L 7 AL 4410/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 2601/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 4410/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. September 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) im Zeitraum vom 30. März 2004 bis 24. März 2005.

Die am 1966 geborene Klägerin, die im Gebiet der früheren DDR Ausbildungen zur Lagerfachkraft und zur Schneiderin durchlaufen hatte, kam 1989 nach Westdeutschland; hier war sie zeitweise als Fabrikarbeiterin (Verpackung, Warenkontrolle) beschäftigt, später jedoch wegen der Geburt und Erziehung ihres am 1997 geborenen zweiten Kindes bis 27. Mai 2001 nicht erwerbstätig. Ab 28. Mai 2001 arbeitete sie als Kaltmamsell in der Küche eines Hotels im E ... Ab 30. September 2002 war die Klägerin u.a. wegen des Verdachts auf ein Fibromyalgiesyndrom arbeitsunfähig krank geschrieben; sie bezog Krankengeld vom 11. November 2002 bis 23. September 2003 und sodann wieder vom 30. September 2003 bis 29. März 2004. In der Zeit vom 24. bis 29. September 2003 erhielt sie Übergangsgeld während einer auf Kosten der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg in der P.-Klinik Bad S. durchgeführten stationären Heilbehandlungsmaßnahme, welche sie jedoch vorzeitig abbrach. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat die Klägerin nicht beantragt.

Mit Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld meldete sich die Klägerin am 29. März 2004 bei der Agentur für Arbeit Nagold (AA) - Dienststelle H. arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Arbeitsamtsarzt Dr. G. , Facharzt für Chirurgie/Sozialmedizin, welchem ein Hausarztbericht der Allgemeinärztin Dr. M. , der neurographische Untersuchungsbefund des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Hu. vom 22. März 2002 (leichtes beidseitiges Karpaltunnelsyndrom) sowie die Berichte des Handchirurgen Dr. A. , Chirurgische Klinik des Kreiskrankenhauses F. , vom 24. April 2002, des Orthopäden Dr. K. vom 29. August 2002 und der Internistin/Rheumatologin Dr. Kö. , Oberärztin an der Medizinischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums T. , vom 22. Januar 2003 (Fibromyalgiesyndrom) vorlagen. In seiner gutachterlichen Äußerung vom 14. April 2004 kam Dr. G. zum Ergebnis, dass bei der Klägerin derzeit - bei einer Störung der Schmerzverarbeitung mit multipel geklagten Beschwerden sowie einer Minderbelastbarkeit im Bereich beider Hände bei Verschleißerscheinungen - eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer von voraussichtlich sechs Monaten nicht bestehe; er empfahl die Intensivierung der medizinischen Rehabilitation, ggf. auch im Rahmen eines Heilverfahrens, wobei bei ausreichender Mitarbeit eine Verbesserung der Belastbarkeit möglich sei. Diese gutachterliche Äußerung wurde der Klägerin am 11. Mai 2004 eröffnet. Die Klägerin wiederum legte das Attest der Dr. M. vom 10. Mai 2004 vor, welche von einer Arbeitsunfähigkeit auf Dauer ausging.

Durch Bescheid vom 13. Mai 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg ab, weil die Klägerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes für die Dauer von bis zu sechs Monaten nicht leistungs- und arbeitsfähig sei. Mit ihrem Widerspruch reichte die Klägerin das Attest der Dr. M. vom 25. Juni 2004 ein, die wegen therapieresistenter Schmerzen erneut Arbeitsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit bescheinigte. Dr. G. wiederum verblieb in seiner gutachterlichen Äußerung vom 14. Juli 2004 bei einer zeitlich auf bis zu sechs Monate begrenzten Einschränkung der Leistungsfähigkeit, wobei er eine Verbesserung des Leistungsvermögens durch medizinisch-rehabilitative Maßnahmen für möglich erachtete. Darauf erging der zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2004; die Klägerin stehe der Arbeitsvermittlung aufgrund der voraussichtlich bis zu sechs Monaten eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht zur Verfügung, die Gewährung von Leistungen im Rahmen der so genannten Nahtlosigkeitsregelung des § 125 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) sei unter diesen Umständen ausgeschlossen. Zuvor war die Klägerin zwei Meldeaufforderungen vom 28. Juni 2004 zum 5. Juli 2004 und vom 6. Juli 2004 zum 12. Juli 2004 nicht nachgekommen, weil sie nach wie vor arbeitsunfähig krank geschrieben sei.

