Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 KR 600/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 248/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die nachträgliche Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung durch den Kläger für den bei ihm beschäftigt gewesenen K H (im Folgenden: H.).
Der Kläger war bis zum 31.12.2002 niedergelassener Z und beschäftigte in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1999 H., der bei der Beklagten freiwillig versichertes Mitglied war. H stand neben der Beschäftigung beim Kläger in zwei weiteren Beschäftigungsverhältnissen bei zwei weiteren Arbeitgebern. Die Entgelte aus diesen beiden Beschäftigungsverhältnissen überschritten zusammen die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung. Die zwei anderen Arbeitgeber entrichteten zusammen den Höchstbeitrag zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung.
Die Lohnabrechnungen für den Kläger führten die beigeladenen Steuerberater durch. Nach den Angaben des Klägers erklärte der Beigeladene zu 1) ihm, dass er für H. keine Beiträge abzuführen brauche, weil dieser durch die Beschäftigung bei zwei weiteren Arbeitgebern schon die Beitragsbemessungsgrenze erreicht habe. Von 1994 an bis einschließlich Februar 1998 zahlte der Kläger für H. keine Beiträge. Mit Schreiben vom 7. April 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Beiträge für H. abzuführen seien. Ab März 1998 entrichtete der Kläger teilweise Beiträge. Der Beitragsrückstand des Klägers belief sich einschließlich aller Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile für 1994 bis 1999 auf insgesamt 18.349,95 Euro.
Die Beklagte forderte den Kläger mit Bescheid vom 4. Februar 2002 zur Zahlung der ausstehenden Beiträge auf. Den Widerspruch gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, keine Beiträge mehr entrichten zu müssen, weil bereits die Höchstbeiträge entrichtet worden seien. Es sei unbillig, ihn jetzt noch zu einem Zeitpunkt heranzuziehen, in dem er insbesondere auf H. nicht mehr zurückgreifen könne, dem die zu viel gezahlten Arbeitnehmeranteile aus den anderen Beschäftigungsverhältnissen zu erstatten seien und der damit ungerechtfertigt bereichert sei. Da zudem die Erstattungsansprüche der übrigen Arbeitgeber gegen die Beklagte mittlerweile verjährt seien, sei auch diese (die Beklagte) ungerechtfertigt bereichert, soweit sie nun durch ihn Beiträge in einer Höhe erhalte, die insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze übersteige. Ein Festhalten der Beklagten an der Beitragsforderung sei als Verstoß gegen das Übermaßverbot anzusehen. Auch liege ein ungerechtfertigter Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. April 2005 abgewiesen.
Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger einen Anspruch auf Nachzahlung der ausstehenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 18.349,95 EUR.
Die Beitragsansprüche der Beklagten gegenüber dem Kläger seien nach § 22 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) vorliegend mit der Maßgabe entstanden, dass sie sich nach dem Verhältnis der beitragspflichtigen Einnahmen, die H. beim Kläger erzielte, zu den beitragspflichtigen Einnahmen aus den anderen Beschäftigungsverhältnissen verminderten. Die danach errechnete Höhe der Beiträge sei zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig.
Der Anspruch der Beklagten auf die geltend gemachte Beitragssumme sei auch nicht infolge (teilweiser) Erfüllung durch die anderen Arbeitgeber untergegangen. Soweit der Kläger damit auf § 267 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstelle, fehle es daran, dass die anderen Arbeitgeber mit für den Kläger schuldbefreiender Wirkung mehr Beiträge hätten entrichten wollen, als sie tatsächlich geschuldet hätten. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass diese allein ihrer eigenen Beitragspflicht hätten nachkommen wollen.
Auch auf Verwirkung könne sich der Kläger nicht berufen; denn diese könne grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf eintreten.
Soweit der Kläger eine ungerechtfertigte Bereicherung des H. bemängele, stehe dies mit der gesetzlichen Regelung des § 28 g SGB IV in Übereinstimmung, denn der Gesetzgeber habe es mit dieser Regelung, wonach ein unterbliebener Abzug von Beiträgen nur bei den nächsten 3 Gehaltszahlungen nachgeholt werden könne, bewusst in Kauf genommen, dass der Arbeitgeber die nicht abgezogenen Arbeitnehmeranteile in diesem Fall selbst tragen müsse und der Arbeitnehmer den zuviel gezahlten Lohn behalten dürfe.
