldes aus dem der Beitragsberechnung zugrundeliegenden Einkommen würde eine Bereicherung darstellen. Auch verfassungsrechtliche Bedenken wegen einer Unangemessenheit der Regelung bestünden nicht. Die Einstufung in die höchste Beitragsklasse ab 01. Januar 2003 sei erfolgt, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt einen Einkommensnachweis nicht geführt gehabt habe.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist allein darüber zu entscheiden, ob der Kläger für Zeit vom 17. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 Anspruch auf höheres Krankengeld hat. Nicht zu entscheiden ist darüber, ob der Kläger Anspruch auf Verminderung seiner in der Vergangenheit gezahlten Beiträge und damit möglicherweise Anspruch auf eine Rückerstattung zuviel gezahlter Beiträge hat. Hierüber hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 31. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 nicht entschieden.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert von EUR 500,- (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist überschritten. Der Kläger begehrt ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 42,00 statt des gezahlten kalendertäglichen Krankengelds von EUR 1,47, mithin ein weiteres kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 40,53. Für den 46 Kalendertage umfassenden streitigen Zeitraum ergibt sich dann ein weiterer Betrag von EUR 1.864,38.
III.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Krankengeld. Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V -). Der Kläger war vom 03. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig erkrankt, was auch ärztlich festgestellt war. Der Kläger hatte somit Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach, wobei der Krankengeldanspruch ab der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit entstand. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 vH des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV -). Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind - wie der Kläger im streitigen Zeitraum -, gilt als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war (§ 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Dies war beim Kläger im Jahr 2004 ein monatliches Bruttoeinkommen von EUR 3.487,50. Hieraus ergäbe sich ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 81,38 (EUR 3.487,50: 30 x 70 vH). In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger sein Begehren auf ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 42,00, das sich - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist - aus dem Mindestbeitrag ergäbe, begrenzt.
Im Regelfall bemisst sich das Krankengeld nach dem schon für die Beitragsbemessung maßgebend gewesenen Arbeitseinkommen. Es handelt sich um eine widerlegbare Vermutung. Hiervon kann ausnahmsweise nur dann abgewichen und die Vermutung widerlegt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspricht, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich geringer war. Von diesen Ausnahmefällen abgesehen, kann als Regelentgelt ohne weitere Tatsachenermittlungen auf die zuletzt maßgeblich gewesene Beitragsbemessungsgrundlage abgestellt werden. (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 11/06 R -). Dies folgt aus dem Zweck des Krankengelds. Das Krankengeld soll seiner Funktion nach als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hat und die wegen der Erkrankung entfallen. Bei der Frage, welches Arbeitseinkommen der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zuletzt erzielt und damit seine Einkommenssituation geprägt hat, muss berücksichtigt werden, dass der Versicherte typischerweise zur Sicherung seines Lebensunterhalts auf das Krankengeld angewiesen ist und die Bewilligung rasch erfolgen muss, weshalb Gesichtspunkte der Praktikabilität und Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens Selbstständiger nicht außer Betracht bleiben (BSG aaO). Die gesetzliche Regelung, aus der unterschiedliche Höhe des Beitrags und des Krankengelds folgen, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (BSGE 92, 260, 266).
Im vorliegenden Fall ist ein solcher Ausnahmefall gegeben. Der Betrag, der der Beitragsbemessung im Jahre 2004 zugrunde lag, und auch der Betrag, der sich aus der Beitragsbemessung nach dem Mindestbeitrag ergäben hätte, entsprachen nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers im Zeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 03.Dezember 2004. Zwar legte der Kläger lediglich den Einkommensteuerbescheid vom 05. März 2004 und die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003 vor, die für das Jahr 2003 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bzw. einen Gewinn von EUR 755,32 ausweisen. Ein Einkommensteuerbescheid oder andere Unterlagen für das Jahr 2004 liegen demgegenüber nicht vor. Allerdings gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung des Senats auf ausdrückliche Frage an, dass seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit im Jahr 2004 ungefähr gleich hoch wie im Jahr 2003 lagen. Dies steht in Übereinstimmung mit dem zuvor im Rechtsstreit erfolgten eigenen Vorbringen des Klägers, dass sowohl im Jahre 2003 und 2004 seine Gewinne aus seiner selbstständiger Tätigkeit drastisch zurückgingen, was letztlich dazu führte, dass er den Betrieb zum 31. Januar 2005 aufgab. Die sich hieraus ergebende wirtschaftliche Situation für das Jahr 2003 lässt sich deshalb auf diejenigen des Jahres 2004 übertragen. Der Kläger legte der Beklagten auch nach entsprechender Aufforderung keine Unterlagen vor, aus denen sich Abweichendes ergibt. Ausgehend von dem Jahres-Arbeitseinkommen von EUR 755,32 berechnete die Beklagte zutreffend das kalendertägliche Krankengelds von EUR 1,47.
Die vom Kläger behauptete fehlerhafte Beratung durch die Beklagte vermag einen Anspruch auf höheres Krankengeld nicht zu begründen. Selbst wenn die Beklagte Beratungspflichten verletzt hätte, kann eine höhere Leistung nicht gefordert werden (vgl. BSGE 92, 260, 265 f.). Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann als Rechtsfolge einen Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist (z.B. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - 13 RJ 16/03 R - m.w.N.). Es ist deshalb unerheblich, ob die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung des Klägers, er habe insbesondere das Schreiben der Beklagten vom Oktober 2004 nicht erhalten, zutrifft. Ungeachtet dessen musste es sich dem Kläger bei zunehmendem offensichtlichen Einkommensverfall aufdrängen, dass es mit der Pflicht zur Entrichtung von Höchstbeiträgen keine Richtigkeit haben konnte.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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