Am 13. August 2004 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben; sie hat die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihrer Hausärztin bis einschließlich 29. Februar 2005 vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten; ab 6. Juli 2004 bestehe zudem wegen des Eintritts einer Säumniszeit kein Leistungsanspruch. Das SG hat Dr. M. als sachverständige Zeugin schriftlich gehört; diese hat in dem am 12. Januar 2005 beim SG eingegangenen Schreiben mitgeteilt, sie stimme zwar der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 14. April 2004 zu, halte indes die Klägerin, die an einer Morgensteifigkeit der Finger sowie schon nach kurzer Belastung an Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Parästhesien der Hände bis in die Unterarme ausstrahlend leide, auf Dauer für leistungsunfähig. Die Beklagte hat hierzu die Stellungnahme des Dr. G. vom 26. Januar 2005 eingereicht; die Hausärztin verwechsle offenbar den Begriff der Arbeitsunfähigkeit mit demjenigen der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin wiederum hat im Schreiben vom 16. April 2005 die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht für sinnvoll erachtet und auf ihre ununterbrochene Krankschreibung seit September 2002 hingewiesen. Mit Urteil vom 22. September 2005 hat das SG die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das der Klägerin am 1. Oktober 2005 zugestellte Urteil verwiesen.

Hiergegen richtet sich die am 26. Oktober 2005 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat erneut auf die von Dr. M. ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hingewiesen. Eine Rente habe sie nicht beantragt, nachdem ihr nach Eröffnung des Gutachtens des Dr. G. seitens der Arbeitsvermittlerin Z. auf ihre Frage erklärt worden sei, dass eine Rentenantragstellung nach diesem Gutachten sinnlos sei. In der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2007 hat sie ergänzend angegeben, dass sie schon in Anbetracht ihres Alters nicht bereits berentet werden wolle. Die Klägerin ist aber der Auffassung, dass den Aussagen des Dr. Hu. und des Dr. K. zu entnehmen sei, dass diese die Zukunftsprognose des Dr. G. als unhaltbar bezeichneten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2004 zu verurteilen, ihr vom 30. März 2004 bis 24. März 2005 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Auch durch die vom Senat eingeholten ärztlichen Stellungnahmen sei die Einschätzung ihres Ärztlichen Dienstes, dass eine Leistungsunfähigkeit nicht länger als sechs Monate vorgelegen habe, nicht widerlegt. Sie hat die beim Ärztlichen Dienst der AA vorhandenen ärztlichen Befundunterlagen sowie eine erneute Stellungnahme des Dr. G. vom 14. Juli 2006 zu den Akten gereicht.

Der Senat hat von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) F. - Kundencenter H. - Unterlagen aus der Krankengeldakte einschließlich der vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) erstellten Gutachten vom 30. Dezember 2002 sowie 26. März und 24. November 2003 beigezogen. Der Senat hat ferner Dr. Hu. und Dr. K. als sachverständige Zeugen schriftlich gehört. Dr. Hu. (Schreiben vom 6. Oktober 2006) hat zweimalige Untersuchungen der Klägerin am 21. März 2002 und 14. Mai 2003 wegen eines beidseitigen leichten Karpaltunnelsyndroms angegeben, wobei er die darüber hinausgehenden nicht objektivierbaren Beschwerden als anhaltende somatoforme Schmerzstörung eingeordnet habe; eine Arbeitsunfähigkeit habe er nicht bescheinigt. Dr. K. , der mit Schreiben vom 12. Oktober 2006 u.a. den Bericht des Internisten Dr. J. vom 21. Januar 2003 (mögliche rheumatoide Arthritis, seronegativ) und der Priv.-Doz. Dr. Kö. vom 19. September 2006 (dringender Verdacht auf chronisches Schmerzsyndrom) zu den Akten gereicht hat, hat über Behandlungen der Klägerin am 27. August 2002 und 25. April 2006 berichtet; eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin sei ihm wegen der nur zweimaligen Vorstellungen der Klägerin sowie der Tatsache, dass bei der zweiten Untersuchung die Vorfußbeschwerden (Hallux rigidus) im Vordergrund gestanden hätten, nicht möglich. Der Senat hat ferner von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg die über die Klägerin geführte Reha-Akte beigezogen.