Eine Bereicherung der Beklagten sei nicht zu befürchten, wenn der Kläger nunmehr die nicht entrichteten Beiträge nachzahlen müsse. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte die zu viel gezahlten Beiträge den übrigen Arbeitgebern erstatten werde. Verjährung sei noch nicht eingetreten. Selbst wenn dies nicht der Fall sein würde, läge keine Bereicherung der Beklagten zu Ungunsten des Klägers vor sondern allenfalls zu Ungunsten der anderen Arbeitgeber. Da eine bereicherungsrechtliche Rückerstattung nur im jeweiligen Leistungsverhältnis vorzunehmen sei, ergebe sich daraus kein Gegenanspruch des Klägers
Der Anspruch auf Nachzahlung der Beiträge sei auch nicht verjährt, denn es gelte die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV. Hierzu reiche es aus, wenn der Beitragspflichtige die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten habe, er also seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 21. Juni 1990-12 RK 13/89). Dem Kläger sei hier seine grundsätzliche Verpflichtung, als Arbeitgeber Beiträge zahlen zu müssen, von Anfang an bewusst gewesen, weil er sich anderenfalls mit seinem Steuerberater nicht verständigt hätte. Spätestens mit dem Schreiben der Beklagten vom 7. April 1998 und damit noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV sei dem Kläger zumindest die Möglichkeit klar geworden, dass er von seiner Pflicht zur Zahlung der Beiträge nicht durch Beitragszahlungen der anderen Arbeitgeber befreit worden sei. Die danach einschlägige dreißigjährige Verjährungsfrist sei auch noch nicht abgelaufen.
Eine Grundrechtsverletzung des Klägers in Bezug auf seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder in Bezug auf den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht zu besorgen. Auch ein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Übermaßverbot sei nicht zu erkennen.
Hiergegen richtet sich die Berufung, die allerdings auf die Arbeitnehmeranteile für H. in Höhe von 9174, 96 EUR beschränkt wird. Mit der Berufung wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Zwar habe das Bundessozialgericht entschieden, dass auch ein Arbeitgeber grundsätzlich nachträglich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet werden könne. Dabei habe es sich allerdings um geringfügig Beschäftigte gehandelt, die mehrfach beschäftigt und deshalb, ohne dass dies der Arbeitgeber habe erkennen können, beitragspflichtig gewesen seien. Eine solche nur geringfügige Belastung könne der Arbeitgeber einkalkulieren. Im vorliegenden Fall sei dies jedoch anders zu sehen. Hierzu verweist der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (SozR 2100 § 8 Nr. 5)
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2003 insoweit abzuändern als damit Beiträge in Höhe von mehr als 9.174,96 EUR gefordert werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Nach § 22 Abs. 1 SGB IV entstünden die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald die im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen. Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge habe der Arbeitgeber nach § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV unter Beachtung des § 22 Abs. 2 SGB IV zu zahlen. Die Regelung des § 28 g über den Einbehalt des Arbeitnehmeranteils betreffe nur das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und sei gegenüber der Einzugsstelle, bei der es bei der Zahlungspflicht nach § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV verbleibe, unmaßgeblich.
Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Berlin/ Landessozialgerichts Berlin S 72 KR 600/03 ER = L 15 B 48/03 KR ER lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nur noch auf die Hälfte der von der Beklagten begehrten Nachzahlung gerichtete Berufung ist nicht begründet.
Dabei kann auf die ausführliche Begründung durch das Sozialgericht gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen werden. Der Senat macht sich insoweit diese Ausführungen zu Eigen.
Im übrigen gilt:
Die Versicherungs- und ihr folgend die Beitragspflicht tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es auf die konkreten Vorstellungen der Beitragspflichtigen ankommt (vgl. LSG Schleswig- Holstein, Urteil vom 24 Juni 2003, L 1 KR 88/02 m.w.N. zit. nach juris). Hierzu bestimmt § 22 Abs. 1 SGB IV, dass die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge hat nach § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV der Arbeitgeber zu zahlen, hier also der Kläger. Zwar kann er nach § 28 g Abs. 1 SGB IV den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag vom Lohn der Beschäftigten abziehen. Ein unterbliebener Abzug darf jedoch nur bei den drei nächsten Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Diese Regelung über den Einbehalt des Arbeitnehmeranteils betrifft zudem nur das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ist gegenüber der Einzugsstelle, bezüglich der es bei der Zahlungspflicht des § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV verbleibt, unmaßgeblich ( LSG Schleswig- Holstein , a.a.O.), so dass es für das vorliegende Streitverhältnis auch dahin gestellt bleiben kann, ob der Kläger gegenüber dem H. den seinerzeit nicht einbehaltenen Beitragsanteil, um den im Berufungsverfahren ausschließlich noch gestritten wird, noch geltend machen könnte.