Zur weiteren Darstellung wird auf die beigezogene Akte, die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstands mehr als 500,00 Euro beträgt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat in der jetzt noch streitbefangenen Zeit, welche sie im Berufungsverfahren auf den Zeitraum vom 30. März 2004 bis 24. März 2005 begrenzt hat (vgl. hierzu § 127 Abs. 2 SGB III (Fassung durch Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) i.V.m. § 339 Satz 1 SGB III; dazu Brand in Niesel, SGB III, 3. Auflage, § 127 Rdnr. 3), keinen Anspruch auf Alg.

Gemäß § 117 Abs. 1 SGB III (in der hier anzuwendenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes - AFRG - vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594)) haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die (1.) arbeitslos sind, (2.) sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Nach § 118 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 - (BGBl. I S. 2970)) ist arbeitslos eine Arbeitnehmer, der (1.) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und (2.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Eine Beschäftigung sucht, wer (1.) alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und (2.) den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung steht (vgl. § 119 Abs. 1 SGB III in der Fassung des AFRG). Nach der Vorschrift des § 119 Abs. 2 SGB III (ebenfalls in der Fassung des AFRG) steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit (d.h. subjektiv verfügbar) ist. Nach § 119 Abs. 3 SGB III (Fassung durch das 1. SGB III-Änderungsgesetz) ist u.a. arbeitsfähig ein Arbeitsloser, der eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf (Nr. 1 a.a.O. (objektive Verfügbarkeit)) und Vorschlägen des Arbeitsamts zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (Nr. 3 a.a.O. (Erreichbarkeit)). Arbeitsbereit und arbeitsfähig ist der Arbeitslose auch dann, wenn er bereit oder in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nur zumutbare Beschäftigungen aufzunehmen und auszuüben (§ 119 Abs. 4 Nr. 1 SGB III in der Fassung des AFRG). Gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III (Fassung durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)) hat Anspruch auf Alg auch, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Die Feststellung, ob verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, trifft der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 125 Abs. 1 Satz 2 SGB III).

Vorliegend scheitert das Begehren der Klägerin auf Alg bereits daran, dass sie in der streitbefangenen Zeit nicht verfügbar im Sinne des § 119 Abs. 2 SGB III war. Weder die Vorschrift des § 125 Abs. 1 SGB III noch die Bestimmung über die Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit (§ 126 SGB III) kann dem erhobenen Anspruch zum Erfolg verhelfen; letztgenannte Bestimmung ist bereits deswegen nicht anwendbar, weil sie voraussetzt, dass die geltend gemachte (krankenversicherungsrechtliche) Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Alg eingetreten ist (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG) SozR 4100 § 105b Nrn. 3 und 6; BSG, Urteile vom 7. Februar 2002 - B 7 AL 28/01 R - und vom 20. Februar 2002 - B 11 AL 59/01 R - (beide juris)). Die Klägerin vermag sich indessen auch auf die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs. 1 SGB III nicht zu berufen, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Durch die vorgenannte Regelung wird das gesundheitliche Leistungsvermögen im Sinne der arbeitsförderungsrechtlichen Arbeitsfähigkeit (objektive Verfügbarkeit) bis zum Eintritt des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos der verminderten Erwerbsfähigkeit fingiert (sogenannte Sperrwirkung; vgl. hierzu BSGE 71, 12, 15 = SozR 3-4100 § 105a Nr. 4; BSGE 84, 262, 263 = SozR 3-4100 § 105a Nr. 7), wobei die Feststellung der Erwerbsminderung dem Rentenversicherungsträger übertragen ist, der hier jedoch nicht tätig werden konnte, nachdem ein Rentenantrag durch die Klägerin nie gestellt worden ist. Allerdings obliegt es der beklagten Bundesagentur für Arbeit, zu prüfen, ob die Fiktion der objektiven Verfügbarkeit nach der Bestimmung des § 125 Abs. 1 SGB III überhaupt eingreift; sie ist insoweit berechtigt und verpflichtet, das tatsächliche Leistungsvermögen hinsichtlich zeitlicher Einsatzfähigkeit (weniger als 15 Stunden wöchentlich) und Dauer (für mehr als sechs Monate) eigenständig zu ermitteln (vgl. auch BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 30/06 R - (mitgeteilt im Terminbericht Nr. 22/07 vom 11. Mai 2007)). Insbesondere bei schweren Erkrankungen wird zwar in der Regel davon auszugehen sein, dass eine Leistungsminderung länger als sechs Monate fortbestehen werde, wenn nicht innerhalb dieser Zeit der Wiedereintritt der Leistungsfähigkeit mit Sicherheit erwartet werden kann (vgl. Winkler in Gagel, SGB III, § 125 Rdnr. 13). Jedoch kann eine solche nicht nur vorübergehende Leistungsminderung - selbst bei länger dauernder ärztlicher Krankschreibung - bei nicht festgestellter rentenversicherungsrechtlicher Erwerbsminderung nicht einfach unterstellt werden. Erforderlich ist vielmehr eine vorausschauende Betrachtung zum Zeitpunkt der Stellung des Leistungsantrags (vgl. BSG SozR 3-4100 § 105a Nr. 2; LSG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2002 - L 10 AL 2/02 - (juris)). Ergibt sich hiernach zweifelsfrei, dass für zumutbare Beschäftigungen unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen lediglich eine vorübergehende Leistungsminderung im vorbeschriebenen Sinne vorliegt, ist die Beklagte befugt, ohne Mitwirkung des Rentenversicherungsträgers über den Umfang der Leistungsfähigkeit als Voraussetzung der objektiven Verfügbarkeit zu entscheiden (vgl. BSGE 44, 29, 33 = SozR 4100 § 103 Nr. 4; BSG SozR 3-4100 § 105a Nr. 2).