Soweit der Kläger sich mit der Berufung auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts in der Entscheidung vom 23. 02. 1988, 12 RK 43/87 = SozR 2100 § 8 Nr. 5 (bestätigt durch Bundesverfassungsgericht- BVerfG- Kammerbeschluss vom 21.April 1989, 1 BvR 678/88) bezieht, wonach die sich für den Arbeitgeber ergebenden Belastungen Folgen der verfassungsrechtlich zulässigen Indienstnahme des Arbeitgebers für den Beitragseinzug im Rahmen der Sozialversicherung seien und der Arbeitgeber, soweit sich aus der Mehrfachbeschäftigung geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer Beitragspflichten ergeben, nicht unangemessen belastet werde, und meint daraus schließen zu können, dass es bei den Belastungen in anderen Fällen, wie auch hier, durchaus zu einer unzumutbaren Belastung kommen könne, übersieht er, dass sowohl das BSG als auch ihm nachfolgend das BVerfG von einer noch hinnehmbaren aber grenzwertigen Belastung des Arbeitgebers in diesen Fällen nur deshalb ausgegangen sind, weil in den dort entschiedenen Fällen der Arbeitgeber zur Nachzahlung von Beiträgen verurteilt worden ist, obwohl er von der Beitragspflichtigkeit der betroffenen Beschäftigungsverhältnisse keine Kenntnis hatte und auch nicht haben konnte.
Im vorliegenden Fall hätte der Kläger jedoch ohne Weiteres Kenntnis von der Beitragspflichtigkeit des Beschäftigungsverhältnisses des H. haben können, wenn er, oder, was ihm zuzurechnen ist, seine Steuerberater, die Beigeladenen, bei der Beklagten nachgefragt hätten oder einen Blick in den eindeutigen Gesetzestext des § 22 Abs. 2 SGB IV geworfen hätten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Vbdg. mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 u. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die nachträgliche Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung durch den Kläger für den bei ihm beschäftigt gewesenen K H (im Folgenden: H.).
Der Kläger war bis zum 31.12.2002 niedergelassener Z und beschäftigte in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1999 H., der bei der Beklagten freiwillig versichertes Mitglied war. H stand neben der Beschäftigung beim Kläger in zwei weiteren Beschäftigungsverhältnissen bei zwei weiteren Arbeitgebern. Die Entgelte aus diesen beiden Beschäftigungsverhältnissen überschritten zusammen die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung. Die zwei anderen Arbeitgeber entrichteten zusammen den Höchstbeitrag zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung.
Die Lohnabrechnungen für den Kläger führten die beigeladenen Steuerberater durch. Nach den Angaben des Klägers erklärte der Beigeladene zu 1) ihm, dass er für H. keine Beiträge abzuführen brauche, weil dieser durch die Beschäftigung bei zwei weiteren Arbeitgebern schon die Beitragsbemessungsgrenze erreicht habe. Von 1994 an bis einschließlich Februar 1998 zahlte der Kläger für H. keine Beiträge. Mit Schreiben vom 7. April 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Beiträge für H. abzuführen seien. Ab März 1998 entrichtete der Kläger teilweise Beiträge. Der Beitragsrückstand des Klägers belief sich einschließlich aller Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile für 1994 bis 1999 auf insgesamt 18.349,95 Euro.
Die Beklagte forderte den Kläger mit Bescheid vom 4. Februar 2002 zur Zahlung der ausstehenden Beiträge auf. Den Widerspruch gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, keine Beiträge mehr entrichten zu müssen, weil bereits die Höchstbeiträge entrichtet worden seien. Es sei unbillig, ihn jetzt noch zu einem Zeitpunkt heranzuziehen, in dem er insbesondere auf H. nicht mehr zurückgreifen könne, dem die zu viel gezahlten Arbeitnehmeranteile aus den anderen Beschäftigungsverhältnissen zu erstatten seien und der damit ungerechtfertigt bereichert sei. Da zudem die Erstattungsansprüche der übrigen Arbeitgeber gegen die Beklagte mittlerweile verjährt seien, sei auch diese (die Beklagte) ungerechtfertigt bereichert, soweit sie nun durch ihn Beiträge in einer Höhe erhalte, die insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze übersteige. Ein Festhalten der Beklagten an der Beitragsforderung sei als Verstoß gegen das Übermaßverbot anzusehen. Auch liege ein ungerechtfertigter Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. April 2005 abgewiesen.
Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger einen Anspruch auf Nachzahlung der ausstehenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 18.349,95 EUR.
Die Beitragsansprüche der Beklagten gegenüber dem Kläger seien nach § 22 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) vorliegend mit der Maßgabe entstanden, dass sie sich nach dem Verhältnis der beitragspflichtigen Einnahmen, die H. beim Kläger erzielte, zu den beitragspflichtigen Einnahmen aus den anderen Beschäftigungsverhältnissen verminderten. Die danach errechnete Höhe der Beiträge sei zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig.
Der Anspruch der Beklagten auf die geltend gemachte Beitragssumme sei auch nicht infolge (teilweiser) Erfüllung durch die anderen Arbeitgeber untergegangen. Soweit der Kläger damit auf § 267 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstelle, fehle es daran, dass die anderen Arbeitgeber mit für den Kläger schuldbefreiender Wirkung mehr Beiträge hätten entrichten wollen, als sie tatsächlich geschuldet hätten. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass diese allein ihrer eigenen Beitragspflicht hätten nachkommen wollen.
Auch auf Verwirkung könne sich der Kläger nicht berufen; denn diese könne grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf eintreten.
Soweit der Kläger eine ungerechtfertigte Bereicherung des H. bemängele, stehe dies mit der gesetzlichen Regelung des § 28 g SGB IV in Übereinstimmung, denn der Gesetzgeber habe es mit dieser Regelung, wonach ein unterbliebener Abzug von Beiträgen nur bei den nächsten 3 Gehaltszahlungen nachgeholt werden könne, bewusst in Kauf genommen, dass der Arbeitgeber die nicht abgezogenen Arbeitnehmeranteile in diesem Fall selbst tragen müsse und der Arbeitnehmer den zuviel gezahlten Lohn behalten dürfe.
Eine Bereicherung der Beklagten sei nicht zu befürchten, wenn der Kläger nunmehr die nicht entrichteten Beiträge nachzahlen müsse. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte die zu viel gezahlten Beiträge den übrigen Arbeitgebern erstatten werde. Verjährung sei noch nicht eingetreten. Selbst wenn dies nicht der Fall sein würde, läge keine Bereicherung der Beklagten zu Ungunsten des Klägers vor sondern allenfalls zu Ungunsten der anderen Arbeitgeber. Da eine bereicherungsrechtliche Rückerstattung nur im jeweiligen Leistungsverhältnis vorzunehmen sei, ergebe sich daraus kein Gegenanspruch des Klägers
Der Anspruch auf Nachzahlung der Beiträge sei auch nicht verjährt, denn es gelte die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV. Hierzu reiche es aus, wenn der Beitragspflichtige die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten habe, er also seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 21. Juni 1990-12 RK 13/89). Dem Kläger sei hier seine grundsätzliche Verpflichtung, als Arbeitgeber Beiträge zahlen zu müssen, von Anfang an bewusst gewesen, weil er sich anderenfalls mit seinem Steuerberater nicht verständigt hätte. Spätestens mit dem Schreiben der Beklagten vom 7. April 1998 und damit noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV sei dem Kläger zumindest die Möglichkeit klar geworden, dass er von seiner Pflicht zur Zahlung der Beiträge nicht durch Beitragszahlungen der anderen Arbeitgeber befreit worden sei. Die danach einschlägige dreißigjährige Verjährungsfrist sei auch noch nicht abgelaufen.
Eine Grundrechtsverletzung des Klägers in Bezug auf seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder in Bezug auf den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht zu besorgen. Auch ein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Übermaßverbot sei nicht zu erkennen.