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist zwar davon auszugehen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung und Alg-Antragstellung mit Wirkung vom 30. März 2004 in ihrer Arbeitsfähigkeit (objektive Verfügbarkeit) auf weniger als 15 Wochenstunden eingeschränkt war. Indessen ergab die zu diesem Zeitpunkt anzustellende Prognose, dass die Leistungsminderung bei der Klägerin auf einen vorübergehenden und sechs Monate nicht übersteigenden Zeitraum beschränkt gewesen ist; hieran hat sich im Übrigen auch rückblickend nichts geändert. Zu dieser Überzeugung ist der Senat insbesondere aufgrund der gutachterlichen Äußerungen und ergänzenden Stellungnahmen des Arbeitsamtsarztes Dr. G. gelangt, die - soweit im Verwaltungsverfahren erstellt - urkundenbeweislich (vgl. BSG SozR Nr. 66 zu § 128 SGG) und ansonsten als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen in die richterliche Würdigung einzubeziehen sind (vgl. hierzu BSG SozR Nr. 3 zu § 118 SGG; BSG, Urteil vom 11. September 1991 - 5 RJ 94/89 - (juris)). Demgegenüber vermag sich der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft der Dr. M. vom 12. Januar 2005 nicht anzuschließen, die schon in sich nicht schlüssig ist, weil die Ärztin einerseits der gutachterlichen Äußerung des Dr. G. vom 14. April 2004 zugestimmt hat, andererseits die Klägerin für "auf Dauer leistungsunfähig" halten wollte, ohne die angeführten gesundheitlichen Beschwerden - Morgensteifigkeit der Finger, Schmerzen an den Händen schon nach kurzer Belastung sowie Bewegungseinschränkungen und Parästhesien der Hände bis in die Unterarme ausstrahlend - anhand objektivierbarer Befunde darzustellen und ihre Auffassung unter Auseinandersetzung mit der vorbezeichneten gutachterlichen Äußerung des Arbeitsamtsarztes nachvollziehbar zu begründen. Dagegen haben sich die im Berufungsverfahren als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte Dr. Hu. und Dr. K. in ihren Schreiben vom 6. und 12. Oktober 2006 zum Leistungsvermögen der Klägerin von vornherein nicht äußern wollen. Dr. Hu. hat bei seinen Untersuchungen am 21. März 2002 und 14. Mai 2003 ein beiderseitiges leichtes Karpaltunnelsyndrom, rechtsbetont, diagnostiziert und die darüber hinausgehenden nicht objektivierbaren Beschwerden als anhaltende somatoforme Schmerzstörung eingeordnet. Dr. K. hat ebenfalls über nur zweimalige Behandlungen der Klägerin am 27. August 2002 und 25. April 2006 berichtet, wobei die radiologischen Befunde an Hand- und Kniegelenken unauffällig waren und lediglich die Röntgenaufnahmen beider Vorfüße am 27. August 2002 eine beiderseitige Arthrose des Großzehengrundgelenks bei Hallux rigidus ergeben haben. Der von Dr. K. am 27. August 2002 zusätzlich geäußerte Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung hat sich im Übrigen bislang nicht bestätigt lassen. Ferner hat Oberärztin Priv.-Doz. Dr. Kö. die ursprünglich (Bericht vom 22. Januar 2003) diagnostizierte Fibromyalgie später wieder in Frage gestellt (vgl. Bericht vom 19. September 2006); sie hat eine schmerzmodifizierende Therapie mit niedrig dosierten trizyklischen Antidepressiva sowie zusätzlich ein intensives aerobes Fitnesstraining und Entspannungsübungen empfohlen.