Hiergegen richtet sich die Berufung, die allerdings auf die Arbeitnehmeranteile für H. in Höhe von 9174, 96 EUR beschränkt wird. Mit der Berufung wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Zwar habe das Bundessozialgericht entschieden, dass auch ein Arbeitgeber grundsätzlich nachträglich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet werden könne. Dabei habe es sich allerdings um geringfügig Beschäftigte gehandelt, die mehrfach beschäftigt und deshalb, ohne dass dies der Arbeitgeber habe erkennen können, beitragspflichtig gewesen seien. Eine solche nur geringfügige Belastung könne der Arbeitgeber einkalkulieren. Im vorliegenden Fall sei dies jedoch anders zu sehen. Hierzu verweist der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (SozR 2100 § 8 Nr. 5)
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2003 insoweit abzuändern als damit Beiträge in Höhe von mehr als 9.174,96 EUR gefordert werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Nach § 22 Abs. 1 SGB IV entstünden die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald die im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen. Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge habe der Arbeitgeber nach § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV unter Beachtung des § 22 Abs. 2 SGB IV zu zahlen. Die Regelung des § 28 g über den Einbehalt des Arbeitnehmeranteils betreffe nur das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und sei gegenüber der Einzugsstelle, bei der es bei der Zahlungspflicht nach § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV verbleibe, unmaßgeblich.
Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Berlin/ Landessozialgerichts Berlin S 72 KR 600/03 ER = L 15 B 48/03 KR ER lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nur noch auf die Hälfte der von der Beklagten begehrten Nachzahlung gerichtete Berufung ist nicht begründet.
Dabei kann auf die ausführliche Begründung durch das Sozialgericht gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen werden. Der Senat macht sich insoweit diese Ausführungen zu Eigen.
Im übrigen gilt:
Die Versicherungs- und ihr folgend die Beitragspflicht tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es auf die konkreten Vorstellungen der Beitragspflichtigen ankommt (vgl. LSG Schleswig- Holstein, Urteil vom 24 Juni 2003, L 1 KR 88/02 m.w.N. zit. nach juris). Hierzu bestimmt § 22 Abs. 1 SGB IV, dass die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge hat nach § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV der Arbeitgeber zu zahlen, hier also der Kläger. Zwar kann er nach § 28 g Abs. 1 SGB IV den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag vom Lohn der Beschäftigten abziehen. Ein unterbliebener Abzug darf jedoch nur bei den drei nächsten Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Diese Regelung über den Einbehalt des Arbeitnehmeranteils betrifft zudem nur das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ist gegenüber der Einzugsstelle, bezüglich der es bei der Zahlungspflicht des § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB IV verbleibt, unmaßgeblich ( LSG Schleswig- Holstein , a.a.O.), so dass es für das vorliegende Streitverhältnis auch dahin gestellt bleiben kann, ob der Kläger gegenüber dem H. den seinerzeit nicht einbehaltenen Beitragsanteil, um den im Berufungsverfahren ausschließlich noch gestritten wird, noch geltend machen könnte.
Soweit der Kläger sich mit der Berufung auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts in der Entscheidung vom 23. 02. 1988, 12 RK 43/87 = SozR 2100 § 8 Nr. 5 (bestätigt durch Bundesverfassungsgericht- BVerfG- Kammerbeschluss vom 21.April 1989, 1 BvR 678/88) bezieht, wonach die sich für den Arbeitgeber ergebenden Belastungen Folgen der verfassungsrechtlich zulässigen Indienstnahme des Arbeitgebers für den Beitragseinzug im Rahmen der Sozialversicherung seien und der Arbeitgeber, soweit sich aus der Mehrfachbeschäftigung geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer Beitragspflichten ergeben, nicht unangemessen belastet werde, und meint daraus schließen zu können, dass es bei den Belastungen in anderen Fällen, wie auch hier, durchaus zu einer unzumutbaren Belastung kommen könne, übersieht er, dass sowohl das BSG als auch ihm nachfolgend das BVerfG von einer noch hinnehmbaren aber grenzwertigen Belastung des Arbeitgebers in diesen Fällen nur deshalb ausgegangen sind, weil in den dort entschiedenen Fällen der Arbeitgeber zur Nachzahlung von Beiträgen verurteilt worden ist, obwohl er von der Beitragspflichtigkeit der betroffenen Beschäftigungsverhältnisse keine Kenntnis hatte und auch nicht haben konnte.
Im vorliegenden Fall hätte der Kläger jedoch ohne Weiteres Kenntnis von der Beitragspflichtigkeit des Beschäftigungsverhältnisses des H. haben können, wenn er, oder, was ihm zuzurechnen ist, seine Steuerberater, die Beigeladenen, bei der Beklagten nachgefragt hätten oder einen Blick in den eindeutigen Gesetzestext des § 22 Abs. 2 SGB IV geworfen hätten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Vbdg. mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 u. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
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