Dr. G. , dessen Beurteilung der Senat folgt, standen bereits in der zeitnah zum Alg-Antrag erstatteten gutachtlichen Äußerung vom 14. April 2004 zahlreiche Arztunterlagen (Hausarztbericht der Dr. M. vom April 2004, neurographischer Untersuchungsbefund des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Hu. vom 22. März 2002, Berichte des Dr. A. vom 24. April 2002, des Dr. K. vom 29. August 2002 und der Dr. Kö. vom 22. Januar 2003) zur Verfügung; er hat schon seinerzeit eine Störung der Schmerzverarbeitung mit vielfach angegebenen Beschwerden sowie ferner einer Minderbelastbarkeit beider Hände bei Verschleißerscheinungen beschrieben. Auf der Grundlage der erhobenen Befunde hat er eine Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem für sie in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarkt verneint, diese Einschränkung jedoch - für den Senat nachvollziehbar aufgrund der vorhandenen Gesundheitsstörungen - zeitlich auf die Dauer von voraussichtlich bis zu sechs Monaten begrenzt und eine Intensivierung der medizinischen Rehabilitation, ggf. auch im Rahmen eines Heilverfahrens, zur Behandlung der Schmerzverarbeitungsstörung empfohlen. Zu einer hierauf gerichteten psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlung konnte sich die Klägerin aber bis heute nicht entschließen. Bei seiner Beurteilung eines nur vorübergehend aufgehobenen Leistungsvermögens ist Dr. G. auch in der weiteren gutachterlichen Äußerung vom 14. Juli 2004 unter Würdigung des weiteren Attestes der Dr. M. vom 25. Juni 2004 sowie nach telefonischer Rücksprache bei der Hausärztin verblieben. Der oben dargestellten Einschätzung der Dr. M. in deren am 12. Januar 2005 beim SG eingegangenen Schreiben hat der Arbeitsamtsarzt in seiner Stellungnahme vom 26. Januar 2005 mit guten Gründen widersprochen. Ferner hat Dr. G. die im Berufungsverfahren beigezogenen Gutachten des Dr. B. , MDK, vom 30. Dezember 2002 sowie 26. März und 24. November 2003 ausgewertet. Der Arbeitsamtsarzt hat sich in seiner Stellungnahme vom 14. Juli 2006 in seiner Einschätzung vom 14. April 2004 rückblickend bestätigt gesehen; zu Recht hat er darauf hingewiesen, dass die darin geschilderten Sachverhalte von ihm bereits 2004 berücksichtigt worden waren. Dr. B. hatte bei der Begutachtung am 24. November 2003 der Kurzbericht des Dr. Ko. , Ärztlicher Direktor der P.-Klinik Bad S. , vom 30. September 2003 vorgelegen, wobei er sich der dortigen Bewertung des Schmerzgeschehens als somatoforme Schmerzstörung anschloss; neben den Diagnosen eines Fibromyalgiesyndroms mit polytopen Weichteilbeschwerden, einer Rhizarthrose beidseits mit Bewegungsschmerzen, eines Karpaltunnelsyndroms beidseits mit Schmerzen im Handgelenksbereich rechts sowie einer Großzehengrundgelenksarthrose beidseits mit Bewegungsschmerzen war in der P.-Klinik der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung geäußert worden. Aus der vom Senat zuletzt noch beigezogenen Reha-Akte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg ergibt sich nichts wesentlich Neues. Dem dort vorhandenen vollständigen Entlassungsbericht des Dr. Ko. vom 30. September 2003 lässt sich lediglich nehmen, dass sich der Arzt wegen des überstürzten Abbruchs der stationären Heilbehandlungsmaßnahme durch die Klägerin am 29. September 2003 nach erst seit 25. September 2003 (Aufnahme am 24. September 2003) durchgeführtem Therapieprogramm zu einer sozialmedizinischen Beurteilung sowie zur Beschreibung eines Leistungsbildes nicht in der Lage gesehen hatte. Der Rentenversicherungsträger hatte dem im März 2003 gestellten Antrag der Klägerin auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Übrigen erst im Widerspruchsverfahren stattgegeben, nachdem er zunächst (vgl. Bescheid vom 13. Juni 2003) noch eine ambulante Psychotherapie für ausreichend erachtet hatte. Eine weitere Begutachtung der Klägerin, die sie im Übrigen auch nicht angeregt hatte, war sonach nicht angezeigt, zumal in Anbetracht des Zeitablaufs von einem solchen Gutachten zusätzliche Erkenntnisse nicht zu erwarten gewesen wären.

Unter Würdigung der bei der Klägerin am 30. März 2004 - dem Zeitpunkt, für den der Leistungsantrag gelten sollte - vorhandenen Gesundheitsstörungen folgt der Senat der Auffassung von Dr. G. in seiner gutachterlichen Äußerung vom 14. April 2004, dass die Klägerin nach der seinerzeit anzustellenden Prognose für nicht länger als sechs Monate in ihrer Leistungsfähigkeit auf dem für sie in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarkt gemindert war, sodass sie bei vorausschauender Betrachtung bis längstens Ende September 2004 gehindert war, selbst körperlich leichte Arbeiten nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich zu verrichten. Soweit die Klägerin sich demgegenüber auf ihre ab September 2002 bestehende Arbeitsunfähigkeit berufen hat, verkennt sie, dass selbst für die Feststellung der krankenversicherungsrechtlichen Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich weder einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes noch einem MDK-Gutachten allein entscheidende oder auch nur vorrangige Bedeutung zukommt (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 6/06 R -, dort Rdnrn. 19 f. m.w.N. (zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen)). Die rechtlichen Maßstäbe für die Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Krankenversicherungsrechts sind zudem nicht identisch mit der Erwerbsminderung im Sinne des Rentenversicherungsrechts und der arbeitsförderungsrechtlichen Arbeitsfähigkeit. Für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Krankenversicherungsrechts bleibt die zuletzt ausgeübte bzw. eine gleichartige Tätigkeit selbst nach einem Verlust des Arbeitsplatzes maßgebend, wenn der Versicherte bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis im Krankengeldbezug stand (vgl. BSGE 94, 247, 248 = SozR 4-2500 § 44 Nr. 6; BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 9 Rdnr. 13). Demgegenüber hängt die Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 119 Abs. 2 und 3 SGB III u.a. davon ab, ob der Arbeitslose auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt noch Beschäftigungen im Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausüben kann. Aus einer hausärztlichen Krankschreibung kann daher - ebenso wie aus einem MdK-Gutachten - noch nicht zwingend auf eine Minderung der Leistungsfähigkeit nach Arbeitsförderungs- und Rentenversicherungsrecht geschlossen werden. Die Klägerin scheint sich im Übrigen selbst subjektiv nicht für dauerhaft oder jedenfalls für eine vorübergehende Zeit erwerbsgemindert (vgl. hierzu schon BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16) gehalten zu haben, nachdem sie einen Rentenantrag nie stellen wollte.

War die Klägerin aber in ihrer Leistungsfähigkeit nur vorübergehend, nämlich nicht mehr als sechs Monate, beeinträchtigt, scheidet eine Leistungsgewährung nach der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs. 1 SGB III aus. Einen Alg-Anspruch konnte die Klägerin in der streitbefangenen Zeit aber zunächst schon deswegen nicht verwirklichen, weil es an ihrer objektiven Verfügbarkeit (§ 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III) fehlte. Darüber hinaus war jedoch auch ihre Arbeitsbereitschaft (subjektive Verfügbarkeit) nicht gegeben, nachdem sie - trotz des Verfahrensverlaufs und der ihr bekannten Leistungsbeurteilung des Dr. G. - während des gesamten Verfahrens stets auf ihrer Arbeitsunfähigkeit beharrt und seit der Arbeitslosmeldung nie wieder Anstalten unternommen hat, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitsbereitschaft erfordert in subjektiver Hinsicht, dass der Arbeitslose zu allen Beschäftigungen bereit ist, die ihm nach seinem objektiven Leistungsvermögen sowie nach Art und Umfang zumutbar sind (vgl. BSGE 47, 40, 42 = SozR 4100 § 103 Nr. 18; BSGE 57, 10, 11 = SozR a.a.O. Nr. 35; BSGE 84, 262, 265 f.). Die Arbeitsbereitschaft muss offenbar sein, d.h., da es sich um einen inneren Vorgang handelt, durch objektive Umstände in einer Weise dargetan sein, dass ihr Vorliegen keinem vernünftigen Zweifel unterliegt (vgl. BSGE 20, 190, 197; BSG SozR Nr. 33 zu § 1248 RVO). Denn nach dem Zweck der Verfügbarkeitsregelung soll Leistungen grundsätzlich nur derjenige erhalten, der allein deshalb nicht in Arbeit vermittelt werden kann, weil Arbeitsplätze, die für ihn in Betracht kommen, nicht frei sind (vgl. BSGE 57, 10, 11). Dass die Klägerin überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt in der streitbefangenen Zeit arbeitsbereit war, lässt sich indessen in Anbetracht ihres zu Tage getretenen Verhaltens nicht feststellen. Darauf, ob die Meldeversäumnisse vom 5. und 12. Juli 2004 zum Ruhen des Leistungsanspruchs wegen des Eintritts von Säumniszeiten (§ 145 SGB III in der Fassung des AFRG) hätten führen können (vgl. hierzu BSG SozR 3-4100 § 120 Nr. 1; BSGE 83, 95 ff. = SozR a.a.O. Nr. 2), kommt es unter diesen Umständen nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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